Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.01.2001, Az.: 10 L 1329/00
Kreisumlage; rückwirkende Neufestsetzung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 08.01.2001
- Aktenzeichen
- 10 L 1329/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39857
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 23.02.2000 - AZ: 1 A 7086/96
Rechtsgrundlagen
- § 24 Abs 2 FAG ND
- § 28 Abs 5 S 4 FAG ND
Gründe
Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, da der Beklagte die nach § 124 Abs. 2 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer den Anforderungen des § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt hat.
Nach § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO müssen die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, dargelegt werden. Dies setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer einen der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe deutlich bezeichnet und außerdem erläutert, warum er den geltend gemachten Zulassungsgrund für gegeben erachtet. Dabei sind an die Darlegung nicht geringe Anforderungen zu stellen (Nds. OVG, Beschl. vom 16.9.1997 - 12 L 3580/97 -, NdsVBl. 1997, 282; Bader, DÖV 1997, 442; Seibert, DVBl. 1997, 932; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., 2000, § 124 a Rdnr. 7). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbständiges Zulassungserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts; sie verlangt qualifizierte ins Einzelne gehende, fallbezogene oder aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen. Das bloße Benennen oder Geltendmachen eines Zulassungsgrundes genügt dem Darlegungserfordernis ebenso wenig wie die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens oder nur eine ergänzende Bezugnahme hierauf (vgl. Bader, NJW 1998, 409 f). Bei mehreren selbständig tragenden Gründen muss der Rechtsmittelführer sämtliche tragende Urteilsgründe (gegebenenfalls unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln) erfolgreich angreifen.
Diesem Maßstab genügen die Darlegungen des Beklagten zu den nach § 124 Abs. 1 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründen nicht. Soweit er den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO für gegeben erachtet, fehlt es an jeder inhaltlichen Auseinandersetzung mit der das angefochtene Bescheidungsurteil tragenden Feststellung, die Ablehnung einer rückwirkenden Neufestsetzung der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 1995 sei rechtswidrig, weil dem angegriffenen Bescheid vom 10. Juli 1996 eine nicht mit § 28 Abs. 5 Satz 4 NFAG vereinbare Begründung zugrunde liege, der Beklagte die unterschiedlichen umlagebezogenen Auswirkungen des NFAG auf die finanzstarken und die finanzschwachen kreisangehörigen Städte und Gemeinden nur unzureichend abgewogen habe, zu Unrecht von vornherein aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens von einer Beibehaltung der bestandskräftig gewordenen Umlagebescheide für 1995 ausgegangen sei und mit einer unzureichenden Abwägung seine Pflicht verletzt habe, für einen angemessenen Ausgleich der gemeindlichen Lasten zu sorgen. Die in dem angefochtenen Urteil angemahnte Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens hält der Zulassungsantrag dagegen mit dem Hinweis für nicht entscheidungserheblich, das Verwaltungsgericht habe die Auswirkungen seiner Entscheidung auf die anderen kreisangehörigen Städte und Gemeinden verkannt und nicht beachtet, dass der Beklagte diesen gegenüber aus Rechtsgründen gehindert sei, die Kreisumlage für 1995 erneut festzusetzen.
Diese Darlegungen reichen nicht aus, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen und besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der vorliegenden Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen. Der Antrag übersieht insofern schon, dass sich die Vorinstanz mit den Auswirkungen der für zutreffend erachteten Neubescheidung befasst, diese im Rahmen der Erörterung des Rechtsschutzbedürfnisses zum Gegenstand ihrer Überlegungen gemacht hat und zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt ist, dass das verfassungsrechtliche Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, die Neufestsetzung der Kreisumlage auch nach Ablauf des Haushaltsjahres 1996 ermögliche. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang den Gedanken des § 24 Abs. 2 NFAG herangezogen, nach dem das Niedersächsische Landesamt für Statistik an einer sich im Rechtsmittelverfahren ergebenden Neufestsetzung der Ausgleichsmasse nicht dadurch gehindert ist, dass die Ausgleichsmasse inzwischen im Wesentlichen bestandskräftig verteilt worden sein könnte (in diesem Sinne auch das Senatsurteil vom 15.6.1993 - 10 L 5414/91 -). Entsprechendes hat für die Berechnung und Festsetzung der Kreisumlage zu gelten. Eine kreisangehörige Gemeinde, die durch eine fehlerhafte Berechnung und Festsetzung der Kreisumlage in ihren Rechten verletzt wird, hat diese Rechtsverletzung nicht schon deshalb hinzunehmen, weil der Landkreis im Interesse eines in sich stimmigen Finanzierungssystems aufgrund bestandskräftiger Bescheide gehindert sein könnte, andere Gemeinden erneut zur Kreisumlage heranzuziehen. Dies übersieht der Zulassungsantrag.
Schließlich vermag der Senat dem Beklagten auch nicht in seiner Auffassung zu folgen, für die Neubescheidung der Klägerin fehle es angesichts des Urteils des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 25. November 1997 (- StGH 14/95 u.a. -, NdsVBl. 1998, 43 ff) an einer tragfähigen Rechtsgrundlage. Richtig ist zwar, dass der Niedersächsische Staatsgerichtshof die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Ersten Teiles und § 7 NFAG als mit Art. 57 Abs. 4 und mit Art. 58 NV unvereinbar angesehen hat. Allerdings hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof das Außerkrafttreten der beanstandeten Bestimmungen mit Ablauf des Jahres 1998 angeordnet und es damit für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum bei der Anwendbarkeit des NFAG belassen.