Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.06.2001, Az.: L 4 KR 210/98
Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen zum Abschluss eines Versorgungsvertrages für eine stationäre Rehabilitationseinrichtung nach § 111 Abs. 2 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V); Bedarfsprüfung als Berufsausübungsregelung; Sicherstellung einer gleichmäßigen medizinischen Versorgung ; Finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ; Durchsetzung der Bedarfsgerechtigkeit; Leistungsfähigkeit der stationären Einrichtung; Wirtschaftlichkeit der stationären Einrichtung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 28.06.2001
- Aktenzeichen
- L 4 KR 210/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 25751
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0628.L4KR210.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 28.07.1998 - AZ: S 2 KR 205/98
Fundstellen
- Breith. 2002, 165-171
- NZS 2002, 426
- SGb 2002, 168
Prozessführer
A. GmbH & Co KG, B.,
Prozessgegner
1. AOK-Die Gesundheitskasse für Niedersachsen, Landesdirektion,Kolumbusstraße 2, 30519 Hannover,
2. BKK-Landesverband Niedersachsen, Hamburger Allee 61, 30161 Hannover,
3. IKK Landesverband Niedersachsen, Anderter Straße 49, 30629 Hannover,
4. Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse, Im Haspelfelde 24, 30173 Hannover,
5. Bundesknappschaft, Verwaltungsstelle Hannover, Siemensstraße 7, 30173 Hannover,
6. Verband der Angestellten-Krankenkassen eV, Frankfurter Straße 84, 53721 Siegburg,
7. Arbeiter-Ersatzkassen Verband eV, Frankfurter Straße 84, 53721 Siegburg,
Sonstige Beteiligte
Land Niedersachsen,vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales, Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz 2, 30159 Hannover.
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Beim Abschluss eines Versorgungsvertrages mit einer stationären Rehabilitationseinrichtung nach § 111 Abs. 2 SGB V kommt es auf einen Bedarf im Sinne eines angemessenen Verhältnisses zwischen Bettenangebot und Bettenbedarf nicht an. Eine Bedarfsprüfung in diesem Sinne verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG und ist verfassungswidrig.
- 2.
Bedarfsgerecht iSd § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V ist eine Versorgung mit stationären Rehabilitationsleistungen bereits dann, wenn sie gewährleistet, dass der Anspruch der Versicherten nach § 40 Abs. 2 SGB V auf stationäre Rehabilitation ordnungsgemäß erfüllt wird (verfassungskonforme Auslegung).
Der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2001
durch
die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -,
den Richter Wolff und
die Richterin Böhmer-Behr sowie
die ehrenamtliche Richterin Sand und
den ehrenamtlichen Richter Stiegen
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. Juli 1998 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1996 werden aufgehoben.
Die Beklagten werden verurteilt, mit der Klägerin einen Versorgungsvertrag gem § 107 Abs 2 i.V.m. § 111 Abs 2 SGB V im Umfang von 42 Plätzen zur stationären Rehabilitation geriatrischer Erkrankungen, wie sie im Einzelnen im Konzept der Klägerin von Juni 2001 aufgeführt sind, abzuschließen.
Die Beklagten haben der Klägerin die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft den Abschluss eines Versorgungsvertrages für eine stationäre Rehabilitationseinrichtung nach § 111 Abs. 2 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Klägerin betreibt seit 1. Juli 1996 ein medizinisch-geriatrisches Zentrum in D.. Mit Schreiben vom 19. September 1995 stellte sie einen ersten Antrag auf Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Beklagten nach § 111 SGB V. Mit Schreiben vom 18. März 1996 modifizierte sie diesen Antrag und beantragte nun einen Versorgungsvertrag über 25 vollstationäre Betten und 10 teilstationäre Plätze.
Die Beklagten lehnten den Antrag mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 ab, weil das niedersächsische Geriatrie-Konzept dem Landkreis E. keine Priorität einräume. Das niedersächsische Konzept strebe keine geriatrischen Zentren an, die flächendeckend seien; Ziel sei vielmehr eine Geriatriesierung der einzelnen Fachabteilungen in den Krankenhäusern. Durch den Ausbau vorhandener Zentren und die begrenzte Schaffung neuer Zentren in Regionen mit höchster Priorität solle in erster Linie die Aus- und Weiterbildung der Ärzte auf dem Gebiet der Geriatrie sichergestellt werden. In der Region E. nehme die F. in G. diese Funktion wahr. Angesichts der verschärften finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung hätten sie - die Landesorganisationen der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen - den Entschluß gefaßt, neben den vorhandenen Leistungserbringern mit keinen weiteren Einrichtungen einen Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 SGB V abzuschließen. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. November 1996).
Die Klägerin hat am 29. November 1996 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Mit Urteil vom 28. Juli 1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die bestehende und beabsichtigte personelle und sächliche Ausstattung der Klägerin erfülle zwar die Anforderungen, die an eine Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtung zu stellen seien. Die Beklagten hätten aber zutreffend entschieden, dass die Einrichtung für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Versicherten nicht erforderlich sei.
Gegen dieses ihr am 11. September 1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. September 1998 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, sie habe einen Rechtsanspruch auf Abschluß des Versorgungsvertrages nach § 111 SGB V. Denn sie sei in der Lage, stationäre Rehabilitationsleistungen im Sinne von § 107 Abs. 2 SGB V zu erbringen und erfülle auch die sonstigen Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 SGB V. Es gebe keine Bedarfsplanung der Beklagten im Rahmen des § 111 Abs. 2 SGB V, so dass sich ihr Grundrecht - das Grundrecht der Klägerin - auf Annahme des angebotenen Versorgungsvertrages durchsetzen müsse. Im übrigen sei die geriatrische Abteilung der F. zu ca 85 % belegt, was anerkanntermaßen einer Vollauslastung entspreche.
Die Klägerin hat im Juni 2001 ihr neues ausführliches und detailliertes Konzept: "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" vorgelegt. Sie begehrt lediglich noch den Abschluß eines Versorgungsvertrages über vollstationäre Rehabilitation.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. Juli 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 18. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1998 aufzuheben und
die Beklagten zu verurteilen, mit der Klägerin einen Versorgungsvertrag gemäß § 107 Abs. 2 i.V.m. § 111 Abs. 2 SGB V im Umfang von 42 Plätzen zur stationären Rehabilitation geriatrischer Erkrankungen, wie sie im Einzelnen im Konzept der Klägerin vom Juni 2001 aufgeführt sind, abzuschließen.
Die Beklagten zu 1), 3), 5), 6) und 7) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 2) und zu 4) haben keinen Antrag gestellt.
Die Beklagten halten das angefochtene Urteil für zutreffend und haben zahlreiche Unterlagen zu den Akten gereicht.
Die Beklagte zu 1) führt ergänzend u.a. aus, die Organisationseinheit Geriatrie in der F. sei zu 72 % ausgelastet gewesen. Für die Rehabilitation werde üblicherweise von einem Auslastungsgrad von 95 % ausgegangen und nicht von 85 % wie im Krankenhausbereich. Kapazitätsengpässe habe es somit im Bereich E. nicht gegeben.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Auch er hat diverse Unterlagen zu den Akten gereicht und u.a. ausgeführt, dass die Anzahl der Fälle, die als geriatrisch zu bezeichnen seien, statistisch nur schwer erfaßt werden könnten.
Mit den Beteiligten hat am 25. Mai 2000 ein Erörterungstermin stattgefunden.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des ersten und zweiten Rechtszuges sowie der Verwaltungsakten der Beklagten zu 1) und 5) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist auch begründet.
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist nur noch der Anspruch der Klägerin auf einen Versorgungsvertrag über 42 Betten zur stationären Rehabilitation geriatrischer Erkrankungen. Soweit sie zuvor den Abschluß eines Versorgungsvertrages über Vorsorgeleistungen oder teilstationäre Rehabilitation geltend gemacht hat, hat sie diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr gestellt. Die hierin liegende Klageänderung ist sachdienlich (§ 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1998 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch gegen die Beklagten auf Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 111 Abs. 2 i.V.m. § 107 Abs. 2 SGB V im Umfang von 42 Plätzen zur stationären Rehabilitation geriatrischer Erkrankungen.
Gemäß § 111 Abs. 1 SGB V dürfen die Krankenkassen medizinische Leistungen zur Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung (§ 40 SGB V), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht. Nach § 111 Abs. 2 SGB V schließen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen einheitliche Versorgungsverträge über die Durchführung der in Absatz 1 genannten Leistungen mit Rehabilitationseinrichtungen, die die Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V erfüllen (§ 111 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) und die für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ihrer Mitgliedskassen mit stationären medizinischen Leistungen zur Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung notwendig sind (§ 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V). Gemäß § 107 Abs. 2 SGB V sind Rehabilitationseinrichtungen im Sinne des SGB V Einrichtungen, die folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen der stationären Behandlung der Patienten dienen, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten (§ 107 Abs. 2 Nr. 1b SGB V). Eine Rehabilitationseinrichtung muss außerdem darauf eingerichtet sein, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen (§ 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V). Schließlich müssen in einer Rehabilitationseinrichtung die Patienten untergebracht und verpflegt werden können (§ 107 Abs. 2 Nr. 3 SGB V).
Die Voraussetzungen der §§ 111 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 107 Abs. 2 SGB V liegen vor. Die 42 Plätze umfassende Abteilung der Klägerin "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" ist eine Rehabilitationseinrichtung im Sinne dieser Vorschriften.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, ist Grundlage der Zuordnung einer Einrichtung als Rehabilitationseinrichtung das Behandlungskonzept, das der Einrichtungsbetreiber dem Antrag auf Abschluss des Versorgungsvertrages zu Grunde legt. Dieses Konzept muss die Art der zu behandelnden Erkrankungen, die vorgesehene Therapie sowie die personelle und sächliche Ausstattung der Einrichtung erkennen lassen, um eine rechtliche Einordnung zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1997 - 3 RK 1/97 - in SozR 3-2500 § 111 Nr. 1 S. 5f).
Die Klägerin hat im Laufe des Gerichtsverfahrens das Konzept ihrer Einrichtung geändert und im Juni 2001 ihr neues Konzept "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" vorgelegt. Dieses Konzept hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Denn die Klägerin hat eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG- i.V.m. § 54 Abs. 4 SGG). Bei dieser Klage ist maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl. 1998, § 54 Rn. 34 mwN).
Weder die Beklagten noch der Beigeladene stellen in Abrede, dass es sich bei der im Konzept von Juni 2001 im einzelnen beschriebenen 42 Betten umfassenden Einrichtung der Klägerin um eine Rehabilitationseinrichtung handelt. Auch der Senat hat hieran keine Bedenken.
Die Einrichtung der Klägerin "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" hat nach dem Konzept von Juni 2001 das Ziel, die Forderung des Gesetzgebers "Rehabilitation vor Pflege" zu verwirklichen. Die Einrichtung "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" behandelt Patienten, die an Funktionsverlusten mit psychosozialer Beeinträchtigung, an chronisch rezidivierenden Erkrankungen mit akuter Exazerbation, an akuten oder therapieresistenten und chronischen Schmerzerkrankungen und/oder an unheilbaren Erkrankungen leiden. Nach Assessment-Untersuchungen durch den Arzt wird regelmäßig ein Behandlungsplan aufgestellt. Er umfaßt unterschiedliche heiltherapeutische Maßnahmen, je nach Indikation ca. 10 bis 15 Behandlungen pro Patient und Woche, wie z.B. Krankengymnastik in Einzel- und Gruppentherapie, Behandlung nach Bobath, nach Brügger etc., medizinische Trainingstherapie, ergotherapeutische Behandlung und Massage. In Anbetracht der bei geriatrischen Patienten häufig vorliegenden komplexen und multimorbiden Erkrankungen ist das Behandlungsteam multiprofessionell und entspricht damit auch in personeller Hinsicht den Anforderungen des § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Es gehören ihm neben dem Arzt zahlreiche nichtärztliche Leistungserbringer, wie Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Logopäden, Masseure und Medizinische Bademeister, Diätassistenten, Pflegekräfte und Sozialarbeiter an. Im Bedarfsfalle können Orthopädiemechaniker hinzugezogen werden. Die Koordination obliegt dem Arzt. Da in der Einrichtung "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" der Klägerin die Patienten auch untergebracht und gepflegt werden können, liegen die Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 107 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGB V vor.
Die Einrichtung entspricht auch den Anforderungen des § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V.
Die Einrichtung ist bedarfsgerecht im Sinne dieser Vorschrift. Der Begriff "bedarfsgerecht" wird im Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung in mehreren Vorschriften verwendet, für die vertragsärztliche Versorgung z.B. in den §§ 99 ff. SGB V (vgl. z.B. § 101 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 Satz 2) und für die Krankenhäuser in § 109 Abs. 3 Nr. 1 SGB V und § 1 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der in diesen Bestimmungen verwendetete Begriff "bedarfsgerecht" ist jedoch nicht identisch mit dem Begriff "bedarfsgerecht" in § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Das ergibt eine verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschrift.
Eine Bedarfsprüfung zielt regelmäßig darauf ab, die Zulassung eines Leistungserbringers zur gesetzlichen Krankenversicherung von einem Bedarf abhängig zu machen. Arztangebot und Arztbedarf, Bettenangebot und Bettenbedarf werden einander gegenüber gestellt. Überwiegt das Angebot den Bedarf, scheidet eine Zulassung des Leistungserbringers zur gesetzlichen Krankenversicherung aus. Dieser Ausschluß von Leistungserbringern von der gesetzlichen Krankenversicherung stellt einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar, auf die sich auch die Klägerin als GmbH berufen kann (Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 5. Aufl. 2000, Art. 19 Rn 14 mwN). Berufsausübungsregelungen dürfen vom Gesetzgeber aber nur getroffen werden, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und die durch sie bewirkten Beschränkungen für die Betroffenen zumutbar sind (vgl. BVerfGE 101, 331, 347). Diese Voraussetzungen liegen bei dem Ausschluß stationären Rehabilitationseinrichtungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nicht vor.
Es ist allgemein anerkannt, daß die Sicherstellung einer gleichmäßigen medizinischen Versorgung der gesetzlich Versicherten eine wichtige öffentliche Aufgabe ist. Gleichwohl rechtfertigt sie den Ausschluß stationärer Rehabilitationseinrichtungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nicht. Insoweit bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der Versorgung der Versicherten mit stationären Rehabilitationsleistungen und ihrer Versorgung mit ambulanter oder stationärer Krankenbehandlung. Die Krankenbehandlung muß ortsnah und damit flächendeckend sein, damit in allen - auch in den strukturschwachen - Gebieten eine zügige Behandlung akuter Erkrankungen gewährleistet ist. Demgegenüber wird die gleichmäßige Versorgung der Versicherten mit stationären Rehabilitationsmaßnahmen durch ein Unter- oder Überangebot an stationären Rehabilitationseinrichtungen in einem bestimmten Gebiet nicht gefährdet. Denn im Gegensatz zur Durchführung ambulanter und stationärer Krankenbehandlung haben die Krankenkassen bei der stationären Rehabilitation die Möglichkeit, die Inanspruchnahme der Leistungen zu steuern. Stationäre Rehabilitation wird regelmäßig für eine ganz bestimmte, namentlich benannte Einrichtung bewilligt. Auf diese Weise haben es die Krankenkassen in der Hand, die Belegung der einzelnen Rehabilitationseinrichtungen zu beeinflussen. Im Gegensatz zur ambulanten Rehabilitation (vgl. § 40 Abs. 1 SGB V) sind die Krankenkassen bei der Bewilligung stationärer Rehabilitation nicht verpflichtet, ihren Versicherten wohnortnahe Einrichtungen anzubieten. Die in den meisten Fällen gegebene lange Vorlaufzeit einer stationären Rehabilitation erlauben es den Versicherten in der Regel, sich auf eine Rehabilitation außerhalb ihres Wohnortbereichs einzustellen. Die Krankenkassen können somit den Bedarf an entsprechenden stationären Rehabilitationseinrichtungen in einem unterversorgten Gebiet durch ein Überangebot in einem anderen Gebiet ausgleichen. Damit ist eine gleichmäßige Versorgung der Versicherten mit stationären Rehabilitationsleistungen gesichert.
Auch die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist als Gemeinwohlaufgabe im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG anerkannt (vgl. BVerfG 68, 193, 218). Auch sie rechtfertigt einen Ausschluß stationärer Rehabilitationseinrichtungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch nicht. Das wäre dann der Fall, wenn mit der Zulassung weiterer Leistungserbringer auch die Anzahl und der Umfang der von den Krankenkassen zu finanzierenden Leistungen zunehmen würde, wenn also - wie bei den Vertragsärzten - das Angebot die Nachfrage erhöhen würde. Bei der stationären Rehabilitation ist das jedoch nicht zu befürchten. Denn stationäre Rehabilitationsmaßnahmen sind Ermessensleistungen (§ 40 Abs. 2 SGB V). Auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 2 SGB V vorliegen, kann die Krankenkasse die Bewilligung einer Rehabilitation ablehnen. Sie hat dabei (lediglich) das Gebot der Gleichbehandlung aller Versicherten zu beachten (Art. 3 Abs. 1 GG). Etwas anderes gilt nur in den Fällen, in denen das Ermessen der Krankenkasse auf Null reduziert ist. Sachverhalte dieser Art sind jedoch die Ausnahme und können hier vernachlässigt werden. Die Ausgestaltung der stationären Rehabilitation als Ermessensleistung setzt die Krankenkassen in die Lage, ihre Ausgaben für stationäre Rehabilitationsmaßnahmen selbst zu steuern. Es bedarf daher nicht des Ausschlusses stationärer Rehabilitationseinrichtungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung, um die gesetzliche Krankenversicherung von übermäßigen Aufwendungen für stationäre Rehabilitation zu bewahren.
Auch die zielgerichtete Verwendung öffentlicher Investitionen dient dem Gemeinwohl und kann daher grundsätzlich eine Einschränkung der Berufsausübung rechtfertigen. Das gilt jedoch nicht für den Ausschluß stationärer Rehabilitationseinrichtungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Insofern unterscheiden sich die stationären Rehabilitationseinrichtungen grundsätzlich von den Krankenhäusern. Die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser wird durch die Übernahme ihrer Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung erreicht (§ 4 Nr. 1 KHG). Nach § 6 Abs. 1 KHG haben die Länder für Krankenhäuser zur Durchsetzung der Bedarfsgerechtigkeit Krankenhauspläne und Investitionsprogramme aufzustellen. Die Krankenhauspläne dienen u.a. der Verwirklichung einer ausgewogenen Relation zwischen Bettenangebot und Bettenbedarf. Auf diese Weise soll sicher gestellt werden, dass eine wirtschaftliche Auslastung jedes einzelnen Krankenhauses erreicht wird und auf diese Weise die öffentlichen Förderungsmittel im Interesse der Allgemeinheit zielgerichtet verwendet werden. Ganz anders ist die Rechtslage bei stationären Rehabilitationseinrichtungen. Sie werden nach dem KHG nicht öffentlich gefördert und sind daher auch nicht in den Krankenhausplan aufzunehmen. § 5 Abs. 1 Nr. 7 KHG bestimmt ausdrücklich, dass Rehabilitationseinrichtungen gemäß § 107 Abs. 2 SGB V nach dem KHG nicht gefördert werden. Das hat die folgerichtige Konsequenz, dass die zuständigen Landesbehörden im Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zwar bei der Zulassung von Krankenhäusern mitwirken (§ 108 Nr. 2 SGB V i.V.m. § 6 KHG; § 108 Nr. 3 i.V.m. § 109 Abs. 3 Satz 2 SGB V), nicht aber beim Abschluß von Versorgungsverträgen nach § 107 Abs. 2 SGB V. Auch aus diesem Grund sind die Beklagten nicht an das niedersächsische Geriatrie-Konzept gebunden, das von der zuständigen Landesbehörde erstellt worden ist.
Es liegen somit keine vernünftigen Gründe des Gemeinwohls vor, die den Ausschluß einer stationären Rehabilitationseinrichtung von der gesetzlichen Krankenversicherung und damit einen Eingriff in das Recht der freien Berufsausübung rechtfertigen könnten. Würde der Begriff der Bedarfsgerechtigkeit in § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V daher im Sinne eines angemessenen Verhältnisses zwischen Bettenangebot und Bettenbedarf verstanden, so wäre § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V verfassungswidrig. Der Senat durfte das Verfahren gleichwohl nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Denn trotz wortgleicher Verwendung des Begriffs "bedarfsgerecht" an anderer Stelle des SGB V (z.B.: § 101 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 Satz 2, § 109 Abs. 3 Nr. 2 SGB V) kann er verfassungskonform ausgelegt werden. Als bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten iSd § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V kann eine Versorgung verstanden werden, die die Erfüllung des Anspruchs der Versicherten gegen ihre Krankenkassen nach § 40 Abs. 2 SGB V sicherstellt. Bedarfsgerecht ist eine Versorgung danach dann, wenn sie gewährleistet, dass der Anspruch der Versicherten nach § 40 Abs. 2 SGB V auf stationäre Rehabilitation ordnungsgemäß erfüllt wird. In dieser Auslegung ist § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar; denn sie stellt Anforderungen an die Berufsausübung eines Betreibers einer Rehabilitationseinrichtung, die der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten mit Rehabilitationsmaßnahmen dienen und die nicht unverhältnismäßig sind.
Zwischen den Beteiligten besteht kein Zweifel darüber, dass die Einrichtung der Klägerin "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" diesen Anforderungen entspricht. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme lassen sich weder dem Vortrag der Beklagten oder des Beigeladenen noch den beigezogenen Akten entnehmen.
Die Einrichtung der Klägerin "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" ist auch leistungsfähig im Sinne des § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Leistungsfähig ist eine stationäre Rehabilitationseinrichtung dann, wenn ihr Leistungsangebot die Anforderungen erfüllt, die nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse an eine Einrichtung der betreffenden Art zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1997, aaO.). Auch die Leistungsfähigkeit ist von den Beklagten und dem Beigeladenen nicht in Frage gestellt worden. Weder in dem angefochtenen Bescheid noch im Gerichtsverfahren haben die Beklagten oder der Beigeladene behauptet, dass die stationäre Rehabilitationseinrichtung der Klägerin nicht nach dem allgemeinen Stand medizinischer und pflegerischer Erkenntnisse betrieben wird. Die Klägerin hat ein schlüssiges Konzept vorgelegt und vor dem Senat ausdrücklich und glaubhaft erklärt, dass sie alle angemessenen Voraussetzungen nach § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V erfüllen wird, die eine leistungsfähige Versorgung der Versicherten gewährleisten, soweit dies nicht bereits geschehen ist. Diese Erklärungen sind ohne Widerspruch der Beklagten geblieben.
Schließlich ist die stationäre Einrichtung der Klägerin "Stationäre Geriatrische Rehabilitation" auch wirtschaftlich iSd § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V, wie sich aus dem Konzept von Juni 2001 im einzelnen ergibt. Die Klägerin hat einen Pflegesatz von 261,15 DM ermittelt. Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Überdies hat die Klägerin auch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Einrichtung glaubhaft versichert, dass sie alle angemessenen Voraussetzungen erfüllen wird, die eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleisten, soweit dies nicht bereits geschehen ist. Auch insoweit haben die Beklagten nicht widersprochen.
Damit liegen neben den Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Nr. 1 SGB V auch die der Nr. 2 vor. Eine Prüfung der Frage, ob - wie § 111 Abs. 2 Nr. 2 SGB V bestimmt - die stationäre Rehabilitationseinrichtung der Klägerin "notwendig" ist, hat nicht zu erfolgen. Da eine Ablehnung eines Versorgungsvertrages mit Hinweis auf ein ungünstiges Verhältnis zwischen Bettenbedarf und Bettenangebot verfassungswidrig ist, ist für die Prüfung der Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationseinrichtung kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.