Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.02.2001, Az.: 12 K 773/00
Abzugsfähigkeit von freiwilligen Zahlungen auf einen noch nicht festgesetzten Nachzahlungszinsbetrags als Sonderausgaben
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.02.2001
- Aktenzeichen
- 12 K 773/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 24230
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0228.12K773.00.0A
Rechtsgrundlage
- § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG
Fundstellen
- DStRE 2001, 915-917 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2001, 1136-1138
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine freiwillige Zahlung eines noch nicht festgesetzten Nachzahlungszinsbetrages als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig ist.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die der Besteuerung unterliegenden Einkünfte resultierten dabei im Wesentlichen aus Mitunternehmerschaften der Klägerin (Kl). Die Kl...in. ist beteiligt an der V - GmbH & Co KG sowie an der J - KG. In den Jahren 1997 und 1998 wurden bei diesen Gesellschaften Betriebsprüfungen (BP) durchgeführt, die Ende 1998 noch nicht beendet waren. Auf Grundlage der bereits seit Anfang November 1998 vorliegenden Bp.-Berichtsentwürfe ermittelte die Kl...in. für die geprüften Jahre 1993 bis 1996 die auf die voraussichtlichen Steuernachforderungen entfallenden Nachzahlungszinsen mit 8.630,37 DM. Am 30.12.1998 überwies die Kl...in. den Betrag von 9.000,00 DM an den Beklagten (Bekl.). Als Verwendungszweck gab sie an: "Nachzahlungszinsen lt. Bp.". Da zum Zeitpunkt des Zahlungseinganges die Kl. beim Bekl. keine Steuerrückstände aufwiesen, verblieb der Betrag zunächst als nicht zu verbuchendes Guthaben im Konto der Kl. Nach erfolgten Änderungen der Einkommensteuerbescheide für 1993, 1994 und 1996 am 08.07.1999 verbuchte der Bekl. die 9.000 DM auf sich hieraus ergebende Mehrsteuern.
Mit der Einkommensteuererklärung 1998 begehrten die Kl. den Abzug der gezahlten 9.000 DM als Sonderausgabe i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG).
Im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 07.08.2000 (geändert am 21.08.2000) ließ der Bekl. den Betrag von 9.000 DM nicht zum Sonderausgabenabzug zu. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehren die Kl. nunmehr mit der vorliegenden Klage vom 19.12.2000 die Berücksichtigung des freiwillig vorausgezahlten Zinsbetrages in Höhe von 9.000 DM als Sonderausgaben.
Die Kl. sind der Auffassung, dass der vorausgezahlte Geldbetrag i.H.v. 9.000 DM aufgrund des Abschlussprinzips des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG im Jahr der Zahlung auch ohne vorherige Zinsfestsetzung als Nachzahlungszinsen i.S.v. § 233 a Abgabenordnung (AO) anzusehen und mithin als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzugsfähig ist. Sie verweisen hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abzugsfähigkeit vorausgezahlter Kirchensteuern (Urteile vom 27. September 1963, VI 123/62 U, BStBl. III 1993, 536 bzw. 25. Januar 1963, VI 69/61 U, BStBl III 1963, 141) und Vermögensteuer (Urteil vom 23. Februar 1951; IV 150/50 S, BStBl. III 1951, 79). Von einer willkürlichen Zahlung im Sinne dieser Rechtsprechung könne im Streitfall nicht ausgegangen werden, da die Zahlung von 9.000 DM zum einen auf der überschlägigen Vorausberechnung beruhe und zum anderen diese Vorausberechnung nur geringfügig von den tatsächlich festgesetzten Nachzahlungszinsen abweiche. Die Kl. sind der Auffassung, dass folgende Zinsfestsetzungen insoweit zum Vergleich heranzuziehen sind:
Einkommensteuer 1993 (Bescheid vom 07.08.2000): | 2.832 DM |
---|---|
Einkommensteuer 1994 (Bescheid vom 04.09.2000): | 845 DM |
Einkommensteuer 1995 (Bescheid vom 07.08.200): | 0 DM |
Einkommensteuer 1996 (Bescheide vom 21.07.1999, 22.11.1999, 07.08.2000): | 2.105 DM |
Summe: | 5.782,00 DM. |
Die Kl. beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 07.08.2000, geändert am 21.08.2000, in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 30.11.2000 aufzuheben und die Einkommensteuer für 1998 unter Berücksichtigung von weiteren Nachzahlungszinsen in Höhe von 9.000 DM als Sonderausgaben neu festzusetzen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus dem Hinweis in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf § 233 a AO ergebe sich, dass der Sonderausgabenabzug eine Zinsfestsetzung voraussetze. Im Übrigen ist er der Auffassung, dass es sich bei dem freiwillig vorausgezahlten Zinsbetrag um eine willkürliche Zahlung handelt, da sie von den Kl. ohne vernünftigen Grund geleistet worden ist. Dies folge aus dem Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, der Steuerpflichtige begünstigen wolle, die mit Nachzahlungszinsen belastet seien. Im Streitfall hätten für die Vorauszahlung weder dem Grunde noch der Höhe nach vernünftige wirtschaftliche Gründe vorgelegen. Die Zahlung sei vielmehr vor Ergehen entsprechender Leistungsgebote und ohne Leistung entsprechender Vorabzahlungen auf die den Zinsen zugrunde liegenden Steuerschulden allein im Hinblick auf die für das Folgejahr bevorstehende Gesetzesänderung (Streichung des § 10 Abs. 5 EStG) erfolgt. Im Übrigen sei festzustellen, dass der von den Kl. vorab errechnete Nachzahlungsbetrag lt. Bp. erheblich von den nachfolgend tatsächlich festgesetzten Nachzahlungszinsen abweiche.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
1.
Der im Streitjahr 1998 freiwillig gezahlte Geldbetrag in Höhe von 9.000 DM ist nicht als Sonderausgabe i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. abzugsfähig, denn es handelt sich begrifflich nicht um (vorausgezahlte) Zinsen nach § 233 a AO.
a)
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung) kann ein Steuerpflichtiger auch Zinsen nach § 233 a Abgabenordnung (AO) als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Ausweislich des Wortlauts des § 233 a AO ist nach Ablauf einer Karenzzeit (§ 233 a Abs. 2 AO) eine Verzinsung nur durchzuführen, wenn die erstmalige Steuerfestsetzung oder Steueränderungsfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag i.S.v. § 233 a Abs. 3 bzw. Abs. 5 Satz 2 AO führt. Der Senat legt deshalb das Tatbestandsmerkmal in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. "Zinsen nach § 233 a AO" in der Weise aus, dass nur gezahlte Zinsen zum Sonderausgabenabzug zugelassen sind, die vorher mit der zugrundeliegenden Steuerfestsetzung oder Steueränderungsfestsetzung festgesetzt worden und damit entstanden sind. Durch den Verweis auf § 233 a AO bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass ein Abzug als Sonderausgabe nur in Betracht kommt, wenn es sich bei der Zahlung begrifflich um Nachzahlungszinsen im Sinne dieser Vorschrift handelt. Der Senat ist der Auffassung, das nach dem klaren Wortlaut des § 233 a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 5 AO dies erst dann der Fall sein kann, wenn entweder die Erstfestsetzung zu einen Unterschiedsbetrag i.S.v. § 233 a Abs. 3 AO zu Lasten des Steuerpflichtigen führt (Steuernachforderung) oder wenn sich bei Aufhebung, Änderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung ein zu verzinsender Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der vorher festgesetzten Steuer ergibt (§ 233 a Abs. 5 Satz 2 AO). Erst mit der Steuerfestsetzung bzw. Steueränderungsfestsetzung werden die Zinsen festgesetzt (§ 233 a Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 AO) mit der Folge, dass der Zinsanspruch auch erst zu diesem Zeitpunkt entsteht (Schwarz, Kommentar zur AO, § 38 Rz 33; vgl. auch BFH-Urteile vom 27. August 1998 III R 243/94, BFH/NV 1999, 288 m.w.N.; vom 15. März 1995, I R 56/93, BStBl. II 1995, 490, alle zu § 233 a AO a.F.).
Diese Voraussetzungen sind im Zeitpunkt der Zahlung der strittigen 9.000,00 DM nicht erfüllt. Am 30.12.1998 waren die in Aussicht genommenen Nachzahlungszinsen weder entstanden noch festgesetzt. Nach dem Kenntnisstand vom 30.12.1998 sprach zwar ausweislich der auf Basis der Bp.-Berichtsentwürfe durchgeführten Vorausberechnung einiges dafür, dass sich eine Steuernachforderung nach Bp. und damit ein Nachzahlungszinsbetrag in der errechneten Höhe ergeben könnte. Diese vorausberechneten Grundlagen gingen aber - wie die nachfolgenden tatsächlichen Zinsfestsetzungen zeigen - nicht unmittelbar in die Steuer- und Zinsfestsetzungen ein. Diese wurden vielmehr durch zwischenzeitlich geänderte Grundlagenbescheide noch erheblich beeinflusst. Daraus wird deutlich, dass erst nach einer Steuer- bzw. Steueränderungsfestsetzung beurteilt werden kann, ob und in welcher Höhe sich Nachzahlungszinsen nach § 233 a AO ergeben und dass auf den Abfluss allein nicht abgestellt werden kann.
b)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH zum Sonderausgabenabzug freiwillig vorausgezahlter Kirchensteuern.
In diesem, auf dem ersten Blick vergleichbaren Bereich des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG hat die Rechtsprechung schon seit vielen Jahren bestehende Rechtsgrundsätze für den Sonderausgabenabzug freiwilliger Kirchensteuerzahlungen vor Kirchensteuerfestsetzung entwickelt: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhof ist danach zunächst für die Abzugsfähigkeit freiwillig vorausgezahlter Kirchensteuern ohne Belang, ob hinsichtlich der im Steuerabschnitt gezahlten Kirchensteuer ein Kirchensteuerbescheid bereits vorlag oder nicht. Es folge aber aus dem Zweck des § 10 EStG, Steuerpflichtige zu begünstigen, die mit Kirchensteuer belastet seien, dass es nicht der Willkür eines Steuerpflichtigen anheimgestellt sein könne, welche Zahlungen er in einem Veranlagungszeitraum leiste. Willkürliche Zahlungen, die ein Steuerpflichtiger in einem Veranlagungszeitraum ohne vernünftigen Grund leiste, seien daher von dem Abzug in diesem Veranlagungszeitraum ausgeschlossen. Ein Steuerpflichtiger könne nicht durch Zahlungen, für die nach Grund und Höhe keine vernünftigen wirtschaftlichen Gründe vorliegen, die Höhe seines Einkommens innerhalb verschiedener Veranlagungszeiträume manipulieren (vgl. BFH-Urteile vom 25. Januar 1963 VI 69/61 U, BStBl III 1963, 141; vom 22. November 1983 VIII R 37/79, BFHE 140, 63; vom 18. Mai 2000 IV R 28/98, BFH/NV 2000, 1455). Ob eine freiwillige Zahlung als willkürlich in diesem Sinne anzusehen sei, hänge weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteil vom 22. November 1983, a.a.O.). Die die Annahme einer willkürlichen Zahlung ausschließende wirtschaftliche Belastung liegt nach der Rechtsprechung jedoch dann nicht vor, wenn es sich um eine die voraussichtliche Steuerschuld weit übersteigende Zahlung handelt oder im Zeitpunkt der Zahlung bereits die Möglichkeit der späteren Rückforderung offensichtlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 23. Februar 1995 IV 150/50 G, BStBl III 1951, 79 betr. Vermögensteuer; vom 25. Januar 1963, a.a.O.; vom 22. November 1974 VI R 138/72, BStBl II 1975, 350; vom 20. Februar 1976 VI R 131/74, BFHE 118, 331; Urteil des FG Münster vom 23. Januar 1990 VI 8163/87 E EFG 1990, 422). Für die Ermittlung entstandener, aber noch nicht festgesetzter Kirchensteuer sei dem Steuerpflichtigen dabei ein gewisser Schätzungsrahmen zuzubilligen (BFH-Urteil vom 22. November 1983, a.a.O.). Die Rechtsprechung hat insoweit beispielsweise von dem Gesamtvorauszahlungsbetrag von 2.000 DM 500 DM als Sonderausgabe anerkannt, nachdem sich später eine tatsächliche Kirchensteuerschuld von 415,68 DM ergab (vgl. Urteil vom 25. Januar 1963, a.a.O.).
Der Senat hält es nach Würdigung aller Umstände rechtlich nicht für möglich, diese Rechtsgrundsätze in der Weise auf den Streitfall anzuwenden, dass es ungeachtet einer vorherigen Festsetzung allein darauf ankommt, ob die freiwillige Vorauszahlung von Zinsen nach § 233 a AO willkürlich erfolgt.
Es spricht zwar zunächst für eine Übertragbarkeit dieser Rechtsprechungsgrundsätze, dass es danach auch für die Abzugsfähigkeit der freiwilligen Kirchensteuerzahlung weder darauf ankommt, dass die Kirchensteuer schon festgesetzt war noch ist entscheidend, ob sie überhaupt entstanden ist. Im dem Urteil des BFH vom 25. Januar 1963 (a.a.O.) zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Steuerpflichtige die freiwillige Kirchensteuerzahlung noch vor Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraums - und damit vor der Entstehung der Einkommensteuer (§ 36 Abs. 1 EStG), von der die Kirchensteuer abhängig ist, - geleistet.
Auch legt nach Auffassung des Senats der nur bei der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG enthaltene Zusatz ("gezahlte" Kirchensteuer) allein keine unterschiedliche Behandlung von vorausgezahlten Beträgen nahe. Dieser Zusatz hat insoweit keine substantielle Bedeutung, da die Bezeichnung lediglich Ausdruck des ohnehin geltenden Abflussprinzips des § 11 Abs. 2 EStG ist (vgl. Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG/KStG, § 10 Rz. 209). Es versteht sich von selbst, dass auch nur "gezahlte" Nachzahlungszinsen zum Sonderausgabenabzug zugelassen werden.
Für eine Vergleichbarkeit der beiden Sonderausgabenbereiche und damit für eine Übertragbarkeit der Kirchensteuerrechtsprechung könnte zwar auch sprechen, dass es sich als Steueranspruch bzw. Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung in beiden Fällen um Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 Abs. 1 AO handelt, die jeweils grundsätzlich dem Grunde und der Höhe nach von der Einkommensteuer abhängen.
Nach Überzeugung des Senats kommt es auf diese Aspekte aber nicht an. Vielmehr ist entscheidend, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. - im Gegensatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG - einen Hinweis auf eine andere Vorschrift enthält, deren Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen, damit man überhaupt begrifflich von Nachzahlungszinsen sprechen kann (s. o.). Der Umstand, ob überhaupt Nachzahlungszinsen entstehen, hängt allein von den Gegebenheiten bei Steuerfestsetzung bzw. Steueränderungsfestsetzung ab. Vor einer solchen Festsetzung kann eine Zahlung nicht als Zinszahlung nach § 233 a AO qualifiziert werden. Als solche hat der Bekl. die streitige Zahlung im übrigen auch nicht angenommen. Es handelt sich vielmehr um eine steuerlich unbeachtliche Zahlung ohne rechtlichen Grund an den Bekl., die jederzeit zurückgefordert werden könnte. Würde man eine solche Zahlung zum Abzug zulassen, würde man einem Steuerpflichtigen ermöglichen, durch Zahlungen, für die nach Grund und Höhe keine vernünftigen rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründe vorliegen, die Höhe seines Einkommens innerhalb verschiedener Veranlagungszeiträume zu manipulieren. Solcherlei ginge über den Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. deutlich hinaus. Hiernach sollen nur diejenigen eine steuerliche Entlastung erfahren, die mit einer entstandenen und festgesetzten Nachzahlungszinsforderung belastet sind und diese daraufhin auch leisten. Der Sonderausgabenabzug steht damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vollverzinsung und sollte von Beginn an allein der Erleichterung deren Einführung dienen (Bundestagsdrucksache 11/2529, S. 230).
Damit brauchte sich der Senat im Ergebnis nicht mit der Frage zu befassen, ob die Zahlung von 9.000,00 DM aufgrund der durchgeführten Vorausberechnung bzw. der Höhe der tatsächlich festgesetzten Zinsen als willkürlich i.S.d. oben genannten Kirchensteuerrechtsprechung zu beurteilen ist.
c)
Der Senat konnte aus den vorgenannten Gründen offen lassen, ob der steuerlichen Anerkennung der freiwilligen Vorauszahlung eines in Aussicht genommenen Nachzahlungszinsbetrages im Hinblick auf die Streichung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BStBl. I 1999, 304) ab Veranlagungszeitraum 1999 § 42 AO (Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten) entgegensteht. Deshalb konnte unerörtert bleiben, dass bei Vorauszahlungen von Werbungskosten/Betriebsausgaben die Rechtsprechung des BFH ungeachtet des Abflussprinzips des § 11 Abs. 2 EStG auch dann immer Zweifel an die Abzugsfähigkeit hat, wenn Ausgaben ohne vernünftigen Grund vorausgezahlt werden (vgl. Urteil des BFH vom 29.10.1985 IX R 113/82, BStBl II 1986, 219).
2.
Am Ergebnis des Rechtsstreits ändert sich auch dann nichts, wenn man die Zahlung von 9.000,00 DM teilweise als Rückzahlung von Erstattungszinsen qualifiziert. Ein Abzug als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen kommt insoweit ebenfalls nicht in Betracht.
In den Einkommensteuerbescheiden 1993 und 1996, jeweils vom 07.08.2000, führt die Änderung der Steuerfestsetzung zum Teil zu einer Reduktion vorher festgesetzter Erstattungszinsen (1993: 128,00 DM; 1996: 994,00 DM). Da ausgezahlte Erstattungszinsen i.S.v. § 233 a AO zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) führen, ist denkbar, eine freiwillige (Rück-)Zahlung von Erstattungszinsen ebenfalls dem Bereich des § 20 EStG zuzuordnen und insoweit als (vorausgezahlte) negative Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusehen. Gegen diese steuerliche Einordnung spricht auf der anderen Seite, dass die Verringerung von vorher festgesetzten Erstattungszinsen immer auf einer inzidenter erfolgten Festsetzung von Nachzahlungszinsen hinsichtlich des sich aus der Steueränderungsfestsetzung ergebenen Unterschiedsbetrags i.S.v. § 233 a Abs. 5 Satz 2 AO beruht. Unter diesem Aspekt verbliebe es allein bei der Abzugsmöglichkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F.
Der Senat brauchte diese grundqualifikatorische Frage aber nicht zu entscheiden, da vorliegend ein Abzug als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen ebenfalls ausscheidet. Die Abzugsmöglichkeit als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen kann - ebenso wie bei § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. - theoretisch erst ab dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem sich aus einer Änderungsfestsetzung eine Reduktion der vorher festgesetzten Erstattungszinsen ergibt. Erst dann entsteht insoweit der Anspruch auf (Rück-)Zahlung. Eine freiwillige Vorauszahlung vor Festsetzung im Hinblick auf eine zu erwartende Rückzahlung von Erstattungszinsen ist insoweit nicht möglich, da im Zahlungszeitpunkt eine Zuordnung zum Bereich des § 20 EStG noch nicht feststeht. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zur Versagung des Sonderausgabenabzugs i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. entsprechend.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision war zuzulassen, da es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung handelt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Soweit ersichtlich sind die im Streitfall erörterten Rechtsprobleme bislang weder in der Rechtsprechung noch im steuerrechtlichen Schrifttum behandelt worden. Darüber hinaus sieht der Senat die streitentscheidende Frage der freiwilligen Vorauszahlung von Nachzahlungszinsen nicht nur im Hinblick auf die 1998 auslaufende Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als bedeutend an. Trotz der Streichung des Sonderausgabenabzugs dürfte es auch zukünftig für viele Steuerpflichtige, insbesondere mit der Betriebsprüfung unterliegenden gewerblichen Einkünften, aus rein wirtschaftlichen Gründen überlegenswert sein, sich abzeichnende Nachzahlungszinsen zur Vermeidung eines teuren Steuerkredits vorauszuzahlen.