Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.02.2001, Az.: 10 K 214/98 Ki
Weiterzahlung von Kindergeld nach bis zum 31.12.1995 geltenden Recht
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.02.2001
- Aktenzeichen
- 10 K 214/98 Ki
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0215.10K214.98KI.0A
Rechtsgrundlagen
- § 78 Abs. 3 EStG
- § 2 Abs. 4 BKGG
Fundstellen
- EFG 2001, 904-906 (Volltext mit red. LS)
- NWB DokSt 2001, 1194
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (die Familienkasse des Arbeitsamts - FK -) zu Recht die Bewilligung von Kindergeld für die im streitigen Zeitraum schon über 18 Jahre alte Tochter T der Klin. für die Zeit 1/1996 bis 5/1996 aufheben und das von 1/1996 bis 5/1996 noch zur Auszahlung gekommene Kindergeld in Höhe von 1.500,00 DM zurückfordern durfte. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Aufhebungs-, Änderungs- und Rückforderungsbescheid vom 13.02.1998.
Die Klin. erhielt aufgrund Bewilligungsbescheids vom 16.08.1995 Kindergeld neben anderen Kindern auch für ihre über 18 Jahre alte Tochter T.
Diese hatte nach Beendigung der Schule zunächst im Februar 1993 die Ausbildung zur Hotelfachfrau begonnen; das Ausbildungsverhältnis wurde aber bereits nach drei Wochen wieder aufgelöst. Danach war die Tochter bis zum 06.06.1993 arbeitslos gemeldet. Nachdem sie zweimal der Einladung zu einem Beratungsgespräch unentschuldigt nicht gefolgt war, wurde sie ab dem 19.01.1994 nicht mehr als Bewerberin geführt. Allerdings hatte sie am 04.10.1993 ein bis zum 03.04.1994 befristetes, aber ansonsten kurzfristig kündbares Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft begonnen. Seit dem 06.09.1994 war sie erneut bis zum 05.12.1994 arbeitslos gemeldet. Trotz mehrfacher Belehrungen hat sie sich danach nicht mehr beim Arbeitsamt gemeldet. Am 15.05.1995 gebar sie ihren Sohn S, den sie seitdem betreute.
Nachdem die Klin. auf Anregung der FK den Bescheid über die Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Sohnes, mithin bis 14.05.1996, sowie eine Erklärung der Tochter vorgelegt hatte, wonach diese sich nach Ende des Erziehungsurlaubs der Arbeitsvermittlung wieder zur Verfügung stellen werde, bewilligte die FK mit Bescheid vom 16.08.1995 ab 5/1995 auch für T Kindergeld ohne zeitliche Beschränkung. Ab 6/1996 wurde die Zahlung eingestellt, ohne dass der Bewilligungsbescheid vom 16.08.1995 geändert wurde.
Die FK hatte einen Anspruch auf Kindergeld für T nach § 2 Abs. 4 Bundeskindergeldgesetz in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKKG a.F.) angenommen. Danach besteht unter den Voraussetzungen des § 1 und im zeitlichen Umfang des § 15 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) ein Anspruch auf Kindergeld, wenn ein über 16 Jahre altes Kind selbst ein Kind zu betreuen und erziehen beabsichtigt oder betreut und erzieht und es deshalb von der Arbeitslosmeldung vorübergehend absieht. Mit Bescheid vom 13.02.1998 hob die FK die Bewilligung wegen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse nach § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum 1/1996 bis 5/1996 - "und künftig" - ab 6/1996 auf und forderte das zuviel gezahlte Kindergeld (für 1/1996 bis 5/1996) in Höhe von 1.500,00 DM gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurück. Die Voraussetzungen des seit dem 01.01.1996 maßgebenden § 32 Abs. 4 und 5 EStG für die Gewährung von Kindergeld an Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, lägen nicht vor.
Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Die FK begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Da die Tochter nicht arbeitslos gemeldet sei, mithin der Arbeitsverwaltung nicht zur Verfügung stehe, könne sie nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Zwar habe im zeitlichen Anwendungsbereich des BKKG a.F. (vom 31.01.1994), also bis Ende 1995 noch ein Kindergeldanspruch bestanden; denn damals habe es nach § 2 Abs. 4 BKKG ausgereicht, wenn sich das Kind in Erziehungsurlaub befand und versicherte, sich nach Ablauf desselben wieder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Auch bestehe nach der Übergangsregelung in § 78 Abs. 3 für Kinder, die bisher nach § 2 Abs. 2 BKGG a.F. (vorübergehende Nichtaufnahme oder Unterbrechung einer Ausbildung wegen Betreuung eines eigenen Kindes) berücksichtigt werden konnten, weiterhin bis Ende 1996 Anspruch auf Kindergeld, soweit die Voraussetzungen noch gegeben sind. Der hier zugrundeliegende Begünstigungstatbestand des § 2 Abs. 4 BKGG a.F. sei aber in die Übergangsregelung nicht einbezogen worden, wie sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergebe.
Der Bewilligungsbescheid habe auch noch rückwirkend geändert werden dürfen. Soweit nämlich in den Verhältnissen, die für die Zahlung von Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, sei nach § 70 Abs. 2 EStG die Festsetzung von Kindergeld mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Auch die Änderung der rechtlichen Voraussetzungen falle hierunter.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klin. ist der Meinung, sie habe nach der Übergangsregelung in § 78 Abs. 3 EStG noch bis Ende 1996 Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter. Diese sei, nachdem sie zunächst zwei Ausbildungsverhältnisse begonnen gehabt hätte, schwanger geworden und habe sich ab dem 06.12.1994 nur deshalb nicht erneut arbeitssuchend gemeldet, weil sie nicht gewusst habe, dass sie sich auch als nicht vermittelbare Schwangere regelmäßig beim Arbeitsamt melden müsse. Ihr, der Klin., sei für den Zeitraum des Erziehungsurlaubes der Tochter das Kindergeld nach § 2 Abs. 2 Satz 6 Nr. 1 BKGG a.F. (Unterbrechung der Ausbildung mit Rücksicht auf die Kindesbetreuung) gewährt worden. Nach § 78 Abs. 3 EStG bestehe dieser Anspruch bis Ende 1996.
Die Klin. beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 13.02.1998 über die Aufhebung der Kindergeldbewilligung und Rückforderung von Kindergeld dahingehend zu ändern, dass Kindergeld für die Tochter T noch bis Ende 1996 gewährt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid dargelegten Auffassung fest. Er sehe sich auch nicht in der Lage, die Übergangsregelung des § 78 Abs. 3 EStG , wie vom Senat in der mündlichen Verhandlung zur Diskussion gestellt, auf den Fall der Klin. entsprechend anzuwenden.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und der Gerichtsakte Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Klin. hat noch bis Ende des Kalenderjahres 1996 Anspruch auf Kindergeld für ihre über 18 Jahre alte Tochter und ist deshalb durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt.
1.
Allerdings folgt dieses nicht schon unmittelbar aus der Übergangsregelung des § 78 Abs. 3 EStG.
Zwar ist nach § 78 Abs. 3 EStG in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (§ 78 Abs. 1 - 3 EStG ist durch Art. 1 Nr. 60 des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 - BGBl I 1999, 402 / BStBl I 1999, 304 - aufgehoben) auf ein Kind, welches das 16. Lebensjahr vollendet hat, zugunsten des Berechtigten, dem für dieses Kind ein Kindergeldanspruch zuerkannt ist, § 2 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKKG a.F.) anzuwenden, solange die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen ununterbrochen weiter erfüllt sind, längstens bis zum 31.12.1996.
Indes liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKKG a.F. entgegen der Auffassung der Klin. nicht vor.
Nach dieser Vorschrift sind Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres von hier nicht in Betracht kommenden anderen Fallgestaltungen abgesehen weiter zu berücksichtigen, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden (§ 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG a.F.) und zählt zur Schul- oder Berufsausbildung auch die Zeit, in der unter den Voraussetzungen des § 1 und im zeitlichen Rahmen des § 15 des Bundeserziehungsgeldgesetzes ein Kind betreut und erzogen wird, solange mit Rücksicht hierauf die Ausbildung unterbrochen wird, sowie die Zeit, in der mit Rücksicht auf eine solche Betreuung und Erziehung eine Ausbildung, die spätestens im vierten auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat aufgenommen werden könnte, vorläufig nicht angestrebt oder aufgenommen wird (§ 2 Satz 6 BKGG a.F.).
Die Tochter der Klin. hatte aber weder ihre Ausbildung mit Rücksicht auf die Betreuung ihres Sohnes unterbrochen noch nach Beendigung eines Ausbildungsabschnitts von der Aufnahme einer weiteren Ausbildung, die spätestens im vierten auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat hätte aufgenommen werden können, vorläufig nicht angestrebt oder aufgenommen. Denn die Tochter hatte ihre erste Ausbildungsstelle schon im Februar 1993 aufgegeben. Bei der befristeten Anstellung bei einer Gebäudereinigungsfirma handelte es sich schon nicht mehr um eine Ausbildungsstelle, sondern um ein bloßes Arbeitsverhältnis. Durch die Geburt des Sohnes im Mai 1995 und dessen Betreuung konnte mithin weder eine Ausbildung unterbrochen werden, noch nach Beendigung eines vorherigen Ausbildungsabschnitts ein weiterer Ausbildungsabschnitt nicht aufgenommen werden, der sonst innerhalb von vier Monaten hätte aufgenommen werden können; der Abbruch der ersten Ausbildung lag bereits mehr als 2 Jahre zurück.
2.
Ein Anspruch der Klin. auf Kindergeld ergibt sich aber aus einer gebotenen entsprechenden Anwendung des § 78 Abs. 3 EStG auch auf die Kindergeldtatbestände des § 2 Abs. 4 BKGG a.F.
a)
Die FK hatte der Klin. folgerichtig und zutreffend Kindergeld für die ihr Kind betreuende Tochter nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BKKG a.F. gewährt. Auch lagen die Voraussetzungen dieser Vorschrift noch während des gesamten Kalenderjahres 1996 vor.
Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 2 BKKG a.F. sind nämlich Kinder, die das 16., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, von anderen hier nicht in Betracht kommenden Fallgestaltungen abgesehen u.a. zu berücksichtigen, wenn sie eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können (Satz 1 Nr. 1) oder als Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen (Satz 1 Nr. 2) und steht der Erfüllung dieser Voraussetzungen gleich, wenn das Kind von der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz oder von einer Arbeitslosmeldung mit Rücksicht darauf vorläufig absieht, dass es unter den Voraussetzungen des § 1 und im zeitlichen Rahmen des § 15 des Bundeserziehungsgeldgesetzes ein Kind zu betreuen und erziehen beabsichtigt oder betreut und erzieht (Satz 2).
Die Tochter der Klin. hat zwar wegen der Betreuung ihres Sohnes nicht ihre Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, da sie gar nicht ausbildungswillig war, jedenfalls nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, nach der Erziehungszeit eine Ausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Sie hat aber zugesichert, sich nach Ende des ihr nach §§ 1, 15 Bundeserziehungsgeldgesetz zustehenden Erziehungsurlaubes der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Es bestand deshalb ein Anspruch auf Kindergeld nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BKGG a.F.
Die Anspruchsvoraussetzungen waren auch nicht etwa, wie der Bekl. meint, nur bis zum 15.06.1996 erfüllt. Zwar enthalten die Akten einen Bescheid über die Zahlung von Erziehungsgeld (nur) bis zu diesem Zeitpunkt. Es kann indes offenbleiben, ob die Tochter - der Antrag auf Erziehungsgeld ist nach § 4 Abs. 2 Bundeserziehungsgeldgesetz jeweils für ein Lebensjahr zu beantragen und wird auch nur für ein Jahr gewährt und nur auf erneuten Antrag weiter gewährt - auch in den Folgejahren Erziehungsgeld erhalten hat. Denn ein Kind, das sein eigenes Kind betreut, wird nach § 2 Abs. 4 BKGG a.F. im zeitlichen Umfang des § 15 BErzGG berücksichtigt, mithin gemäß § 15 Abs. 1 BErzGG bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Es kommt also weder auf die Dauer der Zahlung von Erziehungsgeld an noch darauf, ob das Kind tatsächlich Erziehungsurlaub i.S.d. Bundeserziehungsgeldgesetzes erhält. Mit der Anknüpfung an die §§ 1 und 15 Bundeserziehungsgeldgesetz werden die Voraussetzungen der Berücksichtigung und ihre Höchstdauer lediglich umschrieben und in das BKGG a.F. übernommen. Maßgebend kommt es also lediglich auf den gesetzlichen Umfang des Erziehungsurlaubs an. Mithin lagen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BKGG im Jahr 1996 noch vor.
b)
Die Übergangsregelung des § 78 Abs. 3 EStG über die Fortgeltung des § 2 BKGG a.F. bis zum 31.12.1996, solange dessen Voraussetzungen vorliegen, ist nach Auffassung des Senats im Wege ergänzender Rechtsfortbildung durch Analogie auch auf den Kindergeldtatbestand des § 2 Abs. 4 BKGG a.F. zu erstrecken.
Analogie setzt eine Lücke im Gesetz in Form einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine solche ist anzunehmen, wenn ein bestimmter Sachbereich gesetzlich geregelt ist, aber keine Vorschrift für Fälle enthält, die - nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes - hätten mit geregelt werden müssen. Das Gesetz muss also ergänzungsbedürftig sein, jedoch darf die Ergänzung nicht einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widersprechen. Keine Lücken sind indes rechtspolitische Unvollständigkeiten ("rechtspolitische Fehler"). Sie sind gegeben, wenn eine Ergänzung der gesetzlichen Regelung nur aus rechtspolitischen Gründen wünschenswert wäre (zu allem siehe BFH-Urteile vom 09.08.1989 X R 30/86, BStBl II 1989, 891; vom 23.11.1983 II R 27/82, BStBl II 1984, 225; vom 22.12.1993 I R 75/93, BStBl II 1994, jeweils m.w.N.).
Eine solche Lücke ist vorliegend zu bejahen, weil § 78 Abs. 3 EStG nur die Kindergeldtatbestände des § 2 Abs. 2 BKGG a.F. und nicht auch die des § 2 Abs. 4 BKGG a.F. in Bezug nimmt.
§ 78 EStG stellt mit seinen Regelungen einen reibungslosen Übergang vom bisherigen Kindergeldrecht zu den Neuregelungen im EStG sicher. Nach den Erläuterungen zu § 78 Abs. 2 u. 3 EStG des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 13/1558 S. 162) kann in Fällen, in denen die Berechtigung zum Kindergeldbezug infolge Rechtsänderung zum 1. Januar 1996 wegfällt, das Kindergeld noch für eine Übergangszeit von einem Jahr nach bisherigem Recht weitergezahlt werden. Hierin kommt der uneingeschränkte Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, unter Vertrauensgesichtspunkten Kindergeld nach altem Recht noch für eine Übergangszeit von einem Jahr weiter zu gewähren, soweit nach neuem Recht kein solcher Anspruch mehr besteht.
Dieses Ziel hat der Gesetzgeber, indem er in § 78 Abs. 3 EStG nur auf § 2 Abs. 2 BKGG a.F. Bezug genommen hat, nur unvollständig erreicht. Gemessen an dem der Gesetzesvorschrift zugrundeliegenden Plan und Zweck der Vorschrift ist damit die Regelung lückenhaft geblieben, der verfolgte Plan tatbestandsmäßig nicht voll gedeckt.
Eine Gesetzeslücke kann auch nicht etwa mit der Begründung verneint werden, das Gesetz habe mit der Beschränkung seiner Regelung auf die Fortgeltung des § 2 Abs. 2 BKGG a.F. zum Ausdruck bringen wollen, dass die anderen Fälle, zu denen auch der hier zur Entscheidung stehende Fall gehört, gerade nicht so geregelt werden sollten (Umkehrschluss/argumentum e contrario). Dagegen spricht einerseits schon die insoweit nicht differenzierende Gesetzesbegründung, andererseits zusätzlich, dass kein Grund ersichtlich ist, den Fall der Unterbrechung einer Ausbildung oder der Nichtaufnahme des nächsten Ausbildungsabschnitts, der spätestens im vierten auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat hätte aufgenommen werden können (Gegenstand der Regelung in § 2 Abs. 2 BKKG a.F.) , wegen der Betreuung eines eigenen Kindes anders zu behandeln als den Fall, dass wegen einer solchen Betreuung eine Berufsausbildung nicht begonnen oder (nach längerer Unterbrechung als 4 Monate) nicht fortgesetzt werden kann oder deshalb von der Arbeitslosmeldung abgesehen wird (Regelungsgehalt des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 2 BKGG a.F.). Beide Regelungen, und auch das spricht für ihre Gleichwertigkeit, entsprechen einer bis dahin geübten kindergeldrechtlichen Praxis (vgl. Wickenhagen/Krebs, § 2 BKKG Rn. 158, 159 und 288, 289) und sind gleichzeitig durch das 12. Gesetz zur Änderung des BKGG vom 30.06.1989 (BGBl I 1989, 1294) eingeführt worden. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 u. Nr. 2, Satz 2 BKGG a.F. stellt dabei die unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebots des Art. 3 GG notwendige Ergänzung zu § 2 Abs.2 Satz 1 Nr. 1, Satz 6 BKGG a.F. dar. Denn es ist kein Grund erkennbar, diese Fallgestaltungen unterschiedlich zu behandeln.
Gerade weil durch die übergangsweise Weiterzahlung von Kindergeld nach altem Recht das Vertrauen in die Fortgeltung bestehenden Rechts geschützt werden sollte, ist es nicht denkbar, dass der Gesetzgeber hier etwa hätte Unterschiede machen wollen.
Insbesondere unter dem aufgezeigten verfassungsrechtlichen Aspekt und dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist die Gesetzeslücke im Wege der Analogie dahin zu schließen, dass auch bei Fortbestand der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 BKGG a.F. der Kindergeldanspruch wie im Falle des § 2 Abs. 2 BKGG a.F. für eine Übergangszeit von einem Jahr erhalten bleibt.
3.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) mehr, da die Entscheidung ausgelaufenes Recht betrifft und die streitige Rechtsfrage allenfalls noch sehr wenige Fälle betreffen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.