Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2001, Az.: 12 K 835/96
Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 14.02.2001
- Aktenzeichen
- 12 K 835/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14601
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0214.12K835.96.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 22.01.2004 - AZ: IV R 44/02
Fundstellen
- DB (Beilage) 2003, 21 (amtl. Leitsatz)
- DStRE 2002, 418-419 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2002, 171-173
Tatbestand
Die Kläger (Kl.) sind Ehegatten und betreiben gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb in Z. Der land- und forstwirtschaftlich genutzte Grund und Boden besteht zum Teil aus eigenen und zum Teil aus hinzugepachteten Grundstücksflächen. Bezüglich des eigenen Grund und Bodens sind die Kl. Eigentümer je zur ideellen Hälfte. Die Pachtverträge schloss allein der Kl. in seinem Namen ab. Durch den Hinzukauf und die Hinzupacht wurde die land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksfläche von Beginn der 70er Jahre an stetig erhöht. In den Streitjahren waren folgende Verhältnisse festzustellen:
Wirtschaftsjahr 1988/89: Gesamtfläche LuF : 57,46 ha, davon Eigentumsflächen 12,64 ha (= 22 %)
Wirtschaftsjahr 1989/90: Gesamtfläche LuF: 58,25 ha, davon Eigentumsflächen 21 ha (= 36,06 %)
Wirtschaftsjahr 1990/91: Gesamtfläche LuF: 56,64 ha, davon Eigentumsflächen 21,44 ha (= 37,86 %).
Für die Streitjahre gaben die Kläger, wie in den Vorjahren auch, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) bei der Beklagten (Bekl.) ab. Aus den beigefügten Gewinnermittlungen war ersichtlich, dass neben den Erträgen aus Rinder- bzw. Schweinemast jeweils auch Erträge aus Lohnarbeiten erzielt wurden. Zunächst führte die Bekl. die Feststellungen der Einkünfte aus LuF für die Streitjahre erklärungsgemäß durch. Die Steuerbescheide wurden dabei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erteilt. Im Jahr 1993 führte die Bekl. bei den Kl. eine Außenprüfung durch. Dabei stellte der Betriebsprüfer fest, dass der Kl. die Lohnarbeiten in eigenem Namen und auf eigene Rechnung für andere Land- und Forstwirte ausgeführt hatte. Bei diesen Lohnarbeiten handelte es sich um überbetrieblichen Maschineneinsatz (fast ausschließlich Mähdrescharbeiten). Der Betriebsprüfer rechnete diese Maschinenleistungen nicht der GbR, sondern vielmehr ausschließlich dem Kl. zu und behandelte die Erträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Bekl. änderte daraufhin die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus LuF für die Streitjahre dergestalt, dass die ermittelten Einkünfte aus LuF jeweils um die Einkünfte für Lohnarbeiten gemindert wurden. Gegen diese Feststellungsbescheide richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die vorliegende Klage.
Die Kl. sind der Auffassung, die angefochtenen Feststellungsbescheide seien aufzuheben, da die Voraussetzungen für die Annahme einer Ehegatten-GbR nicht gegeben seien. Der Kl?in. gehörten zwar die Eigentumsflächen zur Hälfte, die Zupachtflächen seien aber sämtlich vom Kl. allein gepachtet worden. Der Kl. sei auch stets allein nach außen als Land- und Forstwirt aufgetreten. Bankkonten und Abrechnungen mit und von Geschäftspartnern seien stets im Namen des Kl. vorgenommen worden. Die Kl?in. habe dagegen wegen einer Behinderung nicht körperlich im Betrieb mitarbeiten können. Sie habe sich im Wesentlichen um den Schriftverkehr und die Bankgeschäfte gekümmert und ihre Tätigkeit im Übrigen auf die Führung des Haushalts beschränkt. Ihren hälftigen Anteil an den Eigentumsflächen habe sie unentgeltlich dem Kl. aufgrund der familienrechtlichen Gegebenheiten überlassen. Rechnete man die hinzugepachteten Flächen allein dem Kl. zu, so betrage der prozentuale Anteil der Kl?in. an den Gesamtflächen nicht nur in den Streitjahren, sondern auch in den vorhergehenden und nachfolgenden Jahren jeweils zum Teil deutlich weniger als 20 %. Bei einem derart geringen Anteil könne regelmäßig nicht auf das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden, selbst wenn die Kl?in. im Betrieb mitgearbeitet habe.
Die Kl. beantragen,
die Feststellungsbescheide 1988 bis 1990 vom 6. Dezember 1994 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25. November 1996 aufzuheben.
Die Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Bekl. ist der Auffassung, dass die Kl. den Betrieb der LuF in den Streitjahren in der Rechtsform der GbR geführt haben. Die Geringfügigkeitsgrenze von 20 % habe die Kl'in. überschritten, da ihr die Eigentumsflächen zur ideellen Hälfte gehörten. Die hinzugepachteten Flächen seien bei dieser Betrachtung ohne Bedeutung. Im Übrigen könnten die hinzugepachteten Flächen nicht allein dem Kl. zugerechnet werden. Er sei vielmehr zwar im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung der GbR aufgetreten. Dass er alleine nach außen geschäftlich aufgetreten sei, liege vielmehr im Wesen einer Ehegatten-Innengesellschaft.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Bekl. hat zu Recht die Einkünfte aus LuF einheitlich und gesondert festgestellt, da die Voraussetzungen der §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) vorliegend gegeben sind. Die Kl. sind an den Einkünften aus LuF beteiligt und die Einkünfte sind ihnen auch steuerlich zuzurechnen, denn sie haben den Betrieb der LuF gemeinsam als GbR geführt.
Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 (GrS 4/82, BStBl II 1984, 751) wird eine steuerliche Mitunternehmerschaft nur durch ein Gesellschaftsverhältnis oder ein wirtschaftlich damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis begründet, das den Mitunternehmern ein Unternehmerrisiko auferlegt und ihnen Unternehmerinitiative einräumt. Auch Ehegatten können danach Mitunternehmer eines Betriebes sein, wenn zwischen ihnen ein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist, der den gleichen Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des BFH an alle Verträge zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind. Steuerlich können solche Verträge nur berücksichtigt werden, wenn sie wirksam zustande gekommen sind, einem Fremdvergleich standhalten und tatsächlich vollzogen werden (BFH-Urteil vom 14. August 1986 IV R 341/84, BStBl II 1987, 23 m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist von einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten auch dann auszugehen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis (z.B. Güter- oder Bruchteilsgemeinschaft) vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes zum Alleineigentum oder Miteigentum gehört, die Eheleute in dem gemeinsamen Betrieb mitarbeiten und keine anzuerkennenden abweichenden Vereinbarungen über die Nutzung der Wirtschaftsgüter bestehen. Die Mitunternehmerschaft beruht dann darauf, dass die Eheleute unter Einsatz ihres beiderseitigen Vermögens, durch gemeinsame Bewirtschaftung und unter Ausübung von Mitunternehmerinitiative und durch gemeinsame Übernahme des Unternehmerrisikos auf einen bestimmten Zweck hin tatsächlich zusammenwirken (sog. wirtschaftliche Zweckgemeinschaft; vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BStBl II 1983, 636, und vom 16. Februar 1995 IV R 82/94, BStBl II 1985, 592). Gerechtfertigt wird diese Rechtsprechung mit der spezifischen Funktion des Grund und Bodens für die Landwirtschaft. Mit dem Eigentum an Grund und Boden ist originär das Recht auf Ziehung und Aneignung der Früchte begründet (§§ 91 Abs. 1, 953, 956 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), die als Ertrag die Grundlage einer jeden land- und forstwirtschaftlichen Betätigung darstellen und auf deren Produktion der land- und forstwirtschaftliche Betrieb beruht. Der Eigentümer, der die Grundstücke land- und forstwirtschaftlich nutzt, betätigt sich damit ohne weiteres als landwirtschaftlicher Unternehmer (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1982, BStBl II 1983, 73), ohne dass es dabei auf eine bestimmte Mindestgröße der Fläche oder des Ertrags ankäme (BFH-Urteile vom 31. März 1955 IV 134/54 U, BStBl III 1955, 150; vom 21. Dezember 1965 III 291/62 U, BStBl III 1966,138, und vom 17. Oktober 1985 IV R 188/83, BFH/NV 1987, 84). Dies ist nur dann anders, wenn der Eigentümer die Nutzung aufgrund eines Pachtvertrages oder eines unentgeltlichen Nutzungsüberlassungsvertrages einem Dritten übertragen und in diesem Fall die Aneignung der Früchte gestattet hat; in diesem Fall ist der Dritte als land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer anzusehen (BFH-Urteile vom 24. Juli 1975 IV R 99/72, BStBl II 1975, 772, und vom 5. Februar 1976 IV R 31/74, BStBl II 1976, 335). Unter nahen Angehörigen muss ein solcher Nutzungsüberlassungsvertrag nachweisbar abgeschlossen sein, um steuerlich berücksichtigt zu werden.
Aufgrund dieser Besonderheiten wird angenommen, dass sich Ehegatten stillschweigend zu einer zur Mitunternehmerschaft führenden Innengesellschaft verbinden, wenn der eine Ehegatte dem anderen in wesentlichem Umfang Betriebsflächen zur Bewirtschaftung im eigenen Namen zur Verfügung stellt, ohne dass nachweislich ein Nutzungsüberlassungsvertrag vereinbart worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1986 IV R 248/84, BStBl II 1987, 17). Darüber hinaus führt auch Miteigentum an solchem Boden zur Annahme eines zur Begründung der Mitunternehmerschaft geeigneten Gemeinschaftsverhältnisses (BFH-Urteil vom 6. Februar 1986 IV R 311/84, BStBl II 1986, 455). Die gemeinschaftliche Nutzung der bewirtschafteten Flächen bedeutet zugleich, dass beide Ehegatten die typischen Mitunternehmerrisiken tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Deshalb ist es grundsätzlich unerheblich, welcher der Ehegatten die einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen durchführt (Schmidt /Seeger, Kommentar zum EStG, § 13 Rdz. 60). Auf ein gemeinsames Auftreten der Ehegatten nach außen - auch den Banken gegenüber - kommt es ebenfalls nicht an; gemeinsame Bankkonten sind daher entbehrlich (Schmidt/Seeger, a.a.O.). Die Annahme einer solchen Zweckgemeinschaft ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Vermögensbeitrag eines Ehegatten zur gemeinsamen Wirtschaftsführung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Von einer "nicht untergeordneten Bedeutung" geht die Rechtsprechung aus, wenn der Wert der zur Verfügung gestellten Grundstücke mehr als 20 % des gemeinen Werts des Betriebes ausmacht (BFH-Urteil vom 27. Februar 1962 I 140/61, BStBl III 1962, 214). Bei dieser Berechnung ist einzig und allein auf die Eigentumsflächen abzustellen. Hinzugepachtete Flächen bleiben außer Betracht (BFH-Urteile vom 26. Mai 1994 IV R 134/92, BFH/NV 1995, 114, und vom 16. Juni 1994 IV R 71-72/93, BFH/NV 1995, 762; Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 18. Dezember 1996 1 K 49/94 n.v.).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen der Senat folgt, bilden die Kl. in den Streitjahren eine mitunternehmerschaftliche GbR. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Eigentumsflächen den Kl. je zur ideellen Hälfte gehören. Diese Eigentumsflächen bilden die Grundlage des LuF-Betriebs. Damit haben sowohl der Kl. als auch die Kl?in. einen wesentlichen Beitrag im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen GbR erbracht. Dass der Kl. dabei als Land- und Forstwirt alleine nach außen gegenüber Geschäftspartnern und Banken aufgetreten ist und die wesentlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen durchgeführt hat, steht dem nicht entgegen. Die Kl?in hat vielmehr durch Tätigen der Bankgeschäfte und Führen des Schriftverkehrs den kaufmännischen Teil übernommen und damit eine ausreichende Mitarbeit dokumentiert. Allein die wesentlichen Anteile an den Eigentumsflächen und die festgestellten sonstigen Mitwirkungsbeiträge der Kl. führen dazu, dass beide Ehegatten die typischen Mitunternehmerrisiken tragen und eine Mitunternehmerinitiative entfalten. Die behauptete unentgeltliche Nutzungsüberlassung der Eigentumsflächen durch die Kl?in. an den Kl. kann steuerlich nicht anerkannt werden. Die Kl. haben nicht in ausreichendem Maße nachgewiesen, dass ein solcher Nutzungsüberlassungsvertrag geschlossen worden ist. Bei der Feststellung, ob die Kl. jeweils einen wesentlichen Vermögensbeitrag zur Mitunternehmerschaft geleistet haben, konnten die hinzugepachteten Flächen außer Betracht gelassen werden. Im Übrigen brauchte der Senat nicht zu entscheiden, ob die hinzugepachteten Flächen der GbR oder dem Kl. alleine zuzurechnen sind. Für die Beurteilung der Frage, ob die Kl. eine land- und forstwirtschaftliche GbR bilden, oder der Kl. alleine als Land- und Forstwirt anzusehen ist, kommt nach den vorstehenden Ausführungen einer solchen Zurechnung keine Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, dass grundsätzlich von einer land- und forstwirtschaftlichen GbR auszugehen ist und die Bekl. mithin zu Recht ein Feststellungsverfahren durchgeführt hat.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.