Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2001, Az.: 12 K 836/96

Lohnarbeiten eines Gesellschafters einer land- und forstwirtschaftlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als eigenständiger Gewerbebetrieb

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.02.2001
Aktenzeichen
12 K 836/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14602
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0214.12K836.96.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 22.01.2004 - AZ: IV R 45/02

Fundstellen

  • DB (Beilage) 2003, 21 (amtl. Leitsatz)
  • DStRE 2002, 560-561 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2002, 206-207

Tatbestand

1

Der Kläger (Kl.) und seine Ehefrau betreiben gemeinsam in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einen landwirtschaftlichen Betrieb in Z. Bezüglich des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft wird auf das Urteil des Senats vom gleichen Tage in dem Klageverfahren Az. 12 K 835/96 verwiesen.

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Für die Streitjahre gab der Kl. zusammen mit seiner Ehefrau als GbR Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) bei der Beklagten (Bekl.) ab. Aus den beigefügten Gewinnermittlungen war ersichtlich, dass neben den Erträgen aus Rinder- bzw. Schweinemast jeweils auch Erträge aus Lohnarbeiten erzielt wurden. Dabei wurde der prozentuale Anteil der Lohnarbeiten an den Gesamterträgen jeweils gesondert ausgewiesen. Im Jahr 1993 führte die Bekl. beim Kl. und seiner Ehefrau eine Außenprüfung durch. Dabei stellte der Prüfer fest, dass der Kl. die Lohnarbeiten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für andere Land- und Forstwirte ausgeführt hatte. Bei diesen Lohnarbeiten handelte es sich um überbetrieblichen Maschineneinsatz (fast ausschließlich Mähdrescharbeiten). Nach dem Vortrag des Kl. in der mündlichen Verhandlung bearbeitete er in den Streitjahren jährlich Fremdflächen von ca. 500 ha und Eigenland von ca. 50 ha mit diesen Maschinen. Den Eigeneinsatz bezifferte er mit einem Anteil von 10 % des Gesamtumsatzes. Die Abwicklung der Maschineneinsätze erfolgte dabei in der Weise, dass die Aufträge für fremde Landwirte über einen sog. Maschinenring, eine Art Selbsthilfeorganisation, der der Kl. angehört, vermittelt wurden. Dieser Maschinenring stellte auch die Rechnungen gegenüber den Auftraggebern und leitete die eingehenden Geldbeträge an den Kl. weiter. Der Anteil der erzielten Erträge aus Lohnarbeiten an den Gesamterträgen (landwirtschaftliche Erträge der GbR zuzüglich Erträge aus Lohnarbeiten) ermittelte der Prüfer wie folgt:

Wirtschaftsjahr 1985/86:34,72 %
Wirtschaftsjahr 1986/87:29,33 %
Wirtschaftsjahr 1987/88:34,3  %
Wirtschaftsjahr 1988/89:27,13 %
Wirtschaftsjahr 1989/90:24,63 %
Wirtschaftsjahr 1990/91:32,26 %.
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Bezüglich der für das Wirtschaftsjahr 1987/88 ermittelten Zahlen stellte der Prüfer weiterhin fest, dass der erhöhte Anteil der Mähdrescharbeiten auf ein Verenden von ca. 75 Mastschweinen durch Stromausfall zurückzuführen war. Er rechnete die Maschinenleistungen ausschließlich dem Kl. zu und behandelte die Erträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Bekl. setzte daraufhin erstmals gegenüber dem Kl. für die Jahre 1986 bis 1990 Gewerbesteuermessbeträge fest. Gegen diese Steuerbescheide richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die vorliegende Klage.

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Der Kl. ist der Auffassung, bei den Lohnarbeiten handele es sich zwar der Art nach um gewerbliche Leistungen, die aber noch als land- und forstwirtschaftliche Nebenleistungen anzusehen seien. Insoweit verweist er auf die Vereinfachungsregelung des Abschn. 135 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR). Spätestens ab dem Wirtschaftsjahr 1988/89 läge der Kl. danach unter der schädlichen Drittelgrenze.

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Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1986 bis 1990 ersatzlos aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, die Vereinfachungsregelung des Abschn. 135 Abs. 6 EStR sei nicht anzuwenden, da die streitbefangenen Erträge aus Lohnarbeiten dem Kl. als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen seien.

Gründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Die Bekl. hat den Kl. zu Recht zur Gewerbesteuer herangezogen, denn er erzielt mit der Durchführung der Lohnarbeiten unter Einsatz von Maschinen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die separat von den sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Einkünften der GbR zu beurteilen sind. Diese Sonderleistungen stellen keine land- und forstwirtschaftlichen Nebenleistungen mehr dar, sondern bilden einen eigenen Gewerbebetrieb, für den die Vereinfachungsregelung des Abschn. 135 Abs. 6 EStR schon grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen kann.

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Unstreitig erfüllt die Durchführung der Lohnarbeiten unter Einsatz der eigenen Maschinen (Mähdrescher zuzüglich Zubehör) als selbständige, nachhaltige und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mit Gewinnabsicht unternommene Betätigung die positiven Merkmale eines Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) und § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in den für die Streitjahre maßgebenden Fassungen. Der Umstand, dass der Kl. über einen Maschinenring Aufträge erhielt und nur mit diesem abrechnete, steht der Annahme der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht entgegen (Vergl. BFH-Urteile vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BStBl. II 1991, 66; vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89, BStBl. II 1996, 232).

11

Entgegen der Auffassung des Kl. ist diese Tätigkeit aber auch nicht als Ausübung der LuF anzusehen.

12

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist unter Land und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren zu verstehen (Urteile vom 23. September 1988 III R 182/84, BStBl II 1989, 111, und vom 16. November 1978 IV R 191/74, BStBl II 1979, 246, und vom 23. Januar 1992 IV R 19/90, BStBl II 1992, 651 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die vom Kl. durchgeführten Lohnarbeiten und der Maschineneinsatz fällt nicht hierunter, da diese Leistungen ihrer Natur nach gewerbliche Leistungen sind. Sie können ohne weiteres durch einen ausschließlich gewerblich tätigen Unternehmer ausgeführt werden. Es handelt sich aber entgegen der Ansicht des Kl. auch nicht um sog. land- und forstwirtschaftliche Nebenleistungen. Derartige noch zur LuF gerechneten Nebenleistungen sind nur anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, die von erheblich geringerer wirtschaftlicher Bedeutung sind, als die land- und forstwirtschaftliche Haupttätigkeit, wenn die Einnahmen und Gewinne aus diesen Leistungen nur gering, auf jeden Fall aber wesentlich geringer sind, als die Einnahmen und Gewinne aus der LuF und diesen Leistungen nicht aus anderen Umständen eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt (BFH-Urteil vom 15. November 1956 IV 61/55 U, BStBl III 1957, 26). Darüber hinaus liegt immer bereits dann ein eigenständiger Gewerbebetrieb vor, wenn der Land- und Forstwirt Maschinen überwiegend in fremden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben einsetzt. Die Maschinen können dann nicht mehr als Bestandteil des luf Betriebs angesehen werden, weil die Nutzung im eigenen Betrieb nicht wenigstens 50 % beträgt (BFH-Urteil vom 23. Januar 1992, a.a.O., 651; Schmidt/Seeger, Kommentar zum EStG, § 13 Rz. 87).

13

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, bilden die Lohnarbeiten und der Maschineneinsatz vorliegend einen eigenständigen Gewerbebetrieb des Kl.. Die Annahme von land- und forstwirtschaftlichen Nebenleistungen scheitert im Streitfall schon ganz grundsätzlich bereits daran, dass die Lohnarbeiten dem Kl. und nicht der mit seiner Ehefrau gebildeten land- und forstwirtschaftlichen GbR zuzurechnen sind. Der Kl. selber verfügt mithin nicht über einen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb, dem die Lohnarbeiten als Nebenleistungen zugeordnet werden könnten.

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Die bei den Lohnarbeiten für fremde Land- und Forstwirte verwendeten Maschinen weisen zwar einen Zusammenhang zu dem durch die GbR geführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dergestalt auf, als auch hier Flächen durch die Maschinen bearbeitet werden. Der Anteil der Eigennutzung (ca. 10 %) ist insoweit jedoch von untergeordneter Bedeutung mit der Folge, dass die Maschinen schon aus diesem Grund nicht mehr dem LuF-Betrieb zugerechnet werden können und insoweit einen eigenen Gewerbebetrieb begründen. Der Senat hat darüber hinaus insbesondere aufgrund des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass sich die Lohnarbeiten mit einem Umsatzanteil von über 100.000 DM in den Streitjahren als zusätzliches Standbein neben dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich verselbständigt haben. Das auffällige Missverhältnis im Einsatz der Maschinen und auch die Investitionsentscheidungen im Hinblick auf diesen Einsatz sprechen nach Auffassung des Senats deutlich für eine Loslösung. Die Verbindung zur LuF über die Bewirtschaftung der eigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen tritt hiernach deutlich in den Hintergrund. Der Maschineneinsatz für fremde Land- und Forstwirte hat damit eine erhebliche eigenständige wirtschaftliche Bedeutung gegenüber dem durch die GbR geführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und bildet einen eigenen Gewerbebetrieb eines Mitunternehmers, des Kl. (vergl. Schmidt/Seeger, a.a.O.., Rz. 87).

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Der Senat brauchte sich daher nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Vereinfachungsregelung des Abschnitts 135 Abs. 6 EStR im Streitfall zur Anwendung kommt.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.