Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.02.2001, Az.: 6 K 534/96

Verlustabzug bei Veräußerung der mittelbaren Beteiligung einer Körperschaft; Möglichkeit der Umdeutung einer vereinfachten Klageänderung in eine Sprungklage; Streit um Gegenstand des Klageverfahrens; Einbeziehung eines Körperschaftsteuerbescheides; Vorliegen wirtschaftlicher Identität; Übertragung des einzigen Geschäftsanteils; Erfordernis unmittelbarer Beteiligung; Zusammenhang zwischen Anteilseignerwechsel und Verlustnutzungspotential; Vergleichbarkeit mit Hauptanwendungsfall des § 8 Abs. 4 S. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG); Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens; Wiederaufnahme eines neuen Geschäftsbetriebs

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
13.02.2001
Aktenzeichen
6 K 534/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14596
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0213.6K534.96.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 20.08.2003 - AZ: I R 61/01

Fundstelle

  • EFG 2001, 1238-1241 (Volltext mit red. LS)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Zwar kann eine Klage, die sich nur gegen eine bestimmte Einspruchsentscheidung richtet, in der Regel dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich gegen alle in der Einspruchsentscheidung bestätigten Steuerbescheide richtet. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend. Die Klageschrift ist nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Danach muss bei ausdrücklicher Nennung nur einzelner Bescheide der Antrag dahingehend verstanden werden, dass sich der Kläger auch nur gegen diese Feststellungen wenden wollte, wenn kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass er sich ebenfalls gegen einen nicht genannten Bescheid wenden wollte.

  2. 2.

    Ein Antrag auf vereinfachte Klageänderung kann bei eindeutigem Wortlaut nicht als Sprungklage ausgelegt oder umgedeutet werden. Einer solchen Umdeutung stehen erhebliche Bedenken gegenüber, da die Sprungklage als erleichterte Form der Klageerhebung ein Mehr gegenüber der vereinfachten Klageänderung darstellt. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn die prozessuale Willenserklärung von einem Rechtskundigen abgegeben wurde.

  3. 3.

    Bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Anteilseignerwechsel und Verlustnutzungspotential ist eine Einbeziehung eines ähnlichen Tatbestands in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) geboten. Der Verlustabzug ist auch in den Fällen ausgeschlossen, die dem Hauptanwendungsfall des Abs. 4 S. 2 wirtschaftlich entsprechen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Voraussetzungen für den Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bei dem Wechsel mittelbar beteiligter Gesellschafter.

2

Die Klägerin betrieb seit ihrer Gründung im Jahre 1981 bis 1989 unter der Firma T-GmbH eine chemische Fabrik ... .

3

An der Klägerin war bis zum 16.03.1991 zu 99,25 %, danach zu 100 % die T1-GmbH beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der T1-GmbH war die T2-GmbH. Deren alleinige Gesellschafterin war die E-AG. Die E-AG ist im selben Geschäftszweig wie die Klägerin tätig, die T2-GmbH und die T1-GmbH haben neben ihren Beteiligungen keinen weiteren aktiven Geschäftsbetrieb.

4

Da sich eine erforderlich Produktumstellung bei der Klägerin als nicht möglich herausstellte, wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 22.12.1989 die Auflösung der Klägerin zum 31.12.1989 beschlossen. Ab diesem Zeitpunkt firmierte die Klägerin als "T-Abwicklungsgesellschaft mbH i.L."(T-GmbH i.L.). Die Tätigkeit der T-GmbH i.L. bestand in der Abwicklung von Gewährleistungs- und Haftungsfällen, der Beantwortung berufsgenossenschafticher Anfragen sowie der Veräußerung des Betriebsvermögens.

5

Mit notariellem und bis zum 31.03.1992 unwiderruflichen Angebot vom 20.12.1991 und notarieller Annahmeerklärung vom 27.03.1992 erwarben die Eheleute P. den einzigen Geschäftsanteil der T2-GmbH sowie das Gesellschafterdarlehen der E-AG. Bereits mit dem notariellen Kaufvertrag vom 20.12.1991 wurden den Eheleuten P. umfassende und unwiderrufliche Vollmachten im Hinblick auf die Gesellschafterrechte eingeräumt. Weiterhin erteilten die Käufer dem Verkäufer im Kaufvertrag einen Besserungsschein für den Fall, dass der Bilanzverlust der Klägerin steuerwirksam ausgeglichen werde (wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag, Bl. 2 ff. der Vertragsakte, verwiesen).

6

Daraufhin wurde mit Beschluss vom 20.12.1991 die Liquidation aufgehoben. Zu dieser Zeit betrug das Aktivvermögen der Klägerin ca. DM 2,0 Mio. In der Folgezeit beteiligte sich die Klägerin Anfang 1992 an der C-GmbH mit Anschaffungskosten von DM 300.000. Ferner erwarb sie im September 1992 sämtliche Anteile an der S-GmbH u. Co. KG zum Preis von DM 10 Mio. Finanziert wurde der Beteiligungserwerb durch Gewinne der erworbenen Gesellschaft, Bankkredite der Klägerin und einer Verbindlichkeit gegenüber der P-GmbH, einer Gesellschaft der Unternehmensgruppe des neuen Gesellschafters. Seit August 1993 firmiert die Klägerin als T-Beteiligungsgesellschaft mbH.

7

Auf den 31.12.1990 wurde für die Klägerin ein verbleibende Verlustabzug bei der Körperschaftsteuer in Höhe von DM 34.507.543,- und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von DM 33.934.187,- festgestellt. Für das Streitjahr 1991 ermittelte die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen von DM ./. 4.126.704,-. Nach einer 1994/1995 durchgeführten Außenprüfung betrug das zu versteuernde Einkommen 1991 unstreitig DM ./. 4.086.437,-. Finanziert wurden diese Verluste wesentlich durch ein Darlehen der E-AG. Nach Einschaltung des Niedersächsischen Finanzministeriums durch die Klägerin wurde der verbleibende Verlustabzug bei der Körperschaftsteuer und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.1991 mit Bescheiden vom 10.08.1994 zunächst auf je DM 4.126.704,- festgestellt. Dies entspricht dem im Körperschaftsteuerbescheid für 1991 vom 10.08.1994 ausgewiesenen (negativen) zu versteuernden Einkommen des Streitjahres. Alle Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

8

Gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 legte die Klägerin Einspruch ein, um eine Einbeziehung der bis 1990 erzielten Verluste in die Feststellungen zu erreichen. Den Körperschaftsteuerbescheid für 1991 focht die Klägerin nicht an.

9

Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Der Tenor der Einspruchsentscheidung vom 12.08.1996 bezüglich der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 lautet: "Die Einsprüche werden als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung wird aufgehoben." In derselben Entscheidung wurden auch die Einsprüche gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1992 sowie gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1992 zurückgewiesen.

10

Aus der Einspruchsbegründung ergibt sich, dass der verbleibende Verlustabzug und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.1991 jeweils statt DM 4.126.704,- nur noch DM 135.673,- betragen sollte. Ebenso wird in der Anlage zur Einspruchsentscheidung ein verbleibender Verlustabzug von DM 135.673,- ausgewiesen. Dabei wurden die bis zum 31.12.1990 entstandenen Verluste wiederum nicht anerkannt. Der in 1991 entstandene Verlust wurde nur insoweit berücksichtigt, als er nach der Anteilsübertragung vom 20.12.1991 entstanden war (12/365stel von DM 4.126.704,-).

11

Die Nichtberücksichtigung der bis zum 20.12.1991 entstandenen Verluste wurde in Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG, § 10 a Satz 4 Gewerbesteuergesetz (GewStG) damit begründet, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit der Gesellschaft wirtschaftlich identisch sei, die den Verlust erlitten habe. Insoweit habe die Klägerin mit Liquidationsbeschluss vom 22.12.1989 ihre werbende Tätigkeit und damit den Geschäftsbetrieb eingestellt. Danach seien mehr als drei Viertel der Anteile übertragen worden. Zwar seien Gegenstand der Übertragung nicht die Anteile an der Klägerin, sondern an deren Großmuttergesellschaft gewesen; ein solcher mittelbarer Anteilserwerb stehe aber dem unmittelbaren Anteilserwerb wirtschaftlich gleich. Mit Beschluss vom 20.12.1991 sei der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen worden. Auch sei der Klägerin in der Folgezeit neues Betriebsvermögen in Form von Unternehmensbeteiligungen zugeführt worden.

12

Mit der am 09.09.1996 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin (ebenso wie mit dem zuvor eingelegten Einspruch) dem Wortlaut des Schriftsatzes nach nur gegen die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991.

13

Durch Änderungsbescheid für Körperschaftsteuer 1991 und Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG vom 05.03.1997 wurde das Einkommen der Klägerin auf DM ./. 135.673,- heraufgesetzt. Die Änderung erfolgte nach § 164 Abgabenordnung (AO); der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin keinen Einspruch ein. Sie stellte vielmehr mit Schreiben vom 02.04.1997 den Antrag, "den hinsichtlich der Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG geänderten Bescheid" nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Im weiteren Verlauf wurde der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 nach einer Außenprüfung mit Bescheid vom 30.06.1997 nach § 173 AO geändert. Dabei wurde das Einkommen auf DM ./. 95.406,- heraufgesetzt. Auch bezüglich dieses Bescheides stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.07.1997 den Antrag nach § 68 FGO; hilfsweise legte sie Einspruch ein.

14

Aufgrund der Außenprüfung änderte das FA schließlich mit Bescheid vom 30.06.1997 auch die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges sowie mit Bescheid vom 14.07.1997 den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1991. Festgestellt wird nunmehr jeweils ein verbleibender bzw. vortragsfähiger Verlust von DM 95.406,-. Zur Änderung stützt sich das FA jeweils auf § 173 AO. Die Änderungsbescheide wurden seitens der Klägerin durch Anträge nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

15

Bezüglich des Klageumfangs ist die Klägerin der Ansicht, dass der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 in vollem Umfang Gegenstand des Klageverfahrens sei. Der inhaltliche Widerspruch zwischen Tenor und Begründung der Einspruchsentscheidung könne ihr nicht zur Last fallen, da sie davon habe ausgehen können, dass mit der Einspruchsentscheidung auch der Körperschaftsteuerbescheid 1991 geändert werden sollte. Da sich die Klage gegen den Einspruchsbescheid im ganzen gerichtet habe, sei der Körperschaftsteuerbescheid 1991 von Anfang an Gegenstand des Klageverfahrens gewesen; die Änderungsbescheide seien durch Anträge nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Hilfsweise sei der im Anschluss an den Änderungsbescheid vom 05.03.1997 gestellte Antrag nach § 68 FGO als Sprungklage auszulegen oder ggf. umzudeuten.

16

In der Sache verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, auch die vor dem 20.12.1991 entstandenen Verluste in die Feststellungen mit einzubeziehen. Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nicht vorlägen, da nicht mehr als drei Viertel der Anteile an der Klägerin übertragen worden seien. Die Übertragung von Anteilen an der Großmuttergesellschaft reiche zur Verneinung der wirtschaftlichen Identität nicht aus; insoweit habe der Gesetzgeber, wenn er mittelbare und unmittelbare Beteiligung gleichsetzen wollte, dies ausdrücklich geregelt, so z. B. in § 14 Nr. 1 KStG, § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG und § 50 c Abs. 7 Satz 1 EStG.

17

Im Übrigen sei auch die Finanzverwaltung in dem Anwendungsschreiben vom 11.06.1990 (IV B 7- S 2745 -7/90, BStBl I 1990, 252) von einer Übertragung von mehr als 75 % des Nennkapitals der Gesellschaft selbst ausgegangen, so dass die Klägerin insoweit Vertrauensschutz nach § 176 AO genieße.

18

Schließlich sei auch das Tatbestandsmerkmal der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes nicht erfüllt, da der Geschäftsbetrieb nie vollständig eingestellt gewesen sei. Diesbezüglich reiche die Veräußerung von Restposten der Produktion und die Abwicklung von Garantieleistungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes aus.

19

Die nach der Außenprüfung erfolgte Erhöhung des Einkommens 1991 und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die gesonderte Feststellung des verbleibendes Verlustabzugs und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beanstandet die Klägerin nicht.

20

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1991 unter Abänderung des Bescheids in der Fassung vom 30.06.1997 auf DM 38.593.980,- festzustellen,

  2. 2.

    den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1991 unter Abänderung des Bescheids in der Fassung vom 14.07.1997 auf DM 38.020.624,- festzustellen und

  3. 3.

    den Körperschaftsteuerbescheid in der Fassung vom 30.06.1997 zu ändern und das zu versteuernde Einkommen auf DM 4.086.437,- festzustellen.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung geäußerten Rechtsauffassung fest. Zum Umfang des Klageantrags hinsichtlich des verbleibenden Verlustabzuges vertritt das FA die Auffassung, dass im Klageverfahren nur über die bis zum 31.12.1990 entstandenen Verluste in Höhe von DM 34.507.564 entschieden werden könne; hinsichtlich der Herabsetzung von DM 4.126.704,- auf DM 135.673,- sei die Feststellung des Einkommens auf DM 135.673,- im Körperschaftsteuerbescheid für 1991 vom 05.03.1997 Grundlagenbescheid für die Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges. Da der Grundlagenbescheid bestandskräftig geworden sei, könne der Folgebescheid nicht mehr geändert werden. Die Herabsetzung von DM 135.673,- auf DM 95.406,- werde nicht mehr angegriffen.

23

Nach Ende der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin "aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erörterten neuen Gesichtspunkte die Wiedereröffnung des Verfahrens und die Einräumung einer letztmaligen Schriftsatzfrist von 4 Wochen (§ 93 Abs.3 S.2 FGO i.V.m. § 156 ZPO)" beantragt. Daraufhin wurde ihr nachgelassen, sich bis zum 16.03.2001 schriftlich zu äußern. Wegen des Inhalts des klägerischen Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 12.03.2001 (Bl. 107 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Gründe

24

Die Klage ist mit ihrem Antrag zu 3. unzulässig, im Übrigen unbegründet. Im Ergebnis hat das FA die vor dem 20.12.1991 entstandenen Verluste zu Recht nicht mehr zum Abzug zugelassen.

25

I.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 12.03.2001 gibt dem Gericht keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Die Klägerin trägt keine neuen Tatsachen vor, sondern wiederholt und vertieft ihr bisheriges und in der mündlichen Verhandlung erläutertes Vorbringen.

26

II. 

Soweit die Klägerin beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid für 1991 hinsichtlich der Feststellung des zu versteuernden Einkommens zu ändern (Klageantrag zu 3.), ist die Klage unzulässig. Dabei ist der in das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2001 aufgenommene Antrag zu 3. dahingehend richtig zu stellen, dass die Klägerin die Feststellung des zu versteuernden Einkommens auf ./. 4.086.437,00 DM begehrt. Der Fehler im schriftlichen Protokoll beruht auf einem Kanzleiversehen. Dass mit dem im Protokoll nicht näher bezeichneten Körperschaftsteuerbescheid derjenige für das Jahr 1991 gemeint ist, ergibt sich aus dem genannten Datum des Bescheids und der beantragten Änderung der Höhe nach.

27

1.

Die Änderung des Körperschaftsteuerbescheids für 1991 ist nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens.

28

a) 

In ihrer Klageschrift vom 04.09.1996 hat die Klägerin den Körperschaftsteuerbescheid für 1991 nicht als Gegenstand des Verfahrens bezeichnet. Sie hat vielmehr Klage erhoben "wegen (der) Höhe des verbleibenden Verlustabzuges zum 31.12.1991 und vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991, Steuer-Nr. ... gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 12.08.1996". Die beiden folgenden Sachanträge zielten auf eine Änderung des verbleibenden Verlustabzuges und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991. Damit sind Gegenstand des Klageverfahrens nur die Bescheide über den verbleibenden Verlustabzug und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1991 geworden. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, dass allein durch die Nennung der Einspruchsentscheidung in der Klageschrift auch der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 Verfahrensgegenstand geworden ist, kann dem nicht gefolgt werden.

29

aa) 

Insoweit kann dahinstehen, ob der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 überhaupt in die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 12.08.1996 einbezogen wurde. Zwar ist der Einspruchsentscheidung eine Anlage "für 1991 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.1991" beigefügt, in der im Rahmen der Besteuerungsgrundlagen das zu versteuernde Einkommen mit DM ./. 135.673,- angegeben wird; dies bedeutete gegenüber dem nicht angegriffenen Körperschaftsteuerbescheid vom 10.08.1994 eine Verböserung. Gegen eine bindende Entscheidung über die Körperschaftsteuer 1991 im Rahmen der Einspruchsentscheidung spricht jedoch, dass in deren Sachverhaltsschilderung bereits von einer vollzogenen Kürzung des festzustellenden Verlustes von DM 4.126.704,- auf DM 135.673,- ausgegangen wird. Folglich hielt das FA zu diesem Zeitpunkt eine Regelung der Körperschaftsteuer im Sinne einer Erhöhung des zu versteuernden Einkommens nicht mehr für erforderlich. Weiterhin sind im Rubrum der Einspruchsentscheidung nur der Körperschaftsteuerbescheid 1992 sowie die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.1991 und 31.12.1992 sowie die gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 und den 31.12.1992 genannt.

30

bb) 

Selbst wenn die Einspruchsentscheidung vom 12.08.1996 eine Regelung zur Körperschaftsteuer 1991 enthalten sollte, so hat die Klägerin diese Regelung jedenfalls nicht im Rahmen ihrer Klageschrift vom 04.09.1996 angegriffen. Allein durch die Nennung der Einspruchsentscheidung in der Klageschrift ist die dort (unterstellte) enthaltene Regelung zur Körperschaftsteuer 1991 nicht zum Verfahrensgegenstand gemacht worden. Die Nennung einer Einspruchsentscheidung in der Klageschrift erfüllt zunächst nur die in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannte und von der Bezeichnung des Verfahrensgegenstands verschiedene Pflicht zur Bezeichnung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs. Zwar kann eine Klage, die sich nur gegen eine bestimmte Einspruchsentscheidung richtet, in der Regel dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich gegen alle in der Einspruchsentscheidung bestätigten Steuerbescheide richtet. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend. Es ist dem Kläger selbstverständlich möglich, nur einzelne Steuerarten oder Jahre zum Gegenstand der Klage zu machen, auch wenn diese in einer einheitlichen Einspruchsentscheidung zusammenfassend beschieden wurden.

31

Genau dies ist vorliegend der Fall. Die Klageschrift ist nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Danach müssen die ausdrückliche Nennung des verbleibenden Verlustabzuges zum 31.12.1991 und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 und die auch nur zu diesen beiden Feststellungen gestellten Anträge in der Klageschrift dahingehend verstanden werden, dass sich die Klägerin auch nur gegen diese beiden Feststellungen wenden wollte. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sie sich ebenfalls gegen den nicht genannten Körperschaftsteuerbescheid für 1991 wenden wollte, während sie sich auch nach eigenem Bekunden nicht gegen die ebenfalls in der Einspruchsentscheidung bestätigten Bescheide über Körperschaftsteuer 1992, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges auf den 31.12.1992 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1992 wenden wollte.

32

b) 

Der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 ist auch nicht durch den Antrag der Klägerin gem. § 68 FGO vom 02.04.1997 zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

33

aa) Die Voraussetzungen des § 68 FGO liegen nicht vor. Der Körperschaftsteuerbescheid für 1991 vom 05.03.1997 änderte den Bescheid vom 10.08.1994 (u.U. in Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12.08.1996); dieser Bescheid war jedoch nicht mit der Klage angegriffen worden und somit nicht angefochtener Verwaltungsakt i.S.d. § 68 Satz 1 FGO.

34

bb) 

Der Antrag nach § 68 FGO kann wegen seines eindeutigen Wortlauts nicht als Sprungklage i.S.d. § 45 FGO ausgelegt werden. Ebenso kommt die Umdeutung in eine Sprungklage nicht in Betracht. Zwar wird in der Literatur die Auslegung bzw. Umdeutung eines Antrags nach § 68 FGO im Rahmen einer unzulässigen Klage als selbstständige Sprungklage für möglich gehalten (Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spittaler, § 45 FGO Rz. 35); auch hat das FG Düsseldorf (Urteil vom 19. Mai 1980 XX/I 639/79 L, EFG 1981, 206) in einer derartigen Konstellation den Antrag nach § 68 FGO zur Gewährung wirksamen Rechtsschutzes als Sprungklage gewertet, da sich aus ihm der Wille des Klägers ergäbe, unmittelbar eine Entscheidung des Gerichts zu erhalten. Einer solchen Umdeutung stehen jedoch erhebliche Bedenken gegenüber, da die Sprungklage nach § 45 FGO als erleichterte Form der Klageerhebung ein Mehr gegenüber der vereinfachten Klageänderung nach § 68 FGO darstellt. Im Übrigen lehnt der BFH in ständiger Rechtsprechung eine Umdeutung ab, wenn - wie hier - die prozessuale Willenserklärung von einem Rechtskundigen abgegeben wurde (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 1986 VIIII R 123/82, BFH/NV 1987, 359, 360 [BFH 29.07.1986 - IX R 123/82]). Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an einer fristgerechten Zustimmung des FA zur Sprungklage.

35

c) 

Aus denselben Gründen geht auch der Antrag der Klägerin vom 30.07.1997, den Körperschaftsteuerbescheid vom 30.06.1997 gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, ins Leere.

36

3. Sofern die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 06.06.1997 als selbständige Klageerhebung gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1991 zu verstehen sein sollten, so wäre die Klage insoweit verspätet und damit ebenfalls unzulässig.

37

III.

Der auf Änderung des verbleibenden Verlustabzugs für Körperschaftsteuer auf den 31.12.1991 gerichtete Klageantrag zu 1. ist unbegründet. Das FA hat die vor dem 20.12.1991 entstandenen Verluste bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 KStG i.V.m. § 10 d Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu Recht nicht berücksichtigt.

38

1.

Für die in 1991 erzielten Verluste kommt eine Berücksichtigung über den Betrag von DM 135.673,- schon deswegen nicht in Betracht, da dieser Betrag im Körperschaftsteuerbescheid für 1991 vom 05.03.1997 als Einkommen festgestellt wird und der Körperschaftsteuerbescheid insoweit nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG 1991 in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1992 Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid ist. Diese Regelung ist gemäß § 54 Abs. 1 KStG 1991 für das Streitjahr 1991 erstmals anzuwenden (vgl. Danelsing in Blümich, § 47 KStG, Rdn. 39). Es kann wiederum offen bleiben, ob die Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid für 1991 vom 05.03.1997 oder bereits in der Einspruchsentscheidung vom 12.08.1996 erfolgte. In beiden Bescheiden wurde das Einkommen mit DM ./. 135.673,- angegeben. Diese Feststellung ist bestandskräftig geworden, da beide Bescheide nicht mit zulässigen Rechtsmitteln angefochten wurden. Die aufgrund der Außenprüfung erfolgte weitere Herabsetzung des verbleibenden Verlustabzuges von DM 135.673,- auf DM 95.406,- mit Feststellungsbescheid vom 30.06.1997 wird mit den nunmehr gestellten Klageanträgen nicht angegriffen.

39

2.

Das FA hat auch die bis einschließlich 1990 entstandenen Verluste nach § 8 Abs. 4 KStG i.V.m. § 10 d EStG zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.

40

Nach § 8 Abs. 4 KStG ist bei einer Körperschaft Voraussetzung für den Verlustabzug, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG fehlt einer Kapitalgesellschaft ihre wirtschaftliche Identität, wenn bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als 75 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden (a), überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt (b) und der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen wird (c). § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG enthält jedoch keine abschließende Aufzählung. Er nennt nur beispielhaft, wann eine wirtschaftliche Identität "insbesondere" nicht mehr gegeben ist. Allerdings setzt § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG mittelbar einen Maßstab für die unter Satz 1 zu fassenden Sachverhalte. Sie müssen Voraussetzungen erfüllen, die mit den in Satz 2 genannten wirtschaftlich vergleichbar sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 1997 I R 89/96, BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829 m.w.N.).

41

Die Klägerin ist wirtschaftlich nicht mit derjenigen Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat.

42

a) 

Ein Wechsel der Anteilseigner der T2-GmbH fand am 20.12.1991 statt. Zwar ging das bürgerlich rechtliche Eigentum an den Anteilen erst mit notarieller Annahmeerklärung vom 27.03.1992 auf die Eheleute P. über; diese sind aber bereits mit Abschluss des Kaufvertrages und unwiderruflichem notariellem Übertragungsangebot vom 20.12.1991 in eine der Gesellschafterposition wirtschaftlich vergleichbare Stellung eingerückt. Diese wird nicht zuletzt auch durch die unwiderrufliche Übertragung aller Gesellschafterrechte, insbesondere der Stimmrechte, begründet (vgl. BMF-Schreiben vom 11. Juni 1990, BStBl I 1990, 252).

43

Allerdings sind nicht mehr als drei Viertel der Anteile an der Klägerin selbst übertragen worden, so dass kein Fall des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG (sogenannter Hauptanwendungsfall) vorliegt. Die Übertragung des einzigen Geschäftsanteils an der T2-GmbH als Großmuttergesellschaft der Klägerin steht jedoch wirtschaftlich einer Übertragung von Anteilen an der Klägerin gleich.

44

aa) 

Zwar hat der Gesetzgeber, wenn er mittelbare und unmittelbare Beteiligungen gleichsetzen wollte, dies teilweise ausdrücklich geregelt, so z.B. in § 14 Nr. 1 KStG, § 17 Abs. 1 Nr. 4 EStG und § 50 c Abs. 7 Satz 1 EStG. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass in allen Fällen, in denen der Gesetzeswortlaut nur von Beteiligungen oder Anteilen spricht, nur unmittelbare Beteiligungen gemeint sind. Doch selbst wenn man den Begriff Anteile in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nur i.S. von unmittelbare Anteile auslegen wollte, so besagt dies noch nichts für die hier entscheidende Frage, ob die Übertragung mittelbarer Beteiligungen ein dem Hauptanwendungsfall vergleichbarer Sachverhalt i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG sein kann (a.A. Prinz, FR 1996, 769, 773).

45

Die Finanzverwaltung hält den Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG auch dann für möglich, wenn mittelbar gehaltene Beteiligungen an der Verlustgesellschaft übertragen werden (BMF-Schreiben vom 16. April 1999 IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl I 1999, 455, Tz. 28). Dieser Betrachtung wird in der Literatur teilweise zugestimmt (Dötsch, DB 1999, Beilage 8; Gehrke/Krohn, StBp 2000, 46, 49); teilweise wird die Gleichsetzung der mittelbaren Anteilsübertragung dann nicht für gerechtfertigt gehalten, wenn und soweit es sich um konzerninterne Umstrukturierungen handelt (Neyer, BB 1998, 869, 872; Eilers/Wienands, FR 1998, 828; Neumann, FR 1999, 682). Ob bei Übertragungen mittelbarer Beteiligungen innerhalb eines Konzerns ein Verlust der wirtschaftlichen Identität grundsätzlich nicht in Betracht kommt, braucht hier nicht entschieden zu werden.

46

Entscheidend ist, dass ein dem Hauptanwendungsfall vergleichbarer Sachverhalt immer dann gegeben ist, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Anteilseignerwechsel und dem Verlustnutzungspotential gegeben ist (so auch Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569, 572; mit Einschränkungen auch Kröner, DStR 1998, 1495, 1497). Diese Auslegung wird getragen vom Sinn und Zweck der Norm, der in erster Linie darin besteht, den Handel mit Verlustvorträgen (sog. Mantelkauf) steuerlich nicht zu begünstigen.

47

Vorliegend besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Anteilseignerwechsel und dem Verlustvortrag der Klägerin. Hierfür spricht zum einen, dass die T2-GmbH und die T1-GmbH weder vor noch nach dem Anteilseignerwechsel einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten haben. Sie waren lediglich Holdinggesellschaften. Dabei hielt die T2-GmbH als einzigen Vermögensgegenstand die Beteiligung an der T1-GmbH, die wiederum als einzigen Vermögensgegenstand die Beteiligung an der Klägerin hielt. Folglich kam es für die Eheleute P. beim Erwerb der Anteile an der T2-GmbH letztlich auf die Beteiligung an der Klägerin an. Diese wiederum besaß als einzig wirtschaftlich relevanten Vermögensgegenstand den Verlustvortrag. Die übrigen noch aus dem Produktionsbetrieb stammenden Wirtschaftsgüter waren nicht brauchbar und wurden im Unternehmen nicht mehr eingesetzt. Diese auf den Erwerb des Verlustvortrags ausgerichtete Motivationslage zeigt sich deutlich an dem von den Eheleuten P. im Kaufvertrag erteilten Besserungsschein; danach hatten die Erwerber einen Zuschlag zum Kaufpreis zu zahlen, sobald der Verlustvortrag der Klägerin steuerwirksam ausgeglichen sein würde. Dementsprechend wurden die gewinnbringenden Beteiligungen an der C-GmbH und der S-GmbH u. Co. KG bei der Klägerin und nicht bei einer der übergeordneten Holdinggesellschaften eingelegt.

48

bb) 

Der Einbeziehung von Übertragungen mittelbarer Beteiligungen in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG steht nicht entgegen, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 11. Juni 1990 (IV B 7- S 2745 -7/90, BStBl I 1990, 252) die Übertragung mittelbarer Beteiligungen nicht ausdrücklich erwähnt hat. Zum einen ist der von der Klägerin als Vertrauenstatbestand geltend gemachte § 176 Abs. 2 AO nicht anwendbar, wenn die Verwaltung einen Erlass von sich aus ändert (Klein/Rüsken AO § 176 Rz. 25 m.w.N.), wie hier mit BMF-Schreiben vom 16. April 1999 (IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl I 1999, 455, Tz. 28) geschehen. Zum anderen betreffen die im genannten BMF-Schreiben gemachten Ausführungen, in denen die Anteile auf das Nennkapital der Kapitalgesellschaft bezogen werden, nur den Hauptanwendungsfall. Im Übrigen wird ausdrücklich erwähnt, dass der Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG auch in den Fällen ausgeschlossen ist, die dem Hauptanwendungsfall wirtschaftlich entsprechen. Die Übertragung mittelbarer Beteiligungen wird weder positiv noch negativ erwähnt. Allein die Nichtnennung eines konkreten Tatbestandes kann jedoch keinen Vertrauensschutz bewirken, zumindest solange nicht erkennbar eine abschließende Aufzählung vorgenommen wird, was hinsichtlich des genannten BMF-Schreibens offensichtlich nicht in Betracht kommt.

49

b) 

Weiterhin ist der Klägerin auch überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden. Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 KStG gebieten es, unter dem Betriebsvermögen im Sinne der Vorschrift nur das Aktivvermögen zu verstehen. Entsprechend ist die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft so lange zu bejahen, als für die von der Gesellschaft wieder aufgenommene Tätigkeit überwiegend Aktivvermögen verwendet wird, das schon vor der Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebes vorhanden war (BFH-Urteil BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829 [BFH 13.08.1997 - I R 89/96]). Das Aktivvermögen der wiederaufgenommenen Tätigkeit bestand aus Beteiligungen an der C-GmbH und der S-GmbH u. Co. KG im Werte von DM 10,3 Mio. Dem gegenüber war Aktivvermögen aus der Zeit vor der Einstellung des Geschäftsbetriebes nur noch in Höhe von ca. DM 2 Mio. vorhanden. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es dabei nicht darauf an, wie die Zuführung des neuen Aktivvermögens finanziert worden ist, bzw. ob die Finanzmittel zum Erwerb des neuen Vermögens von den Gesellschaftern oder von fremden Dritten als Darlehen zur Verfügung gestellt werden (Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8 Rz. 187 a).

50

c) 

Schließlich hat die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen. Dabei setzt die Wiederaufnahme zunächst die Einstellung des Geschäftsbetriebes voraus. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin war infolge des Liquidationsbeschlusses vom 22.12.1989 eingestellt worden. Ab diesem Zeitpunkt wurde keinerlei werbende Tätigkeit mehr ausgeübt. Allein die Veräußerung von bereits produzierten Waren und von Anlagevermögen sowie die Abwicklung von Garantieleistungen reichen für die Aufrechterhaltung eines werbenden Geschäftsbetriebes nicht aus (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8 Rz. 191 m.w.N.).

51

Die Liquidation der Klägerin wurde mit Beschluss vom 20.12.1991 aufgehoben. Unternehmensgegenstand ist nunmehr in erster Linie der Erwerb und das Halten von Unternehmensbeteiligungen. Durch den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen Anfang 1992 nahm die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb wieder auf. Dass die neu aufgenommene Tätigkeit mit der bisherigen Tätigkeit nicht übereinstimmt, steht der Wiederaufnahme eines (neuen) Geschäftsbetriebes i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829 [BFH 13.08.1997 - I R 89/96]).

52

3. 

Das FA hat die Versagung des Verlustabzugs zurecht in dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibendes Verlustabzugs auf den 31.12.1991 ausgesprochen.

53

a) 

Obwohl der Gesetzeswortlaut in § 8 Abs. 4 Sätze 1 und 4 KStG von der Versagung des Verlustabzugs und -ausgleichs spricht, ist die Feststellung über die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit des Verlustes bereits bei jeder gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustes und nicht erst bei der Körperschaftsteuerfestsetzung des Jahres, in dem Verlustabzug oder -ausgleich erfolgen soll, vorzunehmen (vgl. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG, Anm. 587).

54

b) 

In zeitlicher Hinsicht hat das FA die Versagung der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit des Verlustes richtigerweise bereits bei der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustes auf den 31.12.1991 vorgenommen.

55

Der Zeitpunkt, zu dem die Versagung der steuerlichen Verlustnutzung festzustellen ist, hängt von dessen Umfang ab. Die Versagung des Verlustabzugs oder -ausgleichs ist am Ende des Feststellungszeitraums auszusprechen, in dem die steuerliche Nutzbarkeit der aufgelaufenen Verluste ganz oder zum Teil verloren geht, bzw. in den der Zeitpunkt fällt, ab dem Verluste wieder ausgleichs- und abzugsfähig sind.

56

Indem das FA die vor der Anteilsübertragung am 20.12.1991 entstandenen Verluste nicht mehr zum Abzug zugelassen hat, hat es den Umfang der Versagung des Verlustabzuges zutreffend bestimmt.

57

Zwar geht der Bundesfinanzminister in Tz. 33 seines Erlasses vom 16. April 1999 (BStBl I 1999, 455) davon aus, dass die Verluste, die bis zu dem Zeitpunkt des Verlustes der wirtschaftlichen Identität entstanden sind, mit danach entstandenen Gewinnen weder ausgeglichen noch von ihnen abgezogen werden können. Dies bedeutet, dass die steuerliche Nutzbarkeit derjenigen Verluste entfällt, die bis zu dem Zeitpunkt entstanden sind, an dem beide Merkmale, also Anteilsübertragung und Zuführung neuen Betriebsvermögens, kumulativ zum ersten Mal erfüllt sind. Da vorliegend neues Betriebsvermögen erst 1992 zugeführt wurde, hätte danach die Versagung des Verlustabzuges erst in der Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges auf den 31.12.1992 erfolgen können.

58

Diese Handhabung ist in der Literatur zurecht auf Kritik gestoßen. Es kann dahinstehen, ob sich der Umfang des Abzugs- und Ausgleichsverbots immer auf die bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung (nicht bis zum Zeitpunkt des Verlusts der wirtschaftlichen Identität) entstandenen Verluste erstreckt (so Dötsch, BB 1999, Beilage Nr. 8, Seite 14 [BGH 09.11.1998 - II ZR 190/97] unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG a.F. -§ 8 Abs. 4 Satz 4 KStG n.F.-).

59

In der hier vorliegenden Konstellation, in der die Anteilsübertragung vor der Betriebsvermögenszuführung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes stattfindet, ist die steuerliche Abzugs- und Ausgleichsfähigkeit nur der vor der Anteilsübertragung entstandenen Verluste zu versagen. Es erscheint sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck der Norm gerechtfertigt, dass die "neue" Gesellschaft die in der Phase zwischen Anteilsübertragung und Neuaufnahme des Geschäftsbetriebs mit neuem Betriebsvermögen entstandenen Verluste steuerlich nutzen kann.

60

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 KStG ist der Verlustabzug nur dann zu versagen, wenn die Gesellschaft, die den Verlust geltend machen möchte, wirtschaftlich nicht mehr mit derjenigen identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Das ist nach dem Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG der Fall, wenn Anteilsübertragung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes mit überwiegend neuem Betriebsvermögen stattgefunden haben, bzw. wenn ein wirtschaftlich vergleichbarer Fall i.S.d. Satzes 1 vorliegt. Erst wenn alle Merkmale des Regelbeispiels (zumindest in wirtschaftlich vergleichbarer Weise) kumulativ erfüllt sind, entfällt die wirtschaftliche Identität. In der beschriebenen Übergangsphase ist die Gesellschaft wirtschaftlich "teilidentisch" mit der Gesellschaft nach der Zuführung des Betriebsvermögens und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes. Daher ist der Verlustabzug für diese Zwischenzeit nicht zu versagen (so auch Herzberg, DStR 2001, 553, 555 f.).

61

Dieses Ergebnis wird auch vom Sinn und Zweck der Norm gestützt, der in erster Linie in der Missbrauchsbekämpfung hinsichtlich des sogenannten Mantelkaufes besteht. Dieser rechtfertigt es bei der vorliegenden Konstellation nur, die Verluste bis zur Anteilsübertragung steuerlich verfallen zu lassen. Die Verluste, die dadurch entstehen, dass die neuen Gesellschafter die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes vorbereiten, sind wie Anlaufskosten einer neu gegründeten Gesellschaft von dieser in der Zukunft steuerlich ausgleichsfähig.

62

IV. 

Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 2. ebenfalls unbegründet. Das FA hat bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 die vor dem 20.12.1991 entstandenen Verluste zu Recht nicht berücksichtigt, § 10 a GewStG i.V.m. § 8 Abs. 4 KStG. Die Begründung entspricht den unter III. 2. und 3. ausgeführten Gründen.

63

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob der Verlustabzug nach § 10 d EStG i.V.m. § 8 Abs. 4 KStG auch dann zu versagen ist, wenn nur ein mittelbarer Anteilseignerwechsel stattfindet, hat grundsätzliche Bedeutung.