Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.12.2005, Az.: 9 ME 185/05
Anknüpfung; Beitrag; Eigentümer; Erhebungsgebiet; Erholungseinrichtung; Gebrauch; Hauptwohnung; Inanspruchnahme; Inanspruchnahmemöglichkeit; Kurbeitrag; Kurbeitragspflicht; Kureinrichtung; Kurort; Möglichkeit; Nordseebad; Nutzung; Ort; Ortsfremdheit; Saisonkurbeitrag; Steuer; Zweitwohnung; Zweitwohnungssteuer
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.12.2005
- Aktenzeichen
- 9 ME 185/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 51063
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 19.05.2005 - AZ: 2 B 1856/05
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs 2 KAG ND
- § 3 Abs 4 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Kurbeitragspflicht des ortsfremden Inhabers einer Zweitwohnung im Erhebungsgebiet knüpft daran an, dass dieser tatsächlich eine reale Möglichkeit hat, die Kur- und Erholungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Ob für die Zweitwohnung auch eine Zweitwohnungssteuer erhoben wird, ist für die Kurbeitragspflicht nicht entscheidungserheblich.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger als ortsfremder Inhaber einer Zweitwohnung in der als Nordseebad anerkannten Ortschaft B. der Antragsgegnerin nach § 10 Abs. 2 NKAG i.V.m. §§ 2 und 4 Abs. 3 der Kurbeitragssatzung der Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Saisonkurbeitrag für die Jahre 2004 und 2005 zu entrichten, weil er nicht durch konkretes Tatsachenvorbringen substantiiert dargelegt hat, das Erhebungsgebiet im Erhebungszeitraum nicht aufgesucht zu haben. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 21.6.1976 – VII B 126.75 – Buchholz 401.63 Kurabgabe Nr. 3 = DÖV 1977, 217 [LS] u. v. 16.5.1990 – 8 B 170.89 – NVwZ-RR 1991, 320 = KStZ 1990, 169 = ZKF 1990, 207 = DÖV 1990, 787), des erkennenden Gerichts (Urt. v. 28.1.1982 – 3 OVG C 3/81 – NSt-N 1982, 222 [unter Hinweis auf § 3 der Kurtaxverordnung für die Nds. Staatsbäder vom 16.12.1985]; Urt. v. 28.10.1992 – 9 L 355/92 – NVwZ-RR 1993, 511 = KStZ 1993, 98; Beschlüsse v. 6.10.1995 – 9 L 4616/94 - ; v. 10.7.1997 – 9 M 1180/97 - ; v. 7.10.1999 – 9 L 4246/98 – ; v. 30.5.2000 – 9 L 977/99 – dng 2001, 158 = NSt-N 2000, 240 = NVwZ-RR 2000, 830 = NdsVBl 2001, 223 = NdsRPfl 2000, 297 u. v. 25.2.2004 – 9 KN 546/02 – NSt-N 2004, 89 = KStZ 2004, 91 = ZKF 2004, 138 [OVG Niedersachsen 25.02.2004 - 9 KN 546/02]) und die übereinstimmende Rechtsprechung anderer Obergerichte (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.8.1992 – 14 S 249/90 – KStZ 1992, 216; VGH Kassel, Beschl. v. 25.2.1986 – 5 TH 1207/85 – KStZ 1986, 134 = DÖV 1986, 884 = NVwZ 1987, 160; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 2.12.1987 – 10 C 10/87 – KStZ 1988, 168; OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 – 2 L 197/94 – KStZ 1996, 215 = ZKF 1997, 134) ist geklärt, dass die Kurbeitragspflicht der Inhaber einer Zweitwohnung, die nicht über eine Hauptwohnung im Erhebungsgebiet verfügen, daran anknüpft, dass diese tatsächlich eine reale Möglichkeit haben, die Kur- und Erholungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Ob der einzelne Ortsfremde während seines Aufenthaltes im Erhebungsgebiet von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist unerheblich, da das Gesetz den die Erhebung der Kurabgabe rechtfertigenden Vorteil schon in der Inanspruchnahmemöglichkeit sieht. Die Pflicht zur Zahlung des Saison- bzw. Jahreskurbeitrags entfällt danach zum einen dann, wenn der Zweitwohnungsinhaber die durch den Erwerb der Zweitwohnung zunächst begründete Aufenthaltsvermutung durch konkretes Tatsachenvorbringen substantiiert widerlegt. Denn die Möglichkeit zur Benutzung der Kur- und Erholungseinrichtungen besteht naturgemäß nicht, wenn sich der Eigentümer oder Besitzer der Zweitwohnung während des gesamten Erhebungszeitraums nicht in der Gemeinde aufgehalten hat. Sie entfällt ferner dann, wenn der Zweitwohnungsinhaber trotz Aufenthaltes im Erhebungsgebiet aus gesundheitlichen Gründen, z.B. wegen Bettlägerigkeit, Krankenhausaufenthaltes oder Verletzung, nachweislich während der gesamten Aufenthaltsdauer objektiv gehindert war, die Kureinrichtungen zu nutzen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier ersichtlich nicht vor, obgleich der Antragsteller sein Haus in B. ganzjährig Dritten zur Vermietung überlässt. Der ab dem 1. Januar 2005 geltende Vermietungsvertrag verpflichtet ihn, „ jährlich, möglichst vor Saisonbeginn, sein Objekt gründlich zu reinigen und beschädigtes Inventar zu ersetzen “. In dem für 2004 geltenden Vermietungsvertrag war vereinbart, „dass der Auftraggeber nur zum Zwecke der Erhaltung des Objekts nach vorheriger Anmeldung auch während der Laufzeit des Vertrags das Haus betreten kann “. Mithin bestand für den Antragsteller in beiden Erhebungszeiträumen die die Beitragspflicht auslösende Möglichkeit zur Nutzung der Kureinrichtungen. Das Angebot der Antragsgegnerin, durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft zu machen bzw. zu beweisen, dass er sich 2004 und 2005 nicht im Kurgebiet aufgehalten habe, hat der Antragsteller ausgeschlagen. Ob er für sein Haus auch zur Zweitwohnungssteuer veranlagt wird bzw. werden kann, ist für die Kurbeitragspflicht des Antragstellers nicht entscheidungserheblich. Denn Anknüpfungspunkt der Kurbeitragspflicht des ortsfremden Eigentümers einer Zweitwohnung im Erhebungsgebiet ist nicht – wie bei der Zweitwohnungssteuer – die Inhaberschaft einer Zweitwohnung, sondern die Möglichkeit des auch nur vorübergehenden Aufenthalts im Erhebungsgebiet. Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit den Rechtsausführungen des Antragstellers dahingehend, dass er aufgrund der Vermietungsverträge an seinem Haus kein Nutzungs-, sondern nur ein Betretungsrecht habe.