Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.11.2006, Az.: 2 W 235/06
Geschäftswert einer Zustimmungserklärung gemäß §§ 39, 40 Kostenordnung (KostO); "Geldwert" i. S. d. § 41c Absatz 1 KostO des Zustimmungsbeschlusses einer Gesellschafterversammlung der beherrschten Gesellschaft zu einem Ergebnisabführungsvertrag; Grundlage der Bestimmung des Geschäftswerts gemäß § 41a Absatz 4 Nummer 1 KostO einer Zustimmungserklärung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.11.2006
- Aktenzeichen
- 2 W 235/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 27103
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:1116.2W235.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 39 KostO
- § 40 KostO
- § 41a Abs. 4 Nr. 1 KostO
- § 41c Abs. 1 KostO
- § 47 KostO
Fundstellen
- DNotZ 2007, 438-439
- DStR 2007, XIV Heft 3 (amtl. Leitsatz)
- MittBayNot 2007, 246-247
- NWB 2007, 1600 (Kurzinformation)
- NZG 2007, 154-155 (Volltext mit amtl. LS)
- ZNotP 2007, 157-158 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
Verfahrensgegenstand
Kostenrechnung des Notars Dr. A. B., F. Straße, H., vom 4. Mai 2005 über 5.858,00 EUR zu UR.-Nr. 214/2004
Amtlicher Leitsatz
Dem Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der beherrschten Gesellschaft zu einem Ergebnisabführungsvertrag kommt regelmäßig kein bestimmter Geldwert i.S.d. § 41 c Abs. 1 KostO zu. Der Geschäftswert ist deshalb gemäß § 41 a Abs. 4 Nr. 1 KostO nach dem Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft zu bestimmen.
In der Notarkostenbeschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin
gegen den Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts H. vom 6. September 2006
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. M.,
den Richter am Oberlandesgericht R. und
den Richter am Landgericht Sch.
am 16. November 2006 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Kostenrechnung des Notars Dr. B. vom 4. Mai 2005 (Rechnungs-Nr. 54/2005 betreffend die Urkunde vom 10. November 2004, UR.-Nr. 214/2004) wird dahin geändert, dass die Rechnung statt mit einem Betrag von 5.858,00 EUR mit einem Betrag von 252,88 EUR abschließt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Auslagen werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Notar hatte unter dem 17. November 2004 die Beurkundung eines Zustimmungsbeschlusses zu einem Ergebnisabführungsvertrag (UR.-Nr. 214/2004) mit einer 20/10-Gebühr nach § 47 KostO in Höhe von 168 EUR unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 25.000 EUR gemäß §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a. F. abgerechnet. Es ergab sich einschließlich sonstiger Gebühren und Auslagen sowie der Umsatzsteuer ein Gesamtrechnungsbetrag von 252,88 EUR.
Diese Kostenrechnung wurde bei einer Notarprüfung beanstandet, worauf der Notar in Umsetzung der Beanstandung seine Kostenrechnung unter dem 4. Mai 2005 änderte. Entsprechend § 24 Abs. 1 b KostO multiplizierte der Notar nunmehr zur Ermittlung des Geschäftswertes das durchschnittliche Jahresergebnis der beherrschten Gesellschaft mit 12,5 und errechnete auf diesem Weg einen Geschäftswert von 1.691.666,67 EUR, sodass die Höchstgebühr gemäß § 47 Satz 2 KostO von 5.000 EUR abzurechnen war.
Hiergegen wandte sich die Kostenschuldnerin mit der Beschwerde und dem Einwand, die der ursprünglichen Rechnung vom 17. November 2004 zugrunde liegende Berechnung sei zutreffend und entspreche auch der Abrechnung in anderen Gerichtsbezirken.
Das Landgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss der Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichtes H. vom 27. Juni 2006 folgend die Beschwerde der Kostenschuldnerin zurück. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es handele sich bei dem beurkundeten Zustimmungsbeschluss zu dem in die Zukunft gerichteten Ergebnisabführungsvertrag um einen Beschluss mit einem bestimmten, weil bestimmbaren, Geldwert, sodass §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a. F. bzw. §§ 41 c Abs. 1, 41 a Abs. 4 Nr. 1 KostO n. F. keine Anwendung fänden. Der Wert eines Ergebnisabführungsvertrages sei bestimmbar, weil als Grundlage für die Wertbestimmung der Durchschnittsgewinn bzw. Durchschnittsverlust des Unternehmens in der Vergangenheit herangezogen werden könne. Dieser Durchschnittswert sei - wie hier auch vom Notar in der angegriffenen Abrechnung praktiziert - mit 12,5 zu multiplizieren. Nähere Feststellungen zur Grundlage der Berechnung hat das Landgericht nicht getroffen, weil die Berechnung als solche nicht angegriffen worden sei.
Hiergegen wendet sich die Kostenschuldnerin mit der - vom Landgericht zugelassenen - weiteren Beschwerde. Unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung vertritt sie die Auffassung, dass sich ein bestimmter Geldwert für den beurkundeten Beschluss gerade nicht ermitteln lasse. Denn ein Beherrschungsvertrag sei ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag wie die Satzung, der ebenfalls kein Geldwert zukomme. Im Übrigen werde die vergangenheitsbezogene Wertberechnung den wirtschaftlichen Gegebenheiten auch nicht gerecht.
II.
Das gemäß § 156 Abs. 2 KostO zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil der angefochtene Beschluss auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO).
Der Geschäftswert einer Zustimmungserklärung gemäß §§ 39, 40 KostO bestimmt sich grundsätzlich nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, dem zugestimmt wird, sodass auf die subsidiäre Generalklausel des § 30 KostO bei der Wertbestimmung nicht zurückgegriffen werden kann (vgl. OLG Hamm, B. v. 21. April 1993, 15 W 176/92, juris = DNotZ 1994, 126 ff.). Dies gilt nach - soweit ersichtlich einheitlicher - obergerichtlicher Rechtsprechung auch für den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zu einem Ergebnisabführungsvertrag (OLG Hamm a. a. O.; BayObLG Beschluss vom 23. Mai 1990, BReg 3 Z 41/90, juris = DNotZ 1991, 401 ff. m. w. N.).
Streitig ist allerdings, wie der Geschäftswert eines Ergebnisabführungsvertrages zu bestimmen ist. Insbesondere in der Literatur (jüngst etwa Bund, NotBZ 2004, 303 ff.) wird die Auffassung vertreten, der Wert sei gemäß §§ 30 Abs. 1, 24 KostO zu schätzen, weil - wie dies auch die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat - mit "bestimmtem" Geldwert im Sinn von § 27 KostO a. F. bzw. § 41 c Abs. 1 KostO n. F. "bestimmbarer" Geldwert gemeint sei, sodass die Verweisung auf § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a. F. bzw. § 41 a Abs. 4 Nr. 1 KostO n. F. nicht greife (so für die sogenannten - hier nicht gegebenen - Altfälle, also in die Vergangenheit gerichtete Ergebnisabführungsverträge auch BayObLG a. a. O.).
Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Mangels näherer Feststellungen des Landgerichts zum Inhalt des Ergebnisabführungsvertrages vermag der Senat zwar nicht zu entscheiden, ob vorliegend nicht möglicherweise die Beherrschungskomponente das Wesen des Vertrages ausmacht und bereits deshalb die Annahme eines "bestimmten" Geldwertes verfehlt sein könnte (siehe dazu OLG Hamm a. a. O.). Aber auch bei nach den Feststellungen der Kammer zugrunde zu legender Beschränkung des Vertragsinhalts auf die Ergebnisabführungskomponente lässt sich ein bestimmter Geldwert im Sinne von § 27 Abs. 1 KostO a. F. bzw. § 41 c Abs. 1 KostO n. F. nicht ermitteln.
Es ist nämlich zu beachten, dass die Ergebnisabführungsvereinbarung in die Zukunft gerichtet ist und deshalb unter Berücksichtigung der wechselnden wirtschaftlichen Verhältnisse eine sichere Grundlage für eine Entwicklungsprognose fehlt. Die Regelung des § 24 KostO, auf die die Gegenmeinung zur Berechnung des Geschäftswertes letztlich abstellt, ist auf gänzlich andere Sachverhalte, nämlich wiederkehrende oder dauernde Nutzungen und Leistungen ausgerichtet und erscheint nicht geeignet, im Beurkundungszeitpunkt verlässliche Wertermittlungen zu ermöglichen, weil sie wesentliche Faktoren wie etwa die konjunkturelle Entwicklung oder Änderungen in der geschäftlichen Ausrichtung nicht berücksichtigen kann. Im Gegenteil muss die Gegenmeinung ausschließlich auf die Geschäftsergebnisse der Vergangenheit abstellen, um den Wert der ausschließlich in die Zukunft gerichteten Abführungsvereinbarung zu bestimmen, was zwangsläufig zu zufälligen, unter Umständen gar willkürlichen Ergebnissen führen muss (ebenso OLG Stuttgart Justiz 1997, 216 f.; OLG Hamm a. a. O.). Die von der Gegenmeinung und vom Landgericht vertretene Auffassung wird deshalb dem Prinzip einer eindeutigen und an objektiven Kriterien anknüpfenden Kostenerhebung nicht gerecht. Ein bestimmter Geldwert kann dem Ergebnisabführungsvertrag regelmäßig nicht beigemessen werden.
Deshalb war für die Kostenberechnung des Notars der Geschäftswert gemäß §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a. F. bzw. §§ 41 c Abs. 1, 41 a Abs. 4 Nr. 1 KostO n. F. nach dem Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft zu bestimmen und wie in der ursprünglichen Kostenrechnung des Notars vom 17. November 2004, Nr. 131/2004, zu berechnen. Daraus ergibt sich die aus dem Tenor ersichtliche Änderung der vom Kostenschuldner angegriffenen Kostenrechnung.