Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.11.2006, Az.: 14 U 157/05

Verkehrssicherungspflicht als Voraussetzung für eine Verantwortlichkeit zur Beseitigung von Straßenverschmutzungen; Unterbrechung eines Verfahrens wegen Insolvenz als Voraussetzung für eine Zulässigkeit eines Teilurteils gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen; Erweiterung einer Klage auf die Gesellschafter einer ursprünglich allein beklagten Gesellschaft als zulässige sachdienliche Klageerweiterung; Wiedererlangung einer vollen Arbeitsfähigkeit eines Geschädigten als Kriterium zur Bestimmung eines angemessenen Schmerzensgeldes; Zulässigkeit einer Verrechnung eines Verdienstausfallschadens mit ersparten Verpflegungskosten und Fahrtkosten; Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrages bezüglich einer Ersatzpflicht späterer Schäden

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.11.2006
Aktenzeichen
14 U 157/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 34747
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:1130.14U157.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 26.05.2005 - AZ: 4 O 393/02

Fundstelle

  • SVR 2007, 22

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für die Beseitigung von Verschmutzungen der Straße ist nicht nur verantwortlich, wer die Verschmutzung selbst auf die Straße gebracht und damit die Gefahrenlage geschaffen hat, sondern auch derjenige, der den gefährlichen Zustand in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt, obwohl ihm die Beseitigung möglich und zumutbar wäre.

  2. 2.

    Welche Art der Fahrbahnverschmutzung als Verstoß gegen § 32 Abs. 1 StVO angesehen werden kann, hängt vom Umfang der Verschmutzung, der Art der Straße und des Verkehrs ab, der normalerweise auf ihr stattfindet. Unwesentliche Verschmutzungen müssen nicht beseitigt werden, wesentliche nur bis zur Grenze des Zumutbaren.

  3. 3.

    Ein Verdienstausfallschaden ist nicht mit ersparten Verpflegungskosten während eines Krankenhausaufenthaltes zu verrechnen.

In dem Rechtsstreit ...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. Mai 2005 verkündete Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade teilweise abgeändert.

Die Beklagten zu 1 a), b) und c) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.742,94 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. August 2005 zu zahlen. Die Beklagte zu 1 c) wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe

von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.742,94 EUR vom 13. Mai 2002 bis 18. August 2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1 a), b) und c) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % der ihm aus dem Unfallereignis vom 22. Oktober 2001 auf der Kreisstraße 28 bei D. ab dem 1. November 2002 entstehenden weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagten zu 1 a), b) und c) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die dem Kläger aus dem vorgenannten Unfall ab dem 1. November 2002 entstehenden weiteren immateriellen Schäden - soweit sie bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht bekannt oder nicht erkennbar waren - unter Berücksichtigung eines 50 %igen Mitverschuldens des Klägers zu ersetzen.

Die weitergehende Berufung des Klägers - soweit er sie nicht zurückgenommen hat - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4 und 5 für beide Rechtszüge.

Von den übrigen Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 52 % und die Beklagten zu 1 a), b) und c) 48 %.

Die Entscheidung über die weiteren Kosten des ersten Rechtszugs bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.738,11 EUR (2.238,11 EUR materieller Schadensersatz + 20.000 EUR Schmerzensgeld + 1.500 EUR Feststellung der Ersatzpflicht für materielle Zukunftsschäden + 1.000 EUR Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden) festgesetzt.

Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 7. Juli 2005 auf 26.738,11 EUR (2.238,11 EUR materieller Schadensersatz + 20.000 EUR Schmerzensgeld + 1.500 EUR Feststellung der Ersatzpflicht für materielle Zukunftsschäden + 1.000 EUR Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden + 2.000 EUR Auskunftsbegehren) festgesetzt.

Gründe

1

A.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden aus einem Verkehrsunfall am frühen Morgen des 22. Oktober 2001 auf der Kreisstraße 28 zwischen D. und H. im Bereich der Kreuzung zum Wirtschaftsweg "L.weg" in Anspruch. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

2

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung zu den Folgen der unfallbedingten Verletzungen des Klägers und zum Straßenzustand am Unfallmorgen sowie am Nachmittag des 16. Oktober 2001 die Klage mit am 26. Mai 2005 verkündeten Teilurteil gegen die Beklagten zu 1 c), 4 und 5 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird zur weiteren Sachdarstellung verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Es habe aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte zu 1 c) im Rahmen der ihr obliegenden Pflichten aus § 32 Abs. 1 StVO alles Erforderliche im Hinblick auf die von ihr zu verantwortende Beschmutzung der K 28 infolge des Ernteinsatzes am 16. Oktober 2001 getan habe, sodass eine Haftung der Beklagten für den späteren Unfall ausscheide. Seine Überzeugung hat das Landgericht auf die Aussage des Zeugen R1 gestützt. Dieser habe glaubhaft bekundet, bei einer Kontrollfahrt am Nachmittag des 16. Oktober 2001 sei die Straße abgefegt gewesen. Größere Dreckklumpen seien nicht mehr vorhanden gewesen. Deshalb habe es keinen Grund zu Beanstandungen mehr gegeben. Es sei auch nachvollziehbar, dass der Zeuge an das Geschehen noch eine Erinnerung habe, da er bekundet habe, für den selben Tag in seinen Unterlagen eine Überstunde notiert zu haben, die wegen eines Unfalls an anderer Stelle zustande gekommen sei und wegen der er auch den vorherigen Ablauf des Tages noch in Erinnerung habe. Dass nach der Aussage des Zeugen R1 teilweise noch eine dünne Schicht Dreck auf der Oberfläche der Straße vorhanden gewesen sei und nicht alle Erdreste aus den Poren entfernt gewesen wären, begründe keine weitergehende Reinigungspflicht der Beklagten zu 1 c). Denn es könne von Landwirten in der Erntezeit nicht verlangt werden, dass sie Straßenverunreinigungen etwa durch Abspritzen beseitigten. Auch eine Pflicht zur Beobachtung der Witterungsverhältnisse in den nachfolgenden Tagen bedeute eine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten.

3

Aus diesem Grund sei auch die Klage gegen die Beklagten zu 4 und 5 abzuweisen gewesen. Abgesehen davon stehe nicht fest, dass überhaupt Fahrzeuge der Beklagten zu 4 an dem Ernteeinsatz bei der Beklagten zu 1 c) beteiligt gewesen seien.

4

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klaganträge gegen die Beklagte zu 1 c) weiterverfolgt und zugleich "klarstellt", dass seine Klage im selben Umfang auch gegen die Beklagten zu 1 a) und b) als Gesellschafter der GbR gerichtet sein solle. Seine zunächst auch gegen die Beklagten zu 4 und 5 gerichtete Berufung hat der Kläger später zurückgenommen. Der Kläger rügt Fehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Straße am Unfallmorgen nach den Aussagen der Zeugen B1 und P. von einer hohen Schicht landwirtschaftlichen Abfalls verschmutzt gewesen sei. Das Landgericht habe ferner nicht gewürdigt, dass nach dem Ermittlungsergebnis der Polizei andere Verursacher dieser Dreckschicht ausschieden. Denn der Zeuge R3 habe glaubhaft bekundet, dass er bei seinen Erntearbeiten in der Nacht vor dem Unfall die K 28 nur auf dem Rückweg von seinem Hof zu den Feldern benutzt habe. Die landwirtschaftliche Fläche des Landwirts M. befinde sich - unstreitig - von der Unfallstelle aus gesehen hinter dieser in Richtung H. und könne daher ebenfalls nicht den Schmutz am Unfallort verursacht haben. Schon deshalb könne entgegen der Auffassung des Landgerichts von einem ordnungsgemäßen Straßenzustand nach Beendigung der Erntearbeiten der Beklagten zu 1 c) nicht die Rede sein.

5

Abgesehen davon habe es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen, die hinsichtlich des durchgehend vom 16. bis 22. Oktober 2001 fortbestehenden starken Verschmutzungszustandes benannten Zeugen W., R4, B3 und R2 zu vernehmen.

6

Ferner rügt der Kläger eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Landgerichts im Hinblick auf die Anforderungen an den Umfang der nach § 32 Abs. 1 StVO geforderten Reinigungsmaßnahmen. Da es sich bei der K 28 um eine zu Berufsverkehrszeiten stark befahrene Straße handele, die zudem die einzige Verbindung zwischen D. und H. darstelle und außerdem als Ausweichstrecke zur B 73 genutzt werde, seien höhere Anforderungen an die Reinigungspflicht zu stellen, als sie das Landgericht für ausreichend erachtet habe. Ein besenreines Abfegen genüge hier nicht. Zumindest seien aber Nachkontrollen durch die Beklagte zu 1 c) angezeigt gewesen.

7

Die Beklagten zu 1 a), b) und c) begehren Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das angefochtene Urteil und bestreiten, dass es sich bei der K 28 um eine wichtige und viel befahrene Verbindungsstraße sowie eine Ausweichstrecke zur B 73 handele. Ferner bestreiten sie, dass lediglich die rechte Fahrbahn der K 28 in Richtung H. verschmutzt gewesen sei, wie der Kläger erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragen habe.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

9

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 6. Juni 2006. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26. September 2006 verwiesen.

10

B.

I.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

11

1.

Der Senat hatte nach Rücknahme der Berufung gegen die Beklagten zu 4 und 5 nur noch über die Berufung gegen die Beklagten zu 1 a), b) und c) zu entscheiden. Insoweit ist das Rechtsmittel zulässig. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf S. 2 unten (Bl. 479 d. A.) "klargestellt" hat, dass als Beklagte zu 1 nicht nur die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sondern auch die beiden Gesellschafter persönlich in Anspruch genommen werden sollen, liegt darin eine Klagerweiterung. Denn im ersten Rechtszug war die Klage lediglich gegen die beiden Gesellschafter "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" gerichtet (vgl. Klagschrift, Bl. 1 d. A.), woraus folgt, dass nur die GbR als solche verklagt war. Die Klagerweiterung auf die beiden persönlich haftenden Gesellschafter ist aber gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Entscheidung gegen diese ohne Berücksichtigung neuer Tatsachen möglich und auch sachdienlich ist. Da zugleich Berufung gegen die Klagabweisung gegenüber der GbR eingelegt ist, ist auch das Erfordernis erfüllt, dass der Kläger mit der Berufung jedenfalls auch sein altes Ziel und die insoweit vorhandene Beschwer weiter verfolgen muss.

12

2.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts war ungeachtet der noch ausstehenden erstinstanzlichen Entscheidung gegen den vom Kläger als Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Beklagten zu 2 kein unzulässiges Teilurteil. Zwar ist grundsätzlich ein Teilurteil, welches den Prozess nur gegen einige von mehreren einfachen Streitgenossen beendet, bei Gefahr der Widersprüchlichkeit zur Schlussentscheidung unzulässig. Diese Gesichtspunkte treten jedoch bei einer Unterbrechung des Verfahrens wegen Insolvenz eines einfachen Streitgenossen in der Regel ganz zurück (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 301 Rn. 4 m. w. N.).

13

3.

In der Sache hat die Berufung des Klägers gegen die Beklagten zu 1 a), b) und c) teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Beklagten zu 1 a), b) und c) sind gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 32 Abs. 1 StVO, § 847 BGB i. V. m. Art. 229 § 8 EGBGB verpflichtet, dem Kläger die Hälfte seines materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall am 22. Oktober 2001 zu erstatten und ihm unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 50 % immateriellen Schadensersatz zu leisten.

14

a)

Das angefochtene Urteil war rechtsfehlerhaft. Denn das Landgericht hat seine Entscheidung allein auf die Aussage des Zeugen R1 gestützt, ohne die von den Beklagten zum Beweis der Behauptung, die Fahrbahn sei entgegen dessen Bekundung durchgängig ab 16. Oktober 2001 in erheblichem Umfang beschmutzt gewesen, benannten Gegenzeugen zu hören. Damit beruht das Urteil auf einer unvollständigen Tatsachenfeststellung.

15

b)

Nach dem Ergebnis der vom Senat wiederholten Beweisaufnahme beruht der Unfall auf einer schuldhaften Verletzung der die Beklagte zu 1 c) treffenden Verpflichtungen aus § 32 Abs. 1 StVO, für die neben der Beklagten zu 1 c) auch die Beklagten zu 1 a) und b) als deren Gesellschafter haften.

16

aa)

Im Sinne des § 32 Abs. 1 StVO ist für die Beseitigung von Verschmutzungen der Straße nicht nur verantwortlich, wer die Verschmutzung selbst auf die Straße gebracht und damit die Gefahrenlage geschaffen hat, sondern auch wer den gefährlichen Zustand in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt, obwohl ihm die Beseitigung möglich und zumutbar wäre (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl. 2004, Rn. 677). Dies trifft für die Beklagte zu 1 c) zu, da sie Auftraggeberin der Erntearbeiten und Veranlasserin der Fahrten vom Feld zu ihrem Hof über die K 28 war. Sie hat durch den dadurch mit ihrem Wissen auf die Straße gebrachten Schmutz eine Gefahrenlage geschaffen, deren Beseitigung in ihrem Verantwortungsbereich lag. Zu einer Entlastung durch Übertragung der ihr obliegenden Pflicht auf den Beklagten zu 2 ist es nicht gekommen. Insoweit fehlt es bereits an einem Vortrag des Klägers zu der dafür jedenfalls erforderlichen klaren Absprache mit dem Lohnunternehmer. Außerdem würde selbst eine entsprechende ausdrückliche Absprache die Beklagte zu 1 c) nicht vollständig entlasten. Denn wie bei allgemeinen Verkehrssicherungspflichten auch würde bei der Beklagten zu 1 c) zumindest eine Kontroll- und Überwachungspflicht verbleiben, die sie hier zum Einschreiten verpflichtet hätte, nachdem unstreitig der Beklagte zu 2 und dessen Fahrer die ihnen obliegende Reinigungspflicht nicht selbst wahrnahmen.

17

bb)

Diese Pflicht hat die Beklagte zu 1 c) verletzt.

18

(1)

Die Bestimmung des § 32 Abs. 1 StVO erstreckt sich ihrem Sinne nach auf solche Hindernisse, mit denen die Teilnehmer am Verkehr im Allgemeinen nicht zu rechnen brauchen (vgl. BGHZ 12, 124). Welche Art der Fahrbahnverschmutzung als Verstoß gegen § 32 Abs. 1 StVO angesehen werden kann, hängt sowohl von dem Umfang der Verschmutzung als auch von der Art der Straße und des Verkehrs ab, der normalerweise auf ihr stattfindet. Für Straßen dörflichen Charakters, die vornehmlich nur dem Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen dienen, gilt in dieser Hinsicht nicht derselbe Maßstab wie etwa für Fernverkehrsstraßen mit überwiegendem Kraftfahrzeugverkehr (vgl. BGHZ 12, 124). Unwesentliche Verschmutzungen müssen nicht beseitigt werden; bei mehr als nur unwesentlichen Verschmutzungen finden die Anforderungen, die an den für die Verkehrsstörung Verantwortlichen gestellt werden müssen, ihre Grenze am Maßstab des Zumutbaren (Geigel, a. a. O., Rn. 675 und BGHZ 12, 124).

19

(2)

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die Beklagte zu 1 c) zur Entfernung des durch die in ihrem Auftrag eingesetzten Landmaschinen auf die Straße gelangten Schmutzes verpflichtet war, da dieser unstreitig anfangs mehr als nur von unerheblichem Gewicht war. Die Beklagte zu 1 c) war deshalb verpflichtet, jedenfalls den groben Dreck durch eigene Maschinen zu säubern und von der Straße zu entfernen. Da es sich bei der K 28 jedoch lediglich um eine Kreisstraße, also um eine Straße von eher untergeordneter Bedeutung handelt, außerdem Erntezeit war und - wie sich beispielsweise den Aussagen der Zeugen R3 und R2 entnehmen lässt - die Straße im fraglichen Zeitraum durch viele landwirtschaftliche Fahrzeuge benutzt wurde, was offenbar auch allgemein bekannt war, können keine vergleichbar hohen Anforderungen an den Umfang der Reinigungspflicht gestellt werden wie etwa bei Bundes- oder Landesstraßen. Der Säuberungspflicht war unter diesen Voraussetzungen Genüge getan, wenn durch Einsatz eigener Maschinen die Straße soweit gereinigt war, dass dort keine größeren Dreckanhaftungen mehr vorhanden waren. In den Straßenporen festgesetzter Lehm, der nur mittels Hochdruckreiniger und Abspülens durch Wasser beseitigt werden könnte, muss dagegen von dem Landwirt auf einer derartigen Straße aus den insoweit zutreffenden Erwägungen des Landgerichts nicht beseitigt werden. Auf solchen Restschmutz muss der Landwirt allerdings, da hieraus insbesondere bei Hinzutreten von Nässe eine erhebliche Verkehrsgefährdung herrühren kann, durch deutlich - auch nachts - erkennbare Warnschilder hinweisen.

20

(3)

Diesen Anforderungen ist die Beklagte zu 1 nicht hinreichend nachgekommen.

21

(a)

Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat ergeben, dass die Straße nach Abschluss der Erntearbeiten auf dem Maisfeld der Beklagten zu 1 c) am Nachmittag des 16. Oktober 2001 noch mit einer festgefahrenen gröberen Erdschicht bedeckt war, die dort bis zum Unfallmorgen verblieben ist und dann aufgrund des in der Nacht vor dem Unfall einsetzenden starken Regens den streitgegenständlichen Unfall verursacht hat.

22

Den Straßenzustand am Unfallmorgen hat der Zeuge B1, der als Polizeibeamter am Unfalltag zwischen 05:00 und 06:00 Uhr zum Unfallort gekommen war, glaubhaft dahingehend geschildert, dass sich auf der Straße auf einer größeren Strecke eine dicke, sehr rutschige Matschschicht befunden habe, auf der man sich nur mit äußerster Vorsicht habe bewegen können. Die Dreckschicht sei so hoch gewesen, dass der Zeuge beim Hineintreten nicht das Gefühl gehabt habe, auf einen festen Untergrund zu kommen.

23

Dieser Zustand ist aufgrund der ebenfalls glaubhaften Aussagen der Zeugen B3, R2, W. und R3 nach Überzeugung des Senats den auf dem Maisfeld der Beklagten zu 1 c) am 16. Oktober 2001 ausgeführten Erntearbeiten zuzuordnen.

24

Der Zeuge B3 hat bekundet, er habe seinerzeit täglich von Montag bis Freitag zwischen 11:00 und 13:00 Uhr die K 28 als Paketfahrer befahren. Im Bereich der späteren Unfallstelle sei die Straße damals "ein richtiger Polterweg" gewesen. Man habe ein ähnliches Gefühl gehabt, als wenn man über Kopfsteinpflaster fahre. Es hätten sich auf der Fahrspur zwischen dem L.weg und der K 27 in Richtung K 27 (auf der auch der Kläger am Unfallmorgen unterwegs war) zwei festgefahrene Reifenspuren aus Lehm befunden. Beim ersten Mal habe er diese Spuren zu spät gesehen, was dazu geführt habe, dass ihm alle Pakete in seinem Fahrzeug durcheinander gefallen seien. Er habe deshalb an den Folgetagen, wenn der Verkehr es zugelassen habe, die Lehmspuren zwischen seine Reifen genommen. Wenn er wegen Gegenverkehrs auf seiner Fahrbahn habe bleiben müssen, habe er anstelle der dort erlaubten 70 km/h nur ungefähr 30 km/h fahren können. Der schlechte Straßenzustand sei ihm erstmals zu Beginn der Woche (entweder montags oder dienstags) aufgefallen und habe die gesamte Woche über fortbestanden. Von dem schweren Unfall auf der K 28 habe er am Abend des Unfalltages gehört; die Verschmutzungen auf der Straße habe er in der Woche davor wahrgenommen.

25

Diese Bekundung des Zeugen B3 deckt sich im Kern mit den Aussagen der Zeugen R2 und W.

26

Der Zeuge R2 hat geschildert, auch er sei damals täglich auf dem Weg zur Arbeit von D. in Richtung K 27 gefahren. Am Unfalltag sei er zu dem Unfall hinzugekommen. An der Unfallstelle sei der Boden aufgeweicht und sehr schmierig gewesen. In der Woche davor - und zwar über mehrere Tage hinweg und jedenfalls nicht erst seit Donnerstag oder Freitag - habe er festgestellt gehabt, dass sich auf der Fahrbahn der K 28 festgefahrene Erde - hauptsächlich in Form zweier Fahrspuren - befunden habe. Die festgefahrene Schicht sei nach seiner Schätzung etwa 2 bis 3 cm dick gewesen. Es sei so gewesen, dass das Fahrzeug beim Darüberfahren richtig vibriert habe. Die Verunreinigung sei stärker als normal in der Erntezeit üblich gewesen. Er habe deshalb seine Frau, die auch immer täglich die Strecke befahren habe, am Unfallmorgen im Hinblick auf den eingesetzten Regen noch darauf hingewiesen, dass sie besonders aufpassen solle.

27

Auch der Zeuge W. hat ausgeführt, im Oktober 2001 sei der Straßenzustand auf der K 28 zwischen dem L.weg und der K 27 so gewesen, wie er es bei seinen täglichen Fahrten zur Arbeit zuvor in nahezu 30 Jahren noch nicht erlebt gehabt habe. Es habe dicker Dreck in einer Stärke von geschätzten 4 bis 5 cm auf der Straße gelegen, der hauptsächlich vom L.weg ausgegangen sei und dann in Richtung K 27 abgenommen habe. Auch die Gegenfahrbahn sei in diesem Bereich verschmutzt gewesen, jedoch nicht so stark. Der Dreck sei festgefahren gewesen, weshalb die Strecke sehr holprig - "fast wie eine Wüstenstrecke" - gewesen sei. Es habe sich um so ungewöhnliche Verschmutzungen gehandelt, dass er sie zunächst sogar mit seiner Videokamera habe aufnehmen wollen. Zwar könne er im Nachhinein keine genaue zeitliche Eingrenzung mehr vornehmen. Auf jeden Fall hätten die Verschmutzungen aber vor dem Unfall über mehrere Tage angedauert, nach seiner Erinnerung nahezu die ganze Woche. Am Unfalltag habe er die Unfallstelle wie üblich gegen 06:20 Uhr passiert, von dem Unfall selbst allerdings nichts mitbekommen.

28

Der Zeuge R3 (ein Landwirt aus D.) hat ebenfalls bestätigt, auf dem fraglichen Bereich der K 28 habe sich am Vorabend des Unfalls eine festgefahrene Lehmschicht befunden. Beim Darüberfahren habe es "gerubbelt"; man habe das Gefühl gehabt, als habe man M + S-Reifen aufgezogen. Im Hinblick darauf habe er für seine an diesem Abend begonnenen eigenen Erntearbeiten am L.weg angeordnet, für die Fahrten vom Feld zu seinem Hof nicht die K 28 zu benutzen.

29

Nach dem Erinnerungsbild sämtlicher Zeugen war damit die Unfallstelle in der Zeit vor dem Unfall in vergleichbarer Weise verschmutzt wie am eigentlichen Unfallmorgen. Der Senat schließt aus, dass die Verschmutzung erst in der Unfallnacht durch auf den Feldern des Zeugen R3 eingesetzte landwirtschaftliche Fahrzeuge aufgebracht worden ist. Dagegen spricht zum einen die vom Zeugen R3 bekundete Anweisung an seine Lohnarbeiter, für die Rückfahrt von seinen Feldern nicht die K 28 zu benutzen. Insoweit hat der Senat nicht verkannt, dass der Zeuge R3 ein erhebliches Interesse daran hat, nicht selbst als Verursacher der Verschmutzung in die Haftung genommen zu werden. Für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht jedoch, dass er offen eingeräumt hat, die Einhaltung seiner Anordnung nicht kontrolliert zu haben. Hinzu kommt, dass sich sein Hof in D. befindet, sodass er für den Schmutz auf der Straßenseite vom L.weg in Richtung K 27 als Verursacher schon deshalb nicht in Betracht kommt. Entscheidend fiel zudem für den Senat ins Gewicht, dass insbesondere der Zeuge R2 überzeugend und glaubhaft bekundet hat, die Verschmutzung sei in gleicher Intensität bereits seit spätestens Mitte der Vorwoche auf der Fahrspur vorhanden gewesen. Hiermit decken sich im Kern auch die Aussagen der übrigen Zeugen. Alle haben übereinstimmend eine über längere Zeit hinweg vorhandene, besonders starke - und ihnen gerade deshalb in Erinnerung gebliebene - Schmutzschicht auf der Fahrbahn geschildert. Zwar kann die Erinnerung des Zeugen W. insofern nicht zutreffen, als am Unfallmorgen gegen 06:20 Uhr die Unfallstelle noch nicht vollständig geräumt gewesen sein kann. Seine Aussage allein würde deshalb die Feststellung nicht erlauben, dass der Schmutz an der Unfallstelle von den Feldarbeiten der Beklagten zu 1 c) in der Vorwoche herrührte. Das Erinnerungsbild des Zeugen zur Stärke der Schmutzschicht in zeitlicher Nähe zu dem Unfallereignis erschien dem Senat als solches aber glaubhaft, und es deckt sich vor allen Dingen mit dem der anderen Zeugen und stützt daher deren Aussagen. Auch wenn weder der Zeuge R2 noch der Zeuge B3 sich konkret an den Tag des Beginns der Verschmutzungen erinnern konnten, haben indessen beide gleichermaßen bekundet, dass es sich jedenfalls um einen längeren Zeitraum in der Woche vor dem Unfall handelte. Beide Zeugen waren sich insoweit sicher, dass der Schmutz spätestens am Mittwoch vorhanden gewesen sei. Beide haben auch plausibel und nachvollziehbar geschildert, wie sie von dem Unfall Kenntnis erlangt haben und weshalb sie sich an den Straßenzustand in der Vorwoche erinnerten. Dass einerseits der Zeuge R2 nicht mehr zu sagen wusste, ob die Verschmutzung auch am Dienstagmorgen schon vorhanden war, und andererseits der Zeuge B3 eine Verschmutzung schon am Montagmorgen nicht ausschließen wollte (als die Erntearbeiten der Beklagten zu 1 c) indessen gerade begonnen hatten), stellt die Zuordnung der zu dem Unfall des Klägers führenden Straßenverschmutzung zu den Erntearbeiten der Beklagten zu 1 c) nicht in Frage. Denn ein anderer Verursacher ist nicht ernsthaft ersichtlich. Die landwirtschaftlichen Flächen des Landwirts M. kommen dafür nicht in Betracht, weil jene nach dem von den Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung von der Unfallstelle aus gesehen hinter dieser in Richtung H. (K 27) liegen. Der Zeuge R3 hat ferner bekundet, in dem fraglichen Bereich der K 28 habe seines Wissens damals kein anderer Landwirt geerntet. Er hat zwar auf die (letztlich allerdings nur abstrakte) Möglichkeit hingewiesen, dass auf den Feldern Spritzarbeiten durchgeführt worden sein könnten. Die direkt nach dem Unfall angestellten Ermittlungen der Polizei nach einem anderen Verursacher waren seinerzeit jedoch ergebnislos verlaufen. Auch die Beklagten haben dazu keine weitergehenden Angaben gemacht. Andererseits ist unstreitig, dass während der laufenden Erntearbeiten der Beklagten die K 28 im späteren Unfallbereich stark verschmutzt worden ist. Dies haben die Beklagten selbst eingeräumt. Auch der Zeuge R1 hat dies ausdrücklich bestätigt. Dass diese Verschmutzungen - wie die Beklagten behaupten - noch am 16. Oktober 2001 bis auf geringfügige Schlickreste in den Asphaltporen vollständig beseitigt worden wären, hat der Zeuge R1 bei seiner Vernehmung vor dem Senat nicht (mehr) eindeutig zu bestätigen vermocht. Zwar hat er - wie schon bei seinen Vernehmungen durch das Landgericht - zunächst erklärt, die Straße sei, als er nachmittags noch einmal an der Einmündung des L.wegs in die K 28 vorbeigefahren sei, von den am Vormittag vorhanden gewesenen groben Verunreinigungen und nassen Erdbrocken gesäubert gewesen. Er hat aber zugleich ausgeführt, man habe noch die Spuren sehen können, wo die landwirtschaftlichen Geräte und Hänger auf die Straße gefahren seien. Insofern deckt sich seine Aussage mit denjenigen der Zeugen B3 und R2, die ebenfalls von derartigen (festgefahrenen) Reifenspuren berichtet haben. Dass der Zeuge R1 bei seiner nachmittäglichen Fahrt am 16. Oktober 2001 keine Holprigkeit auf der Fahrbahn wahrgenommen hat, ist damit zu erklären, dass er - wie er auf spätere Nachfrage bekundet hat - zu diesem Zeitpunkt auf der anderen (sauberen) Straßenseite gefahren ist. Unter dem Eindruck der von ihm nach seiner ersten Vernehmung mitgehörten Aussagen der übrigen Zeugen hat der Zeuge R1 im Übrigen bei seiner anschließenden nochmaligen Anhörung eingeräumt, er sei nunmehr etwas verwirrt und wisse letztlich selbst nicht mehr genau, was richtig sei.

30

Nach alledem ist der Senat überzeugt, dass es dem für die Beklagte zu 1 c) handelnden Beklagten zu 1 a) nicht gelungen war, die Straße nach Abschluss der Erntearbeiten am 16. Oktober 2001 wieder vollständig von der aufgebrachten Erde zu säubern. Dafür spricht auch die Erklärung des Beklagten zu 1 a) gegenüber dem Polizeibeamten B2, die Beseitigung des Schmutzes am 16. Oktober 2001 sei ihm "nur begrenzt" und "letztlich nur mit mäßigem Erfolg" gelungen. Nach den Schilderungen der Zeugen im Rahmen der wiederholten Beweisaufnahme hat der Senat deshalb die Überzeugung erlangt, dass am 16. Oktober 2001 auf der Fahrbahn festgefahrene Erdreste verblieben waren, die so hoch waren, dass sie beim Darüberfahren in den nächsten Tagen deutlich zu bemerken waren und sich infolge Aufweichens nach dem Einsetzen starken Regens in der Nacht vor dem Unfall in die vom Zeugen B1 geschilderte glitschige Schlammschicht ungewandelt hatten, auf der das vom Kläger geführte Fahrzeug sodann weggerutscht ist.

31

(b)

Bei einer verbliebenen Straßenverschmutzung dieser Intensität, die - vorhersehbar - unter Nässeeinwirkung zu einer erheblichen Gefährdung des Straßenverkehrs führen konnte, durfte sich die Beklagte zu 1 c) - auch wenn eine mechanische Reinigung mit den ihr zur Verfügung stehenden Geräten zu keinem weitergehenden Erfolg mehr führte - jedenfalls nicht mit dem Aufstellen selbstgefertigter Warnschilder begnügen. Da die Schilder nicht reflektierten, waren sie bei Dunkelheit und somit insbesondere für den Berufsverkehr, der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in nicht zu vernachlässigendem Umfang über die K 28 fließt, in den frühen Morgen- und den Abendstunden bei Dämmerung sowie in der Nacht nicht erkennbar. Wie die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder in den Akten des Landkreises in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, konnte das vom Beklagten zu 1 a) angebrachte handschriftliche Zusatzschild "Verschmutzte Fahrbahn" zudem selbst im Tageslicht zumindest bei schnellerem Vorbeifahren nicht mehr ausreichend sicher entziffert werden. Insgesamt war der Gesamteindruck der Schilder im Übrigen so unauffällig, dass sich keiner der Zeugen daran erinnern konnte.

32

Damit ist ein schuldhafter und unfallursächlicher Verstoß gegen § 32 Abs. 1 StVO zu bejahen. Aufgrund dessen haften die Beklagten gesamtschuldnerisch für die durch den Unfall entstandenen Schäden des Klägers.

33

c)

Der Kläger muss sich jedoch als Fahrer des Unfallfahrzeugs gemäß § 254 Abs. 1 BGB ein eigenes Mitverschulden an dem Unfall entgegenhalten lassen, das der Senat mit 50 % bewertet. Denn er hat unstreitig in der Woche vor dem Unfall täglich die fragliche Strecke befahren. Alle Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass dabei die starke Verschmutzung der Straße deutlich im Fahrzeug spürbar war. Sie war deshalb auch im Dunkeln ohne weiteres zu bemerken. Wie namentlich der Zeuge R2 (der die Strecke im Übrigen morgens zu ähnlichen Zeiten wie der Kläger befuhr) einleuchtend und nachvollziehbar geschildert hat, war damit jedem aufmerksamen Fahrer bewusst, dass infolge Aufweichens bei Nässe von der festgefahrenen Verschmutzung eine erhebliche Gefahr ausgehen würde. Hierauf hätte der Kläger seine Fahrweise einrichten müssen, als er sich dem Streckenabschnitt am Unfallmorgen bei Regen näherte. Die von ihm zuletzt behauptete Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h (nachdem zunächst vorgetragen worden war, er sei sogar rd. 90 km/h gefahren gewesen) war unter diesen Umständen noch deutlich zu hoch. Bei der gebotenen, den gefährlichen Straßenverhältnissen angepassten erheblich geringeren Geschwindigkeit hätte ein Wegrutschen von der Straße - sofern es dann überhaupt noch dazu gekommen wäre - jedenfalls wesentlich geringere Schäden zur Folge gehabt.

34

d)

Unter Berücksichtigung dieser Mitverschuldensquote war dem Kläger ein Schmerzensgeld von 8.000 EUR zuzusprechen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger bei dem Unfall ein Schädelhirntrauma mit Einblutungen in Form eines ausgeprägten Frontalhirnsyndroms, eine Kopfplatzwunde im Bereich der rechten Stirnseite, eine Schenkelhalsfraktur rechts, eine Schambeinfraktur rechts, eine Schlüsselbeinfraktur rechts sowie ein Thoraxtrauma mit erheblicher Lungenprellung rechts und diverse oberflächliche Hauptabschürfungen erlitten hat, etwa zwei Wochen im Koma lag, bis zum 2. Dezember 2001 stationär im Elbeklinikum S. behandelt werden und sich anschließend bis 26. März 2002 einer stationären neurologischen Rehabilitationsbehandlung unterziehen musste und sodann noch bis einschließlich 16. Juni 2002 arbeitsunfähig war. Ferner hat der Senat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes einbezogen, dass nach dem vom Landgericht eingeholten neurologischen Gutachten des Prof. Dr. M. vom 26. August 2004 - das den Senat überzeugt und gegen dessen Ergebnis im Übrigen die Beklagten keine Einwendungen erhoben haben - der Kläger unter dauernden Unfallfolgen in Form einer leichten bis allenfalls mäßig ausgeprägten kognitiven Einschränkung im Bereich geteilter Aufmerksamkeit leidet und bei ihm Wesensänderungen mit vermehrter Reizbarkeit, verbalen Ausbrüchen, Antriebsminderung und Neigung zur Weitschweifigkeit aufgetreten sind. Der Senat hat ferner berücksichtigt, dass nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. med. P. vom 27. Juni 2004 (gegen das die Beklagten ebenfalls keine Einwendungen erhoben haben) der Unfall auch körperliche Dauerfolgen hinterlassen hat (Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenks infolge relativer Verkürzung des rechten Schenkelhalses mit rechts etwas vorangeschrittener Arthrose; Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks und rechtsseitiger Schulterschiefstand durch frakturbedingte Verschiebung der anatomischen Strukturen des Schlüsselbeins), die - wie auch die kognitiven Defizite - befürchten lassen, dass der im Übrigen seit 17. Juni 2002 aber wieder voll erwerbstätige Kläger auf Dauer einer vollschichtigen Tätigkeit als Maurer bzw. im Bereich der Fassadensanierung nicht wird nachgehen können. Da allerdings der Kläger rd. acht Monate nach dem Unfall wieder voll mobilisiert war und auch derzeit voll arbeitsfähig ist, ist nach Ansicht des Senats insgesamt unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen ausgeurteilten Beträge und des hälftigen Mitverschuldens des Klägers am Unfall ein Schmerzensgeld von 8.000 EUR angemessen (vgl. dazu etwa Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 22. Aufl., Nr. 2222 [OLG Hamm, Urteil vom 11. September 2000] und Nr. 2272 [LG Stralsund, Urteil vom 4. September 2002]).

35

e)

Zum Ausgleich seines unfallbedingten Verdienstausfalles kann der Kläger Zahlung von (50 % x 1.485,87 EUR =) 742,94 EUR verlangen.

36

Soweit der Kläger eine Differenz zur Lohnfortzahlung für den Monat Oktober 2001 in Höhe von 65,35 EUR geltend macht, hat die Beklagte zu 1 c) zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger seiner Berechnung einen zu geringen Nettobetrag der Lohnfortzahlung in diesem Monat zugrunde gelegt hat (vgl. Bl. 90 d. A.). Insoweit besteht daher kein Ersatzanspruch.

37

Hingegen ist für den Monat November 2001 vom Kläger schlüssig dargelegt und von den Beklagten nicht bestritten, dass die Lohnfortzahlung um 281,06 EUR hinter dem früheren durchschnittlichen Nettoverdienst des Klägers zurückbleibt.

38

Auch die Differenz zwischen dem vom 3. Dezember 2001 bis 16. Juni 2002 bezogenen Verletztengeld (59,74 EUR täglich) zum früheren durchschnittlichen Nettoverdienst (2.002,02 EUR monatlich) ist vom Kläger schlüssig dargelegt. Allerdings errechnet sich ein monatlicher Differenzbetrag von lediglich 185,92 EUR (anstelle der vom Kläger aufgerundeten 186 EUR), sodass sich bei richtiger Berechnung ein Gesamtdifferenzbetrag von 1.204,81 EUR ergibt. Die Beklagten haben zwar das Fehlen von Belegen für den Zeitraum vom 4. Dezember 2001 bis 14. Januar 2002 und 16. April bis 16. Juni 2002 gerügt. Dies beinhaltet aber kein ausreichendes Bestreiten des Umstandes, dass auch für diese Zeiträume die vom Kläger behaupteten Tagessätze des Verletztengeldes von 59,74 EUR gezahlt worden sind, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, ohne dass nunmehr seitens der Beklagten ein Bestreiten erfolgt wäre.

39

Mithin hat der Kläger einen Verdienstausfallschaden von insgesamt 1.485,87 EUR (281,06 EUR + 1.204,81 EUR) dargelegt. Eine Verrechnung dieses Betrages mit ersparten Verpflegungskosten während des Krankenhausaufenthaltes kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, NJW 1980, 1787 [BGH 22.01.1980 - VI ZR 198/78]). Auch ein Abzug von Fahrtkosten hat nicht zu erfolgen. Diese wären zwar grundsätzlich anzurechnen, sofern sie ohne den Unfall angefallen wären (vgl. BGH, a. a. O.). Der Kläger hat hierzu jedoch vorgetragen, er habe kein eigenes Fahrzeug einsetzen müssen, weil er täglich mit dem Firmenfahrzeug zu seinen Baustellen gefahren sei. Diesen hinreichend substantiierten Vortrag haben die Beklagten nicht widerlegt. Die Beweislast für die Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung trägt der Schädiger (Palandt-Heinrichs, a. a. O., vor § 249 Rn. 123 b). Die Beklagten haben indessen für ihre Behauptung, es seien Fahrtkosten erspart worden, keinen Beweis angetreten.

40

f)

Fahrtkosten für sich selbst und seine Ehefrau kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Denn die Beklagten machen mit Recht geltend, dass sich der Kläger auf die im Rahmen seiner Heilbehandlung entstandenen Fahrtkosten die ersparten häuslichen Verpflegungskosten anrechnen lassen muss (vgl. Palandt-

41

Heinrichs, a. a. O., vor § 249 Rn. 141; BGH, NJW 1980, 1787 [BGH 22.01.1980 - VI ZR 198/78]). Diese betragen nach der vom Kläger nicht bestrittenen Abrechnung der Beklagten zu 1 c) (Bl. 109 d. A.) 1.060,50 EUR und übersteigen damit die geltend gemachten Fahrtkosten von 614,64 EUR und 68,04 EUR.

42

g)

Das Feststellungsbegehren hinsichtlich der materiellen und immateriellen Zukunftsschäden hatte mit der sich aus der Mithaftung des Klägers von 50 % ergebenden Einschränkung ebenfalls Erfolg.

43

Das erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich künftiger Schäden ergibt sich bereits aus dem Bestreiten der Beklagten und der drohenden Verjährung. Der Anspruch ist auch in der Sache begründet. Denn dem Feststellungsantrag ist grundsätzlich bereits dann stattzugeben, wenn jedenfalls die Möglichkeit eines künftigen Schadens besteht. Dies ist nur dann zu verneinen, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit Spätschäden zu rechnen (vgl. KG, KGR 2006, 749 - [...] Rn. 117 - m. w. N. aus der Rechtsprechung des BGH). Lässt sich nicht sicher beurteilen, ob künftig noch Spätfolgen der Unfallverletzungen auftreten können, dann ist, solange der Eintritt derartiger Schäden jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, die Möglichkeit von solchen gegeben. Insofern sind für die Beurteilung maßvolle Anforderungen zu stellen. Der Feststellungsanspruch kann in Fällen von schweren Unfallverletzungen nur verneint werden, wenn kein Grund besteht, mit Spätfolgen immerhin zu rechnen (KG, a. a. O., m. w. N.).

44

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die von dem Kläger bei dem Unfall unstreitig bzw. nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erlittenen körperlichen Beeinträchtigungen stellen schwere Verletzungen dar, was sich bereits aus der Länge der erforderlichen Krankenhausaufenthalte und der verbliebenen Dauerfolgen ergibt. Zudem folgt aus den beiden ärztlichen Gutachten der vom Landgericht beauftragten Sachverständigen, dass eine künftige unfallbedingte Einschränkung der vollschichtigen Erwerbstätigkeit des Klägers nicht auszuschließen ist.

45

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Hinsichtlich der Kosten für den Klagantrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes hat der Senat insoweit in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem Kläger lediglich ein hälftiges Unterliegen - bezogen auf seine geäußerte Vorstellung von 20.000 EUR - zugerechnet.

46

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen.

47

Die Abänderung des Streitwertbeschlusses des Landgerichts war dadurch veranlasst, dass das Landgericht das gegenüber den Beklagten zu 4 und 5 erhobene Feststellungsbegehren hinsichtlich der materiellen Zukunftsschäden gesondert bewertet hat, obwohl der Kläger die Beklagten zu 4 und 5 insoweit nur als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1 in Anspruch genommen hat. Der Teilbetrag war deshalb (genauso wie beim Anspruch auf materiellen Schadensersatz) insgesamt nur einmal in den Gesamtstreitwert einzustellen.