Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.11.2006, Az.: 13 U 182/06
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 01.11.2006
- Aktenzeichen
- 13 U 182/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 42129
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:1101.13U182.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - AZ: 6 O 22/06
Tenor:
Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum21. Oktober 2006 gegeben.
Gründe
Gründe: Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:
1. Soweit es um die Ansprüche des Klägers für die Zeit bis zum 30. September 2005 geht, ist der Kläger, wie er selbst vorträgt (Berufungsbegründung S. 12), durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert.
2. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche für die Zeit ab Oktober 2005 hat das Landgericht mit der Begründung verneint, dass der Mietvertrag durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 30. September 2005 beendet worden sei; ein Kündigungsgrund habe vorgelegen, weil der Kläger einen Schlüssel für die Mieträume zurückbehalten habe und ohne Einwilligung des Beklagten die Geschäftsräume betreten habe. Diese Beurteilung trifft zu. Die in der Berufungsbegründung vorgetragenen Einwände greifen nicht durch:
a) Der Vermieter ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Mieters einen Schlüssel zu behalten (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 535 Rdnr. 434; Sternel, Mietrecht II Rdnr. 9). Denn es ist die Hauptpflicht des Vermieters, dem Mieter den Mietgegenstand zum alleinigen Gebrauch zu überlassen. Dass der Vermieter keine Schlüssel zurückbehalten darf, gilt auch bei Mietverträgen über Geschäftsräume (Hübner/Griesbach/Schreiber, Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rdnr. 51; zur Unwirksamkeit einer abweichenden Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Bub in Bub/Treier, Kap. II Rdnr. 458).
Erst recht darf der Vermieter die vermieteten Räume nicht ohne Einwilligung des Mieters betreten, es sei denn, es liegt ein zwingender Grund vor und der Mieter ist nicht zu erreichen.
Aus den vom Kläger S. 4 der Berufungsbegründung zitierten Urteilen ergibt sich nichts anderes. Das Landgericht Berlin hat in dem in NJW-RR 2000, 676 [LG Berlin 09.02.1999 - 64 S 305/98] veröffentlichten Urteil ausgeführt, es stelle grundsätzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar, wenn der Vermieter ohne vorherige Ankündigung die Wohnung mit Hilfe seines eigenen Schlüssels betrete; eine solche Handlung stelle einen Grund zur fristlosen Kündigung dar, ohne dass es einer Abmahnung bedürfe. Das Amtsgericht Heidelberg hat in der in WuM 1978, 69 [AG Heidelberg 06.11.1975 - 23 C 144/75] veröffentlichten Entscheidung die Ansicht vertreten, die bedenkenlose Benutzung eines Universalschlüssels durch den Vermieter stelle einen so massiven Eingriff dar, dass dem Mieter ein Verbleiben in der Wohnung bis zum Vertragsablauf nicht zuzumuten sei.
b) Die Parteien haben eine von den vorstehenden Grundsätzen abweichende Vereinbarung nicht getroffen.
aa) Soweit es in § 15 Nr. 1 des Formularvertrags heißt, der Vermieter könne die Mieträume während der Geschäftszeit zur Prüfung ihres Zustandes oder aus anderen wichtigen Gründen betreten, kann offen bleiben, ob die Klausel wirksam ist. Jedenfalls gab sie dem Kläger nicht das Recht, Schlüssel für die Räume zurückzubehalten und sich mit dem Schlüssel ohne vorherige Ankündigung und ohne zwingenden Grund Zugang zu den Räumen zu verschaffen.
bb) Die Behauptung des Klägers, die Parteien hätten mündlich vereinbart, dass der Kläger für Notfälle einen Schlüssel zurückbehalten dürfe, ist nicht bewiesen. Das Landgericht hat mit Recht keine hinreichenden Anhaltspunkte gesehen, um den Zeugenaussagen der Familienangehörigen des Klägers oder den Angaben der Ehefrau des Beklagten zu folgen. Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe bei der Würdigung nicht berücksichtigt, dass der Beklagte wahrheitswidrig den Abschluss des zweiten Mietvertrags für die Zeit ab August 2004 bestritten habe. Damit hat der Kläger keinen Erfolg. Ein bewusst wahrheitswidriger Vortrag des Beklagten kann selbst dann nicht festgestellt werden, wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass die Unterschrift auf dem "zweiten Mietvertrag" tatsächlich vom Beklagten stammt. Der Beklagte hat den Vertragsabschluss mit der Begründung bestritten, er könne sich nicht daran erinnern, diesen Vertrag unterschrieben zu haben (Bl. 133 d. A.). Dies ist kaum zu widerlegen. Im Übrigen haben liegen Ungereimtheiten auch im Vortrag des Klägers bzw. in Aussagen seiner Ehefrau und seiner Tochter vor (vgl. Bl. 168, 188 ff. d. A.).
Das Landgericht hat nicht verkannt, dass die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrunds bei dem Kündigenden liegt. Die Kündigungsvoraussetzungen stehen fest, weil nach dem schriftlichen Mietvertrag der Kläger nicht berechtigt war, einen Schlüssel zu behalten, und weil er dennoch einen Schlüssel behielt und von dem Schlüssel Gebrauch machte. Soweit der Kläger eine mündliche Vereinbarung gegen den Inhalt der Urkunde behauptet, muss er beweisen, dass die Urkunde unvollständig ist und auch das mündlich Besprochene Gültigkeit haben sollte (vgl. Zöller/Geimer, 25. Aufl., § 416 Rdnr. 10). Diesen Beweis hat der Kläger nicht geführt.
c) Der Kläger macht geltend, dass der Beklagte die fristlose Kündigung gar nicht daraus hergeleitet habe, dass der Kläger einen Schlüssel zurückbehalten und die Geschäftsräume ohne vorherige Ankündigung und Einwilligung des Beklagten betreten habe. Das trifft nicht zu, wie sich aus Ziff. 1 des Schreibens vom 30. September 2005 (Bl. 96 d. A.) ergibt. In dem Schreiben vom 10. Oktober 2005 hat der Beklagte die Begründung der Kündigung mit der unberechtigten Zurückbehaltung eines Schlüssels und der Benutzung des Schlüssels wiederholt (Bl. 56 d. A.).
d) Die vom Kläger vermisste Abmahnung ist dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 15. September 2005, dort unter Ziff. 1, zu entnehmen.
e) Die Abmahnung ist erfolglos gewesen. Das vom Klägervertreter im Schreiben vom 22. September 2005 (Bl. 54 d. A.) unterbreitete Angebot, der Kläger solle den Schlüssel zukünftig in einem verschlossenen Umschlag verwahren, musste vom Beklagten nicht angenommen werden. Nur die Aushändigung aller Schlüssel stellte eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch den Kläger dar.
f) Ob der Kläger sich subjektiv im Recht fühlte, als er die Aushändigung aller Schlüssel an den Beklagten verweigerte, ist für den Kündigungsgrund ohne Bedeutung.
Celle, 5. Oktober 2006
Oberlandesgericht
13. Zivilsenat
13 U 182/06
6 O 22/06 Landgericht Lüneburg
Beschluss
In dem Rechtsstreit
...
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 21. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf bis zu 6 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen aus den im Hinweisbeschluss vom 5. Oktober 2006 genannten Gründen vor. Die dagegen vom Kläger in den Schriftsätzen vom 30. und 31. Oktober 2006 vorgetragenen Einwände greifen nicht durch.
Unter Ziffern 1 bis 4 des Schriftsatzes vom 30. Oktober 2005 zeigt der Kläger nichts auf, was der Senat nicht bereits im Hinweisbeschluss berücksichtigt hat. Soweit der Kläger im Folgenden ausführt, die ihm gegenüber erklärte Abmahnung sei keineswegs erfolglos gewesen, weil er auf die Abmahnung hin seine Bereitschaft zur Herausgabe der Schlüssel zu erkennen gegeben habe, kann dem nicht beigetreten werden. Der Kläger hatte bereits mit Schreiben vom 13. September 2005 auf die Aufforderung des Beklagten zur Herausgabe des Schlüssels erklärt, dass der Beklagte keinen Anspruch darauf habe. Das war als Ablehnung zu verstehen. Mit Schreiben vom 15. September 2005 setzte der Beklagte dem Kläger eine Frist, ihm den Schlüssel innerhalb von fünf Tagen ab Zugang des Schreibens auszuhändigen. Daraufhin unterbreitete der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 22. September 2005 den "Gegenvorschlag", dass er, der Kläger, den Schlüssel zukünftig in einem verschlossenen Umschlag aufbewahre. Das Schreiben lässt keine Bereitschaft erkennen, den Schlüssel auszuhändigen. Vielmehr vertrat der Kläger in dem Schreiben weiterhin den Standpunkt, dass das Verlangen nach Herausgabe aller Schlüssel vertragswidrig sei. Unter diesen Umständen durfte der Beklagte, nachdem der Kläger die Verpflichtung zur Herausgabe des Schlüssels bis zum 30. September 2005 nicht erfüllte, den Mietvertrag fristlos kündigen. Es war ihm, anders als der Kläger meint, nicht zuzumuten, weiter abzuwarten oder den Kläger nochmals aufzufordern, den Schlüssel herauszugeben. Dass der Beklagte sich bereits ein Ersatzobjekt beschafft hatte, änderte an der Verpflichtung des Klägers zur Aushändigung sämtlicher Schlüssel nichts und ist daher für die Beurteilung der Kündigung nicht von entscheidender Bedeutung.
Hinsichtlich des Schreibens des Klägers vom 29. September 2005 - auf das der Kläger sich in den Schriftsätzen vom 30. und 31. Oktober 2005 auch nicht beruft - ist es zweifelhaft, ob es dem Beklagten bis zur Kündigung am 30. September 2005 zugegangen ist. Im Übrigen lässt sich auch diesem Schreiben eine uneingeschränkte Bereitschaft zur Herausgabe des Schlüssels nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.