Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 24.10.2002, Az.: 4 A 3987/01

Baugenehmigung; desselben Grundstücks; dinglich Berechtigter; Drittschutz; Grundstückseigentümer; Klagebefugnis; Nachbarschutz

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
24.10.2002
Aktenzeichen
4 A 3987/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43659
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Klagebefugnis für die Klage eines Grundstückseigentümers gegen die einem Dritten (hier: dinglich Berechtigten) erteilte Baugenehmigung für ein Bauvorhaben auf seinem Grundstück

Tatbestand:

1

Der Kläger erstrebt die Aufhebung einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines aus den Flurstücken ../.. und ../.. der Flur .. der Gemarkung ... bestehenden Grundstücks. Zugunsten des Beigeladenen ist im Grundbuch für dieses Grundstück ein Überwegungsrecht auf einem 12 m breiten Streifen entlang der Westgrenze durch Grunddienstbarkeit abgesichert. Nach einem vor dem Landgericht Oldenburg (16 O 756/93) mit dem Kläger geschlossenen Vergleich ist der Beigeladene berechtigt, dort eine Straße zu errichten.

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Am 22. August 1997 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung zum Neubau der Privatstraße als Zuwegung für einen Torfabbau. Durch Nachtragsgenehmigung vom 20. September 2000 gestattete der Beklagte dem Beigeladenen nachträglich die Änderung der Wegeführung.

4

Mit einem beim Beklagten am 30. Oktober 2000 eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 28. August 1997 Widerspruch, den er mit einem am 14. Dezember 2000 eingegangenen Schriftsatz auch auf die Genehmigung vom 20. September 2000 erstreckte.

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Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch durch Bescheid vom 23. Oktober 2001 als unzulässig zurück.

6

Am 26. November 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, er werde durch die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen in seinen Eigentumsrechten belastet. Auch wenn der Beigeladene Adressat der Genehmigung sei, könne er als Zustandsstörer zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Beigeladene nicht in der Lage sei, die Auflage selbst zu befolgen. Er müsste dann auf seine Kosten die Trasse beseitigen.

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Der Kläger beantragt,

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die dem Beigeladenen durch den Beklagten am 22. August 1997 und 20. September 2000 (Nachtragsgenehmigung) erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Privatstraße sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23. Oktober 2001 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er nimmt auf die angefochtenen Bescheide Bezug und trägt ergänzend vor, dass eventuell erforderliche Maßnahmen aus der Baugenehmigung nur dem Bauherrn gegenüber geltend gemacht werden würden.

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Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die nach erfolgter Übertragung gem. § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter entschieden wird, ist unzulässig.

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Der Kläger besitzt nicht die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Öffentlich-rechtlicher Drittschutz kommt als Nachbarschutz grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen verschiedenen Grundstücken im grundbuchrechtlichen Sinn in Frage. Das Baunachbarrecht ist grundstücksbezogen; es vermittelt einen Interessenausgleich grundsätzlich nur zwischen den Eigentümern benachbarter Grundstücke. Hier betreffen die Meinungsunterschiede zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen jedoch ein und dasselbe Grundstück, dessen Eigentümer der Kläger ist und an dem der Beigeladene dinglich gesicherte Rechte hat. In derartigen Fällen bedarf es eines solchen Ausgleichs durch die Baubehörde bzw. durch das Verwaltungsgericht regelmäßig nicht. Rechte an einem bzw. in Bezug auf ein Grundstück können vielmehr grundsätzlich mit Mitteln des Zivilrechts verfolgt werden. Öffentlich-rechtliche Rechte des Klägers kann die angefochtene Baugenehmigung ferner deshalb nicht verletzen, weil sie auch ihm gegenüber als Eigentümer des Grundstücks, für das sie erteilt wurde, einen ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt darstellt. Die Baugenehmigung erschöpft sich in der Feststellung, dass die bauliche Maßnahme mit dem öffentlichen Recht übereinstimmt, und gibt den Bau insoweit frei. Der Umstand, dass hier die Erlaubnis mit Nebenbestimmungen versehen wurde, ändert an ihrem begünstigenden Charakter nichts. Negative Folgen können erst durch die Verwirklichung der Baugenehmigung eintreten, nämlich wenn dadurch private Rechte verletzt werden. Insoweit ist es unerheblich, ob Adressat der Baugenehmigung der Eigentümer oder ein Außenstehender ist. Inwieweit die Baugenehmigung durch ihren Adressaten ausgenutzt werden darf, richtet sich allein nach bürgerlichem Recht. Rechtswidrige Eingriffe in sein Eigentum kann der Eigentümer mit Mitteln des bürgerlichen Rechts abwehren. Der Beklagte als Baugenehmigungsbehörde war auch nicht verpflichtet, im Genehmigungsverfahren die privatrechtliche Berechtigung des Beigeladenen zu überprüfen, denn die Baugenehmigung ergeht unbeschadet privater Rechte Dritter und lässt diese unberührt. Die Behörde ist zwar berechtigt, die Baugenehmigung zu versagen, wenn dem Antragsteller infolge fehlender oder auch nicht erreichbarer privatrechtlicher Berechtigung ein Antrags- oder Sachbescheidungsinteresse fehlt. Diese verfahrensrechtliche Befugnis hat aber keine drittschützende Wirkung (zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 27. April 1988 – 4 B 67/88 -, NJW 1988, 2056, zu der einem Miteigentümer erteilten Teilungsgenehmigung; Urteile vom 14. Oktober 1988 – 4 C 1.86 -, DVBl. 1989, 356, und vom 12. März 1998 – 4 C 3/77 -, NVwZ 1998, 954; Beschluss vom 28. Februar 1990 – 4 B 32.90 -, BRS 50 Nr. 178, jeweils zum öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz innerhalb der Gemeinschaft der Miteigentümer eines Grundstücks). Die Klagebefugnis des Eigentümers ist in diesen Fällen auch nicht gleichsam subsidiär für den Fall zu bejahen, dass der Eigentümer mit seinen zivilrechtlichen Abwehransprüchen gegen den Adressaten der Baugenehmigung nicht durchdringt.

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Nach allem kann dahingestellt bleiben, inwieweit auch aus anderen Gründen Zweifel an der Zulässigkeit der Klage berechtigt sind. So braucht nicht weiter überprüft zu werden, ob der Kläger infolge des Vergleichs vom 25. November 1993 an der Ausübung von Abwehrrechten gehindert war, ob der offenbar erst lange nach Beginn der Baumaßnahme erfolgte Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. August 1997 noch rechtzeitig erfolgte und – schließlich – ob trotz der Erklärung des Beklagten im Schriftsatz vom 5. Februar 2002, dass eventuell erforderliche Maßnahmen aus der Baugenehmigung gegenüber dem Bauherrn geltend gemacht werden, noch ein Rechtsschutzbedürfnis für die gegen die Baugenehmigung gerichtete Klage des Klägers zu bejahen wäre.

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Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 VwGO iVm. § 708 Nr. 11 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht für erstattungsfähig erklärt, da er keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).