Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 02.10.2002, Az.: 11 A 3251/01
Rechtmäßigkeit einer Ausweisung und einer Abschiebungsandrohung in das Heimatland Estland
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 02.10.2002
- Aktenzeichen
- 11 A 3251/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 18324
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2002:1002.11A3251.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs. 1 AuslG
- § 46 Nr. 2 AuslG
- § 12 Abs. 1 DVAuslG
Fundstelle
- InfAuslR 2003, 4-7
Verfahrensgegenstand
Ausweisung
Prozessführer
Herrn Z., Staatsangehörigkeit: estnisch
Rechtsanwälte D. und Partner
Prozessgegner
Landkreis
Landrat
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg -11. Kammer -
in der Sitzung vom 2. Oktober 2002 ohne mündliche Verhandlung
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht J.,
den Richter am Verwaltungsgericht B.,
den Richter am Verwaltungsgericht W., sowie
die ehrenamtlichen Richter Herr v. L. und Herr M.
für Rechterkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger ist estnischer Staatsangehöriger und führte als Berufskraftfahrer für das in Estland ansässige internationale Warentransportunternehmen"P. " Gütertransporte durch. Anlässlich einer Kontrolle stellte die Autobahnpolizei D. am 27. Juni 2001 fest, dass der Kläger mit einem in Estland zugelassenen Lkw Waren von Spanien nach Deutschland transportiert hatte. Der u. a. mitgeführten CEMT-Genehmigung war zu entnehmen, dass er seit dem 31. Mai 2001 bis zu Kontrolle acht Mal Güterbeförderungen von Deutschland nach Spanien und zurück durchgeführt hatte. Eine Aufenthaltsgenehmigung vermochte der Kläger nicht vorzulegen.
Daraufhin wies der Beklagte den Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für unbefristete Dauer aus der Bundesrepublik Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung in sein Heimatland Estland an. Der Ausreiseaufforderung folgend reiste der Kläger fristgerecht am 29. Juni 2001 nach Estland aus.
Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 4. September 2001 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger könne gem. §§ 45 Abs. 1, 46 Nr. 2 AuslG i. V. m. § 12 Abs. 1 DVAuslG ausgewiesen werden, da er eine Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet ausgeübt und sich daher unerlaubt hier aufgehalten habe. Der Gütertransport von Spanien nach Deutschland unterfalle nicht den Privilegierungen der DVAuslG für Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes oder den außengrenzenüberschreitenden Güterverkehr. Die Ausweisung des Klägers sei weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig. Das öffentliche Interesse an der Ausweisung überwiege die schutzwürdigen Interessen des Klägers am Verbleib in der Bundesrepublik. Dies gelte auch angesichts des Umstandes, dass der Kläger zeitweise keine Besuche im Bundesgebiet mehr machen könne und in seiner bisher ausgeübten Tätigkeit für seinen bisherigen Arbeitgeber beeinträchtigt werde. Ihm stehe offen, Transporte außerhalb der Staaten des Schengenabkommens durchzuführen. Ggf. könne er sich um eine andere Stelle inner-oder außerbetrieblich bemühen. Im Übrigen bestehe ein erheblichesöffentliches Interesse daran, dass sich die Einreise und der Aufenthalt ausländischer Arbeitnehmer in geregelten Bahnen vollziehe. Insoweit sei die Ausweisung des Klägers aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich mit der Folge, dass die persönlichen Belange des Klägers zurückstehen müssten. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 49 Abs. 1 AuslG gerechtfertigt gewesen. Ergänzend wies die Bezirksregierung W. -E. daraufhin, dass eine Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung zum Juni 2005 in Betracht komme.
Der Kläger hat am 4. Oktober 2001 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, bereits die Annahme eines nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften im Sinne von § 46 Nr. 2 AuslG sei fraglich. Er könne sich auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG berufen. Die gültige CEMT-Genehmigung berechtige seinen Arbeitgeber zur Durchführung von Güterbeförderungen der vorgenommenen Art. Er habe sich bei der Durchführung seines Auftrages darauf verlassen können, dass er nicht gegen deutsches Recht verstoße. Vor dem beanstandeten Vorfall habe er nicht gegen deutsche Vorschriften verstoßen. Seine Ausweisung sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Sie sei weder aus general- oder spezialpräventiven Gründen erforderlich. Denn es handele sich um einen einmaligen Verstoß. Zudem würden estnische Bürger in naher Zukunft im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft ohnehin uneingeschränkte Reisefreiheit in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genießen. Seine persönliche Situation sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Er verdiene den Lebensunterhalt für sich und seine Familie durch die zulässigen Gütertransporte zwischen Estland und der Bundesrepublik Deutschland. Seine Tätigkeit diene auch deutschen Interessen, weil Abgaben für den Güterverkauf an den deutschen Fiskus gezahlt würden. Die Ausweisung hindere ihn an den Gütertransporten in westeuropäischen Ländern für seinen Arbeitgeber. Dieser habe ihm zwar noch nicht gekündigt, könne ihn aber lediglich zu einem geringen Entgelt als Lagerarbeiter in T. beschäftigen (vgl. Lohnbescheinigung des Arbeitgebers vom 21. September 2001; Zeuge S. aus T. ). Ihm drohe Arbeitslosigkeit und wegen der begrenzten sozialen Absicherung in Estland die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz seiner Familie. Selbst eine Befristung der Sperrwirkung bis zum Juni 2005 ändere nichts an seiner nahezu ausweglosen Situation. Ein Verstoß gegen Aufenthaltsrecht könne hinreichend durch ein Bußgeld geahndet werden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung W. -E. vom 4. September 2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und erwidert ergänzend, die CEMT-Genehmigung berechtige ausschließlich den Unternehmer auf gewerblicher Basis grenzüberschreitende Güterbeförderungen durchzuführen, deren Be- und Entladepunkte sich im Hoheitsgebiet verschiedener CEMT-Mitgliedstaaten befinden. Sie enthalte keine spezifischen ausländer- bzw. passrechtlichen Regelungen und vermittele den als Fahrpersonal tätigen Drittstaatsangehörigen keine Rechte. Der generalpräventive Zweck der Ausweisung sei gewichtig, zumal die illegale Beschäftigung von Ausländern im Bereich des Güterverkehrs im Bundesgebiet zunehme. Hierdurch gingen Erwerbsmöglichkeiten für deutsche Staatsangehörige und bevorrechtigte Ausländer (z. B. EG-Staatsangehörige) verloren und entsprechende Sozialabgaben und Steuern fielen aus. Infolge gehäufter Verstöße habe das Bundesinnenministerium im Dezember 2000 über die deutschen Botschaften u. a. in Estland Merkblätter ausgegeben, die den Hinweis enthielten, dass trotz CEMT-Genehmigungen bei grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr innerhalb des EWR-Raumes ein entsprechendes Visum erforderlich sei. Demzufolge seien Gütertransportunternehmen und auch deren Fahrer hinreichend über die Rechtslage informiert. Dort sei auch auf die Folgen aufenthaltsbeendender Maßnahmen hingewiesen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Ausweisung des Klägers und die Abschiebungsandrohung in sein Heimatland Estland in den angefochtenen Bescheiden sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Die Ausweisung des Klägers findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 45 Abs. 1, 46 Nr. 2 AuslG. Danach kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Rechtsvorschriften im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG sind auch die Regelungen des Ausländergesetzes und entsprechender Verordnungen über die Einreise und die Erwerbstätigkeit von Ausländern. Dagegen hat der Kläger nicht nur geringfügig oder vereinzelt verstoßen.
Der Kläger hat sich ohne die erforderliche Erlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten und eine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Als estnischer Staatsangehöriger benötigt er gemäß § 3 AuslG für die Einreise und den Aufenthalt zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet eine entsprechende Aufenthalterlaubnis, die vor der Einreise einzuholen ist. Ein erlaubnisfreier Aufenthalt nach § 1 Abs. 1 DVAuslG kommt für den Kläger nicht in Betracht, weil estnische Staatsangehörige nur dann ohne vorherige Erlaubnis einreisen dürfen, wenn sie keine Erwerbstätigkeit aufnehmen. An der Visumspflicht für estnische Staatsangehörige, die in Deutschland erwerbstätig sind, hat sich auch durch die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABIEG Nr. L 81 vom 21. März 2001), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2414/2001 des Rates vom 7. Dezember 2001 (ABIEG Nr. L 327 vom 12. Dezember 2001) zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beimÜberschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind - im Folgenden: EU-VisumVO - nichts geändert. Denn Deutschland hat die im nationalen Recht bestehende Ausnahmeregelung von einem visumsfreien dreimonatigen Aufenthalt für Erwerbstätige (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AuslG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 12 DVAuslG) den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EU-VisumVO ordnungsgemäß mitgeteilt, so dass diese als Ausnahme i. S. d. des Art. 4 Abs. 3 EU-VisumVO von der Visumbefreiung nach Art. 1 Abs. 2 EU-VisumVO für die in der Liste in Anhang II genannten Staaten gilt (vgl. im Einzelnen: Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 21. Mai 2002 - 4 St RR 44/02 - InfAusIR 2002, 390, 391 zum Drittland Tschechien). Der Kläger hat eine Erwerbstätigkeit (vgl. Legaldefinition in § 12 DVAuslG) in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, indem er mindestens acht Mal mit einem Lkw Transportfahrten zwischen Spanien und dem Bundesgebiet durchgeführt hat.
Wie bereits zutreffend in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt kann sich der Kläger nicht auf die Privilegierungen in § 12 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG berufen, die bestimmte Tätigkeiten von der Definition der Erwerbstätigkeit mit der Folge ausschließen, dass Ausländer unter den dort aufgeführten Voraussetzungen ohne Aufenthaltserlaubnis als Fahrer tätig sein dürfen. So kann sich der Kläger nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 a DVAuslG berufen. Diese Vergünstigung ist für ihn schon allein deshalb nicht anwendbar, weil das estnische Unternehmen, bei dem er als Fernfahrer angestellt ist und für das der von ihm benutzte Lkw zugelassen war, seinen Sitz in Estland und somit außerhalb der Grenzen des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) hat.
Der Kläger kann auch keine Rechte aus § 12 Abs. 2 Nr. 2 b DVAuslG herleiten. Danach übt im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit aus, wer als Angehörigen des fahrenden Personals im die Außengrenzen des EWRüberschreitenden Güterverkehr tätig ist, sofern das Unternehmen seinen Sitz außerhalb dieses Rechtsbereichs hat und das Fahrzeug dort zugelassen ist. Damit sind Fahrer von Unternehmen außerhalb des EWR erfasst, die im Güterverkehr in den EWR einreisen und in die Bundesrepublik Deutschland kommen. Das Führen von Lkw im Bundesgebiet gilt dann nicht als Erwerbstätigkeit, unabhängig davon, ob Güter ent- oder beladen werden. Dieser typische Fall des (außen)grenzüberschreitenden Güterverkehrs ist hier aber nicht gegeben.
Der Arbeitgeber des Klägers hat seinen Sitz zwar außerhalb des EWR in Estland und das Zugfahrzeug ist auch dort zugelassen. Dennoch kann der Kläger sich auf die Vergünstigung für Fernfahrer im (außen)grenzüberschreitenden Verkehr nicht berufen. Die Vorschrift ist ersichtlich auf Fernfahrer zugeschnitten, die aus einem Land außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes in einen Staat dieses Raumes einreisen wollen. Dabei ist unerheblich, ob sie den Staat nur durchqueren oder ob sie dort auch beladen oder entladen. Entscheidend kommt es darauf auf, ob Ausländer als Angehöriger des fahrenden Personals die Außengrenzen des EWR überqueren. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat Fahrten mit einem Lkw durchgeführt, bei dem der Ausgangspunkt der Fahrt Spanien sowie das Bestimmungsland des Transportes Deutschland innerhalb des EWR liegen und dessen Außengrenze nichtüberschritten wurde. Der Sache nach hatte er sich in eine Konkurrenzsituation zu Kraftfahrern begeben, die innerhalb des EWR arbeiten. Für diese Tätigkeit hätte er die entsprechende Aufenthaltserlaubnis einholen müssen.
Der Hinweis auf die mitgeführte CEMT-Genehmigung rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Sie ist ausschließlich eine verkehrsrechtliche Genehmigung für den Unternehmer, der durch sie berechtigt wird, auf gewerblicher Basis grenzüberschreitende Beförderungen von Gütern durchzuführen, deren Be- und Entladepunkte sich im Hoheitsgebiet verschiedener CEMT-Mitgliedsstaaten befinden. Einen spezifischen ausländer- bzw. passrechtlichen Gehalt weist sie hingegen nicht auf und vermittelt den als Fahrpersonal tätigen Drittstaatsangehörigen daher nicht die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung.
Auf die fehlende Kenntnis der Rechtswidrigkeit seines Tuns kann sich der Kläger auch unter Berücksichtigung der CEMT-Genehmigung nicht mit Erfolg berufen. Zu Recht weist die Bezirksregierung Weser-Ems in ihrem Widerspruchsbescheid in diesem Zusammenhang darauf hin, dass § 46 Abs. 2 AuslG grundsätzlich keinen schuldhaften Verstoß voraussetzt, sondern bereits die objektive Rechtswidrigkeit des Handelns genügt. Unabhängig davon hätte der Kläger wissen müssen (oder zumindest können), dass er für die Fahrten innerhalb des EWR ohne zugehöriges Überschreiten der Außengrenzen eine Aufenthaltserlaubnis benötigt. Als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Verkehr müssen derartige Kenntnisse von ihm verlangt werden. Dies gilt umso mehr, als das Bundesinnenministerium im Dezember 2000 über die deutschen Botschaften in verschiedenen osteuropäischen Staaten, so auch in Estland, Merkblätter zur Rechtslage im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr verteilt hat (vgl. Erlass des BMI vom 21. März 2001). Darin wird deutlich darauf hingewiesen, dass trotz CEMT-Genehmigung bei Güterkraftverkehr innerhalb des EWR-Raumes ein entsprechendes Visum erforderlich ist. Demgemäß muss davon ausgegangen werden, dass die betroffenen Wirtschaftskreise, also im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr tätige Unternehmen und ihre Beschäftigte, hinreichend über die Rechtslage informiert sind. Allenfalls könnte im Einzelfall von einem vermeidbaren Verbotsirrtum ausgegangen werden, der den Ausweisungstatbestand aber nicht in Frage stellt. Der Verstoß gegen Vorschriften, die den Aufenthalt zu Erwerbszwecken regeln und einschränken, ist nicht nur als geringfügig zu bewerten. Es besteht ein erheblichesöffentliches Interesse an der Kontrolle der Einreise ausländischer Arbeitnehmer. Dies gilt auch für Angehörige der EU-Beitrittsstaaten, solange diese nicht Mitglied in der europäischen Gemeinschaft geworden sind oder durch im Vorfeld geschaffenes Sonderrecht privilegiert werden. Außerdem hat der Kläger entgegen seiner Darstellung nicht nur einmal, sondern mehrfach rechtliche Verbote übertreten. Der CEMT-Genehmigung, die anlässlich seiner Kontrolle eingesehen wurde, ist zu entnehmen, dass er bereits in der Zeit vom 31. Mai 2001 bis zum 26. Juni. 2001 acht Mal Transporte zwischen Spanien und der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt hat.
Die Ausweisung nach einem nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften ist nicht die zwingende Rechtsfolge des § 45 Abs. 1 AuslG, sondern liegt im Ermessen der Ausländerbehörde, dass nach § 40 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG sachgerecht auszuüben ist. Die Ausländerbehörden haben das ihnen zustehende Ermessen erkannt und auch ausgeübt. Im Rahmen der gem. § 114 S. 1 VwGO beschränkten Ermessenkontrolle lassen sich weder Ermessensfehler feststellen noch erweist sich die verfügte Ausweisung als unverhältnismäßig. Die Ausländerbehörden haben den Sachverhalt vollständig erfasst und die nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden Belange hinreichend gewürdigt.
Der Kläger kann der Ausweisung schutzwürdige Belange nicht entgegenhalten, die zur Annahme eines Ermessenfehler führen müssten. Er hat insbesondere keine verwandtschaftlichen oder sonstige enge Beziehung zu Personen in der Bundesrepublik Deutschland, die eine Einreise in der nächsten Zeit erforderlich machen würden. Allerdings führt die Ausweisung gem. § 8 Abs. 2 S. 1 AuslG dazu, dass er in Zukunft seinen Beruf als Kraftfahrer nicht mehr für die vertragsgemäßen Fahrten zwischen Estland und der Bundesrepublik Deutschland ausüben kann. Das ist die gesetzliche Folge der Ausweisung, die nicht nur die Einreise, sondern damit verbunden auch die Berufsausübung verbietet. Der Kläger wird durch die Ausweisung aber nicht unverhältnismäßig hart getroffen. Er kann in Estland inner- oder außerbetrieblich weiter berufstätig sein, die Berufsausübung wird nur geringfügig eingeschränkt. Seinem Arbeitgeber gegenüber kann er sich darauf berufen, dass dieser ihm im Rahmen seiner Fürsorgepflicht hätte vor einem Rechtsverstoß in Deutschland bewahren müssen, um die Folgen der Ausweisung zu vermeiden. Es ist ferner nicht nachvollziehbar, dass er nur bei seinem bisherigen Arbeitgeber ein Erwerbseinkommen für sich und seine Familie erzielen kann. Im Übrigen sind entsprechende Belastungen die zwingende Folge der Ausweisung und müssen hingenommen werden.
Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörden hier dem öffentlichen Interesse an der effektiven Bekämpfung illegaler Erwerbstätigkeit den Vorzug gegenüber dem Interesse des Ausländers an weiterer Erwerbstätigkeit und Aufenthalt in der Bundesrepublik geben. Dies gilt sowohl hinsichtlich des spezialpräventiven Zwecks der Ausweisung, zumal der Kläger bereits in der Zeit vom 31. Mai bis zum 26. Juni acht Verstöße begangen hat und die Annahme gerechtfertigt erscheint, er werde auch künftig in vergleichbarer Weise Rechtsvorschriften verletzen. Ebenso gilt dies für den generalpräventiven Zweck der Ausweisung, andere Ausländer durch konsequentes Vorgehen von entsprechenden Rechtsverletzungen abzuhalten. Angesichts zunehmender Verstöße im Güterkraftverkehrsbereich gegen Aufenthaltsrecht erlangt die Motivation, Erwerbsmöglichkeiten für deutsche Staatsangehörige und bevorrechtigte Ausländer zu erhalten und Ausfälle bei Sozialabgaben und Steuern zu vermeiden, ein besonderes Gewicht.
Ein weniger belastendes Mittel zur Bekämpfung unerlaubter Einreise und Erwerbstätigkeit ist nicht ersichtlich. Insbesondere reicht es zur Abwehr zu befürchtender illegaler Erwerbstätigkeit nicht aus, den Kläger zur Ausreise aufzufordern und ihn ggf. abzuschieben. Die Ausreiseaufforderung, die freiwillige Ausreise oder eine Abschiebung beseitigen nicht gleich wirksam die konkrete Gefahr weiterer illegaler Erwerbstätigkeit, weil es nach wie vor erlaubt bliebe, die Bundesrepublik Deutschland zu betreten. Entsprechendes gilt hinsichtlich repressiver Maßnahmen wie etwa der Bußgeldverhängung. Insbesondere aus generalpräventiven Erwägungen ist die Ausweisung von Ausländern, die illegal in der Bundesrepublik Deutschland tätig sind, unverzichtbar.
Dagegen ist hier nicht darüber zu entscheiden, ob der illegalen Beschäftigung von Ausländern wirksam durch einschneidendes Vorgehen (etwa Beschlagnahme des Lkw) gegen Arbeitgeber und Auftraggeber, die Ausländer ausbeuten oder Sozialbeitrage und Steuern verkürzen, begegnet werden kann. Objekt der Ausweisungsvorschriften des AuslG ist der illegal tätige Ausländer und nicht sein Auftraggeber. Verstöße von Unternehmen gegen Sozial- oder Steuergesetze können im Rahmen der dafür vorgesehenen Straf- oder Bußgeldvorschriften geahndet werden. Auch die gem. § 50 Abs. 1 i. V. m. § 49 Abs. 1 AuslG verfügte Abschiebungsandrohung nach Estland gibt keinen Anlass zur rechtlichen Beanstandung.
Daher war die Klage mit der Kostenfolgen aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.