Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.10.2002, Az.: 7 B 4361/02
Entzug einer Fahrerlaubnis der Klassen C1E wegen des Fahrens mit einem Fahrrad im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille; Verweigerung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 31.10.2002
- Aktenzeichen
- 7 B 4361/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 38083
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2002:1031.7B4361.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 11 Abs. 8 FeV
- § 13 Nr. 2c FeV
- § 46 Abs. 1 FeV
- § 3 Abs. 1 StVG
- § 16 Abs. 2 StVZO
Verfahrensgegenstand
Entziehung der Fahrerlaubnis
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 7. Kammer -
am 31. Oktober 2002
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
- 2.
Der Streitwert wird auf 1000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat ein Widerspruch grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde - wie hier - gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. In materieller Hinsicht ist für den Erfolg eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Verfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einem offensichtlich Erfolg versprechenden Widerspruch überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. Bei der sofortigen Vollziehung eines offenbar zu Unrecht angefochtenen Verwaltungsaktes besteht nämlich regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse. Hat die Behörde die Fahrerlaubnis aller Voraussicht nach zu Recht entzogen, ist davon auszugehen, dass es jederzeit zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch den Antragsteller kommen kann.
Im vorliegenden Fall wird der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Oktober 2002 aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Der angegriffene Bescheid erweist sich unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage als rechtmäßig. Zu Recht stützt der Antragsgegner seinen Bescheid, mit dem er dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen C1E entzogen hat, auf § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV. Hiernach ist demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Der Antragsgegner ist berechtigt, im Falle des Antragstellers nach § 11 Abs. 8 FeV auf dessen Nichteignung zu schließen und diesen Umstand zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. In § 11 Abs. 8 S. 1 FeV heißt es nämlich sinngemäß, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Antragsteller weigert sich bis heute, der Verfügung des Antragsgegners vom 17. September 2002 nachzukommen und sich medizinisch-psychologisch untersuchen zu lassen. Denn er hält diese Anordnung des Antragsgegners für rechtswidrig, weil er am 07. April 2002 lediglich mit einem Fahrrad und gerade nicht mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilgenommen habe. Der Antragsgegner war aber dennoch berechtigt, vom Antragsteller die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu verlangen. Entscheidend ist, dass der Antragsteller ausweislich der Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Leer vom 13. August 2002 anläßlich der Fahrt am 07. April 2002 einen Blutalkoholgehalt von 2,09 g o/oo aufwies. Der Antragsgegner stützt sein Verlangen nach einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor diesem Hintergrund zu Recht auf § 13 Nr. 2 c) FeV. In dieser Vorschrift heißt es:
"Zur Vorbereitung von Entscheidungen ....ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille ... oder mehr geführt wird."
§ 13 Nr. 2 c) FeV setzt gerade nicht die Teilnahme eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr voraus. Ausreichend ist die Teilnahme mit einem Fahrzeug, wozu ein Fahrrad unzweifelhaft zählt wie sich auch aus dem Umkehrschluss des § 16 Abs. 2 StVZO ergibt. Vor dem Hintergrund, dass nach dem aktuellen Forschungsstand alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer bereits mit einer Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille über deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit verfügen (s. Begr. d. BRats, BRat- Drucks. 443/98 S. 6, abgedruckt bei Hentschel, StraßenverkehrsR, 36. Auflage, § 13 FeV, Rz 2) stellt die Regelung des § 13 Nr. 2 c) FeV auch mit höherrangigen Recht in Einklang, zumal es auch durch betrunkene Radfahrer zu erheblichen Verkehrsgefährdungen kommen kann.
Nach alledem bleibt der Antrag ohne Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
2.
Der Streitwert ist auf 1.000,00 Euro festzusetzen. Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwerts ist der Umstand, dass dem Antragsteller von dem Antragsgegner auch die Fahrerlaubnis der Klasse C1 entzogen worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg war vor Einführung des Euro als alleingültiger Währung im Bundesgebiet bei Rechtstreitigkeiten um die Klasse C1 ein Betrag in Höhe von 4.000,00 DM anzunehmen. Nach der Einführung des Euro hält das Gericht einen Betrag in Höhe von jeweils 2.000,00 Euro für angemessen. Da es sich hier um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handelt, beträgt der Streitwert die Hälfte des Wertes des entsprechenden Hauptsacheverfahrens, mithin 1000,00 Euro.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.