Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 26.09.2019, Az.: 6 A 5371/17

Behinderung; Diskriminierung; Existenzminimum; Irak; Kurdische Autonomieregion; Taubstumm

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
26.09.2019
Aktenzeichen
6 A 5371/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69808
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Lage von Menschen mit Behinderungen im Irak, insbesondere in der Kurdischen Autonomieregion

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, in Bezug auf den Kläger festzustellen, dass hinsichtlich des Zielstaats Irak die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegen.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 wird aufgehoben, soweit er dem vorgenannten Verpflichtungsausspruch entgegensteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3, die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise u.a. die Feststellung von Abschiebungsverboten.

Er reiste eigenen Angaben zufolge zu einem ihm unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2015 aus dem Irak aus und im August 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er in einer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag stellte.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte er im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt, er stamme aus der Stadt Masif in der Provinz Erbil. Dort lebten u.a. noch seine Eltern. Er selbst sei taubstumm und habe nicht zur Schule gehen dürfen, sondern nur als Gelegenheitsarbeiter gearbeitet, etwa in der Gastronomie, auf dem Bau und in Lokalen. Im Irak gebe es nicht viele Schulen für Taubstumme. Selbst die Zeichensprache habe er dort nur rudimentär lernen können, erst in Deutschland habe er diesbezüglich Hilfe erhalten.

Zu den Gründen seiner Ausreise erklärte er, wegen der politischen Lage im Irak ausgereist zu sein. Sein Ort sei von der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) kontrolliert worden, welche die Menschen schlecht behandelt, d.h. Familienangehörige der Parteimitglieder bevorzugt habe. Er habe darunter psychisch gelitten, zumal es ihm nicht möglich gewesen sei, seine Meinung zu äußern. Taubstumme bzw. Menschen mit Behinderungen würden im Irak auch nicht respektiert, sondern schlecht behandelt. Auch ihn hätten Polizeibeamte mehrfach in Alltagssituationen diskriminiert. Er habe dort nicht weiterleben können und auch bereits einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Sein Vater habe sich Sorgen gemacht, dass ihm eines Tages etwas passieren werde. Deshalb habe er einen Schlepper wegen der Ausreise kontaktiert. In Deutschland erwarte er ein Kind mit seiner deutschen Lebensgefährtin.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) sowie auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Nr. 2) und erkannte dem Kläger auch den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3). Zudem stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 4) und drohte die Abschiebung des Klägers in den Irak an (Nr. 4). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) befristete es auf dreißig Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 5). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Klägerin hätte sich allgemein auf die unsichere Lage im Irak berufen, von der die gesamte Bevölkerung gleichermaßen betroffen sei. Zudem habe er seinen Lebensunterhalt bisher bestreiten können.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 14. Juni 2017 Klage erhoben.

Am 13. März 2019 kam die Tochter des Klägers mit einer schweren Mehrfachbehinderung (u.a. Trisomie 18) zur Welt.

Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, es bestünde jedenfalls ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG wegen des Schutzes von Ehe und Familie durch Art. 6 GG, weil er im Falle einer Abschiebung von seiner Familie getrennt werde.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 zu verpflichten,

1. dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

2. hilfsweise, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

3. hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 84 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beteiligten hatten zudem Gelegenheit, zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid Stellung zu nehmen (§ 84 Abs. 1 S. 2 VwGO).

Die Klage, über die der Berichterstatter gemäß § 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) anstelle der Kammer als Einzelrichter entscheidet, hat teilweise Erfolg. Sie ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG. Der Bescheid des Bundesamtes vom 29. Mai 2017, mit dem dieses Begehren abgelehnt worden ist, verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist aufzuheben, soweit er dem vorgenannten Anspruch entgegensteht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG.

Bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber durch Erlass einer Ab-schiebungsandrohung (§ 59 AufenthG) ist das Bundesamt im Rahmen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG auf die Prüfung und Feststellung von (sonstigen) zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten beschränkt, d.h. solchen, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet liegen, die gerade im Zielstaat der Abschiebung drohen (BVerwG, Beschluss vom 04.07.2019 – 1 C 45/18, juris Rn. 21; Beschluss vom 10.10.2012 - 10 B 39/12 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Nur insoweit kann das Bundesamt auch im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit dazu verpflichtet werden, Abschiebungsverbote festzustellen sowie die hiervon betroffenen Staaten nach § 59 Abs. 3 S. 2 AufenthG von der Gruppe der in der Abschiebungsandrohung enthaltenen Staaten auszunehmen. Die Ausländerbehörde ist gemäß § 42 S. 1 AsylG an eine Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG gebunden.

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer dabei nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Dies ist zu bejahen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat begründen dabei im Allgemeinen kein Abschiebungsverbot. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen. Dies kann der Fall sein, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund der humanitären Bedingungen nicht in der Lage wäre, ein Leben zumindest am Rande des Existenzminimums zu führen (BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 – 10 C 15.12, juris Rn. 23 ff. unter Hinweis auf EGMR, Urteile vom 27.05.2008 - 26565/05 (N. / Vereinigtes Königreich), vom 28.02.2008 - 37201/06 (Saadi / Italien) sowie vom 07.07.1989 – 14038/88 (Soering / Vereinigtes Königreich); VG Köln, Urteil vom 09.07.2019 – 17 K 2965/18.A, juris Rn. 101 f.). So liegt es im Falle des Klägers.

In der Region Kurdistan-Irak besteht gegenwärtig eine angespannte humanitäre Situation. Neben einer dort schon länger herrschenden Wirtschafts- und Finanzkrise haben die in der Region Kurdistan-Irak lebenden etwa 1,8 Mio. Binnenflüchtlinge (IDPs) zuzüglich der dort lebenden ca. 240.000 syrischen Flüchtlinge zu einer kritischen humanitären Versorgungslage der Flüchtlinge, Binnenflüchtlinge und der lokalen Bevölkerung geführt. Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt in der Region Kurdistan-Irak ist prekär. Die Region befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise, aufgrund derer es nur wenige Arbeitsplätze gibt, dies bei gleichzeitigem Anstieg der Waren- und Mietpreise. Zugleich existieren zu wenige staatliche und internationale humanitäre Hilfeleistungen. Das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak beträgt zwischen 200,00 und 500,00 US-Dollar. In der Region Kurdistan haben 87 % der Haushalte weniger als 850 US-Dollar als monatliches Einkommen zur Verfügung (siehe hierzu überzeugend sowie mit Nachweisen auf zahlreiche Erkenntnismittel: VG Aachen, Urteil vom 03.04.2019 – 4 K 1853/16.A, juris Rn. 34 ff.). Diese humanitäre Situation wird den Kläger im Falle einer Rückkehr in erheblicher Weise betreffen, weil er als taubstummer Mensch in der irakischen Gesellschaft vielfältigen Diskriminierungen im Lebens- und Arbeitsalltag ausgesetzt ist.

Im Irak waren und sind Menschen mit Behinderungen überproportional von bewaffneten Konflikten, Gewalt und anderen Notsituationen betroffen. Es gibt keine offiziellen staatlichen Statistiken; die am häufigsten zitierten Zahlen sind die der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die im Jahr 2011 die Zahl der Menschen mit Behinderungen im Irak auf ca. 4 Millionen schätzte. Sowohl die irakische Regierung als auch die kurdische Regionalregierung haben Gesetze zur Versorgung von Personen mit Behinderungen verabschiedet. Diese enthalten unter anderem Integrationsmaßnahmen und Antidiskriminierungsbestimmungen. Es mangelt jedoch an der Umsetzung dieser Regelungen. Menschen mit Behinderungen erleben Diskriminierungen aufgrund von sozialem Stigma, sind häufig gesellschaftlich isoliert und werden innerhalb der Familie betreut. Es gibt in der irakischen Gesellschaft wenig Bewusstsein für Behinderungen. Familien von Personen mit Behinderungen werden vom Staat nur sehr begrenzt unterstützt (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, Gesamtaktualisierung am 20. November 2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 9. April 2019, S. 92 f. m.w.N.).

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe verweist in einer Länderanalyse aus Oktober 2015 des Weiteren in Bezug auf die Situation in der Kurdischen Autonomieregion (Kurdistan Regional Government/KRG-Region) auf aktuelle Erkenntnisse des Institute of Kurds with Disabilites in Sweden, des Internal Displacement Mointoring Center (IDMC) und der Newsplatform Kurdistan Tribune, denen zufolge die Lage von Menschen mit einer Behinderung prekär sei. Behinderte Menschen lebten am Rande der Gesellschaft und seien Opfer falscher Vorstellungen und Stereotype, die in der Gesellschaft wie auch bei den Behörden weit verbreitet seien. Der Großteil der Gesellschaft sei nicht aufgeklärt im Umgang mit behinderten Menschen. Traditionellerweise glaubten viele, dass behinderte Menschen etwas Schlechtes getan hätten. Menschen mit Behinderungen würden unmenschlich behandelt, von der Gesellschaft diskriminiert, schikaniert und beschimpft. Es komme vor, dass geistig behinderte Personen angekettet eingesperrt würden. Auch wenn der Irak und damit auch die Kurdische Regionalregierung die UN Konvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderung unterzeichnet hätten, lebten Behinderte unter miserablen Bedingungen, d.h. am Rande der Gesellschaft, sozial und vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt. Viele seien auf Wohltätigkeitsorganisationen angewiesen oder müssten auf der Straße betteln (Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 22. Oktober 2015 zu KRG-Region: Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, S. 1 f.).

Bei Berücksichtigung dieser Erkenntnismittel sowie unter Würdigung der glaubhaften Angaben des Klägers zu seiner vorherigen Situation im Irak erscheint es nach Auffassung des Einzelrichters ausgeschlossen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, als taubstummer Mensch bei der dargestellten wirtschaftlichen Situation in der kurdischen Autonomieregion seinen Lebensunterhalt wenigstens am Rande des Existenzminimums und damit im Einklang mit den Vorgaben des § 60 Abs. 5 AufenthG bestreiten zu können.

2.

Demgegenüber hat der Kläger keinen Anspruch darauf, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Ehe und Familie zuerkannt zu bekommen, der im Falle der Trennung der Familie durch Abschiebung eines Teils der Familienangehörigen berührt ist (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK).

Die Verpflichtung der jeweils zuständigen Behörde, im Hinblick auf den Schutz der Ehe und Familie bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen zwischen dem den Aufenthalt begehrenden Ausländer und (berechtigterweise) im Bundesgebiet lebenden Personen zu berücksichtigen, stellt – ebenso wie etwa eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder das Fehlen von Ausweisen oder Ersatzpapieren – ein (rein) inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis dar. Dieses ist von der zielstaatsbezogenen Bestimmung des § 60 Abs. 5 AufenthG grundsätzlich nicht erfasst (BVerwG, Beschluss vom 04.07.2019 – 1 C 45/18, juris Rn. 21; Beschluss vom 10.10.2012 - 10 B 39/12, juris Rn. 4; OVG Saarlouis, Beschluss vom 15.4.2015 - 2 A 343/14 -, BeckRS 2015, 46410; VG Minden, Urteil vom 17.8.2015 - 10 K 536/15.A -, juris Rn. 25; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 -, juris Rn. 16).

Insoweit handelt es sich nämlich um eine Gefahr, die allein durch die Abschiebung als solche oder durch ein sonstiges Verlassen des Bundesgebiets und nicht durch die spezifischen Verhältnisse im Zielstaat eintritt. In gesetzessystematischer Hinsicht verdeutlich sich dieses überdies anhand der Regelung des § 43 Abs. 3 S. 1 AsylG, in welcher der Gesetzgeber gerade einen der häufiger auftretenden Fälle geregelt hat, in denen familiäre Gründe einer Abschiebung entgegenstehen. Sofern Familienangehörige im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AslyG gleichzeitig oder jeweils unverzüglich nach ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt haben, darf die Ausländerbehörde die Abschiebung eines Familienangehörigen, dessen Asylantrag bereits abgelehnt wurde, hiernach vorübergehend aussetzen, um die gemeinsame Ausreise der Familie zu ermöglichen.

Die Entscheidung über alle Hindernisse, die – wie Art. 6 GG, Art, 8 EMRK – einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgebiet im Bundesgebiet verletzt würde (sog. inlandsbezogene Abschiebungsverbote bzw. Vollstreckungshindernisse), fällt vielmehr zusammen mit der Durchführung der Abschiebung in die Zuständigkeit der Ausländerbehörde (BVerwG, Beschluss vom 10.10.2012 – 10 B 39/12, Rn. 4; Urteil vom 21.9.1999 – BVerwG 9 C 12.99, juris Rn. 14; Urteil vom 11.11.1997 – 9 C 13/96, juris Rn. 8 ff.; OVG Saarlouis, Beschluss vom 15.4.2015 – 2 A 343/14 -, BeckRS 2015, 46140; jeweils m.w.N.). Bei Bejahung eines inlandsbezogenen Abschiebungsverbots erlässt sie dabei gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG lediglich eine Duldung wegen eines (temporären) Vollstreckungshindernisses (Bergmann, in: Renner/Bergmann/Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 60 AufenthG, Rn. 47).

3.

Der angefochtene Bescheid erweist sich hingegen als rechtmäßig, soweit die Beklagte feststellte, dass dem Kläger weder die Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) noch der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen ist (Nr. 3). Diesbezüglich verweist das Gericht auf die zutreffenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid und macht sich diese zu eigen (§ 77 Abs. 2 Var. 1 AsylG).

4.

Die im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes enthaltene Abschiebungsandrohung ist hinsichtlich der Bezeichnung Irak als Zielstaat gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO aufzuheben. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG, was nach § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AsylG der Bezeichnung des Staates Irak in der Abschiebungsandrohung entgegensteht.

Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung gegenstandslos geworden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 Var. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 S. 1, S. 2 ZPO.