Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.01.1999, Az.: VII 455/97
Darlehenszinsen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Umschuldung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 12.01.1999
- Aktenzeichen
- VII 455/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 29395
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0112.VII455.97.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: IX R 36/00
Fundstelle
- DStRE 2001, 176-177 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Werbungskosten sind nur die Schuldzinsen, die mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
- 2.
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Darlehenszinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist immer dann anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit der Einkunftsquelle Vermietung und Verpachtung besteht.
- 3.
Das beurteilt sich im Wesentlichen nach dem Zweck der Schuldaufnahme.
- 4.
Allein der subjektive Wille für eine Umschuldung reicht nicht aus, um einen wirtschaftlichen Zusammenhang zu bejahen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, in welchem Umfang Schuldzinsen als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte der Kläger (Kl.) aus Vermietung und Verpachtung für das Kalenderjahr 1995 abzusetzen sind.
Der Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Kl. machten in ihrer Einkommensteuererklärung 1995 Schuldzinsen aus einem Darlehen bei der Bank als Werbungskosten bei der Ermittlung ihrer Vermietungs- und Verpachtungseinkünfte geltend. Dieses Darlehen in Höhe von 210.000,00 DM hatten die Kl. zur Finanzierung des Kaufes ihres eigengenutzten Einfamilienhauses in x, aufgenommen. Das Darlehen war auf dem Einfamilienhausgrundstück dinglich gesichert.
Im Streitjahr veräußerten die Kl. ihr Einfamilienhaus. Der Veräußerungserlös von 485.000,00 DM wurde in Höhe von 299.325,00 DM für die Anschaffung zweier Eigentumswohnungen verwandt. Das Darlehen bei der Bank wurde nicht getilgt. Vielmehr wurde der Darlehensvertrag fortgeführt und die Restschuld von 190.794,08 DM auf den Eigentumswohnungen dinglich gesichert.
Die Kl. haben die für den Monat Dezember 1995 auf das Darlehen bei der Bank angefallenen Schuldzinsen zuzüglich der Kosten für die Umschuldung in vollem Umfang als Werbungskosten bei den neu angeschafften Wohnungen angesetzt. Der Bekl. hat hingegen nur 300/485 der Aufwendungen angesetzt und zur Begründung sich darauf berufen, dass die Zinszahlungen nur insoweit Werbungskosten darstellen, als der Verkaufserlös des Einfamilienhauses zur Anschaffung der Eigentumswohnungen verwandt worden sei. Da sich der Kaufpreis für die Eigentumswohnungen nur auf rd. 300.000,00 DM belaufen habe, ergebe dies den von ihm anerkannten quotalen Zinsabzug von 300/485 der im Dezember 1995 angefallenen Schuldzinsen.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kl. tragen vor, sie hätten mit dem Wechsel der dinglichen Darlehensabsicherung vom Einfamilienhausgrundstück zu den Eigentumswohnungen eine einfache und kostengünstige Fortführung des gewählten Darlehensvertrages gewählt. Es sei evident, dass wirtschaftlich mit dem Wechsel der Sicherheiten auch der ursprüngliche Darlehenszweck sich geändert habe. Die Bank sei mit der Umwidmung des Darlehens zur Finanzierung des Kaufes der Eigentumswohnung einverstanden gewesen.
Sie hätten zwar die Möglichkeit gehabt, mit dem Verkaufserlös das Darlehen bei der Bank zu tilgen, um dann für den Kauf der Eigentumswohnung ein neues Darlehen in derselben Höhe aufzunehmen. Diesen umständlicheren und kostspieligeren Weg, der zur vollen Anerkennung der Darlehenszinsen als Werbungskosten geführt hätte, seien sie aber nicht gegangen. Mit dem von ihnen gewählten einfachen und kostengünstigeren Weg hätten sie dasselbe Ziel erreicht und es sei nicht nachvollziehbar, noch durch die Rechtsprechung belegt, dass bei der von ihnen gewählten Umschuldung nur ein quotaler Schuldzinsenabzug gewährt werden könne.
Die Kl. beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1995 in der Weise zu ändern, dass die durch die Umschuldung angefallenen Zinsen und Bearbeitungsgebühren in vollem Umfang, also in Höhe von 1.369,31 DM als Werbungskosten berücksichtigt und zu 55 % auf die Wohnung I und zu 45 % auf die Wohnung II aufgeteilt werden.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bekl. beruft sich auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren. Dort hat der Bekl. ausgeführt, dass mit der vorgenommenen Umschuldung das Darlehen bei der Bank den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Einfamilienhaus verloren habe. An die Stelle des Einfamilienhauses seien die Wirtschaftsgüter getreten, die mit dem gesamten Veräußerungserlös aus dem Verkauf des Einfamilienhauses erworben worden seien. Da mit dem Veräußerungserlös von 485.000,00 DM nicht nur zwei Eigentumswohnungen für 299.325,00 DM, sondern auch andere Wirtschaftsgüter angeschafft worden seien, können die Schuldzinsen bezüglich der zwei Eigentumswohnungen nur anteilig entsprechend der Verwendung des Veräußerungserlöses berücksichtigt werden.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogene Einkommensteuerakte des Bekl. Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Zinsaufwendungen sind nur zu dem vom Bekl. anerkannten Teil als Werbungskosten bei der Ermittlung der streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen.
Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Hiernach sind nur die Schuldzinsen Werbungskosten, die mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Soweit der Bekl. die Schuldzinsen nicht zum Abzug zugelassen hat, fehlt der von den o.g. Vorschriften geforderte wirtschaftliche Zusammenhalt. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang von Darlehenszinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist immer dann anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang der Aufwendungen mit der Einkunftsquelle Vermietung und Verpachtung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Erzielung von Vermietungs- und Verpachtungseinkünften gemacht werden. Für diese Beurteilung ist auf den Zweck der Schuldaufnahme abzustellen. Besteht dieser Zweck darin, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen und werden die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet, so sind die Kreditkosten Werbungskosten im Rahmen dieser Einkunftsart. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten allein auf den ursprünglichen mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit ausschließlich auf die erstmalige Verwendung der Darlehensvaluta abzustellen wäre. Entscheidend ist aber, dass objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Kreditkosten mit der Einnahmeerzielung vorhanden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, BStBl II 1997, 454).
Ein solcher objektiver Zusammenhang ist regelmäßig dann gegeben, wenn ein Darlehen zur Anschaffung oder Erweiterung eines Wirtschaftsgutes oder einer Erwerbsquelle eingesetzt worden ist und dieses Wirtschaftsgut oder die Erwerbsquelle verlagert wird. In diesem Fall teilt das Darlehen das Schicksal des Wirtschaftsgutes oder der Erwerbsquelle. Ein solcher objektiver Zusammenhang oder objektbezogener Zusammenhang besteht vorliegend nicht hinsichtlich der gesamten Schuldzinsen. Denn das Darlehen bei der Bank war aufgenommen worden zur Finanzierung des Einfamilienhauses der Kl. Die Darlehensaufnahme stand damit objektiv in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb des Einfamilienhauses. Mit der Veräußerung des Einfamilienhauses hat sich dieser objektive (objektbezogene) Zusammenhang auf den Veräußerungserlös als Surrogat erstreckt und nur soweit dieses Surrogat zum Erwerb einer neuen Eigenkunftsquelle verwandt worden ist, sind die mit dem Surrogat eng verknüpften Darlehenszinsen Werbungskosten der neuen Einkunftsquelle.
Da der Bekl. entsprechend diesen Grundsätzen den Schuldzinsenabzug berechnet hat, war die Klage abzuweisen.
Der Senat sieht zwar auch, dass die Kl. eine Umschuldung gewollt haben, allein dieser subjektive Wille reicht jedoch nicht aus, um einen wirtschaftlichen Zusammenhang zu bejahen. Es muss vielmehr auch objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang erkennbar sein.
Gegen dieses Ergebnis können die Kl. nicht einwenden, sie hätten das Darlehen bei der Bank nach Verkauf ihres Einfamilienhauses auf den beiden erworbenen Eigentumswohnungen abgesichert. Denn allein eine Veränderung der Sicherung eines Darlehens rechtfertigt nicht den Schluss einer Änderung des Darlehenszwecks. Vielmehr sagt diese Änderung bei objektiver Betrachtungsweise nichts anderes aus, als dass ein Wechsel oder Austausch der Sicherungen erfolgt ist. Weitergehende Erklärungen kann einem solchen Wechsel des Sicherungsmittels nicht entnommen werden.
Der Senat sieht zwar, dass die Kl. bei einer anderen Verfahrensweise - Rückzahlung des Einfamilienhausdarlehens und Aufnahme eines neuen Darlehens für die Anschaffung der Eigentumswohnungen - die Schuldzinsen des neuen Darlehensvertrags im vollen Umfang als Werbungskosten bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten abziehen können. Dieser Schuldzinsenabzug wäre auch gerechtfertigt, da ein objektiver Zusammenhang zwischen Darlehensaufnahme und Anschaffung der Vermietungsobjekte gegeben wäre. Da die Kl. aber diesen Weg nicht gegangen sind, kann dieser Sachverhalt der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.
Sollten die Kl. mit dem verbleibenden Verkaufserlös Kapitalvermögen erworben haben, so haben sie die Möglichkeit, die Schuldzinsen insoweit als Werbungskosten bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen. Für das Streitjahr 1995 wirkt sich dies jedoch wegen der geringen Höhe der Zinsaufwendungen und der unter 12.000 DM liegenden Kapitaleinkünfte der Kl. nicht aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.