Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 16.03.2015, Az.: S 36 AS 86/13

Erstausstattung mit Bekleidung nach Haftentlassung

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
16.03.2015
Aktenzeichen
S 36 AS 86/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 22661
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2015:0316.S36AS86.13.0A

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt nach seiner Haftentlassung einen Betrag in Höhe von ca. 300 Euro für die Erstausstattung mit Bekleidung. Der Kläger wurde am 10.09.2012 aus der Haft entlassen und befand sich hernach zunächst für voraussichtlich sechs Monate in einer Therapieeinrichtung der Sucht- und Jugendhilfe G. Bei seiner Entlassung aus der Haft erhielt er einen Betrag in Höhe von 1.919,91 Euro ausgezahlt, worin ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1.496,- Euro enthalten war. Ausweislich einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt H. vom 10.12.2012 sowie einer Bestätigung der I. vom 23.11.2012 verfügte der Kläger im Entlassungszeitpunkt über die Kleidung, welche er am Körper trug und Jahreszeit angemessen war. Er verfügte konkret über eine Hose, zwei Hemden, drei paar Unterhosen, vier Paar Socken, eine Jacke, vier T-Shirts und ein Sweatshirt. Am 24.09.2012 beantragte der Kläger Leistungen nach dem SGB II ab Haftentlassung. Am 12.11.2012 stellte er zudem einen Antrag auf Leistungen für die Erstausstattung mit Bekleidung. Mit Bescheid vom 28.09.2012 bewilligte der Beklagte Leistungen ab dem 10.09.2012, wobei er anteiliges Überbrückungsgeld in Höhe von monatlich 249,33 Euro abzüglich eines Freibetrages in Höhe von 30,- Euro als Einkommen anrechnete und damit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 154,67 Euro zusprach. Leistungen für die Erstausstattung mit Bekleidung lehnte er mit Bescheid vom 19.11.2012 mit der Begründung ab, dass der Gesetzgeber eine Erstausstattung mit Bekleidung nach Haftentlassung nicht vorgesehen habe. Den gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erstausstattung mit Bekleidung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2012 mit gleichlautender Begründung zurück. Mit der am 17.01.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Erstausstattung weiter. Er ist der Auffassung, dass gerade bei Haftentlassung der Gesetzgeber einen möglichen Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung normiert hat. Er wendet sich ebenfalls gegen den Bewilligungsbescheid vom 28.09.2012 unter die darin erfolgte Anrechnung des Überbrückungsgeldes, was Gegenstand des Verfahrens S 36 AS 1732/12 ist.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 zu verurteilen, dem Kläger eine Bekleidungsbeihilfe in angemessener Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die angefochtene Entscheidung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie ist zulässig und nicht mit dem Verfahren J. zu verbinden, da Streitgegenstand die Gewährung eines einmaligen Sonderbedarfs ist, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein abtrennbarer Streitgegenstand ist (vgl. statt viele Urteil des BSG vom 01.07.2009 B 4 AS 77/08 R). Die Klage ist unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung im Bescheid vom 19.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstausstattung mit Bekleidung nach seiner Haftentlassung. Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach dieser Vorschrift sind vom Regelbedarf nach § 20 die Bedarfe für Erstausstattung mit Bekleidung nicht umfasst. Demnach ist eine Erstausstattung für Bekleidung zu gewähren, sofern ein Fall der Erstausstattung tatsächlich vorliegt. Ein solcher Fall ist hingegen nicht gegeben. Eine Erstausstattung kann nur dann angenommen werden, wenn es sich nicht um eine Ersatzbeschaffung handelt. Vorliegend handelt es sich um eine Ersatzbeschaffung, denn der Kläger hat den Totalverlust seiner Kleidung weder vorgetragen noch ist ein solcher ersichtlich. Allein durch den Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt geht Kleidung der Gefangenen nicht verloren. In deutschen Justizvollzugsanstalten kann durch die Anstaltsleitung bestimmt werden, dass die Gefangenen ihre eigene Kleidung tragen dürfen. In einem solchen Fall kann der Gefangene die ihm bereits vor Haftantritt gehörende Kleidung tragen und während der Haft auch neue Kleidung kaufen bzw. verschlissene Kleidung durch neu zu kaufende Kleidung ersetzen, sofern er über die entsprechenden Geldmittel verfügt. In der Regel verfügen die Gefangenen über die entsprechenden Geldmittel, da sie aufgrund ihrer Tätigkeiten in der Justizvollzugsanstalt Bezüge erhalten. In anderen Justizvollzugsanstalten tragen die Gefangenen Vollzugskleidung. In einem solchen Fall wird die Kleidung, die die Gefangenen bei Haftantritt mitbringen, zur Habe genommen. Diese Habe wird ihnen am Ende der Haft wieder ausgehändigt. In beiden Varianten führt der Haftaufenthalt nicht zu einem Totalverlust der Kleidung. Der Kläger verfügte auch über die Geldmittel zum Kauf neuer Kleidung, da er aufgrund seiner Tätigkeit Bezüge erhielt. Anders wäre es, wenn ein Gefangener in der Haftanstalt seine eigene Kleidung trägt, diese verschleißt und er sie nicht ersetzen kann, weil er zum Beispiel aufgrund von Arbeitsunfähigkeit keine Bezüge erzielt (vgl. Urteil des SG Lüneburg S 36 AS 194/12). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Sofern der Gefangene bei Haftantritt keinerlei Kleidung mitgebracht hat außer der, welche er am Körper trug, ist davon auszugehen, dass der Kläger seine Kleidung außerhalb der Haft deponiert hat, auf die er dann bei Rückkehr aus der Haft zurück greifen kann. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus den § 193, 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann nicht mit der Berufung angefochten werden. Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Str. 1, 29223 Celle, oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Niedersächsischen Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz vom 21.10.2011 (Nds. GVBl. S. 367) in der jeweils aktuellen Fassung oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, - ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Lüneburg, Adolph-Kolping-Straße 16, 21337 Lüneburg, schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Ist das Urteil im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der obengenannten Monatsfrist eine Frist von drei Monaten. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.