Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 05.03.2015, Az.: S 2 U 175/12
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 05.03.2015
- Aktenzeichen
- S 2 U 175/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 44829
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 1007.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Gewährung von Heilbehandlung generell für die Zukunft ablehnen konnte.
Zu den bisher geführten Verfahren:
Der im Jahr 1941 geborene Kläger erlitt am 15.02.1983 einen Arbeitsunfall, als beim Rangieren eines Gabelstaplers eine Palette auf seinen rechten Fuß geschoben wurde. Im Durchgangsarztbericht vom 15.02.1983 führte Dr. G. aus, dass "eine druckschmerzhafte Schwellung mit Hämatombildung in Höhe der dorsalen Fußwurzel mit kleinfingerlanger und -breiter Schürfung sowie subjektive Sensibilitätsausfälle im gesamten Fußbereich“ bestanden hätten. Als Diagnose wurde „eine ausgedehnte Quetschung und Schürfung des rechten Fußrückens mit Verdacht auf eine Abrissfraktur des os naviculare“ angegeben (B. 2 der Akte der Beklagten <= UA>). Im Bericht vom 07.03.1983 führte Dr. H. aus, dass der Kläger seit dem Unfall unter unangenehmen Schmerzen und Missempfindungen im gesamten rechten Fuß leiden würde.Er äußerte den Verdacht,dass die Nerven möglicherweise durch ein Hämatom gequetscht worden seien (Bl. 3 UA). Im Bericht vom 12.10.1983 führte Dr. I. aus, dass der Unfall „zu einer narbigen Irritation des medialen Astes des ramus superficialis des Wadenbeinnervens rechts und zu einer kleinen Neurombildung“ geführt habe. Dies würde zu belastungsabhängig auftretenden Schmerzen führen. Die subjektiven Beschwerden würden mit dem objektiven Befund in Einklang stehen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (= MdE) sei mit insgesamt 20 % einzuschätzen (Bl. 130 UA). Mit dem Bescheid vom 23.11.1983 gewährte die J. -BG zunächst für die Zeit vom 23.06.1983 - 31.12.1983 eine Rente nach einer MdE i. H. v. 20 % (Bl. 142 UA). Als Unfallfolgen wurden anerkannt:
- Nach Quetschung eines Nervenastes am rechten Fußrücken:
Vorübergehende Beschwerden.
Aufgrund des Weitergewährungsantrags erstattete Dr. I. unter dem 24.04.1984 ein weiteres Gutachten. Darin führte er aus, dass der Unfall zu nachstehenden Folgen geführt hat:
- Zarte umschriebene Hautnarbenbildung am Spann des rechten Fußes mit umschriebenem inneren Narbenneurom des medialen Hauptnervenastes des ramus superficialis des Wadenbeinnervens mit Empfindungsminderung und Missempfindungen in seinem Versorgungsgebiet an der Innenseite des Fußrückens nach der Großzehe zu,
- glaubhafte belastungsabhängig auftretende Beschwerden.
Die MdE sei für weitere 6 Monate mit 20 % einzuschätzen (Bl. 185 ff. UA). Mit dem Bescheid vom 31.05.1984 wurde der Bescheid vom 23.11.1983 zurückgenommen und im Wege der Gesamtvergütung nunmehr für die Zeit vom 23.06.1983 - 20.06.1984 eine Rente nach einer MdE i. H. v. 20 % gezahlt (Bl. 203 UA). Entgegen den Ausführungen von Dr. I. wurden als Unfallfolgen nunmehr lediglich anerkannt:
- Nach Quetschung eines Nervenastes am rechten Fußrücken:
- Hautnarbenbildung am Spann des Fußes,
- Empfindungsstörungen an der Innenseite des Fußrückens.
Aufgrund des Weitergewährungsantrags vom 31.08.1984 erstattete zunächst Dr. K. unter dem 24.10.1984 ein weiteres Gutachten. Darin führte er aus, dass der Unfall zu nächstehenden Folgen geführt habe:
- Zarte Narbenbildung im Bereich des rechten Fußrückens
- Narbenneurom im Bereich eines Hautastes im Fußrückenbereich
nachfolgende Missempfindungen im Versorgungsgebiet des oben erwähnten Hautnervens.
Er wies darauf hin, dass die Beschwerden glaubhaft und erheblich seien, wie dies bei derartigen Neuromen bekannt sei. Die MdE sei mit 20 % einzuschätzen (Bl. 246 ff. UA).
Demgegenüber vertrat Dr. L. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 07.11.1984 die Ansicht, dass objektivierbare Nervenschäden nicht existent seien und selbst beim Vorhandensein eines Neuroms eine MdE i. H. v. 20 % nicht akzeptiert werden könne. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass eine psychische Fixierung auf die Unfallfolgen eingetreten sei (Bl. 263 UA). Mit dem Bescheid vom 25.03.1985 wurde die Rente zunächst bis zum 30.09. 1984 weitergezahlt. Es wurde ausgeführt, dass danach keine rentenberechtigende MdE mehr bestehen würde (Bl. 369 UA). Als Unfallfolgen wurden anerkannt:
- Nach Quetschung eines Nervenastes am rechten Fußrücken:
- Narbenbildung am Spann des re. Fußes,
- Empfindungsstörungen an der Innenseite des Fußrückens.
Im nachfolgenden Klageverfahren beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg (S 2 U 54/85) erstattete Prof. Dr. M. unter den 20.03.1987 ein Gutachten. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass im Bereich des Fußes keine unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen festgestellt werden könnten. Bei den Unfallfolgen würde es sich allerdings im Wesentlichen um subjektive Beeinträchtigungen im Erleben des Klägers handeln. Die MdE sei mit 20 % einzuschätzen (Bl. 416 ff. UA). Im Bericht vom 16.06.1987 führte der behandelnde Arzt, Dr. N., aus, dass der Kläger nach seinen Angaben seit ca. 4 Jahren täglich 40 Tropfen Tramal nehmen würde. Nach Anamnese und Befund würde es sich um eine chronische Schmerzkrankheit handeln, wobei der ursächliche Zusammenhang zu dem angeschuldigten Ereignis außer Frage stehen würde (Bl. 48 UA). Im Urteil vom 06.08.1987 wurde der Klage teilweise stattgegeben. Es wurde ausgeführt, dass der Unfall zu
- einer Narbenbildung am Spann des rechten Fußes und
- einer Schädigung des sensiblen Endastes der Wadenbeinerven über der Mitte des rechten Fußrückens mit Druck und Klopfempfindlichkeit der betroffenen Region
geführt habe und wegen der daraus resultierenden außergewöhnlichen Schmerzen eine MdE i. H. v. 20 % bestehen würde. Die Klage wurde jedoch abgewiesen, soweit der Kläger die Zuerkennung einer höheren MdE beantragt hatte (Bl. 474 ff. UA).
Unter dem 31.08.1987 erstattete Dr. O. für die J. -BG ein Gutachten. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass die Beschwerden des Klägers von Seiten des rechten Fußes mit der in der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen Wahrscheinlichkeit in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall vom 15.02.1983 stehen würden. Der Unfall sei hierfür eine wesentliche Mitbedingung gewesen. Er schlug vor, dass die von Dr. N. eingeleitete Behandlung von der J. -BG zu übernehmen sei und außer einer fortgesetzten Therapie durch den Schmerztherapeuten auch eine Entzugsbehandlung in Betracht kommen würde (Bl. 488 ff. UA).
Aufgrund des Verschlimmerungsantrags vom 06.10.1987 (Bl. 524 UA) wurden erneut mehrere Gutachten eingeholt. Im neurologischen Gutachten vom 20.04.1989 bestätigte Prof. Dr. P. zunächst eine unfallbedingte Nervenschädigung sowie eine Neurombildung. Aufgrund der damit verbundenen Schmerzen würde die MdE nunmehr 30 % betragen (Bl. 792 UA). Mit dem Bescheid vom 25.05.1990 lehnte die J. -BG die Erhöhung einer Rente ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegenüber den im Urteil des SG Lüneburg vom 06.07.1987 festgestellten Verhältnissen keine Änderung eingetreten sei. Prof. Dr. Q. würde unzulässigerweise nicht objektivierbare Beschwerden in die MdE-Bewertung einfließen lassen.
Im nachfolgenden Klageverfahren beim SG Lüneburg (S 2 U 119/90) machte der Kläger eine Verschlimmerung des unfallbedingten Schmerzzustands geltend. In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10.04.1991 führte Dr. R. aus, dass eine umfangreiche Klärung der Unfallfolgen erforderlich sei und „der gordische Knoten durchtrennt werden müsse“ (Bl. 1013 UA). Im Gutachten vom 26.02.1991 gelangte Dr. S. wiederum zu dem Ergebnis, dass das Schmerzsyndrom nicht auf den streitgegenständlichen Unfall zurückgeführt werden könne.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 06.05.1992, welches wiederum im Auftrag der T. -BG erstattet worden war, vertrat Dr. U. die Ansicht, dass nunmehr nicht mehr von einer Schmerzkrankheit, sondern von einem bewusstseinsnahen tendenzorientierten Fehlverhalten des Klägers mit einer willentlich übertriebenen Schmerzdarstellung ausgegangen werden müsse und es daher zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen sei. Die unfallbedingte MdE sei nur noch mit 10 % einzuschätzen (Bl. 1272 ff. UA). Auch Dr. V. gelangte im unfallchirurgischen Gutachten vom 01.06.1992 zu der Auffassung, dass keine Unfallfolgen mehr vorliegen würden und beim Kläger eine ausgeprägte Aggravationstendenz bestehen würde (Bl. 1306 ff. UA). Mit dem Bescheid vom 22.06.1992 setzte die J. -BG die MdE auf 10 % herab. Es wurde ausgeführt, dass die Empfindungsstörung im Versorgungsgebiet des Wadenbeinnervens nicht mehr vorliegen und das Schmerzsyndrom nunmehr auf unfallfremde Ursachen beruhen würde. Es sei eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten (Bl. 1319 UA).
Im Gutachten vom August 1992, welches gem. § 109 SGG erstattet worden war, gelangte Dr. W. zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Änderung im Unfallfolgenzustand nicht nachgewiesen werden könne. Allerdings sei eine Neurombildung niemals überzeugend nachgewiesen worden (Bl. 1377 UA). Mit dem Urteil vom 04.12.1992 hob das SG Lüneburg den Bescheid vom 22.06.1992 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass weder eine Verschlimmerung noch eine Besserung festgestellt werden könnten. Beim Kläger würde als Unfallfolge ein sog. psychogenes Schmerzsyndrom bestehen, welches von der J. -BG bereits anerkannt und bei der Bemessung der MdE berücksichtigt worden sei (Bl 1429 UA, mit Berichtigung des Urteilstenors Bl. 1581 UA). Das Urteil wurde nicht angefochten.
Bereits am 18.02.1992 hatte der Kläger bei der J. -BG die weitere Übernahme von Heilbehandlungskosten beantragt. Diese hatte daraufhin mit einem weiteren Bescheid vom 22.06.1992 die Gewährung von weiterer Heilbehandlung abgelehnt. Es wurde ausgeführt, dass nach fachärztlicher Überprüfung die Folgen des Unfalls vom 15.02.1983 nicht mehr behandlungsbedürftig seien. Hinsichtlich des bestehenden Schmerzsyndroms sei es zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen (Bl. 1322 UA). Hiergegen wurde am 21.09. 1992 Widerspruch erhoben (Bl. 1415 UA). Im Gutachten vom 10.07.1992 gelangte Dr. X. zu dem Ergebnis, dass klinisch und elektrophysiologisch keine Befunde erhoben werden könnten, die auf eine Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems als Unfallfolge Hinweise geben könnten (Bl. 1346 UA). Der Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.05.1993 zurückgewiesen.
Mit der hiergegen erhobene Klage beim SG Lüneburg (S 2 U 82/93) wurde geltend gemacht, dass beim Kläger als Ursache für die Schmerzen seit 10 Jahren ein Morbus Sudeck vorliegen würde, der nicht erkannt worden und als Ursache für die Schmerzen anzusehen sei. Hierbei stützte sich der Kläger auf einen Bericht des behandelnden Arztes Dr. Y. vom 17.11.1994. Unter dem 17.08.1995 erstattete Dr. Z. ein Gutachten. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass auf orthopädisch-chirurgischem und angiologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen vorliegen würden. Beim Kläger habe auch kein Morbus Sudeck bestanden. Am rechten Fuß sei vielmehr ein altersphysiologische Normalbefund festzustellen (Bl. 1564 ff. UA). Die Klage wurde in der mündlichen Verhandlung vom 27.09.1995 zurückgenommen (Bl. 1575 UA).
Zum 01.01.1999 wurde die AA. -BG für die Bearbeitung der Akte zuständig.
Am 31.07.2008 stellte der Kläger einen weiteren Verschlimmerungsantrag (Bl. 1621a UA). Im weiteren Verlauf gewährte die AA. -BG Wohnungshilfe, Heilbehandlung und Hilfsmittel (vgl. z. B. Vermerk Bl. 1677 UA).
Im Gutachten vom 10.10.2009 gelangte Dr. AB. unter Berufung auf ein nervenärztliches Zusatzgutachten von Dr. AC. vom 20.07.2009 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine MdE i. H. v. 50 % vorliegen würde (Bl. 1686 ff. UA). Demgegenüber vertraten die Dres. AD. und AE. im Gutachten vom 10.05.2010 die Auffassung, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung als Unfallfolge nur noch „eine Teilschädigung des rechten nervus (= n.) peronaeus profundus im Sinne einer Sensibilitätsstörung“ vorliegen würde. Im Übrigen sei fraglich, ob eine Somatisierungsstörung vorliegen würde. Insoweit würde sich jedoch für eine traumatische Genese kein Begründungsansatz ergeben, weil eine psychische Reaktion zeitnah zu dem Unfall nicht festzustellen sei. Es würde vielmehr eine Latenzzeit von 27 Jahren zu dem Ereignis vorliegen. Die MdE auf neurologischem Fachgebiet würde unter 10 % betragen.
Zum 01.01.2010 übernahm fusionsbedingt die Beklagte die Bearbeitung der Akte.
Mit dem Bescheid vom 07.06.2010 lehnte die Beklagte die Erhöhung der Rente ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass sich die Verhältnisse seit dem Urteil des SG Lüneburg vom 06.07.1987 nicht geändert hätten. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 06.12.2010 zurückgewiesen. Hiergegen wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Zum streitgegenständlichen Verfahren:
Nachdem der Beklagten aufgefallen war, dass die AA. -BG Leistungen zur Heilbehandlung gewährt hatte, wies sie den Kläger im Schreiben vom 20.03.2012 darauf hin, dass bereits durch den bestandskräftigen Bescheid der J. -BG vom 17.06.1992 (Anmerkung: gemeint war wohl der Bescheid vom 22.06.1992) die Gewährung von Heilbehandlungsmaßnahmen aufgrund desUnfalls vom15.02.1983 abgelehnt worden sei.Die weitere Behandlung habe daher durch die Krankenkasse zu erfolgen. Hiergegen hat der Kläger eingewandt, dass im Anschluss an den Bescheid vom 22.06.1992 Heilbehandlung gewährt worden seien, so dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen hierdurch bestätigt hätten, dass behandlungsbedürftige Unfallfolgen weiter bestehen würden (Bl. 1754 UA). Im Schreiben vom 10. Mai 2012 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass bei der Übernahme der Akten durch die AA. -BG am 01.01.1999 offenbar das umfangreiche Aktenmaterial nicht gesichtet worden sei und auch bei der Begutachtung des Verschlimmerungsantrags nicht das gesagte Aktenmaterial vorgelegt worden sei. Vielmehr seien nur die Bescheide mit den festgestellten Unfallfolgen zitiert worden. Mit der Rücknahme der Klage gegen den Bescheid vom 22.06 1992 am 27.09.1995 sei der Bescheid vom 22.06.1992 jedoch bindend geworden. Seitdem würde feststehen, dass keine Unfallfolgen mehr vorliegen würden. Die gewährten Leistungen würden zwar nicht zurückgefordert, aber ab dem 16.01. 2012 künftig nicht mehr erbracht. Mit dem Bescheid vom 10.07.2012 lehnte die Beklagte die künftige Gewährung von Heilbehandlungen aufgrund der Folgen des Unfalls vom 15.02.1983 förmlich ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 zurückgewiesen. Darin wurde zusammenfassend ausgeführt, dass bereits im Jahr 1992 einBescheid über die Ablehnung weiterer Heilbehandlungsmaßnahmen aus Anlass des streitgegenständlichen Unfalls erteilt worden war. Bereits damals seien keine Unfallfolgen mehr nachweisbar gewesen. Aufgrund des Verschlimmerungsantrags seien zwar Leistungen erbracht wurden. Den Gutachtern seien aber vermutlich nicht alle Vorakten zur Verfügung gestellt worden. Die Heilbehandlungsmaßnahmen seien im Übrigen aufgrund der Diagnose „Arthralgie“ erfolgt. Zu einer Gelenksverletzung sei es aber bei dem Unfall nicht gekommen. Professor Dr. AF. habe zudem seine Aussage revidiert, nach der ein Zusammenhang zwischen der Fußwurzelarthrose und dem Unfall bestehen würde( Bl. 1831 UA).
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 19.12.2012 beim SG Lüneburg Klage erhoben (S 2 U 175/12) und geltend gemacht, dass die Beklagte ihr Recht, vom Kläger Einschränkungen der Heilmaßnahmen zu verlangen,verwirkt habe. Zwar sei im Bescheid vom 22.06.1992 die Weitergewährung von Heilbehandlung abgelehnt worden. Diese Feststellung seien jedoch zu keinem Zeitpunkt umgesetzt worden. Vielmehr seien alle Mitarbeiter und Ärzte davon ausgegangen, dass Heilbehandlung zu gewähren sei. Außerdem müsse beachtet werden, dass der Kläger aufgrund des Unfalls vom 15.02.1983 eine Dauerrente nach einer MdE i. H. v. 20 % erhalten würde. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass er aufgrund der Unfallfolgen zwar eine Rente, jedoch keine Heilbehandlung erhält. Schließlich könnten die Medikamente, die der Kläger benötigen würde, nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.
Demgegenüber hat sich die Beklagte auf die Bestandskraft des Bescheides vom 22.06.1992 (Heilbehandlung) gestützt. Sie hat außerdem darauf hingewiesen, dass für einen Zeitraum von 10 Jahren nach Erlass dieses Bescheids keine Heilbehandlung gewährt worden sei, so dass das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment nicht gegeben sei. Die Wiedergewährung der Heilbehandlung aufgrund des Verschlimmerungsantrags aus dem Jahr 2008 sei nur aufgrund eines Versehens erfolgt. Dem entgegnete der Prozessbevollmächtigte des Klägers wiederum, dass mit der Gewährung von Heilbehandlung aufgrund des Verschlimmerungsantrags die früheren Entscheidungen abgeändert worden seien und der Kläger sich somit auf die Weitergewährung der Heilbehandlung habe verlassen können.
In der mündlichen Verhandlung hat Dr. AG. ein Gutachten erstattet, nachdem er den Kläger zuvor am 07.01.2015 untersucht hatte. Darin ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass auf unfallchirurgischem Fachgebiet keine Unfallfolgen vorhanden sind. Auf den Röntgenbildern hätten sich auch keine Anhaltspunkte für eine Fußwurzelarthrose ergeben. Eine Physiotherapie könne daher keine Linderung des Schmerzsyndroms bzw. der Unfallfolgen herbeiführen. Allerdings sei die Auffassung der Beklagten, dass keine Unfallfolgen mehr vorhanden seien, auch unter Berücksichtigung der in der Schmerzambulanz Lüneburg in den Jahren 2008 und 2011 erhobenen Befunde nicht nachvollziehbar. Beim Kläger würde ein chronifizierter gemischter Schmerz im Vorfußbereich bestehen, der eine entsprechende Behandlung erfordern würde. Insbesondere die Einordnung als nozizeptiver-neuropathischer Schmerz würde auf eine mechanische Ursache hindeuten, die zuvor in den vorliegenden neurologischen Gutachten i. S. einer sensiblen Nervenaststörung bestätigt worden sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.07.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 aufzuheben.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger am 30.09.1988 einen weiteren Arbeitsunfall erlitten hat. Mit Bescheid vom 08.10.1990 gewährte die Beklagte eine Stützrente nach einer MdE i. H. v. 10 %. Als Unfallfolgen wurden „Beschwerden im linken Hoden und der linken Leiste“ festgestellt. (Bl. 996 UA).
Der Entscheidung wurden die Akten der Beklagten und des SG Lüneburg (S 2 U 175/12) zu Grunde gelegt. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und waren aufzuheben, da die Beklagte die Gewährung von Heilbehandlung aufgrund des Arbeitsunfalls vom 15.02.1983 nicht generell für die Zukunft ausschließen konnte.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass dem vorliegenden Verfahren kein konkreter Antrag des Klägers auf Gewährung einer bestimmten Heilbehandlungsmaßnahme zugrunde liegt. Ausgangspunkt war vielmehr eine interne Aktenüberprüfung der Beklagten und die daraus gezogene Schlussfolgerung, künftig aufgrund des streitgegenständlichen Unfalls keine Heilbehandlung mehr zu gewähren. Ein solches Vorgehen war hier jedoch nicht zulässig.
Gemäß § 26 Abs. 1 S. SGB V haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und des SGB IX. In § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist weiterhin bestimmt, dass der Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern hat.
Hieraus ergibt sich eine enge Relation der Heilbehandlung zu den Unfallfolgen. Bei der Entscheidung, ob und ggf.welche Heilbehandlungsmaßnahmen zu gewähren sind,hat der Unfallversicherungsträger allerdings nicht nur die tatsächlich bestehenden, sondern auch die förmlich anerkannten Unfallfolgen zu beachten. Durch die förmliche Anerkennung von Unfallfolgen wird nämlich eine verbindliche Grundlage für die Gewährung der verschiedenen Leistungen getroffen.
Im vorliegenden Fall hatte nun die J. -BG das in der Praxis der Unfallversicherungsträger weit verbreitete Verfahren gewählt, die Unfallfolgen im Rahmen des Rentenbescheides festzustellen. Diese Feststellungen sind jedoch nicht auf den Rentenbescheid begrenzt, sondern enthalten vielmehr allgemeingültige Feststellungen zu den Unfallfolgen. Demzufolge ist auch in der ersten Zeit nach dem streitgegenständlichen Unfall eine gesonderte Feststellung von dessen Folgen rein zum Zweck der Heilbehandlung nicht erfolgt. Eine solche Verfahrensweise wäre im Übrigen nicht nur völlig unüblich, sondern auch widersinnig. Denn das Gesetz und konsekutiv die Anerkennungsgrundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung enthalten keine Differenzierung dahingehend, dass eine Gesundheitsstörung einmal als Unfallfolge (z. B. für die Rente) und in einem anderen Kontext (z. B. bei der Heilbehandlung) nicht als Unfallfolge anzusehen ist.
Da beim Kläger – unstreitig – ein Nervenschaden weiterhin förmlich als Unfallfolge anerkannt ist (Bescheid vom 25.03.1985), konnte die Beklagte die Heilbehandlung nicht generell einstellen. Allein aus diesem Grund waren daher die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch Dr. AE. im Gutachten vom 10.05. 2010 die Existenz eines Nervenschadens i. S. „einer Teilschädigung des rechten n. pero-naeus profundus im Sinne einer Sensibilitätsstörung“ bestätigt hat. Auch Dr. AH. hatte noch im Bericht vom 22.09.2008 ausgeführt, dass die elektrophysiologischen Befunde eine langsamere Nervenleitgeschwindigkeit für den n. peronaeus superficialis ergeben hatten und somit von einer inkompletten Heilung des Schadens am N. peronaeus auszugehen ist (Bl. 61 UA <neue Paginierung Band 4>).
Ein anderes Ergebnis wäre nur dann möglich gewesen, wenn die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen die Unfallfolgen zur Gänze in einem weiteren förmlichen Verfahren entweder gem. § 45 SGB X (vgl. hierzu BSG: Urt. v. 20.03.2007 - B 2 U 27/06) oder im Rahmen des § 48 SGB X aberkannt hätten. Ein solches ist jedoch im Hinblick auf § 45 SGB X überhaupt nicht (vgl. hierzu den Vermerk vom 01.07.1991, Bl. 1159 UA) und in Bezug auf § 48 SGB X nur erfolglos durchgeführt worden. Der Bescheid vom 22.06.1992, mit dem die Beklagte die Unfallfolgen aberkennen und die Rente auf eine MdE i. H. v. 10 % herabsetzen wollte, wurde vielmehr mit dem Urteil des SG Lüneburg vom 04.12.1992 aufgehoben. Daher haben die (allgemeinen) Feststellungen über die Unfallfolgen in den vorgegangenen Bescheiden der J. -BG sowie deren Konkretisierung im Urteil des SG Lüneburg vom 06.08.1987 weiterhin Bestand.
Eine Aberkennung der Unfallfolgen ist auch nicht durch den Bescheid vom 22.06.1992, der die Ablehnung der Heilbehandlung betraf, erfolgt. Wie bereits ausgeführt, ist eine unterschiedliche Feststellung von Unfallfolgen im Hinblick auf die verschiedenen Leistungsbereiche nicht möglich. Entsprechendes gilt für die Aberkennung von Unfallfolgen. Die J. -BG konnte daher die früheren Feststellungen der Unfallfolgen in den Rentenbescheiden nicht durch den Bescheid vom 22.06.1992, die die Ablehnung von Heilbehandlung betraf – gewissermaßen durch die Hintertür – relativieren. Im Übrigen betraf der Bescheid vom 22.06.1992 (Heilbehandlung) nur die vom Kläger seinerzeit konkret beantragten Heilbehandlungsmaßnahmen. Zwar liegen diese Anträge in der Akte aus welchen Gründen auch immer nicht mehr vor. Aus den Ausführungen in dem Bescheid ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger seinerzeit offensichtlich eine Kur beantragt hatte, so dass sich die Reichweite dieses Bescheides auf die damals beantragten Heilbehandlungsmaßnahmen beschränkt. Die Beklagte kann sich daher hinsichtlich der Aberkennung von Unfallfolgen nicht auf dessen Bindungswirkung berufen.
Es kann daher dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund der – möglicherweise den diversen Fusionen geschuldeten – nahezu chaotisch anmutenden Sachbearbeitung (als Stichworte seien hier nur die von der Beklagten selbst eingeräumte unzureichende Sichtung des Aktenmaterials und die unvollständige Vorlage der Akten an die Gutachter genannt) das Recht, sich auf die Bestandskraft des Bescheids vom 22.06.1992 (Heilbehandlung) zu berufen, verwirkt hat.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergeben sich somit für die Gewährung von weiteren Heilbehandlungsmaßnahmen folgende Schlussfolgerungen:
Solange noch Unfallfolgen bestehen bzw. förmlich anerkannt sind, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob und ggf. welche Heilbehandlungsmaßnahmen zu gewähren sind. Gem. § 26 Abs. 5 SGB VIIbestimmen nämlich die Unfallversicherungsträger im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung … nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 26 Abs. 5 SGB VII). Sofern sich dabei herausstellt, dass aufgrund einer Verbesserung einer förmlich anerkannten Unfallfolge eine bestimmte Behandlung nicht mehr notwendig ist, kann die Gewährung dieser Maßnahme aus diesem Grund abgelehnt werden. Bei der Behandlung von Gesundheitsstörungen, die bisher nicht förmlich als Unfallfolgen anerkannt wurden, wäre dementsprechend ebenfalls in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es sich um Unfallfolgen handelt und ob die gewünschte Behandlung notwendig ist. Demgegenüber kann der Unfallversicherungsträger keine Heilbehandlung von solchen - tatsächlich vorliegenden - Gesundheitsstörungen verweigern, die zwar als Unfallfolgen anerkannt sind, die er aber selbst nicht oder nicht mehr für Unfallfolgen hält.
Ob das Schmerzsyndrom des Klägers als Folge des hier streitgegenständlichen Unfalls bereits anerkannt wurde, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Ein solches wurde zwar in denEntscheidungen derBeklagten, die die Gewährung eine Rente zum Gegenstand hatten, nicht ausdrücklich als Unfallfolge genannt. Allerdings wurde bereits im Urteil des SG Lüneburg vom 06.08.1987 festgestellt, dass aufgrund der Unfallfolgen ein außergewöhnlicher Schmerzzustand am rechten Fuß vorliegt, der nahezu ausschließlich zu der zuerkannten MdE i. H. v. 20 % beigetragen hat. Auch die J. -BG ist seinerzeit offensichtlich davon ausgegangen, dass hiermit dessen Anerkennung als Unfallfolge verbunden war, da sie mit dem Bescheid vom 22.06.1992 (Rente) „das Schmerzsyndrom“ nunmehr wegen einer sog. Verschiebung der Wesensgrundlage nicht mehr als Unfallfolge ansehen bzw. aberkennen wollte. Dieser Bescheid wurde jedoch mit dem Urteil des SG Lüneburg vom 04.12.1992 aufgehoben, wobei wiederum ausgeführt wurde, dass beim Kläger ein solches Schmerzsyndrom besteht. (Bl. 1429 UA).
Auch in tatsächlicher Hinsicht spricht vieles dafür, dass hier ein unfallbedingtes Schmerzsyndrom am rechten Fuß vorliegt. Bereits die Dres. K., N. und insbesondere Dr. O. haben überzeugend dargestellt, dass sich aufgrund des festgestellten Nervenschadens alsbald ein Schmerzsyndrom am rechten Fuß entwickelt hat, für welches der Unfall zumindest eine wesentliche Teilursache darstellt. An der Existenz des anfänglichen Nervenschadens kann wiederum kein Zweifel bestehen, wobei insbesondere die Dres. I. und K. auch ein initial bestehendes Neurom festgestellt haben. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen,dass den Ausführungen der den Kläger persönlich untersuchenden Sachverständigen bei der Beweiswürdigung i. d. R. ein höheres Gewicht zukommt als entsprechenden Stellungnahmen nach Aktenlage. Dies gilt insbesondere für Feststellungen auf neurologisch-psychiatrischem bzw. schmerzmedizinischem Gebiet. Dass die Unfallfolgen in der Zeit nach dem Unfall unmittelbar zu Schmerzen geführte haben, ist ebenfalls belegt (Bericht Dr. H.). Völlig abwegig ist es daher, wenn Dr. AE. ausführt, dass zwischen dem Auftreten des Schmerzsyndroms und dem Unfall eine Latenzzeit von 27 Jahren besteht. Dies kann nach Auffassung der Kammer nur darauf beruhen, dass ihr der Akteninhalt – aus welchen Gründen auch immer – nicht bekannt war. Auch die Beklagte hat inzwischen eingeräumt, dass den Gutachtern möglicherweise nicht alle Akten vorgelegt wurden. Zwischenzeitlich ist auch allgemein anerkannt, dass ein akuter Schmerzreiz, wenn er anhaltend und wiederkehrend ist, auf den verschiedenen Ebenen der Impulsverarbeitung zu einer Reizimpulsverstärkung, zur Hinterlassung von Schmerzspuren und aufgrund der neuronalen Plastizität rasch zu einem sog. Schmerzgedächtnis führen kann (Schönberger/Mehrtens/Valentin, ArbeitsunfallundBerufskrankheit,8.Aufl.,S.207ff.).Auch Dr. AG. ist daher von der unfallbedingte Entstehung eines Schmerzsyndroms ausgegangen und hat darauf hingewiesen, dass die gesamte Entwicklung beim Kläger vermutlich eine andere Wendung genommen hätte, wenn alsbald eine adäquate Schmerzbehandlung durchgeführt worden wäre.
Leider wurden die Erkenntnisse der Schmerzmedizin von zahlreichen Gutachtern, die mit den vorliegenden Fall befasst waren, bei der Einschätzung des Unfallfolgenzustands nahezu negiert. Auch die Ansicht, dass der Unfall für das Schmerzsyndrom am rechten Fuß nur eine rechtlich unwesentliche Gelegenheitsursache darstellt, hält die Kammer nicht für überzeugend. Falls die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage verglichen werden muss, ist nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein arbeitsunfallbedingter Gesundheitsschaden nur dann nicht anzunehmen, wenn die Krankheitsanlage so stark ausgeprägt ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedarf, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit oder in naher Zukunft die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222, 223 [BSG 27.10.1987 - 2 RU 35/87]). Nur in diesem Fall würde dem angeschuldigten Ereignis die Bedeutung einer rechtlich unwesentlichen Gelegenheitsursache zukommen, weil ein Versicherter grundsätzlich in dem Zustand geschützt ist, in dem er den Versicherungsfall erlittenhat(vgl.LSGBaden-Württemberg, Urt.v.27.06.2010 - L8U 1427/10; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. S 152). Um mit einer derartigen Vorerkrankung argumentieren zu können, muss diese aber bewiesen sein (BSGE 61, 127, 130 [BSG 20.01.1987 - 2 RU 27/86]; Bayerisches LSG, Urt. v. 27.07.2005 - L 3 U 211/03, m. w. N.), Da die Feststellung eines derartig ausgeprägten Vorschadens hier jedoch nicht möglich ist, kann auch der Einwand der sog. Gelegenheitsursache nicht greifen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Abschließend gibt die Kammer ihrer Hoffnung Ausdruck, dass nunmehr über 30 Jahre nach dem Unfall, einer Vielzahl von Begutachtungen und mehreren sozialgerichtlichen Verfahren die Beteiligten sich durch die vorstehenden Ausführungen in der Lage sehen, künftige Verfahren einvernehmlich und ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zu bewältigen. Die in den §§ 2 Abs. 2 und 17 SGB I niedergelegten Grundsätze geben für die Beklagte insoweit den Rahmen vor.