Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.12.2002, Az.: 17 W 75/02

Abschiebehaftverfahren; Abschiebungshaftverfahren; Abschiebungshindernis; achtzehn Monate; Achtzehnmonatsfrist; Amtsaufklärungspflicht; Ausland; Ausländer; Bundesrepublik Deutschland; England; Freiheitsentziehungsverfahren; freiwillige Gerichtsbarkeit; Großbritannien; Haftdauer; Hafthöchstdauer; Sachverhaltsermittlung; Sicherungshaft; von Amts wegen; Vorbereitungshaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.12.2002
Aktenzeichen
17 W 75/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43749
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 20.11.2002 - AZ: 28 T 130/2002

Tenor:

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 28. November (Bl. 70 f. d.A.) wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 20. November 2002 (Bl. 59 d.A.) aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Betroffenen an das Landgericht zurück-verwiesen, das auch über die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.

2. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 28. November 2002 (Bl. 68 f. d.A.) wird dem Betroffenen unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 20. November 2002 (Bl. 59 d.A.) Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. in Hannover bewilligt.

3. Dem Betroffenen wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. in Hannover Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde bewilligt.

4. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe

1

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie führt auch insoweit zum Erfolg, als die Entscheidung des Landgerichts Hannover aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen ist, denn die angefochtene Entscheidung beruht auf der Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550, 575 ZPO).

2

Das Landgericht Hannover hat entgegen § 12 FGG den zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Nach § 57 Abs. 3 Satz 3 FGG ergibt sich eine Höchstdauer der Abschiebehaft von 18 Monaten. Ob die in G. verbrachte Haft ggf. auf diese Frist anzurechnen ist, kann entgegen dem Landgericht Hannover nicht bereits nach Aktenlage verneint werden. Vielmehr bedarf es dafür einer Klärung der Frage, warum der Betroffenen in G. in Haft gesessen hat. Nach bisheriger Aktenlage kann nicht ausgeschlossen werden - vielmehr spricht sogar einiges dafür -, dass der Betroffenen in G. in Vorbereitungshaft i.S. des § 57 Abs. 1 AuslG gesessen hat und damit auch nach den eigenen Ausführungen des Landgerichts die Voraussetzungen für eine Anrechnung gegeben wären. Die sich nach den Angaben der Beteiligten im Antrag vom 10. Juni 2002 ergebende Haftdauer würde den Zeitraum von 18 Monate ohne weiteres überschreiten, so dass dem Feststellungsantrag des Betroffenen für diesen Fall in vollem Umfang stattzugeben wäre.

3

Weiterhin ist zu klären, ob und in welchem Umfang die Beteiligte sowie die ansonsten mit der Angelegenheit befassten Behörden Kenntnis von dem Inhalt des psychologischen Gutachtens hatten. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Betroffenen diese Unterlagen bei seiner Einreise weggenommen worden, wo und von wem sowie zu welchem Zweck zwischenzeitlich aufbewahrt worden sind und warum nicht von der Sozialarbeiterin der Justizvollzugsanstalt Hannover, die für den Betroffenen darauf gedrängt hat, dass dieser die Unterlagen wieder erhält, unmittelbar nach Rückgabe der Unterlagen am 8. Juli 2002 entsprechende Maßnahmen veranlasst worden sind. Hätte der Inhalt der Unterlagen nämlich bereits vorher zur Kenntnis genommen werden können, hätte nach aller Voraussicht auch vorher festgestellt werden können, dass der Betroffene aus gesundheitlichen Gründen nicht abschiebungsfähig und schon deswegen aus der Haft zu entlassen ist.

4

Aus den vorgenannten Gründen ist die angefochtene Entscheidung somit aufzuheben und zur Durchführung weiterer Ermittlung und zur erneuten Entscheidung an die 28. Zivilkammer des Landgerichts Hannover zurückzuverweisen. Da die Rechtsverfolgung des Betroffenen aus den vorstehend dargelegten Gründen durchaus Aussicht auf Erfolg bietet, ist dem Betroffenen - insoweit ebenfalls unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung - Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. in Hannover zu bewilligen.