Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 10.12.2002, Az.: 16 U 119/02
Geltendmachung eines Restwerklohnanspruches für eine teilweise Zweitverlegung eines Parkettbodens nach Ablösung einzelner Parkettbestandteile; Erneute Verlegung eines Parketts nach Eintritt eines Feuchtigkeitsschadens; Auswirkungen der fehlenden Erkennbarkeit der Nichtbelegbarkeit eines Estrichbodens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.12.2002
- Aktenzeichen
- 16 U 119/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 30466
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:1210.16U119.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 12.04.2002 - AZ: 9 O 917/01
Rechtsgrundlagen
- § 631 BGB a.F.
- § 4 VOB/B
Fundstellen
- BauR 2003, 912-913 (Volltext mit amtl. LS)
- IBR 2003, 412
- MDR 2004, 1168 (Kurzinformation)
- MDR 2004, 1169 (Kurzinformation)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom
21. November 2002
durch
den Vorsitzenden Richter .......,
die Richterin ....... und
den Richter .......
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung der Streithelfer der Beklagten wird das am 12. April 2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.929,23 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 24. September 2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 2.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte 16% und der Kläger 84%.
- 3.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Streithelfer zu 16,6%, der Kläger in Höhe von 83,4%.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils für sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- 5.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 41.805,85 EUR.
Gründe
I.
Der Kläger hat auf insgesamt 1.100 qm Parkettlegearbeiten im Auftrag der Beklagten für das Alten- und Pflegeheim S ....... in H ....... ( ....... ), welches von den Streithelfern zu 1. - 5. betrieben wird, ausgeführt. Den schwimmenden Estrichbelag hatte zuvor H ....... W ....... eingebracht, dem in zweiter Instanz von den Streithelfern der Beklagten/Berufungsführern der Streit verkündet worden ist.
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Restwerklohnanspruch geltend, der überwiegend dadurch entstanden ist, dass das zunächst verlegte Parkett sich gelöst hatte und sodann ein zweites Mal verlegt werden musste.
Das Landgericht hat der Restwerklohnklage nach Beweisaufnahme zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass die Vergütung für die Zweitverlegung von der Beklagten als Auftraggeberin als Werklohn nach § 631 BGB (a.F.) geschuldet werde, weil der Kläger vor der Verlegung des Parketts alles Mögliche und Zumutbare getan habe, um die Belegbarkeit des Estrichs, insbesondere auch im Hinblick auf die erforderliche Austrocknung, zu prüfen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Streithelfer zu 1. - 5. der Beklagten, welcher der Streitverkündete W ....... sich als Streithelfer angeschlossen hat.
Wegen der Feststellungen im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zunächst auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Wegen der vom Senat durch Anhörung des Sachverständigen Becker sowie nochmalige Vernehmung des Zeugen D ....... P ....... ergänzend getroffenen Feststellungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21. November 2002 verwiesen.
II.
1.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Beklagte ist nach § 631 BGB lediglich verpflichtet, den Werklohn für die ursprüngliche Verlegung des Parkettbodens (im Folgenden: Erstverlegung) zu bezahlen. Insoweit ergibt sich aus der Klageschrift, dass aus der Erstverlegung noch restliche 20.505,88 DM offen sind (Rechnung vom 22. Juni 2000, Bl. 6 d.A.). Allerdings setzt der Kläger selbst einen Betrag von 6.953,48 DM ab, der von der Beklagten am 27. Oktober 2000 gezahlt worden ist (Bl. 7 d.A.). Es verbleibt daher eine Restforderung von lediglich (20.505,88 DM - 6.953,48 DM =) 13.552,40 DM, mithin 6.929,23 EUR, welche der Kläger einschließlich der geltend gemachten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe noch beanspruchen kann. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Verzugseintritts bleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts, die insoweit nicht angefochten worden ist. Auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils auf Seite 5, letzter Absatz, wird insoweit Bezug genommen.
Wegen der darüber hinausgehenden, vom Landgericht zugesprochenen Werklohnforderung ist die Klage dagegen unbegründet und daher auf die Berufung der Streithelfer der Beklagten abzuweisen.
Die weitergehende Werklohnforderung bezieht sich auf die erneute Verlegung des Parketts nach Eintritt des Feuchtigkeitsschadens (im Folgenden: Zweitverlegung). Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Kläger hinsichtlich des Aufwandes für diesen zweiten Anlauf zur Erbringung eines mangelfreien Werks keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch.
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts ist zwischen den Parteien wirksam die Geltung der VOB/B vereinbart worden. Danach ist § 4 Nr. 7 Satz 1 VOB/B zu beachten, der die Leistungspflicht des Auftragnehmers dahin konkretisiert, dass dieser Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft erkannt werden, auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen hat. Allerdings gilt dies dann ausnahmsweise nicht, wenn die Leistung dadurch mangelhaft geworden ist, dass sie auf der Leistung eines selbständig arbeitenden Vorunternehmers aufbaut und der Auftragnehmer die Mangelhaftigkeit oder jedenfalls Ungeeignetheit der Vorleistung nicht erkennen konnte (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1526; vgl. auch BGH NJW-RR 2001, 1102). Dasselbe ergibt sich aus § 645 BGB, der einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält.
Dem Landgericht ist deshalb im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass es hier auf die Frage ankommt, ob der Kläger die infolge der mangelhaften Festigkeit sowie ungenügenden Austrocknung des Estrichs anzunehmende Nichtbelegbarkeit des Estrichs hätte erkennen können und müssen. Denn dass es objektiv an der Belegbarkeit des Estrichs, also an der Eignung zum Aufbringen eines Bodenbelags, gefehlt hat, weil der Estrich nicht fest genug und darüber hinaus im wesentlichen Teil der Fläche zu feucht war, steht jedenfalls im Berufungsverfahren nicht mehr im Streit (S. 3 ff. der Berufungsbegründung, Bl. 187 ff. d.A. und Ziff. 2 und 4 der Berufungserwiderung, Bl. 241, 243 d.A.).
Hinsichtlich der Frage der fehlenden Erkennbarkeit der Nichtbelegbarkeit des Estrichs trägt der Kläger, den bis zur Abnahme des Werks die Leistungsgefahr trifft, die Beweislast, das heißt verbleibende Zweifel gehen zu seinen Lasten.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann jedenfalls hinsichtlich der ungenügenden Austrocknung des schwimmenden Estrichbelags nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Kläger seiner Pflicht zur Überprüfung in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Vielmehr ist der Kläger insoweit beweisfällig geblieben, so dass es bei seiner Verpflichtung, im Sinne von § 4 Nr. 7 VOB/B die mangelhafte Leistung auf eigene Kosten durch eine mangelfreie zu ersetzen, bleibt.
Schwimmender Estrich enthält einen hohen Wasseranteil und kann erst mit einem Fußbodenbelag belegt werden, wenn er genügend ausgetrocknet ist. Es ist deshalb die Pflicht des Fußbodenverlegers, unter Beachtung der DIN 18356 sich von der ausreichenden Austrocknung des Estrichs zu überzeugen, bevor er einen Bodenbelag aufbringt.
Insoweit kann dahinstehen, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts, aufgrund der Aussagen der Zeugen Mühlenbruch und D ....... P ....... sei davon auszugehen, dass die Mitarbeiter des Klägers alles von ihnen zu Erwartende und ihnen Mögliche getan hätten, um vor Beginn der Verlegearbeiten die Geeignetheit des Untergrundes zur Verlegung des Parketts zu überprüfen, vom Inhalt der erstinstanzlichen Zeugenaussagen getragen wird. Das Landgericht hat es nämlich versäumt, sich hinsichtlich der Frage, wie und in welchem Umfang unter Beachtung der DIN 18356 die Prüfung der Belegbarkeit des Estrichs vorzunehmen ist, sachverständig beraten zu lassen und auf dieser konkreten Grundlage den Sachverhalt aufzuklären und zu würdigen. Zwar hat das Landgericht ausweislich des Anhörungsprotokolls den als sachverständigen Zeugen vernommenen Sachverständigen B ....... gefragt, ob ein Parkettverleger die Feuchtigkeit hätte bemerken müssen. Der Sachverständige B ....... hat in erster Instanz diese Frage nicht beantworten können. Jedoch hätte das Landgericht sich hiermit nicht zufrieden geben dürfen, weil es hierauf entscheidend ankam und ein Sachverständiger bei gehöriger Vorbereitung auch in der Lage ist, hierzu eine begründete Einschätzung abzugeben.
Auf Anfrage des Senats hat der Sachverständige B ....... erklärt, dass er zu dem angesprochenen Problemkreis - nach entsprechender Vorbereitung - durchaus Stellung nehmen könne. Der Sachverständige hat sodann bei seiner Anhörung vor dem Senat anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass es die Pflicht des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter gewesen wäre, nach DIN 18356 je eine Feuchtigkeitsmessung mit dem CM-Messgerät pro angefangene 200 qm Verlegefläche, mithin an insgesamt zwei oder drei Stellen des betroffenen Obergeschosses durchzuführen. Dabei hätten Löcher bis in die mittlere und untere Estrichschicht gebohrt werden müssen. Das ausgebohrte Material hätte sodann mit dem Messgerät in der von ihm im Einzelnen beschriebenen, im Sitzungsprotokoll festgehaltenen Art und Weise getestet werden müssen. Da der Estrichbelag überall dieselbe Stärke aufgewiesen habe und insgesamt fast zum selben Zeitpunkt verlegt worden sei, spreche, so die nachvollziehbare Einschätzung des Sachverständigen, alles dafür, dass sich der Estrich weitgehend in einem gleichmäßigen Feuchtigkeitszustand befunden hat, auch wenn von den insgesamt 7 Prüfungen, die er vorgenommen hat, in einem Fall keine Feuchtigkeit festgestellt worden ist. Deshalb, so die weitere überzeugende Schlussfolgerung des Sachverständigen, erscheint es höchst unwahrscheinlich, dass, wären tatsächlich drei Prüfungen an unterschiedlichen Stellen vorgenommen worden, so wie dies der Zeuge M ....... und in zweiter Instanz schließlich auch der Zeuge D ....... P ....... bekundet haben, die tatsächlich vorhandene Feuchtigkeit des Estrichs nicht festgestellt worden wäre. Dies gilt umso mehr, als das aufgequollene Parkett einen Teil der Feuchtigkeit des Estrichs in sich aufgenommen hat, wie die Feuchtigkeitsmessungen an dem Parkettbelag gezeigt haben. Zum Zeitpunkt der Vornahme der Feuchtigkeitsprüfung durch den Kläger muss mithin ein noch höherer und damit noch augenscheinlicherer Feuchtigkeitsgehalt vorgelegen haben als zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den Sachverständigen nach Entfernung des aufgequollenen Bodenbelags.
Dem steht letztlich auch nicht entgegen, dass der Sachverständige für das Parkettlegergewerk E ....... in erster Instanz als sachverständiger Zeuge bekundet hat, er habe keine Messergebnisse festgestellt, die aus einer Sicht gegen die Verlegung des Parketts gesprochen hätten. Da der Estrich unstreitig zu feucht war und auch der Kläger nicht bestreitet, dass die nach DIN 18356 vorzunehmenden CM-Messungen zur Feststellung des Feuchtigkeitsgehalts geeignet sind, hätte der Zeuge E ....... die vorhandene Feuchtigkeit auch feststellen müssen. Warum er entsprechende Feststellungen gleichwohl nicht getroffen hat, bleibt unklar. Der Kläger kann hieraus für sich nichts herleiten. Die ausführlichen und anschaulichen Darlegungen des Sachverständigen B ....... werden hierdurch nicht erschüttert.
Somit bleibt es dabei, dass der Kläger nicht mit der erforderlichen Sicherheit zur Überzeugung des Senats den Nachweis geführt hat, dass die Bohrungen im Estrich an drei verschiedenen Stellen des Obergeschosses entsprechend den Bekundungen der Zeugen M ....... und P ....... jun. tatsächlich durchgeführt worden sind.
Der Senat unterstellt den Zeugen zwar nicht, dass sie bewusst die Unwahrheit angegeben haben. Möglich ist aber auch, dass Erinnerungslücken unbewusst durch Mutmaßungen geschlossen worden sind. Diese Möglichkeit drängt sich insbesondere bei der Aussage des Zeugen D ....... P ....... auf, weil dieser Zeuge in erster Instanz ausgesagt hatte, er sei seit 11 Jahren Parkettlegemeister und könne sich nicht daran erinnern, wie viele Proben im vorliegenden Fall entnommen worden seien. Demgegenüber hat er bei seiner nochmaligen Vernehmung vor dem Senat bestimmt bekundet, es seien drei Feuchtigkeitsprüfungen vorgenommen worden. Auf Vorhalt seiner erstinstanzlichen Aussage konnte der Zeuge den vorstehend aufgezeigten Widerspruch nicht erklären. Möglich ist deshalb, dass im Laufe der Zeit Ungewissheit zur Gewissheit geworden ist. So wäre es denkbar und nach der Lebenserfahrung nicht fern liegend, dass der vorliegende Sachverhalt im Betrieb des Klägers besprochen worden ist und der Zeuge P ......., der Sohn des Klägers, sich dessen Version, ohne sich seine eigene Gedächtnislücke einzugestehen, subjektiv zu Eigen gemacht hat.
Der Senat vermag jedenfalls angesichts der objektiv getroffenen Feststellungen, dass der Boden tatsächlich zu feucht war und dies auch durch Messungen des Sachverständigen B ....... festgestellt wurde, nicht mit der erforderlichen, vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietenden Sicherheit festzustellen, dass die Feuchtigkeitsprüfungen, wie von den Zeugen M ....... und D ....... P ....... angegeben, tatsächlich durchgeführt worden sind. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige B ......., insoweit als sachverständiger Zeuge, glaubhaft angegeben hat, er habe auf der gesamten untersuchten Fläche keine Prüfstellen gefunden. Für die Probeentnahme würden Löcher von etwa 10 x 10 cm in den Estrich gebohrt, die hinterher gut sichtbar seien. Solche habe er nicht festgestellt. Er habe in einem Raum, aufgrund der Angabe, die ihm gemacht worden sei, dass die Mitarbeiter
des Klägers dort eine Messung vorgenommen hätten, ganz gezielt nach der betreffenden Bohrstelle gesucht, eine derartige aber nicht feststellen können.
Sollten die Prüfungen dennoch durchgeführt worden sein, wäre es auch denkbar, dass dies nicht fachgerecht geschehen ist und der Kläger die Feuchtigkeit aus diesem Grund nicht bemerken konnte. Es sei möglich, so die nachvollziehbare Angabe des Sachverständigen B ....... vor dem Senat, dass von dem ausgebauten Estrichmaterial, von dem 50 bis 100 g in die Stahlflasche des Messgerätes zu füllen sind, die feuchte untere Schicht des Estrichs anteilig nicht richtig berücksichtigt, sondern der überwiegende Anteil aus der trockenen oberen Schicht genommen worden ist.
Ob weiterhin die so genannten Gitterritzprüfungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, kann danach offen bleiben.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, dazu hätte allenfalls dann Anlass bestanden, wenn die Ungeeignetheit des Estrichs nicht erkennbar gewesen wäre.