Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.12.2002, Az.: 14 U 73/02
Geltendmachung eines Anspruchs auf Schadensersatz auf Grundlage eines Verkehrsunfallgeschehens; Bestimmung der Höhe eines angemessenen Schadensersatzanspruchs; Erstattungsfähigkeit von Attestkosten zur Darlegung gesundheitlicher Beeinträchtigungen; Abzugsfähige Posten bei der Geltendmachung eines Verdienstausfallschadens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.12.2002
- Aktenzeichen
- 14 U 73/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 30241
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:1219.14U73.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 04.02.2002 - AZ: 20 O 45/98
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 StVG
- § 1 PflVG
- § 3 Nr. 1 PflVG
- § 249 BGB
- § 250 BGB
- § 823 Abs. 1 BGB
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2002
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Z.,
den Richter am Oberlandesgericht D. und
die Richterin am Landgericht Dr. B.
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. Februar 2002 verkündete
Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 69.061,73 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 17. März 1998 sowie Zinsen in Höhe von 4 % auf 10.225,84 EUR für die Zeit vom 17. März 1998 bis zum 14. Juli 1998 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 4.723,29 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 4. September 1998 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1 am 7. März 1997 noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 4. Februar 2002 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 14 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 86 % zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben der Kläger 4 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 96 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Beschwer: 1.295,14 EUR für den Kläger und 30.287,88 EUR für die Beklagten.
Tatbestand
Mit der Klage verlangt der am 31. August 1958 geborene Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie die Feststellung der zukünftigen materiellen und immateriellen Schadensersatzpflicht anlässlich eines Verkehrsunfalles, der sich am 7. März 1997 gegen 6.15 h in H. auf der H. ereignet hat. Die volle Haftung der Beklagten ist jetzt unstreitig.
Infolge des Unfalles (einem Frontalzusammenstoß zwischen einem vom Beklagten zu 1 gesteuerten Pkw und einem vom Kläger gesteuerten Motorroller) erlitt der Kläger Verletzungen, die in zweiter Instanz unstreitig sind, nämlich: Schädelhirntrauma 2. Grades, Hirnoedem und subarachnoidale Blutauflagerung, komplexe Mittelgesichtsfraktur Le Fort III, Riss-Quetschwunde Stirn/Unterkiefer, Riss-Quetschwunde Hals links, Scapulacorpusfraktur rechts, Pneumothorax links, distale Unterarmfraktur rechts, drittgradig offene supradiacondyläre distale Femurfraktur links mit Zertrümmerung des Condylenmassivs, drittgradig offene supradiacondyläre Femurfraktur rechts mit Zertrümmerung des Condylenmasivs, komplexe Knieinstabilität rechts und links, erstgradig offene Unterschenkelfraktur links. Wegen seiner Verletzungen musste der Kläger ca. 4 1/2 Monate lang (bis zum 25. Juli 1997) stationär behandelt werden, davon befand er sich 17 Tage lang im Koma. Er musste mehrfach operiert werden; seine beiden Beine und sein rechter Arm waren zeitweise fixiert. Daran schloss sich ein vierwöchiger stationärer Aufenthalt in einer Reha-Klinik an. Als Dauerfolgen leidet der Kläger noch heute und in absehbarer Zukunft unter den folgenden Beeinträchtigungen: Minderung der Funktionsfähigkeit des rechten Armes um 1/10, Minderung der Funktionsfähigkeit des rechten Beines um 1/3, Minderung der Funktionsfähigkeit des linken Beines um 1/5. Sein rechtes Bein ist erheblich verkürzt, seine Oberschenkelfraktur ist nicht anatomiegerecht verheilt, sodass eine Achsverschiebung verbleibt. Seine beiden Kniegelenke sind instabil, an beiden Beinen sind erhebliche Narben verblieben. Insgesamt ist der Kläger zu 100 % erwerbsunfähig. Seit dem 4. September 1998 bezieht er eine Unfallrente. Darüber hinaus hat der Kläger unfallbedingt ein hirnorganisch depressives Syndrom mit Konzentrationsstörungen, erheblichen kognitiven Störungen, Erschöpfbarkeit, Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, Störung der Impulskontrolle und ängstlicher Gestimmtheit erlitten. Der Kläger hat ferner seinen Geschmacks- und Geruchssinn komplett eingebüßt sowie auf dem linken Ohr einen Hörverlust von 10 % erlitten. In seinen Beinen sind Fixierschrauben angebracht, deren Entfernung ungewiss ist. Zur Fortbewegung ist der Kläger auf Gehhilfen bzw. einen Rollstuhl angewiesen.
In erster Instanz hat der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 150.000 DM für angemessen erachtet, auf das die Beklagten vorgerichtlich 24.927 DM und während des Prozesses weitere 20.000 DM gezahlt haben. Als materiellen Schaden hat der Kläger Ersatz in Höhe von 1.571,20 EUR (3.073 DM) für seinen beschädigten Motorroller und die Kostenpauschale sowie weitere 97,55 EUR (190,80 DM) für Attestkosten verlangt. Ferner hat der Kläger seinen Verdienstausfall in Höhe von zuletzt 9.171,54 EUR (17.937,98 DM) erstattet verlangt.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird nebst 4 % Zinsen darauf seit dem 7. März 1997 bis zum 31. April 2000 und für die Zeit danach Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen,
- 2.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1 am 7. März 1997 in Hannover noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist,
- 3.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 17.937,98 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1997 bis zum 31. April 2000 und für die Zeit danach Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf je 1.076,66 DM monatlich, bezogen auf den ersten des Folgemonats, von Mai 1997 bis August 1998 zu zahlen.
Die Beklagten haben den Klageantrag zu 2 uneingeschränkt anerkannt und im Übrigen beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben u. a. die Erstattungsfähigkeit der Attestkosten bestritten, weil die Beklagte zu 2 sich selbst um eine ärztliche Feststellung der Verletzungen des Klägers habe bemühen wollen, was daran gescheitert sei, dass der Kläger seine Ärzte nicht von deren Schweigepflichten entbunden habe und geltend gemacht, dass die Berechnung des Verdienstausfallschadens unsubstantiiert und fehlerhaft sei, zumal der Kläger Leistungen seitens der AOK verschwiegen habe.
Die 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat nach Einholung diverser medizinischer Gutachten (Anlagenband) dem Kläger ein weiteres Schmerzensgeld von 69.067,73 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 17. März 1998 sowie Zinsen in Höhe von 4 % auf 10.225,84 EUR für die Zeit vom 17. März 1998 bis zum 14. Juli 1998 zuerkannt. Als Schmerzensgeld seien insgesamt 180.000 DM angemessen abzüglich der bereits gezahlten 44.927 DM. Ferner hat das Landgericht die beantragte Feststellung ausgesprochen, allerdings klarstellend eingeschränkt um die Kosten für den Motorroller, die Kostenpauschale, die Attestkosten und den Verdienstausfallschaden bis August 1998. Den bezifferten Zahlungsantrag des Klägers zu seinen materiellen Schäden und die Zinsmehrforderung des Klägers hat die Kammer abgewiesen. Seinen geltend gemachten Verdienstausfall habe der Kläger weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt: Es frage sich, ob der Kläger eine Verletztenrente und andere Leistungen von der AOK bezogen habe, wie die Beklagten es vorgetragen haben.
Mit seiner Berufung begehrt der Kläger eine Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die tenorierte Feststellung uneingeschränkt formuliert werde, weil die Beklagten seinen Antrag uneingeschränkt anerkannt haben und die vom Landgericht aufgeführten Kosten von dem auf zukünftige Leistungen gerichteten Antrag ohnehin nicht erfasst würden. Darüber hinaus begehrt er die Zahlung weiterer 6.018,43 EUR nebst Zinsen, die sich aus 97,55 EUR für Attestkosten und 5.920,88 EUR als Verdienstausfall zusammensetzen. Die Attestkosten hält der Kläger für erstattungsfähig, weil er zur Substantiierung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ein ärztliches Attest/Kurzgutachten habe einholen müssen. Wenn die Beklagten das Attest erfordert hätten, wären Kosten in gleicher Höhe angefallen. Der Kläger legt nunmehr dar, dass er vor dem Unfall monatlich durchschnittlich 2.830,27 DM netto verdient habe; dieses Einkommen sei auch in den Jahren 1997 und 1998 erzielbar gewesen. Für die Zeit vom 19. April 1997 bis zum 3. September 1998 (16 1/2 Monate) hätte er 23.877,47 EUR (46.700,28 DM) verdient. Die AOK habe Leistungen ausschließlich in Höhe von 17.956,59 EUR erbracht, sodass eine Differenz von 5.920,88 EUR verbliebe.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil insoweit zu ändern, als das Landgericht den Feststellungsantrag zu Ziffer 2 eingeschränkt hat,
- 2.
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm - dem Kläger - weitere 6.018,43 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 4. September 1998 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagten bestreiten die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Attestkosten unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Außerdem meinen sie, der Kläger könne die Attestkosten im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen. Hinsichtlich des Verdienstausfallschadens rechnen sie vor, dass der Kläger durchschnittlich monatlich nur 2.817,68 DM netto verdient habe, wovon 5 % (140,88 DM) monatlich als ersparte Aufwendungen abzuziehen seien. So errechne sich nur ein Einkommensverlust von 22.582,33 EUR (44.167,20 DM) abzüglich der nunmehr unstreitigen 17.956,59 EUR als AOK-Leistungen, d. h. 4.625,74 EUR.
Weiter erheben die Beklagten unselbstständige Anschlussberufung. Hiermit begehren sie eine Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die Klage wegen eines Betrages von weiteren 25.664,59 EUR abgewiesen werde. Als Schmerzensgeld seien allenfalls insgesamt 130.000 DM angemessen, sodass ein Betrag in Höhe von 50.000 DM zuviel ausgeurteilt worden sei. Hierzu verweisen die Beklagten auf vergleichende Rechtsprechung.
Die Beklagten beantragen daher,
die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 25.664,59 EUR nebst anteiligen
Zinsen abzuweisen.
Der Kläger beantragt hierzu,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das vom Landgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld für angemessen.
Gründe
I.
Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil war wie geschehen teilweise abzuändern und zur Klarstellung insgesamt neu zu fassen. Die tenorierte Feststellung war aus Gründen der Klarstellung zu berichtigen. Die Beklagten sind gemäß § 7 Abs. 1 StVG, §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG, §§ 249 f., 823 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger einen weiteren materiellen Schaden in Höhe von 4.723,29 EUR (9.237,95 DM) nebst Zinsen zu ersetzen. Darüber hinaus steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu.
a)
Der Feststellungsausspruch war zur Klarstellung zu berichtigen, soweit er um die materiellen Schadensersatzansprüche des Klägers für Verdienstausfall, Motorrollerbeschädigung, Kostenpauschale und Attestkosten eingeschränkt worden ist, weil diese Einschränkung im Widerspruch zum Parteivorbringen und zu der Schadensersatzleistungsverpflichtung der Beklagten steht. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 2. April 1998 (Bl. 42 d. A. I) den Feststellungsantrag uneingeschränkt anerkannt. Die beantragte und ausgeurteilte Feststellung der immateriellen und materiellen Schadensersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner bezieht sich nur auf die zukünftigen Schäden. Die von der Kammer erwähnten materiellen Schäden hatte der Kläger in erster Instanz bereits beziffert und im Rahmen des Zahlungsantrages zu 3 geltend gemacht. Die Kosten für den Motorroller und die Kostenpauschale haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 2. April 1998 unstreitig gestellt (Bl. 47 d. A. I) und außerprozessual ausgeglichen. Das hat der Kläger in erster Instanz in seinem zuletzt mit Schriftsatz vom 8. September 1998 (Bl. 116 d. A. I) gestellten Zahlungsantrag berücksichtigt, indem diese Kosten dort nicht mehr auftauchen. Zu den Attestkosten hat der Kläger in erster Instanz keinen Antrag mehr gestellt, weil die zuletzt geltend gemachten 17.937,98 DM als materieller Schaden ausschließlich Verdienstausfall darstellten (vgl. Bl. 115 d. A. I). Den geltend gemachten Verdienstausfall hat die Kammer mit Abweisung der Klage beschieden. Demzufolge bedurfte und bedarf es der tenorierten Einschränkung des Feststellungsantrages nicht.
b)
Der Kläger hat gegen die Beklagten den im Berufungsverfahren klageerweiternd geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von 97,55 EUR (190,80 DM) für Attestkosten. Einen Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB a. F. werfen die Beklagten dem Kläger aber deshalb zu Unrecht vor, weil sie nicht darlegen, welche Summe sie für ein entsprechendes Attest ausgegeben hätten. Die angebliche Unbrauchbarkeit der ärztlichen Feststellungen war im Übrigen für den Kläger nicht vorhersehbar. Er hatte auch einen Anspruch darauf, sich zunächst ausschließlich von einem Arzt seines Vertrauens begutachten zu lassen. Die Beklagten können nicht mit Erfolg einwenden, dass der Kläger die Attestkosten ausschließlich im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend machen könnte. Das zeigt schon ein Vergleich mit den Fällen, in denen bei einem Verkehrsunfall Geschädigte Sachverständigengutachten zur Feststellung ihrer Fahrzeugschäden einholen. Diese Kosten werden gleichfalls als materieller Schadensersatz eingeklagt. Für Attestkosten zur Darlegung gesundheitlicher Beeinträchtigungen kann nichts anderes gelten.
Als Verdienstausfall kann der Kläger von den Beklagten die Zahlung weiterer 4.625,74 EUR bezahlt verlangen. Die Berechnung der Beklagten trifft zu. Seinen geltend gemachten Verdienstausfall in Höhe von 5.920,88 EUR hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Den Beklagten ist darin zuzustimmen, dass die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen (Bl. 333, 334 d. A. II) lediglich einen durchschnittlichen monatlichen Nettoverdienst von 2.817,68 DM und nicht von 2.830,37 DM ergeben. Auf den Verdienstausfallschaden sind die ersparten Kosten für Fahrten zur auswärtigen Arbeitsstätte anzurechnen [BGH, NJW 1980, 1787 [BGH 22.01.1980 - VI ZR 198/78]; Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Auflage, Vorb. v. § 249 Rn. 141]. Die Beklagten haben unbestritten vorgetragen, dass der Kläger täglich 30 Kilometer mit seinem Motorroller zur Arbeit und wieder zurück gefahren ist. Ein pauschaler Abzug von 5 % des Nettoverdienstes, hier 140,88 DM, sind gerechtfertigt, um die ersparten Aufwendungen des Klägers, zu denen auch die Arbeitskleidung gehören dürfte, angemessen zu berücksichtigen. Danach ist der Nettoverdienstausfall des Klägers für die Zeit vom 19. April 1997 bis zum 3. September 1998 auf 22.582,33 EUR (44.167,20 DM) zu errechnen: 2.676,80 DM x 16 1/2 Monate. Unstreitig hat die AOK 17.956,59 EUR an den Kläger gezahlt; weitere Leistungen seitens der AOK behaupten die Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr. Die Differenz ergibt folglich 4.625,74 EUR.
Der Geltendmachung von Verdienstausfall steht nicht entgegen, dass die Beklagten bestreiten, dass der Kläger auch in den Jahren 1997 und 1998 ein durchschnittliches Nettoeinkommen in der errechneten Höhe hätte erzielen können: Hier greift § 287 ZPO ein. Es ist davon auszugehen, dass der zum Unfallzeitpunkt 38-jährige Kläger, der eine Familie versorgen musste und arbeitete, dies ohne das Unfallereignis auch weiterhin getan hätte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er ohne den Unfall seine Arbeit verloren hätte. 4.625,74 EUR sind folglich als Verdienstausfall erstattungsfähig.
Insgesamt stehen dem Kläger 4.723,29 EUR (9.237,95 DM) zu. Dieser Betrag setzt sich aus 97,55 EUR für die Attestkosten und 4.625,74 EUR für den Verdienstausfall zusammen. Wegen des darüber hinaus gehenden Betrages ist die Klage unbegründet. Sie war dementsprechend teilweise abzuweisen.
Die Zinsforderung des Klägers (4 % ab 4. September 1998) ist gemäß §§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 BGB a. F. begründet, weil die Klage bereits am 17. März 1998 rechtshängig geworden ist (Bl. 36 d. A. I) und 4 % dem damaligen gesetzlichen Zinssatz entsprechen.
II.
Die zulässige unselbstständige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat das Schmerzensgeld (§ 847 Abs. 1 BGB) in Höhe von insgesamt 180.000 DM angemessen festgesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, die sich der Senat insoweit zu Eigen macht. Dass das ausgeurteilte Schmerzensgeld nicht zu beanstanden ist, zeigt ein Blick in die vergleichende Rechtsprechung bei Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 20. Auflage: Nr. 2516, 2518, 2521 und 2522. Da dem Landgericht ein kleiner Rechenfehler unterlaufen ist, indem sie statt richtigerweise 69.061,73 EUR (135.074 DM) ein
Schmerzensgeld in Höhe von 69.067,73 EUR ausgeurteilt haben, war der Tenor entsprechend zu korrigieren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 93, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 108 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Der Wert der Beschwer ist im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt worden.