Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 05.06.2007, Az.: 71 IN 2/06

Voraussetzungen für die Gewährung einer Restschuldbefreiung; Widerruf eines Vergleiches nach Auszahlung der vereinbarten Zahlungssumme; Versagung einer Restschuldbefreiung auf Grund unrichtiger und unvollständiger Angaben über eigene wirtschaftlichen Verhältnisse

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
05.06.2007
Aktenzeichen
71 IN 2/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 40806
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOETT:2007:0605.71IN2.06.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LG Göttingen - 25.09.2007 - AZ: 10 T 95/07

Fundstellen

  • NZI 2008, 34
  • NZI (Beilage) 2008, 34 (amtl. Leitsatz)
  • ZInsO 2007, 720 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZVI 2007, 438 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Das Vermögen des ...

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Unrichtige schriftliche Angaben macht ein Schuldner, der sich unter Vorlage eines Widerrufsvergleiches von der Sozialagentur Gelder zur Begleichung von Mietzinsrückständen auszahlen lässt, den Vergleich widerruft und die Gelder für sich verbraucht.

  2. 2.

    In diesem Fall ist die Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu versagen.

Tenor:

In dem Insolvenzverfahren ... wird die beantragte Restschuldbefreiung versagt. Die mit Eröffnungsbeschluss vom 14.02.2006 bewilligte Stundung wird aufgehoben.

Gründe

1

I.

Mit Antrag vom 03.01.2006 beantragte der Schuldner, über sein Vermögen das Regelinsolvenzverfahren zu eröffnen, dem das Gericht mit Beschluss vom 14.02.2006 unter gleichzeitiger Bewilligung von Stundung stattgab.

2

Zum Schlusstermin 22.01.2007 hat ein Gläubiger des Schuldners Versagung der Restschuldbefreiung beantragt,

3

weil der Schuldner Ende des Jahres 2005 von der Sozialagentur Northeim eine Zahlung in Höhe von ca. 3.160 EUR erhalten habe, mit der die Sozialagentur einen gerichtlichen Vergleich vom 13.12.2005 vor dem Amtsgericht Northeim erfüllen wollte, in dem der Schuldner sich verpflichtet hatte, diese Vergleichssumme auf rückständige Mietzinsforderungen des antragstellenden Gläubigers zu zahlen. Dieser Vergleich war trotz der Zahlung durch die Sozialagentur vom Schuldner kurz vor Ablauf der Widerrufsfrist widerrufen worden, eine Auszahlung der von der Sozialagentur an den Schuldner geleisteten Beträge an den Gläubiger ist nicht erfolgt.

4

Der Gläubiger sieht hierin einen Grund, dass der Schuldner die Restschuldbefreiung verwirkt habe. Der Schuldner hat hierzu nur mitgeteilt, dass der Vergleich vom 13.12.2005 sehr ungünstig gewesen sei, deshalb habe er auf ein günstigeres Urteil gehofft und den Vergleich widerrufen. Ihm gegenüber bestünden keine Forderungen der Sozialagentur des Landkreises Northeim.

5

II.

Dem Schuldner war die Restschuldbefreiung zu versagen, weil die Voraussetzungen des Versagungsgrundes § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO glaubhaft gemacht worden sind. Danach kann dem Schuldner dann die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn er in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorsätzlich oder auch grob fahrlässig schriftlich unrichtige und unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen.

6

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Schuldner hatte bereits mit Verhandlungsniederschrift vom 21.07.2005 die Sozialagentur im Landkreis Northeim schriftlich darum gebeten, seinen Leistungsanspruch umgehend zu errechnen. Er brachte hier vor, dass aufgrund diverser Mängel die Miete zunächst nur teilweise gemindert, zwischenzeitlich aber die Zahlung als Druckmittel von ihm gänzlich eingestellt worden sei. Durch Antrag vom 04.01.2006, versehen mit seiner Unterschrift, reichte er Änderungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung ein, die sich aus dem von ihm beigefügten Vergleich vom 13.12.2005 ergaben. Aufgrund dieses Antrags zahlte die Sozialagentur die im Vergleich zu Ziffer 2) benannte Summe von 3.160 EUR an ihn aus. Diese Summe leitete der Schuldner nicht an den Gläubiger weiter, sondern behielt und verwendete sie offenkundig für sich.

7

Diese schriftliche Antragstellung des Schuldners vom 04.01.2006 geschah auch wider besseres Wissen, denn der Schuldner hatte bis zum 27.12.2005 den Vergleich widerrufen, wusste damit also, dass ihm die Vergleichssumme, die nun die Sozialagentur verauslagte, nicht zustand.

8

Weiter hat das Insolvenzgericht sein Ermessen dahin ausgeübt, die bewilligte Stundung gem. § 4 c Nr. 5 InsO aufzuheben. Das Verhalten des Schuldners stellt sich als schwere Pflichtverletzung dar, die eine Aufhebung der Stundung rechtfertigt. Die Entscheidungsbefugnis hat der Richter gem. § 18 Abs. 2 Satz 3 RpflG an sich gezogen.

Dr. Brosche, Richter am Amtsgericht