Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 24.08.2016, Az.: L 3 KA 29/14
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 24.08.2016
- Aktenzeichen
- L 3 KA 29/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 36298
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 06.04.2016 - AZ: S 65 KA 789/12
Tenor:
Die Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 6. April 2016 wird abgewiesen. Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten beider Rechtszüge, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des zweiten Rechtszuges wird auf 7.336 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung.
Der 1942 geborene Kläger ist seit dem 26. März 1999 als Psychologischer Psychotherapeut in D. niedergelassen und zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Nachdem er gegenüber der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) bis zum 30. Juni 2009 keinen Nachweis über eine ausreichende fachliche Fortbildung nach § 95d Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erbracht hatte, kürzte die Beigeladene zu 1. sein Honorar zunächst um 10 vH (Quartale III/2009 bis II/2010) und sodann - ab dem Quartal III/2010 - um 25 vH. Unter Hinweis auf ein mögliches Zulassungsentziehungsverfahren gab sie dem Kläger nochmals Gelegenheit, den Nachweis über die Erlangung der notwendigen 250 Fortbildungspunkte bis zum 31. August 2011 zu erbringen (Schreiben vom 10. März und 18. Juli 2011).
Im weiteren Verlauf zog die Beigeladene zu 1. eine Auskunft der Gemeinsamen Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle der Psychotherapeutenkammern Niedersachsen (PKN) und Bremen bei. Danach wies das dort geführte Fortbildungskonto des Klägers für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 1. Januar 2011 einen Punktestand von 81 Fortbildungspunkten auf (Schreiben vom 26. September 2011). Auf den daraufhin von der Beigeladenen zu 1. gestellten Antrag entzog der Zulassungsausschuss D. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit (ZA) dem Kläger die Zulassung als Vertragspsychotherapeut mit Wirkung zum 23. Februar 2012. Als Grund führte der ZA an, dass der Kläger den Nachweis über eine ausreichende fachliche Fortbildung nicht erbracht habe und sich auch durch die empfindlichen Honorarkürzungen nicht habe beeindrucken lassen. Damit habe er sich nachhaltig seiner Fortbildungsverpflichtung verweigert und seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt (Beschluss vom 22. Februar 2012).
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe die Fortbildungspflicht durch eigene Forschungsarbeiten und sein Literatur- und Selbststudium erfüllt. Die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten habe er bei der PKN zwecks Akkreditierung eingereicht. Die dazu in der Auskunft der Gemeinsamen Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle aufgeführte Gutschrift von lediglich einem Punkt sei falsch; hiergegen habe er Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) D. erhoben. Davon unabhängig liege keine gröbliche Pflichtverletzung vor. Zudem sei die vollständige Entziehung der Zulassung weder erforderlich noch verhältnismäßig, weil eine hälftige Zulassungsentziehung oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung die gleichen Wirkungen entfaltet hätten. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger Bescheinigungen über seine Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und ein aktualisiertes Fortbildungskonto der Gemeinsamen Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle vom 24. Juli 2012 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 26. September 2012 - zur Post gegeben am 31. Oktober 2012 - hat der beklagte Berufungsausschuss (BA) den Widerspruch zurückgewiesen. Die Dauer und Nachhaltigkeit, mit der der Kläger seine Pflicht zur fachlichen Fortbildung und entsprechende Nachweisführung gegenüber der KÄV verletze und Hinweise ignoriere, rechtfertigten die Einschätzung, dass der Kläger seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt habe. Im Hinblick auf die eigene Forschungsarbeit trage er das Risiko der Anerkennung als Fortbildungsleistung. Unabhängig davon sei dem Kläger die Zulassung auch aus dem Grund zu entziehen, dass er seit mehr als sieben Jahren keine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in nennenswertem Umfang mehr ausgeübt habe. In den letzten vier Quartalen vor der Entscheidung des Ausschusses habe der Kläger insgesamt lediglich sechs Fälle abgerechnet. Indem er die ihm obliegende Fortbildungsverpflichtung nicht erfüllt habe und die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe, sei er in der Gesamtschau als ungeeignet für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit anzusehen.
Gegen den Beschluss des Beklagten hat der Kläger am 3. Dezember 2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Er hat dort auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen, weitere Bescheinigungen über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen vorgelegt und sich insoweit auf andauerndes Wohlverhalten berufen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass der Kläger gegen seine Fortbildungspflicht in einem Umfang verstoßen habe, der die Entziehung seiner Zulassung rechtfertige. Von den erforderlichen 250 Fortbildungspunkten für den Fünfjahreszeitraum bis zum 30. Juni 2009 habe er - auch unter Berücksichtigung der nachträglich vorgelegten Nachweise - lediglich einen Bruchteil nachgewiesen. Mit dem Hinweis auf sein Literatur- und Selbststudium könne der Kläger nicht gehört werden, weil dessen Umfang nicht objektiv überprüft werden könne und dafür auch nicht der gesetzlich vorgesehene Nachweis vorliege. Im Übrigen unterliege eine selbst gewählte Form der Fortbildung - hier: die Forschungsarbeit des Klägers - immer einem Bewertungsrisiko, das der Kläger zu tragen habe. Nicht maßgeblich sei, was der Kläger subjektiv als ausreichende Fortbildung ansehe. Es sei auch weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass dem Kläger eine Teilnahme an anerkannten Fortbildungsveranstaltungen im erforderlichen Umfang nicht möglich gewesen wäre. Sein Einwand, er sei nicht auf die zum nachträglichen Nachweis der Fortbildung eingeräumte Karenzzeit von zwei Jahren hingewiesen worden, greife nicht durch, weil die Karenzzeit gesetzlich geregelt sei, es eines Hinweises daher nicht bedürfe und die Kenntnis der Rechtslage in der Risikosphäre des Klägers liege. Die Entziehung der Zulassung sei auch verhältnismäßig, nachdem der Kläger insgesamt zu erkennen gegeben habe, dass er nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, die vom Gesetzgeber für erforderlich erachtete Fortbildung zu absolvieren und nachzuweisen. Nach alledem könne offen bleiben, ob die Zulassungsentziehung auch im Hinblick auf den geringen Umfang der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit des Klägers gerechtfertigt ist.
Gegen den ihm am 10. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10. März 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Nach einem Hinweis des Senats auf einen Anhörungsmangel im Verfahren vor dem BA hat der Beklagte den Kläger hinsichtlich einer Neubescheidung seines Widerspruchs gegen den Beschluss des ZA vom 22. Februar 2012 angehört (Schreiben vom 15. Februar 2016) und anschließend nochmals beschlossen, ihm die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu entziehen. Der Kläger habe seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt, indem er weder innerhalb des gesetzlich bestimmten Fünfjahreszeitraums noch innerhalb der darauf folgenden zwei Jahre einen Nachweis über eine ausreichende fachliche Fortbildung erbracht habe, obwohl sein Honorar bereits um 10 vH im ersten Überschreitungsjahr und um 25 vH seit dem zweiten Überschreitungsjahr gekürzt werde. Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 24. Juni 2014 (8 LA 168/13) sei geklärt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Neubewertung seiner Forschungsarbeit habe; diese Entscheidung sei auch für die Beteiligten des Zulassungsentziehungsverfahrens bindend. Unabhängig davon sei die Zulassung auch deshalb zu entziehen, weil der Kläger die vertragspsychotherapeutische Tätigkeit nicht mehr ausübe. Insofern sei maßgebend, dass er seit mehr als zehn Jahren keine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in nennenswertem Umfang mehr erbracht habe. In den letzten vier Quartalen vor der Entscheidung des BA (Quartale IV/2014 bis III/2015) habe der Kläger insgesamt nur vier Fälle abgerechnet (Beschluss vom 6. April 2016).
Nach der Neubescheidung haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf den (ersetzten) Beschluss des Beklagten vom 26. September 2012 übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klage gegen den Beschluss vom 6. April 2016 hält der Kläger unter Beibehaltung seines bisherigen Vorbringens aufrecht und führt ergänzend aus, die PKN habe verspätet über eine Berücksichtigung der Forschungsarbeit entschieden. Zudem seien die Forschungsleistungen nur unzureichend berücksichtigt worden; sie seien im Verhältnis zu anderen Fortbildungsmaßnahmen gleichwertig und müssten auch dementsprechend bewertet werden. Im Hinblick auf den Umfang seiner Tätigkeit trägt der Kläger vor, er habe seit dem Quartal II/2005 nicht sämtliche, sondern durchgehend nur eine geringere Anzahl der tatsächlichen Behandlungsfälle gegenüber der Beigeladenen zu 1. abgerechnet. In diesem Zusammenhang müssten auch Einschränkungen infolge der ab März 2012 aufgetretenen Erkrankungen des Klägers berücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 6. April 2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt seinen Beschluss.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der beigezogenen Prozessakte des VG D. (Az: 1 A 116/12) und des Niedersächsischen OVG (8 LA 168/13) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses vom 6. April 2016 ist zulässig, aber unbegründet.
1. Gegenstand des Verfahrens ist nur noch die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 6. April 2016, mit dem der Beklagte dem Kläger (erneut) die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung entzogen hat. Dieser Beschluss hat den ursprünglich ergangenen Beschluss des BA vom 26. September 2012 in vollem Umfang ersetzt und ist damit gem §§ 96 Abs 1, 153 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum (alleinigen) Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens geworden (vgl hierzu Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 28. Oktober 2009 - B 6 KA 56/08 B; BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - B 6 KA 39/11 R).
Prozessrechtlich hat das zur Folge, dass der mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 5. Februar 2014 gegenstandslos geworden ist. Dem haben die Beteiligten insofern Rechnung getragen, als sie den Rechtsstreit im Hinblick auf den Beschluss vom 26. September 2012 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Demzufolge hat der Senat (jetzt erstinstanzlich) nur noch über die Klage gegen den Beschluss vom 6. April 2016 zu entscheiden. Dabei kommt es weder darauf an, ob alle prozessualen Voraussetzungen für die Klage gegen den ursprünglich angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 26. September 2012 vorgelegen haben, noch darauf, ob die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG statthaft und zulässig gewesen ist (vgl zu alledem Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 Rn 7 mwN).
2. Die als Anfechtungsklage gem § 54 Abs 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beschluss des Beklagten vom 6. April 2016, mit dem dem Kläger die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung entzogen worden ist, ist rechtmäßig.
a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung des Beklagten ist die Regelung in § 95 Abs 6 S 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die gem § 72 Abs 1 S 2 SGB V für Psychotherapeuten entsprechend gilt. Danach ist einem Vertragspsychotherapeuten die Zulassung ua dann zu entziehen, wenn er seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragspsychotherapeutischen Versorgung notwendig ist. Davon ist auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragspsychotherapeutischen Versorgung durch das Verhalten des Psychotherapeuten in erheblichem Maß verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen so tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragspsychotherapeuten nicht mehr zugemutet werden kann (stRspr, vgl etwa BSG, Beschluss vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 37/14 B, Rn 9 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 368a Abs 6 Reichsversicherungsordnung (RVO) und der dazu gleichlautend ergangenen BSG-Rechtsprechung vgl Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 28. März 1985 - 1 BvR 1245/84, 1 BvR 1254/84, Rn 26 f - SozR 2200 § 368a Nr 12).
b) Der Beschluss des Beklagten vom 6. April 2016 ist formell rechtmäßig; insbesondere ist der Kläger mit dem Schreiben des Beklagten vom 15. Februar 2016 iSd § 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nunmehr insgesamt ordnungsgemäß angehört worden.
Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem nach § 24 Abs 1 SGB X Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Maßgebend ist insofern, dass die Behörde dem Beteiligten alle Tatsachen aufgezeigt hat, die nach ihrer Rechtsansicht für die Entscheidung erheblich sind und auf die sie sich auch tatsächlich gestützt hat bzw stützen will (vgl dazu Siefert in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 24 Rn 13 mwN). Das ist nunmehr insgesamt - also auch im Hinblick auf diejenigen Tatsachen, die der Beklagte dem angeführten weiteren Entziehungsgrund des Nichtmehrausübens der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit gem § 95 Abs 6 S 1 SGB V zugrunde gelegt hat, zu denen dem Kläger vor Erlass des Beschlusses vom 26. September 2012 aber keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden war - der Fall.
c) Auch in materieller Hinsicht ist der Beschluss des Beklagten vom 6. April 2016 nicht zu beanstanden; der Beklagte hat dem Kläger zu Recht die Zulassung als Vertragspsychotherapeut entzogen.
Dabei folgt die Berechtigung und Verpflichtung des Beklagten zur Entziehung der Zulassung aus dem Umstand, dass der Kläger seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt hat, indem er weder der Verpflichtung zum Nachweis der ausreichenden fachlichen Fortbildung gem § 95d Abs 3 SGB V noch der Verpflichtung zur fachlichen Fortbildung als solcher (§ 95d Abs 1 SGB V) nachgekommen ist.
aa) Gem §§ 95d Abs 1 S 1, 72 Abs 1 S 2 SGB V ist der Vertragspsychotherapeut verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Dazu ist in § 95d Abs 3 S 1 SGB V vorgesehen, dass ein Vertragspsychotherapeut alle fünf Jahre gegenüber der KÄV den Nachweis zu erbringen hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Abs 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Der Kläger, der am 30. Juni 2004 bereits zugelassen war, hatte den Nachweis nach S 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen, § 95d Abs 3 S 3 SGB V (in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003, BGBl I 2190, im Folgenden: aF). Nach § 95d Abs 3 S 4 SGB V kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachgeholt werden.
Den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung regeln die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBVen) im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene (§ 95d Abs 6 S 1 SGB V). Auf dieser Grundlage hat die KBV im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer in § 1 Abs 3 S 1 der Regelung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V (DÄ 2005, Heft 5, A 306; im Folgenden: Regelung der KBV) festgelegt, dass Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten innerhalb des Fünfjahreszeitraums 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen haben.
bb) Der Kläger hat weder diesen Nachweis erbracht noch sich in dem geforderten Umfang fachlich fortgebildet.
Nach § 2 Abs 1 der Regelung der KBV wird der Nachweis der Fortbildung idR durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer geführt. Nach der insoweit aktuellsten Auflistung der Gemeinsamen Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle vom 24. Juli 2012 hat der Kläger in dem am 1. Juli 2004 beginnenden Fünfjahreszeitraum und den sich anschließenden zwei Jahren bis zum 30. Juni 2011 insgesamt nur 81 Fortbildungspunkte erlangt. Die Teilnahme an Fortbildungen nach dem 30. Juni 2011, die teilweise bereits in dieser Auflistung aufgeführt sind und im Übrigen vom Kläger durch Vorlage diverser Teilnahmebescheinigungen dargelegt worden sind, muss schon aus dem Grunde unberücksichtigt bleiben, dass sie außerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums erfolgt ist (vgl BSG aaO, Rn 12 f). Daher bedarf es für die durch bloße Vorlage von Teilnahmebescheinigungen dargelegten Fortbildungen auch keiner Entscheidung darüber, ob diese als andere Fortbildungsnachweise iSv § 3 der Regelung der KBV Anerkennung finden könnten. Aus demselben Grund kommt es auch nicht auf die im Schreiben der Gemeinsamen Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle vom 19. Februar 2016 anerkannten Fortbildungen in den Jahren 2015 und 2016 an.
Der Kläger kann im vorliegenden Verfahren auch nicht damit gehört werden, dass die PKN seine Forschungsarbeit nur in unzureichendem Umfang als Fortbildung iSd § 95d SGB V bewertet und ihn darüber hinaus über diese Bewertung zu spät in Kenntnis gesetzt habe. Insoweit hat schon das SG zutreffend erkannt, dass der Kläger das Risiko der Bewertung der von ihm selbst gewählten Fortbildung zu tragen hat. Mit der rechtskräftigen Ablehnung der Zulassung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des VG D. vom 28. August 2013 (Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 24. Juni 2014 - 8 LA 168/13) steht zugleich fest, dass der Kläger gegen die insoweit zuständige PKN keinen Anspruch auf Neubewertung seiner Forschungsarbeit hat. Diese Rechtslage ist für die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich; die Bewertung der Forschungsarbeit ist demzufolge vom Senat nicht zu überprüfen. Im Übrigen ist allerdings auch nicht erkennbar, dass der Kläger sich überhaupt rechtzeitig um eine Anerkennung seiner Forschungsarbeit bemüht hätte. Gegenüber der Beigeladenen zu 1. hat er angegeben, dass er der Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle der PKN (erst) am 30. Juni 2009 Angaben über die von ihm wahrgenommenen Fortbildungen und seine langjährige Studiums- und Fortbildungsarbeit vorgelegt habe (Schreiben vom 24. Juni 2011). Insoweit musste sich ihm aber ohne weiteres aufdrängen, dass diese Angaben am letzten Tag der Fünfjahresfrist nicht ausreichend waren, um gegenüber der Beigeladenen zu 1. fristgerecht den Nachweis über eine ausreichende fachliche Fortbildung zu erbringen. Auch auf eine frühere Vorlage der Forschungsarbeit bei anderen Institutionen (Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft und Marianne-Ringler-Stiftung) kann sich der Kläger nicht berufen, weil diese ersichtlich in keinem Zusammenhang zu den aus der Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung folgenden Pflichten des Klägers stand.
Damit steht gleichzeitig fest, dass der Kläger auch seiner Verpflichtung zur (ausreichenden) fachlichen Fortbildung nicht nachgekommen ist. Von den erforderlichen 250 Fortbildungspunkten hat er lediglich ein knappes Drittel erlangt.
cc) In der Rechtsprechung des BSG ist bereits geklärt, dass eine Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung auch bei Verletzungen der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V in Betracht kommen kann. Insofern gelten keine anderen Maßstäbe als für sonstige Verstöße gegen vertragsärztliche Bestimmungen. Der Verstoß gegen § 95d SGB V betrifft grundlegende vertragsärztliche Pflichten: Die Fortbildungspflicht selbst ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Vertragsärzte (bzw Vertragspsychotherapeuten) die Versicherten nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse behandeln; die Nachweispflicht sichert dies ab (BSG aaO, Rn 8 ff mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung). In diesem Zusammenhang geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass ein Vertragsarzt, der fünf Jahre seiner Fortbildungspflicht nicht oder nur unzureichend nachkommt und sich auch durch empfindliche Honorarkürzungen nicht beeindrucken lässt, sich hartnäckig der Fortbildungsverpflichtung verweigert und damit seiner vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt (Gesetzesbegründung zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 110 zu § 95d Abs 3 SGB V).
Nach diesen Maßgaben liegt eine gröbliche Pflichtverletzung des Klägers vor. Wegen des fehlenden Fortbildungsnachweises hat die Beigeladene zu 1. das Honorar des Klägers ab dem Quartal III/2009 um 10 vH und ab dem Quartal III/2010 um 25 vH gekürzt. Wenn der Kläger trotz dieser schon für sich genommen empfindlichen Maßnahmen und der wiederholten Ankündigungen der Beigeladenen zu 1. auf die Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens auch in den auf den Ablauf des ihm bekannten Fünfjahreszeitraums folgenden zwei Jahren keinerlei Anstrengungen unternommen hat, die fachliche Fortbildung im notwendigen Umfang nachzuholen, so kommt darin eine Gleichgültigkeit gegenüber seinen vertragspsychotherapeutischen Pflichten zum Ausdruck, die nicht erwarten lässt, dass der Kläger bereit wäre, die gesetzliche Ordnung der vertragspsychotherapeutischen Versorgung künftig einzuhalten. Dies rechtfertigt ohne weiteres den Schluss, dass das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen aufgrund des Verhaltens des Klägers so nachhaltig gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zugemutet werden kann.
Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, die PKN habe ihn über die Anerkennung seiner Forschungsarbeit als Fortbildung über einen längeren Zeitraum im Unklaren gelassen. Wenn er daraus ein fehlendes eigenes Verschulden herleiten will, führt dies schon deshalb zu keinem für ihn günstigeren Ergebnis, weil der Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung kein Verschulden des Vertragspsychotherapeuten voraussetzt (BSG aaO, Rn 11 mwN).
dd) Der Entziehung der Zulassung steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1. den Kläger nicht darauf hingewiesen hätte, dass bei Versäumen der Frist zur Nachholung der gebotenen Fortbildung die Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens vorgesehen ist. Abgesehen davon, dass ein solcher Hinweis in dem Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 10. März 2011 tatsächlich enthalten ist, ist dieser Hinweis keine notwendige Voraussetzung für die Zulassungsentziehung. Zwar enthält § 5 S 2 der Regelung der KBV die Vorgabe, dass die KÄVen den Vertragspsychotherapeuten gleichzeitig mit dem Hinweis über die Frist zur Nachholung der Fortbildung (§ 5 S 1 der Regelung der KBV) darauf hinzuweisen haben, dass bei Versäumen dieser Frist die Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens vorgesehen ist und die nachgeholte Fortbildung auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet wird. Die KBV war aber nicht ermächtigt, weitere Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung aufzustellen. Die Ermächtigung in § 95d Abs 6 SGB V beschränkt sich vielmehr darauf, im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung (S 1) sowie das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung zu regeln (S 2 und 3). Davon sind zusätzliche, nicht bereits gesetzlich vorgesehene Regelungen über das Verfahren der Entziehung der vertragspsychotherapeutischen Zulassung ersichtlich nicht erfasst.
ee) Die Zulassungsentziehung ist auch verhältnismäßig. Sie ist geeignet und erforderlich, weil selbst die fortdauernden Honorarkürzungen nach § 95d Abs 3 S 3 SGB V dem Kläger nicht zur Einsicht verholfen haben (vgl BSG aaO, Rn 17). Eine nur hälftige Entziehung der Zulassung stellt schon deshalb kein geeignetes und erst recht kein gleich geeignetes Mittel dar, weil eine solche Maßnahme den Kläger tatsächlich überhaupt nicht belasten würde; der Kläger übt die vertragspsychotherapeutische Tätigkeit seit Jahren nur in einem minimalen Umfang aus und könnte dies in unverändertem Umfang fortsetzen, wenn er lediglich noch über eine halbe Zulassung verfügen würde.
Die Beigeladene zu 1. hat auch zu Recht nicht in Betracht gezogen, anstelle des Antrags auf Entziehung der Zulassung ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Die Entziehung der Zulassung stellt auch nach Auffassung des Senats das einzig geeignete Mittel zur nachhaltigen Sicherung und zum Schutz der ordnungsgemäßen vertragspsychotherapeutischen Versorgung dar. Eine Disziplinarmaßnahme als milderes Mittel kann dieses Ziel nicht in gleicher Weise erfüllen. Denn als strengste Maßnahme sieht die Disziplinarordnung der Beigeladenen zu 1. ein Ruhen der Zulassung vor, bei der der Vertragspsychotherapeut in der KÄV verbleibt und nur zeitweilig (bis zu zwei Jahre, § 1 Abs 1 S 1 Disziplinarordnung) von seiner vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit ausgeschlossen ist. Das ist angesichts der über einen Gesamtzeitraum von sieben Jahren fortdauernden Pflichtverletzungen des Klägers aber ersichtlich nicht ausreichend, um das Vertrauen in eine ordnungsgemäße, die rechtlichen Vorgaben beachtende Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit wiederherzustellen.
Von einer Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne könnte im Übrigen etwa ausgegangen werden, wenn der geforderte Umfang der fachlichen Fortbildung nur um wenige Stunden verfehlt wird (vgl auch dazu BSG aaO mwN). Ein solcher oder damit auch nur vergleichbarer Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Insbesondere leuchtet dem Senat auch nicht ein, in welcher Hinsicht die Erkrankungen des Klägers ab März 2012 Einfluss auf die Erfüllung der Fortbildungs- und Nachweispflicht im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2009 bzw auf eine nachträgliche Erfüllung dieser Pflichten in den sich anschließenden zwei Jahren bis zum 30. Juni 2011 gehabt haben und damit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sein könnten.
3. Da bereits die gröbliche Verletzung vertragspsychotherapeutischer Pflichten für sich genommen die Entziehung der Zulassung des Klägers rechtfertigt, bedarf keiner Entscheidung, ob dem Kläger die Zulassung auch aus dem Grunde entzogen werden durfte, dass er die vertragspsychotherapeutische Tätigkeit nicht mehr ausübt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs 1 und 3, 155 Abs 4, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache in Hinblick auf den ursprünglichen Beschluss vom 26. September 2012 war dabei auch über die erst- und zweitinstanzlich entstandenen Kosten des insoweit geführten Rechtsstreits zu befinden, und zwar gemäß § 161 Abs 2 S 1 VwGO nach billigem Ermessen. Der Beklagte hat durch die zunächst unterlassene Anhörung des Klägers im Hinblick auf den von ihm angeführten weiteren Entziehungsgrund (Nichtmehrausüben der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit) Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Insoweit lässt schon der tatsächliche Verfahrensverlauf keinen Zweifel daran, dass den Beklagten ein Verschulden an dem Anhörungsmangel trifft: Nachdem Gegenstand des Verwaltungsverfahrens ausschließlich die Verletzung von Fortbildungspflichten war, hat der BA seinen ursprünglichen Beschluss vom 26. September 2012 ohne eine darauf bezogene Anhörung des Klägers auch auf ein Nichtmehrausüben der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit gestützt. Dazu hat er die Fallzahlen herangezogen, die ihm offenbar auf seine Anforderung einen Tag vor der Entscheidung von der Beigeladenen zu 1. übermittelt worden waren. Der Kläger konnte auch angesichts der Verfahrensweise einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hierzu nicht mehr Stellung nehmen. Auch wenn dieser Sachverhalt im Ergebnis ohne Auswirkungen auf die materielle Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung bleibt, stellt sich das Vorgehen des Beklagten als schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers dar, die es rechtfertigt, ihm ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine eigenen Anträge gestellt und sich insoweit auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei legt der Senat regelmäßig die zuletzt vor der Zulassungsentziehung erzielten Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit abzüglich der durchschnittlichen Praxiskosten zugrunde. Maßgebend sind hier die letzten zwölf Quartale vor der (erstmaligen) Entscheidung des Beklagten vom 26. September 2012, mithin die Quartale III/2009 bis II/2012, in denen der Kläger Honorare iHv insgesamt 14.672 Euro erzielt hat. Da keine Daten zu den durchschnittlichen Praxiskosten vorliegen, erscheint die Heranziehung eines geschätzten Kostensatzes von 50% als sachgerecht (vgl BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2005 - B 6 KA 47/04 B).