Landgericht Oldenburg
Urt. v. 10.10.2008, Az.: 8 O 1247/08

Verkehrssicherungspflichten für ein in Praxisräumen befindliches Laufbandgerät

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
10.10.2008
Aktenzeichen
8 O 1247/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 37422
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2008:1010.8O1247.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 13.02.2009 - AZ: 6 U 212/08

...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 19.09.2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Brutzer,
die Richterin am Landgericht Kopka-Paetzke und
den Richter Weigmann
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung aus abgetretenem Recht in Anspruch.

2

Die Zeugin ... suchte am 09.11.2007 die Praxisräume des Beklagten im Rahmen von ärztlich verordneten Krankengymnastik- bzw. Funktionstrainingsstunden auf. Anläßlich dieses Besuchs nutzte sie ein in den Praxisräumen befindliches Laufbandgerät des Beklagten. Hierzu betrat sie die Lauffläche des Gerätes und startete dieses. Als das Laufband anlief, verlor die Zeugin das Gleichgewicht, stürzte und in der Folge geriet ihre linke Hand zwischen die Verkleidung des Gerätes und das Laufband. Hierdurch zog sich die Zeugin Verletzungen in Form von schweren Quetschungen an der linken Hand und am Unterarm sowie mehrere Prellungen zu. Eine Einweisung in die Funktionsweise des Laufbandes durch Mitarbeiter des Beklagten erfolgte vor dem Training nicht. Auch ist in dem schriftlichen Trainingsplan der Zeugin ... das Laufbandgerät als Trainingsgerät nicht aufgelistet. Mit Erklärung vom 31.03.2008 trat die Zeugin ... die ihr aus dem Unfall möglicherweise gegenüber dem Beklagten zustehenden Ansprüche an den Kläger ab.

3

Der Kläger behauptet, dass der Zeugin ... die Nutzung des Laufbandes von einem Mitarbeiter des Beklagten, dem Zeugen ... im Rahmen der ihr verordneten Krankengymnastik- bzw. Funktionstrainingsstunden gestattet worden sei. Das Laufband sei dann unvermittelt nach dem Startvorgang derart schnell angelaufen, so dass die Zeugin von diesem weggerissen wurde. Hierfür seien technische Mängel des Gerätes verantwortlich. Das Gerät hätte in diesem Zustand nicht zum Betrieb angeboten werden dürfen. Auch habe während des Trainings und nach dem Unfall keine ordnungsgemäße Beaufsichtigung durch Mitarbeiter des Beklagten stattgefunden.

4

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte aus einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hafte. Er ist der Ansicht, dass ihm hinsichtlich des Unfalls ein angemessenes Schmerzensgeld zustehe, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellt. Darüber hinaus legt er im Einzelnen dar, dass er Ansprüche auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 1.458,00 €, den Ersatz der Nebenkostenpauschale in Höhe von 25,00 € und den Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von 515,50 € habe. Ferner legt er im Einzelnen medizinische Untersuchungskosten in Höhe von 145,75 € dar, die gleichfalls im Rahmen des Schadensersatzes eingefordert werden. Da der Zeugin ... an der linken Hand Haut transplantiert werden musste, stehe zudem zu erwarten, dass Folgeschäden verbleiben werden. Damit sei auch ein Feststellungsanspruch begründet.

5

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.161,61 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

  3. 3.

    festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die der Zeugin ... aus dem Unfall am 09.11.2007 in den Praxisräumen des Beklagten, ..., künftig entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

6

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Der Beklagte behauptet, dass die Zeugin ... zur Nutzung des Gerätes nicht befugt gewesen sei. Die Zeugin habe nur solche Geräte nutzen dürfen, die der Trainingsplan für sie vorgesehen habe und in deren Funktionsweise sie eine Einweisung durch Mitarbeiter des Beklagten erhalten habe. Dieses sei bei dem Laufband nicht der Fall gewesen.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den als vorgetragen geltenden Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

9

Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beschluss vom 21.07.2008, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Das Gericht hat die Zeugen ... vernommen. Wegen des Ergebnisses wird insoweit auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

11

Dem Kläger steht weder aus §§823, 253 Abs. 2 BGB noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu. Ebenso wenig kann die Feststellung weiterer Ersatzpflichten verlangt werden.

12

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts nicht ergeben, dass dem Beklagten ein schuldhaftes Handeln, insbesondere die schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, vorzuwerfen ist. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass vorliegend überhaupt eine Verkehrssicherungspflicht des Beklagten gegenüber der Zeugin ... bestand. Der Kläger ist für das Bestehen und die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch den Beklagten beweispflichtig. Ein Anscheinsbeweis greift vorliegend nicht. Diesen Beweis hat der Kläger nicht erbracht.

13

Zwar hat die Zeugin ... angegeben, dass sie zur Nutzung des Laufbandes befugt gewesen sei. Dieses habe ihr der Zeuge ... erlaubt, indem er ihr erklärt habe, dass sie im Verlauf ihrer Funktionstrainingsstunden ihr Training auch auf andere Geräte erweitern könne. Auch habe der Zeuge ... ihr nicht ausdrücklich die Nutzung des Laufbandgerätes verboten.

14

Dem steht jedoch die nicht weniger glaubhafte Aussage des Zeugen ... gegenüber. Der Zeuge ... hat angegeben, dass er der Zeugin ... die Nutzung des Laufbandes ohne eine Einweisung in das Gerät nicht gestattet habe. Die Zeugin sollte vielmehr lediglich die Geräte nutzen, die ihr Trainingsplan für sie vorsah. Wenn er ihr gesagt habe, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auch andere Geräte im Rahmen der ihr verordneten Funktionstrainingsstunden nutzen dürfe, dann nur unter der Maßgabe, dass zuvor eine Einweisung in die Funktionsweise der Geräte erfolgt ist.

15

Die Aussagen der Zeugen stehen insoweit gleichwertig nebeneinander. Keiner der beiden Aussagen kam zur Überzeugung der Kammer eine höhere Glaubhaftigkeit zu. Beide Zeugen waren zudem gleichsam glaubwürdig, so dass nicht festgestellt werden konnte, welcher der beiden Zeugen möglicherweise die Unwahrheit gesagt hat. Damit hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis bezüglich des Bestehens und der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht erbracht.

16

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Sie musste mit der Kostenfolge aus §91 Abs. 1 ZPO abgewiesen werden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus§709 ZPO.

Dr. Brutzer
Kopka-Paetzke
Weigmann