Landgericht Oldenburg
Urt. v. 01.10.2008, Az.: 5 O 1681/08

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
01.10.2008
Aktenzeichen
5 O 1681/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 44194
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2008:1001.5O1681.08.0A

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wegen Wettbewerbsverstoß

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 10.09.2008 durch

den Richter am Landgericht ...

die Richterin am Landgericht ...

den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. einstweilige Verfügung vom 07.07.2008 bleibt aufrechterhalten.

  2. Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Ansprüche der Verfügungsklägerin auf die Unterlassung wettbewerbsrechtlich unzulässiger Werbung durch die Verfügungsbeklagte.

2

Die Verfügungsklägerin bietet ihren Kunden bundesweit die Beteiligung an sog. "Winfonds" an. Gegenstand dieser Winfonds ist die Erzielung von Erträgen durch die Beschaffung von Bezugs- und Berechtigungsscheinen, Zertifikaten und Partizipationsscheinen und/oder sonstigen Inhaberpapieren sowie durch den Einsatz der Gesellschaftsmittel in weitere Beteiligungsformen und Geschäftsmodelle, insbesondere solche mit kurzfristigen Gewinn- und Ertragspotentialen. Hierzu gehören u.a. Ausspielungen, Lotterien, Gewinnspiele. Wetten und Wertpapier- oder wertpapierähnliche Geschäfte.

3

Die Verfügungsbeklagte veranstaltet verschiedene Glücksspiele in Niedersachsen. Sie bewarb auf der von ihr betriebenen Internetseite die Spielangebote "LOTTO-Superding", "LOTTO 6 aus 49" und "Glücksspirale" wie unten wiedergegeben.

4

Die Verfügungsklägerin meint, die Werbung für das "LOTTO-Superding" verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV. Es handele sich insoweit um eine unzulässige Anreizwerbung. Im übrigen verstoße die Werbung für das "LOTTO-Superding" wie auch für die "Glücksspirale" und das "LOTTO 6 aus 49", soweit sie im Internet erfolge, gegen das generelle Werbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV.

5

Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat das Gericht am 07.07.2008 die folgende einstweilige Verfügung erlassen:

6

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es zu unterlassen, bei Wettbewerbshandlungen auf dem Gebiet des Glückspielwesens

  1. 1.)

    für die Teilnahme an dem Spielangebot "Lotto-Superding" mit der Ersparnis von 50 % bzw. dem konkreten_Betrag (hier 31,25 EUR) wie folgt zu werben bzw. werben zu lassen:

    lg_oldenburg_2008-10-01_5-o-1681-08_abb001.jpg
  2. 2.)

    für die Lotterieveranstaltung GlücksSpirale im Internet wie am 04.06.2008 unter "http://www.....de/s/managed_html/427/index.html" und beispielhaft wie im Folgender, zu werben bzw. werben zu lassen:

    lg_oldenburg_2008-10-01_5-o-1681-08_abb002.jpg
  3. 3.)

    für die Lotterieveranstaltung 6 aus 49 im Internet wie folgt am 12.06.2008 unter "http://www.....de/s/play/ground/homepage.do" zu werben bzw. werben zu lassen:

    lg_oldenburg_2008-10-01_5-o-1681-08_abb003.jpg
7

Dagegen hat die Verfügungsbeklagte unter dem 31.07.2008 Widerspruch eingelegt.

8

Die Verfügungsklägerin beantragt,

  1. den Widerspruch vom 31.07.2008 zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung vom 07.07.2008 aufrechtzuerhalten.

9

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

  1. die einstweilige Verfügung vom 07.07.2008 aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

10

Die Verfügungsbeklagte meint, in Bezug auf das "LOTTO-Superding" liege keine unzulässige Werbung vor. Die Verfügungsbeklagte komme dabei nur ihrer verwaltungsrechtlichen Pflicht nach, nicht abgeholte und nicht zustellbare Gewinne in Sonderauslosungen auszuschütten. Die Bedingungen dafür seien durch die Glücksspielaufsichtsbehörde ausdrücklich genehmigt worden. Ein Rechtsbruch gemäß § 4 Nr. 11 UWG liege nach der Rechtsprechung des BGH nicht vor, wenn ein Marktverhalten durch einen Verwaltungsakt ausdrücklich erlaubt sei. Außerdem handele es sich nicht um die Schaffung eines gezielten Anreizes; nur dieser sei jedoch von § 5 Abs. 1 GlüStV erfasst. Auch werde durch die einmalige Sonderveranstaltung nicht im Widerspruch zu den in § 1 GlüStV normierten Zielen nicht die Gefahr der Spielsucht gefördert.

11

Hinsichtlich der beanstandeten Internetdarstellungen zur "Glücksspirale" und zum "LOTTO 6 aus 49" fehle es am Vorliegen von "Werbung". Es handele sich insoweit vielmehr nur um Hinweise auf die Teilnahmemöglichkeit. Für die Bestimmung des Begriffs der Werbung könne hier nicht die (weite) Definition in der Richtlinie 2006/114/EG herangezogen werden. Im Ergebnis wäre dann schon die bloße Existenz einer Internetpräsenz der Verfügungsbeklagten als Glücksspielanbieterin unzulässig. Der glücksspielrechtliche Begriff der Werbung erfasse den unter Gebrauch von Medien geschaffenen verbalisierten oder sonst äußerlich geschaffenen Anreiz zur Wahrnehmung eines bestimmten gewerblichen Angebotes. Darunter fielen Rundfunkwerbung, Zeitungsannoncen und Werbebanner auf fremden Internetseiten, nicht aber eine eigene Internetpräsenz. Im Hinblick auf die Bedeutung der Regelung für die Berufsausübungsfreiheit sei eine europarechtskonforme Auslegung geboten.

12

Auch stünde das Verständnis der Verfügungsklägerin vom Inhalt der Werbebeschränkungen aus § 5 Abs. 3 GlüStV im Widerspruch zu dem Umstand, dass gemäß §§ 25 Abs. 6, 27 Abs. 3 GlüSpG der Internetvertrieb durch Lotteriegesellschaften bis zum 31.12.2008 fortgeführt werden dürfe.

13

Daneben liege kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien vor. Die Verfügungsklägerin sei entweder als Spielevermittlerin tätig und entbehre dann der erforderlichen Erlaubnis für die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele gemäß § 4 GlüStV, was ihr Verhalten rechtswidrig und auch wettbewerbswidrig mache, oder sie sei gerade keine Spielevermittlern, sondern Vermittlerin für Beteiligung an Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die sich wiederum an Fonds beteiligten. Dann stehe sie nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Verfügungsbeklagten als Veranstalterin öffentlicher Glücksspiele.

14

Auch fehle es an der Eignung der beanstandeten Handlungen zur nicht unerheblichen Beeinträchtigung des (vermeintlichen) Wettbewerbs zwischen den Parteien. Weiterhin meint die Verfügungsbeklagte, die Geltendmachung der streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche durch die Verfügungsklägerin stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil diese selber in wettbewerbswidriger Weise werbe.

15

Im übrigen seien die Verfügungsanträge inhaltlich zu unbestimmt.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die einstweilige Verfügung vom 07.07.2008 war auf den Widerspruch hin aufrechtzuerhalten. Die Verfügungsanträge sind zulässig und begründet.

18

I.

Das Gericht folgt nicht der Ansicht der Verfügungsbeklagte, die Verfügungsanträge seien zu unbestimmt. Hinsichtlich der Werbung für das "LOTTO-Superding" ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine Werbung mit einer "Ersparnis" eines Prozentsatzes oder eines konkreten Betrages verboten werden soll; hinsichtlich der weiteren beanstandeten Werbungen ist klar, dass diese nicht im Internet erfolgen darf. Es handelt sich bei allen Anträgen um "die zulässige typische Konkretisierung eines angestrebten allgemeinen Verhaltensverbots mit Hilfe der Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungshandlung. Diese Verletzungshandlung bildet die Basis des gerichtlichen Unterlassungsgebots und begründet durch die Bezugnahme auf den im Unterlassungstenor tenorierten konkreten Vorgang das Verbot aller künftigen, im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen" ( OLG Oldenburg, Urteil vom 18.09.2008, 1 W 66/08 ).

19

Die Ausführungen in der Widerspruchsbegründung geben keinen Anlass dazu, diesen Punkt abweichend von der angegriffenen Beschlussverfügung zu beurteilen.

20

II.

Die Verfügungsklägerin kann von der Verfügungsbeklagten nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 GlüStV verlangen, dass diese es unterlässt, zu Wettbewerbszwecken die oben dargestellten Werbungen zu verwenden.

21

1.)

Die Verfügungsklägerin ist für die Verfolgung der hier streitgegenständlichen Ansprüche entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten als deren Mitbewerberin im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht in Bezug auf das Angebot der Teilnahme an dem Glücksspiel "Lotto" ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.

22

Nach der Rechtsprechung des BGH ( GRUR 2001, 78; 2002, 828) kommt es für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses darauf an, ob die angebotenen Produkte der Beteiligten aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise austauschbar sind. Der Absatz des einen Unternehmens muss auf Kosten des anderen gehen können (Köhler/Piper § 1 Rz. 599, § 2 Rz. 24).

23

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Verfügungsklägerin führt zwar nicht selbst Lottospiele durch. Bei wirtschaftlicher Betrachtung bieten jedoch beide Parteien aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise dasselbe Produkt an, nämlich die Verschaffung der Möglichkeit, an einer Lottoausspielung mit der Chance auf einen Geldgewinn teilzunehmen, wenngleich dazu auch rechtlich unterschiedliche Konstruktionen gewählt worden sind (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.). Beide Parteien bewegen sich auch auf einem räumlich übereinstimmenden Markt, denn die Verfügungsklägerin bietet ihre Produkte auch in Niedersachsen an. Es ist denkbar, dass ein Verbraucher in Niedersachsen, der Geld in eine Gewinnchance investieren will, sich für den Abschluss eines Vertrages mit der Verfügungsklägerin entscheidet, anstatt bei der Verfügungsbeklagten Lotto zu spielen.

24

Bei der Bejahung eines Wettbewerbsverhältnisses berücksichtigt das Gericht auch, dass bei der Bestimmung des Begriffs im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes keines hohen Anforderungen zu stellen sind ( BGH GRUR 2004, 877, 878).

25

Der Umstand, dass die Verfügungsklägerin möglicherweise mit ihrer Tätigkeit gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere weil sie ohne die nach § 4 GlüStV erforderliche Erlaubnis Glücksspiele vermittelt, kann nicht im Sinne der Verfülungsbeklagten berücksichtigt werden. Denn ob der Anspruchsteller in rechtlich zulässiger Weise agiert, ist für die Frage der Mitbewerbereigenschaft grundsätzlich ohne Bedeutung, zumal mit der Verfolgung eines Verstoßes auch das Allgemeininteresse an unverfälschtem Wettbewerb geschützt wird (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 8 UWG Rz 3.28; § 2 Rz 8 a.E.).

26

In diesem Zusammenhang kann hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verfügungsbeklagte ihrerseits die hiesige Verfügungsklägerin in dem Verfahren 5 O 927/07 auf Unterlassung von ihrer Ansicht nach wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Anspruch nimmt und dabei vom Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses ausgeht.

27

2.)

Gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Vorliegend verstößt die Verfügungsbeklagte gegen die Vorschriften des § 5 GlüStV. Die dort enthaltenen Vorschriften sind Marktverhaltensregelungen, die dem Schutz der Spieler und Spielinteressenten vor Glücksspielsucht dienen sollen. Sie unterfallen daher dem Schutz des § 4 Nr. 11 UWG.

28

a)

Gemäß § 5 Abs. 2 GlüStV darf Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht im Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV stehen, insbesondere darf Werbung nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Dies tut die im Beschlusstenor zu Ziff. 1 dargestellte Werbung indessen. Die Gestaltung der Anzeige und der Wortlaut des dazugehörigen Textes gehen deutlich über eine bloße Information über die Möglichkeit der Teilnahme an dem angebotenen Glücksspiel hinaus. Durch die Anpreisung der "Ersparnis von 50 %" wird dem Leser aufgezeigt, dass der Spieler bei Durchführung dieses Spieles etwas ersparen könne. Die Anpreisung eines "garantierten Gewinns" soll ein besonderes Gefühl der Sicherheit bei diesem Glücksspiel vermitteln, da man niemals seinen gesamten Einsatz verlieren kann. Beide Anpreisungen zielen darauf ab, besondere Vorteile gegenüber dem "normalen" Lotto hervorzuheben und so einen besonderen Anreiz für das Glücksspiel "Superding" zu verschaffen. Sie sollen den Verkauf gerade dieses Produkts fördern. Da Formen der Werbung, die die Glücksspielsucht fördern, nach dem Ziel des GlüStV verboten werden sollten, kann eine solche Anpreisung, die eine Ersparnis und Gewinnsicherheit in den Vordergrund stellt, nicht zulässig sein. Dies muss um so mehr gelten, als die Verfügungsbeklagte den Leser der Werbung durch den ins Auge fallenden Hinweis auf die "limitierte Auflage" zu einem schnellen Handeln bewegen will, wenn er diese Spiel durchführen will. Sie schafft dadurch gezielt einen weiteren Anreiz zum Glücksspiel. Beides stellt einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1 GlüStV dar.

29

Ob es sich bei der Garantie des Gewinns, bei der Einsparungsmöglichkeit und bei der Limitierung um zulässige Aussagen über das konkrete Glücksspiel handelt oder nicht, ist dabei nicht entscheidungserheblich. Denn ausweislich des Antrages auf Erlass der einstweiligen Verfügung geht es allein um die Frage, ob die Gestaltung der Werbung eine zum Mitspiel aufmunternde Werbung i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 GlüStV ist (siehe S. 14 der Antragsschrift). Es geht der Verfügungsklägerin also nicht um das "Ob", sondern das "Wie" der konkreten Werbedarstellung. Infolgedessen ist es unerheblich, dass die Aufsichtsbehörde gegen das Lottospiel einschließlich des 50 %-igen Mindestgewinns als solches keine Einwände erhoben hat.

30

Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Billigung durch eine Verwaltungsbehörde die Wettbewerbswidrigkeit einer Wettbewerbshandlung beseitigt. Über einen Wettbewerbsverstoß nach dem UWG, der zudem ein Verschulden nicht voraussetzt, entscheiden im Streitfall die ordentlichen Gerichte.

31

b)

Die im Beschlusstenor zu Ziff. 2 angeführte Internetdarstellung stellt eine unzulässige Werbung i.S.d. § 5 Abs. 3 GlüStV dar. Durch diese Norm soll Werbung für öffentliches Glücksspiel konsequent unterbunden werden. Es soll sich dabei um ein umfassendes Werbeverbot handeln, da Werbung in diesem Medium durch seine Reichweite in besonderem Maß zum Gefährdungspotential von Glücksspielen beiträgt. Insbesondere beim Internet tritt neben die Breitenwirkung und die Zielgruppenorientierung als zusätzliches Gefahrenpotential die Möglichkeit zum sofortigen Übergang zur Teilnahme am Spiel, der im Internet grundsätzlich möglich ist. Daher ist zur Erreichung der Ziele des Staatsvertrages ein strenger Maßstab an den Begriff Werbung zu legen, um den Gefahren der Spielsucht entgegnen zu können.

32

Mit dem Einsatz des Bildes der "entspannenden Frau" soll beim Betrachter eine besondere Aufmerksamkeit für das konkrete Produkt erweckt werden. Sein Augenmerk wird sofort bei einem Blick auf die Internetseite auf diese Anzeige und die entsprechenden Gewinnmöglichkeiten gelenkt. Das Bild soll suggerieren, dass man sich durch die Teilnahme an diesem Spiel ein entspanntes Leben in der Hängematte ermöglichen kann. Dies stellt einen besonderen Anreiz dar, der als Werbung i.S.d. § 5 Abs. 3 GlüStV auszulegen ist. Auch das hervorgehobene Wort "Schnupperrente" soll dazu auffordern, einmal zu "schnuppern", was das betreffende Spiel bietet. Das ist eine gezielte Werbung an den Leser, um ihn zur Teilnahme am Spiel zu bewegen. Eine derart gestaltete Internetpräsenz ist unzulässig.

33

c)

Auch die Internetdarstellung mit der Lotto-Fee und dem ins Auge fallenden Hinweis auf den 8-Mio.-Jackpot, die Gegenstand des Beschlusstenors zu Ziffer 3 ist, ist unzulässige Werbung i.S.d. § 5 Abs. 3 GlüStV Die "Lotto-Fee" soll durch ihre Prominenz beim Betrachter Aufmerksamkeit erregen und Vertrauen erwecken mit dem Ziel, ihn letztlich allein durch den Blickfang zum Lotto-Spielen zu animieren. Dabei geht die Kammer davon aus, dass ein Verbot der Werbung im Internet nicht bedeutet, dass jedes Bild oder grafische Gestaltung verboten sind. Es kommt darauf an, ob der Internetauftritt von den Betrachtern als Information oder als Werbung aufgefasst wird. Vergleichbar ist die Abgrenzung bei der redaktionellen Werbung in der Presse. Auch dort wird danach unterschieden, ob ein redaktioneller Beitrag einen werblichen Überschuss ohne sachliche Rechtfertigung ausweist ( BGH GRUR 97, 912 - Die Besten I).

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Die Verwendung von Bildnissen Prominenter ist das typische Bild von Werbung. Die Antragsgegnerin hat sich nicht damit begnügt, ein Foto einer unbekannten, wenn auch sympathisch aussehenden Person zu wählen. Sie verwendet ein Bild der in den eingeweihten Kreisen als "Lottofee" bekannten Person.

35

Gleiches soll durch den sofort ins Auge fallenden Jackpot erreicht werden. Die optisch augenfällige Darstellung geht dabei über die bloße Information hinaus, da der Leser bereits durch den Fließtext in der Anzeige auf den Jackpot hingewiesen wird. Es soll mit der deutlich hervorgehobenen Darstellung der Jackpott-Summe gezielt das Augenmerk auf das Spiel "6 aus 49" gelenkt werden. Durch die Höhe des möglichen Gewinns wird ein gezielter Spielanreiz geschaffen, der als Werbung anzusehen ist. Dass ein solche Anreiz über die Höhe des Jackpots geschaffen wird, zeigt insbesondere die "Lotto-Hysterie", die - wie allgemein bekannt - in der Vergangenheit bei besonders hohen Jackpots erzielt wurde. Es zeigt sich also, dass gerade ein besonders hoher Jackpot einen besonderen Anreiz zum Spielen verschafft. Dies hat die Antragsgegnerin mit der hervorgehobenen Angabe der "8-Mio." gezielt eingesetzt und daher geworben i.S.d. § 5 Abs. 3 GlüStV.

36

Die über eine sachliche Information hinausgehende Werbung ist der entscheidende Punkt, in dem die Kammer die Auffassung der Antragsgegnerin nicht teilt. Ein Internetauftritt ist ohne weiteres möglich, ohne dass ein werblicher Überschuss vorhanden ist. Wie die Rechtsprechung zur redaktionellen Werbung zeigt, ist es möglich, sachlich zu berichten und weibliche Übertreibungen, Anpreisungen und Lockeffekte zu vermeiden. Bei einem so verstandenen Werbeverbot wird ein Lottobetreiber nicht in seinem Grundrecht nach Art. 12 GG verletzt.

37

Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Staat, der zudem letztlich für die Kosten der Spielsucht eintreten muss, berechtigt ist, dem Spielbetrieb Grenzen zu setzen. Wenn mit Hilfe des GlüStV bestimmte, besonders überzeugungsträchtige und daher für den suchtgeneigten Adressaten gefährliche Werbungsformen verboten werden, ist dies grundsätzlich weder unter den o.g. verfassungsrechtlichen noch gemeinschaftsrechtlichen Aspekten der Dienstleistungsfreiheit zu beanstanden. Es ist auch nicht erkennbar, welche weniger einschneidenden Maßnahmen bei der Rechtssetzung hätten ergriffen werden können, ohne das gesetzte Schutzziel in Frage zu stellen (OLG Oldenburg a.a.O.).

38

d)

Werbung ist nach der Richtlinie 2006/114/EG "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern." Soweit durch § 5 GlüStV hinsichtlich der Werbung für Glücksspiele Einschränkungen normiert werden, liegt dem ersichtlich kein abweichender Begriff der Werbung zugrunde.

39

Dass § 5 Abs. 3 GlüStV, wie die Verfügungsbeklagte meint, nur die Bannerwerbung auf Drittseiten erfasse, ist weder dem Wortlaut zu entnehmen, noch wäre es mit dem Zweck der Regelung vereinbar. Für eine Beschränkung des strikten Werbeverbots auf bestimmte Werbeformen im Internet geben weder der Text des GlüStV noch sonstige Quellen etwas her (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.).

40

Soweit sich die Verfügungsbeklagte auf einen Wertungswiderspruch zwischen Werbeverboten einerseits und den Regelungen zur weiteren Zulässigkeit des Internetvertriebs von Lotteriegesellschaften beruft, kann das Gericht dem nicht folgen. Denn die letztgenannten Regelungen betreffen die Veranstaltung von Lotterien im Internet, nicht dagegen die Werbung dafür.

41

e)

Letztlich enthält die Anzeige keinen deutlichen Hinweis auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger und auf die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und entsprechende Hilfsmöglichkeiten. Dass im Info-Teil der Internetseite ein derartiger Hinweis enthalten sein mag, ist nicht ausreichend. Der Hinweis hat nämlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Angebot zu erfolgen. Dort fehlt er.

42

3.)

Ohne Erfolg beruft sich die Verfügungsbeklagte auch darauf, dass die Verfügungsklägerin selbst in wettbewerbswidriger Weise werbe. Dieser "unclean-hands"-Einwand greift bei Unterlassungsansprüchen nicht durch; er kann allenfalls bei Schadensersatzansprüchen eine Rolle spielen (vgl. Köhler a.a.O. § 11 UWG , Rz 2.39, 2.40). Dies gilt jedenfalls dann, wenn mit der Verfolgung eines Verstoßes zugleich Interessen der Allgemeinheit geltend gemacht werden. So ist es hier. Regelungszweck des GlüStV ist (auch) die Bekämpfung von Spielsucht; damit sind auch Aspekte der Volksgesundheit betroffen (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.). Es kommt daher hier nicht darauf an, ob die Bewertung der Werbung der Verfügungsklägerin durch die Verfügungsbeklagte zutrifft.

43

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.