Landgericht Oldenburg
Urt. v. 21.05.2008, Az.: 1 O 1477/05

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
21.05.2008
Aktenzeichen
1 O 1477/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 44203
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2008:0521.1O1477.05.0A

Fundstelle

  • ZErb 2009, 1-2 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

In dem Rechtsstreit

...

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 18.04.2008 am 21.05.2008 durch den Richter am Landgericht ... als als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Beklagte wird verurteilt, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Nachlasses in den beiden notariellen Nachlassverzeichnissen vom 16.08.2005 (errichtet vor dem Notar ... zur UR-Nr 427/005 und vom 07.02.2008 (errichtet vor dem Notar ... vollständig und richtig angegeben hat, als sie dazu in der Lage war.

  2. 2.)

    Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

  3. 3.)

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2 500,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist einzige Tochter ihrer am 14.11.2004 verstorbenen Mutter ... und macht gegen die Beklagte, ihre eigene Tochter und Enkeltochter der verstorbenen ... im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche geltend, nachdem sie auf Grund der letztwilligen Verfügung vom 30.05.2000 enterbt wurde und die Beklagte alleinige Erbin geworden ist.

2

Die Klägerin hatte keine detaillierte Kenntnis über den Bestand des Nachlasses. Auf Grundlage der Anerkenntnisse vom 03.06.2005 und 29.06.2005 wurden die Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung jeweils anerkannt und durch Teilanerkenntnisurteile vom 08.06.2005 (Bl. 20 d.A.) und 11.07.2005 (Bl. 41 d.A.) festgestellt. Hierauf erstellte die Beklagte die notariellen Nachlassbestandsverzeichnisse vom 16.08.2005, errichtet vor dem Notar Eckhard Stolz in 27793 Wildeshausen zur UR-Nr. 427/2005, un vom 07.02.2008, errichtet vor dem Notar ... 71/2008, wobei im Rahmen des letzten Nachlassbestandsverzeichnisse zugleich durch die Beklagte die Richtigkeit dieses des Verzeichnisses gegenüber dem Notar an Eides statt versichert wurde. Eine entsprechende Versicherung liegt für das erste Nachlassbestandsverzeichnis vom 11.07.2005 nicht vor.

3

Die Klägerin behauptet, dass die Besorgnis besteht, dass die Nachlassbestandsverzeichnisse nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt wurden, was sich einerseits daraus ergäbe, dass das zweite Nachlassbestandsverzeichnis weitergehender erst auf Druck durch die Klägerin zustande gekommen sei und im übrigen die ergänzungspflichtigen Schenkungen - namentlich betreffend das Prozinssparbuch - unsubstantiiert seien, weil nicht genau angegeben sei, in welcher Höhe, wann und an wen Schenkungen gemacht wurden. Daneben seien diese ergänzungspflichtigen Schenkungen nicht ausreichend belegt, ein Verweis auf die Kontoabhebungen reiche nicht aus.

4

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Nachlasses in den beiden notariellen Nachlassverzeichnissen vom 16.08.2005 ... zur ... und vom 07.02.2008 (errichtet vor dem ...) so vollständig und richtig angegeben hat, als sie dazu in der Lage war.

5

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

6

Die Beklagte behauptet, sie verfüge nicht mehr über die entsprechenden Belege um die berechtigte Auskunft der Klägerin detaillierter zu erbringen, die relevanten Belege in Form von Bankauskünften und Kontoverdichtungen, die seitens der beteiligten Banken jeweils kostenpflichtig seien, könnte sie nicht beschaffen, weil sie die dafür erforderlichen Geldmittel nicht habe. Die erteilten Auskünfte seien so vollständig als sie dazu in der Lage war.

7

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf jeweils gewechselten Schriftsätze. Durch Beschluss vom 09.04.2008 wurde nach Zustimmung beider Parteien das Schriftliche Verfahren zur Beendigung der zweiten Verfahrensstufe angeordnet.

Entscheidungsgründe

8

Der Anspruch der Klägerin zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass die beiden notariellen Nachlassverzeichnisse von der Beklagten so vollständig und richtig angegeben wurden, als diese dazu in der Lage war, ist begründet, vgl. § 2314 BGB i.V.m. den §§ 260 Abs. 2, 261 BGB.

9

Zunächst ist dem Pflichtteilsberechtigtem, wenn er nicht Erbe ist, umfassend Auskunft zu erteilen. Dies Auskunft hat detailliert und geordnet zu sein und muss dem Berechtigten die Nachprüfung der Angaben ermöglichen, sich ggf. auch auf die Personen von einzelnen Zuwendungsempfängern erstrecken und sich auf das der Verfügung des Erblassers zu Grunde liegende Rechtsverhältnis erstrecken, wenn erst dadurch die Prüfung der Unentgeltlichkeit einer Zuwendung erfolgen kann (Palandt-Edenhofer, Rdnr. 2 zu § 2314 BGB). Soweit sein eigenes Wissen nicht ausreicht, kann sich der Erbe nicht darauf berufen, sondern muss sich durch Auskunftserteilung diese Kenntnis verschaffen (Palandt-Edenhofer, Rdnr. 4 zu § 2314 BGB), wobei einschränkend gilt, dass der Verpflichtete ohne unbillige Belastung, d.h. "unschwer" in der Lage sein muss, Auskunft zu erteilen (Palandt-Heinrichts, Rdnr. 13 zu § 260, 261 BGB).

10

Die Beklagte sich kann jedwede nötige Information einfach durch entsprechende Auskünfte, namentlich gegenüber den jeweiligen Banken, verschaffen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sie auch zu Lebzeiten der Erblasserin in der Lage war, auf Grundlage einer entsprechenden Vollmacht, deren Vermögen zu betreuen. Sollten etwaige finanzielle Mittel der Beklagten für relevante Auskünfte von Banken nicht zur Verfügung stehen, hätte sie bereits entsprechende Vollmachten für die Klägerin ausstellen können oder - wie die Einlassungen der Klägerin zeigen - die nötigen Auskünfte auf deren Kosten veranlassen können.

11

Zugleich ergibt sich aus den beigebrachten Nachlassbestandsverzeichnissen nicht, an wenn, wie genau und aus welchem Rechtsgrund etwaige Schenkungen ergfolgten. Sie entsprechen nicht den durch das Gesetz geforderten und durch die Rechtsprechung weiter entwickelten Maßstäben. In dieser Pauschalität unterstreichen die Auskünfte die Besorgnis fehlender Sorgfalt und Genauigkeit. Das gilt auch in Bezug auf das über die Großmutter geerbte Vermögen nach Herrn ..., an dem die Beklagte nach gegenwärtigen Erkenntnissen heute noch in ungeteilter Erbengemeinschaft beteiligt ist. Eine etwaige, jedenfalls durch die Beklagte behauptete Vermögenslosigkeit, steht indes der persönlich zu erteilenden Auskunft nicht im Wege, erweckt vorliegend allenfalls den Eindruck final fehlenden Engagements.

12

Ferner ist ein Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sachlich gerechtfertigt, wenn nach der Würdigung des Gesamtverhaltens nicht auszuschließen ist, dass die Erklärung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgegeben wurde, wie z.B. ein unvollständiges in notarieller Urkunde erstelltes Nachlassverzeichnis (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 06.09.2006, 13 U 185/05 (juris)).

13

Der Anspruch der Klägerin ist auch in vollem Umfang gegeben, weil für die Abnahme der entsprechenden Versicherung an Eides statt ist das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dort der Rechtspfleger, zuständig ist, eine entsprechende Versicherung für das notarielle Nachlassbestandsverzeichnis vom 16.08.2005 ... nicht vorliegt und für das Nachlassbestandsverzeichnis vom 07.02.2008 ... vor unzuständiger Stelle abgegeben wurde.

14

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.