Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 01.07.2004, Az.: 1 B 47/04

Abschiebungsandrohung; Abschiebungsandrohung im Asylverfahren; Abschiebungshindernis; Ausländer; isolierte Abschiebungsandrohung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
01.07.2004
Aktenzeichen
1 B 47/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50658
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wurde dem Asylbewerber vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG gewährt und wird diese Feststellung später im gerichtlichen Verfahren aufgehoben, so muss eine danach noch zu erlassende isolierte Abschiebungsandrohung auf § 34 AsylVfG gestützt werden und stellt einen sonstigen Fall im Sinne des § 38 Abs. 1 AsylVfG dar. Die dagegen erhobene Klage hat gemäß § 75 AsylVfG aufschiebende Wirkung. Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 1 AsylVfG kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht (wie VG Neustadt a.d.W., Beschl. v. 5.2.2001 - 7 L 2938/00 -, InfAuslR 2001,203).

Gründe

1

I. Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz zur Durchführung seiner Klage 1 A 247/04, mit der er die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG begehrt und mit der er sich gegen die Ausreiseaufforderung sowie die Androhung seiner Abschiebung in den Irak wendet.

2

Der am 6. Mai 1980 nach eigenen Angaben in Kanonia/Irak geborene Antragsteller ist irakische Staatsangehöriger, kurdischer Volkszugehörigkeit und muslimischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben am 4. November 2000 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2000 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge für den Antragsteller die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak fest; die Anerkennung als Asylberechtigter lehnte es ab. Feststellungen zu dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 AuslG sowie eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ergingen nicht.

3

Auf die Abschiebungsschutzanfechtungsklage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hob das erkennende Gericht mit Urteil vom 11. Februar 2004 (1 A 44/01) die Feststellung des Bundesamtes zu § 51 Abs. 1 AuslG auf.

4

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 2004 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge daraufhin fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG für den Antragsteller nicht vorliegen und es forderte ihn unter Androhung der Abschiebung in den Irak auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen.

5

Am 21. Juni 2004 hat der Antragsteller Klage (1 A 247/04) erhoben und gleichzeitig beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.

6

II. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet.

7

Zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist es hier geboten aber auch ausreichend, die im Tenor ausgesprochene Feststellung zu treffen, da die Antragsgegnerin unzutreffend davon ausgeht, dass ihr Bescheid vom 2. Juni 2004 sofort vollziehbar ist.

8

Geht ein Beteiligter oder gehen beide Beteiligte davon aus, dass ein Verwaltungsakt sofort vollziehbar ist, obwohl dem dagegen eingelegten Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zukommt, so ist ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO gleichwohl statthaft. In diesen Fällen ist dass Begehren des Antragstellers, das - wie hier auch - regelmäßig darauf gerichtet ist, eine sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes zu verhindern, umzudeuten in einen Antrag auf Feststellung, dass dem eingelegten Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 80 Rn. 130).

9

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage 1 A 247/04 des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 2. Juni 2004 hat aufschiebende Wirkung.

10

Nach § 75 AsylVfG haben Klagen in asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 und § 73 AsylVfG aufschiebende Wirkung. Hier liegt entgegen der Ansicht des Bundesamtes ein Fall des § 38 Abs. 1 AsylVfG vor. Die im Rahmen der nachträglichen Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG vom Bundesamt isoliert noch auszusprechende Abschiebungsandrohung muss und kann auf § 34 AsylVfG gestützt werden und stellt einen sonstigen Fall im Sinne des § 38 Abs. 1 AsylVfG dar. Die von ihm angenommene Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 1 AsylVfG geschlossen werden müsste, liegt nicht vor. Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Einzelrichter auf die überzeugenden Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. W. vom 5. Februar 2001 (- 7 L 2938/00 -, InfAuslR 2001, 203) Bezug, denen er folgt (ebenso: VG Braunschweig, Beschl. v. 13.5.2004 - 2 B 213/04 -).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.