Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 21.07.2004, Az.: 5 A 119/03

Hundesteuer; Hundesteuersatzung; Satzungsgeber; Steuergerechtigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
21.07.2004
Aktenzeichen
5 A 119/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50697
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Erhebung von erhöhten Hundesteuern für gefährliche Hunde verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Bei einem Mischling muss der Halter belegen, welchen Rassen der Hund angehört. Eine Ermäßigungsregelung für Hunde, die den Wesenstest bestanden haben, ist in der Hundesteuersatzung nicht erforderlich.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Hundesteuern für die Jahre 2001 und 2002.

2

Der Kläger war in den Jahren 2001 und 2002 Halter von zwei Hunden. Mit Bescheid vom 11. Januar 2002 wurde er von der Beklagten für das Jahr 2002 zu Hundesteuern für die Hunde „Boxermischling“ und „Sennenhund Appenzeller“ herangezogen. Im Jahre 2002 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger Halter eines „Bullterriers“ sei. Vom Landkreis Uelzen erhielt die Beklagte außerdem eine dem Kläger erteilte Ausnahmegenehmigung vom 30. Januar 2002, nach der dem Kläger nach bestandenem Wesenstest des Hundes gestattet wurde, einen „Pitbull-Terrier-Mischling“ zu halten. In der daraufhin durchgeführten Anhörung des Klägers legte dieser ergänzend ein Gutachten von Dr. med. vet. {D.} vom 22.November 2001 über einen Wesenstest für Hunde vor. Darin wird dem Kläger bescheinigt, dass sein Hund der Rasse „Staffordshire Bullterrier - Deutsch Kurzhaar-Mischling“ den Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrentierordnung bestanden habe.

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Mit Bescheid vom 14. Juni 2002 setzte die Beklagte unter teilweiser Änderung des Steuerbescheides vom 11. Januar 2002 gegen den Kläger unter anderem für einen „Staffordshire Bullter.-Mix“ für die Jahre 2001 und 2002 Hundesteuern in Höhe von 1.022,56 EUR fest.

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Mit dem vom Kläger dagegen eingelegten Widerspruch hat dieser geltend gemacht, mit dem bestandenen Wesenstest sei belegt, dass er keinen gefährlichen Hund halte. Sein Hund sei inzwischen 15 Jahre alt, habe kaum noch Zähne, sei herzkrank und für die Allgemeinheit keine Gefahr. Außerdem sei die Einstufung verschiedener Hunderassen als gefährliche Hunde unzulässig.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Festsetzung der Hundesteuer sei aufgrund ihrer Hundesteuersatzung i.d.F. vom 13. November 2000 erfolgt. Für den vom Kläger gehaltenen Staffordshire Bullterrier-Mischling sei danach eine jährliche Hundesteuer i.H.v. 511,28 EUR zu entrichten. Diese Regelung sei weder willkürlich noch verstoße sie gegen höherrangiges Recht.

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Mit der von ihm dagegen am 15. August 2003 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, bei dem veranlagten Hund handele es sich um einen Boxer-Jagdhund-Mischling. Für das Aussehen des Hundes sei bestimmend die Boxer-Rasse. Mit welcher anderen Rasse diese gekreuzt wurde, sei für ihn nicht sicher feststellbar. Am wahrscheinlichsten sei, dass eine Kreuzung mit einem Jagdhund vorliege. Die Gutachter seien ebenfalls zu unterschiedlichen Rassezuordnungen gelangt. Solange nicht eindeutig feststehe, welcher Rasse bzw. Kreuzung der Hund entspreche, sei es unzulässig, ihn als gefährlichen Hund zu besteuern. Weiter sei die Bestimmung einzelner Hunderassen in der Steuersatzung der Beklagten als gefährlich allein aufgrund ihrer Rasse willkürlich. Es gebe auch Hunde anderer als der in der Satzung genannten Rassen, die als mindestens gleich gefährlich eingestuft werden müssten. Schließlich habe er mit dem Wesenstest den Nachweis geführt, dass seine Mischlingshündin ungefährlich sei und kein aggressives Verhalten gegen Menschen oder anderen Hunden zeige. Damit sei die Gefährlichkeitsvermutung widerlegt, so dass der Hund auch steuerrechtlich nicht als gefährlicher Hund eingestuft werden dürfe.

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Der Kläger beantragt,

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den Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 14. Juni 2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2003 aufzuheben, soweit der Kläger für den zweiten Hund zu einer höheren Hundesteuer als 122,72 EUR herangezogen worden sei.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie macht geltend, die Hundesteuersatzung widerspreche nicht höherrangigem Recht. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger einen gefährlichen Hund im Sinne der Satzung halte.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Festsetzung der Hundesteuer in dem angefochtenen Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Die hier streitige Steuerfestsetzung beruht auf § 3 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 NKAG i.V.m. der Hundesteuersatzung der Gemeinde Suderburg vom 17. April 1979 in der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung vom 13.11.2000 - HStS -. Gemäß § 1 HStS ist Gegenstand der Steuer das Halten von mehr als drei Monate alten Hunden im Gemeindegebiet. Steuerpflichtig ist gemäß § 2 HStS, wer einen Hund in seinem Haushalt aufgenommen hat. Gemäß § 3 Nr. 1 HStS beträgt die Hundesteuer für einen gefährlichen Hund i.S.d. § 7 Abs. 2 HStS jährlich 1.000.-- DM. Gemäß § 7 Abs. 2 HStS sind gefährliche Hunde solche Hunde,

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„bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht. Im Sinne dieser Satzung sind dieses insbesondere Hunde der Rassen Bull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Hunde des Typs Pitbull-Terrier, sowie Bullmastiff, Dobermann, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Kaukasischer Owtscharka, Mastiff, Mastin Espanol, Mastino - Napoletano, Rottweiler, Staffordshire-Bullterrier, Tosa-Inu, sowie Kreuzungen mit Hunden dieser Rassen“.

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Unter Zugrundelegung dieser Regelungen ist der Kläger zu Recht zu der erhöhten Hundesteuer für gefährliche Hunde herangezogen worden.

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Die Beklagte ist bei der Steuerfestsetzung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger einen Hund i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 2 HStS hält, ohne dass es im Einzelnen darauf ankommt, welcher Rasse der Hund genau zuzuordnen ist. Sowohl die von Dr. med. {D.} im Wesenstest vom 22.November 2001 vorgenommene Zuordnung „Staffordshire-Bullterrier - Deutsch Kurzhaar-Mischling“ als auch die in der Ausnahmegenehmigung vom 30. Januar 2003 erfolgte Bestimmung „Pitbull-Terrier-Mischling“ ergeben, dass der Hund des Klägers als Mischling einer Hunderasse angehört, die in der Aufzählung der Hundesteuersatzung als gefährlich bezeichnet wird. Die Beklagte konnte unter Zugrundelegung der auch vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen damit bei der Steuerfestsetzung davon ausgehen, dass es sich bei dem Hund des Klägers um einen „gefährlichen Hund“ i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 2 HStS handelt. Die demgegenüber vom Kläger in der Klage vorgetragene Einschätzung, es handele sich bei seinem Hund um einen „Boxer-Jagdhund-Mischling“ vermag die von der Beklagten bei ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Feststellung zur Rasse des Hundes nicht zu widerlegen. Denn für die Steuererhebung kommt es nicht auf die vom Kläger nicht weiter belegte eigene Vermutung über die Rasse seines Hundes an, sondern vorrangig auf die von dem Tierarzt und dem Landkreis Uelzen erfolgten Feststellungen. Diese hätte der Kläger allenfalls durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten widerlegen können, das er nicht vorgelegt hat.

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Auch die Satzungsregelung des § 7 Abs. 2 HStS über die Bestimmung des Kreises der nach der Satzung als „gefährliche Hunde“ anzusehenden Hunde begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die in § 7 Abs. 2 Satz 2 HStS enthaltene Einschätzung bestimmter Hunderassen als gefährlich weder willkürlich noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Es verstößt weder gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Beklagte in § 7 Abs. 2 Satz 2 HStS bestimmte Hunderassen sowie Kreuzungen mit Hunden dieser Rassen im Wege einer satzungsrechtlichen Vermutung als gefährlich bezeichnet. Denn es ist rechtlich unbedenklich, wenn für die erhöhte Hundesteuer bei den in § 7 Abs. 2 Satz 2 HStS aufgeführten Hunderassen nicht eine konkret festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes das maßgebliche Kriterium für die Einstufung als „gefährlicher“ Hund ist, sondern ein genetisches Potential, das bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die Hunde der entsprechenden Rasse zu einer Gefahr werden lassen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.10.2001, NVwZ - RR 2002, 140 f). Die Beklagte bezweckt mit der unwiderleglichen Vermutung, dass es sich bei einem Hund dieser Rassen oder bei Kreuzungen mit diesen Rassen um einen gefährlichen Hund handelt, mit der Erhebung von erhöhten Hundesteuern keine konkrete Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Das mit der erhöhten Steuer zulässigerweise verfolgte Ziel ist es vielmehr, im Gebiet der Beklagten generell die Haltung von Hunden solcher Rassen zu erschweren, die potentiell ein gefährliches Verhalten entwickeln können. Die Vermutung über die Zugehörigkeit der Rasse eines Hundes zum Kreise der als gefährlich bezeichneten Hunde ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Deshalb reicht es aus, wenn die Beklagte für den Steuertatbestand maßgeblich auf das abstrakte Gefahrenpotential der Rasse abstellt (vgl. VG Hannover, Beschluss v. 28. 5. 2003, 1 B 1589/03).

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Dem steht im Hinblick auf den vom Satzungsgeber beabsichtigten Lenkungszweck durch den erhöhten Steuersatz nicht entgegen, dass für die Bestimmungen des § 1 der ursprünglich geltenden Gefahrtierverordnung in § 55 Abs. 1 Nr. 4 NGefAG keine Rechtsgrundlage bestanden hat (vgl. BVerwG, Urt. V. 3. 7. 2002, DVBl. 2002, 1562 ff) und dass das daraufhin erlassene Niedersächsische Gesetz über das Halten von Hunden vom 12. Dezember 2002 (Nds. GVBl. 2003, S. 2) keine Aufzählung der als gefährlich eingestuften Hunderassen mehr enthält. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner genannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der Gefährdungslage unabhängig von den formellen Voraussetzungen der Regelungen auch für das Steuerrecht Geltung habe. Außerdem beruht die hier maßgebliche Hundesteuersatzung nicht auf den Vorschriften über die Gefahrenabwehr sondern auf den oben genannten Regelungen des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (vgl. VG Braunschweig, Beschluss v. 18. 5. 2004, 5 B 89/04).

20

In der von der Beklagten getroffenen Regelung werden auch nicht willkürlich bestimmte Hunderassen als gefährlich eingestuft und andere gefährliche Hunde mit dem niederen Steuersatz belegt. Durch § 7 Abs. 2 Satz 1 HStS ist sichergestellt, dass auch Hunde anderer Rassen, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht, mit dem erhöhten Steuersatz veranlagt werden, so dass bei einer individuell erkannten Gefährlichkeit des Hundes unabhängig von der Rasse der entsprechende Steuertatbestand greift (vgl. dazu Nds.OVG, Urt. V. 5. 8. 2002, 13 L 4102/00).

21

§ 7 Abs. 2 HStS ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil keine Ermäßigungsregelung für Hunde, die den Wesenstest bestanden haben, vorgesehen ist. Weder der Gleichheitssatz noch andere Grundsätze des höheren Rechts erfordern, dass in der Satzung über die Erhebung der Hundesteuer Befreiungstatbestände für einzelne Tiere der dort aufgezählten Hunderassen aufgenommen werden, deren Ungefährlichkeit nachgewiesen ist. Vielmehr ergibt sich schon aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 a NKAG i.V.m. § 227 AO die Möglichkeit zum Erlass der Steuerschuld aus Billigkeitsgründen. Damit besteht die Möglichkeit, evtl. auftretende Härten im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung und Steuererhebung auszugleichen (vgl. VG Hannover, Beschluss v. 28. 5. 2003, 1 B 1589/03; VG Oldenburg, Beschl. v. 16. 3. 2004, 2 A 2330/01).

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

23

Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.