Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 17.03.2004, Az.: 1 A 99/03

Beurteilerkonferenz; Beurteilungszeitraum; dienstliche Beurteilung; Einzelmerkmal; Erstbeurteiler; Gesamtpersönlichkeit; Gesamturteil; Prüfungsmaßstab; Rechtmäßigkeitskontrolle; Wertungsstufe; Werturteil; Zweitbeurteiler

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
17.03.2004
Aktenzeichen
1 A 99/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50843
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 09.02.2010 - AZ: 5 LB 497/07

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Es ist rechtswidrig, wenn eine Beurteilerkonferenz die für Beamte zu vergebenden Gesamtnoten nach Platzziffern im Einzelnen verbindlich vorschreibt und festlegt.

2. Solange nicht nachweisbar ist, dass Erstbeurteiler wie Zweitbeurteiler sich durch das Ergebnis einer Beurteilerkonferenz gebunden fühlen, muss von einem frei gefundenen Werturteil ausgegangen werden.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2002 und erstrebt eine Neubeurteilung.

2

Der am ... 1952 geborene Kläger steht als Polizeibeamter im Dienst des Landes Niedersachsen. Er war bis zum 31. März 2002 Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) und als Sachbearbeiter Organisierte Kriminalität eingesetzt. Am 1. April 2002 wurde der Kläger zum Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) befördert und ihm wurde der Dienstposten eines Sachbearbeiters Finanzermittlungen übertragen.

3

Zum Stichtag 1. September 2002 wurden über sämtliche Beamte des Polizeivollzugsdienstes des gehobenen Dienstes nach Maßgabe am 29. Dezember 1999 neugefasster Beurteilungsrichtlinien Regelbeurteilungen erstellt. Über den Kläger wurde unter dem 8. November 2002 zu diesem Stichtag eine Regelbeurteilung erstellt. Die Beurteilung erstreckte sich auf den Zeitraum 11. November 1999 bis 31. August 2002 und schloss - bei insgesamt fünf Wertungsstufen - mit dem Gesamturteil „entspricht voll den Anforderungen“ (Wertungsstufe 3) ab. Der Erstbeurteiler, 1. Kriminalhauptkommissar B., vergab bei den 11 Einzelmerkmalen der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung einmal die Wertungsstufe 4, achtmal die Wertungsstufe 3,5 und zweimal die Wertungsstufe 3, was einen Durchschnittswert der Einzelleistungsmerkmale von 3,45 ergab. Von den 11 Einzelmerkmalen waren vom Erstbeurteiler außerdem 5 gewichtet worden und zwar 5mal diejenigen, die mit 3,5 bewertet worden waren. Der Zweitbeurteiler, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Organisierte Kriminalität C., Kriminaldirektor D., schloss sich unter Ziffer 9.5 des Beurteilungsvordrucks dem Gesamturteil und der Bewertung und Gewichtung der Einzelleistungsmerkmale des Erstbeurteilers an. Zu Ziffer 9.5 des Beurteilungsvordruckes war auf einem gesonderten Blatt folgende Begründung abgegeben worden:

4

„Die Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale erfolgt auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlich entwickelten Maßstabsbildung. Hiernach ist anerkannt, „dass in einer ersten Beurteilung nach einer Beförderung wegen der erhöhten Anforderungen des neuen Amtes ein strengerer Maßstab angewendet wird mit der Folge einer Herabsetzung des Gesamturteils gegenüber der vor der Beförderung erteilten Beurteilung“ - Nieders. OVG am 14. Oktober 1999 -.“

5

An der Beurteilung war nach dem Beurteilungsvordruck des Weiteren Kriminalhauptkommissar E., Teamleiter Kriminalkommissariat Organisierte Kriminalität F., beteiligt.

6

Der Kläger erhob nach Bekanntgabe des Beurteilungsentwurfs am 8. November 2002, mit der er sich nicht einverstanden erklärte, mit Schreiben vom 15. November 2002 im Wesentlichen folgende Einwendungen: Das Gesamturteil sei im Vergleich zu seiner vorausgegangen Beurteilung pauschal um eine Wertungsstufe herabgesetzt worden und zwar nur deshalb, weil er im Beurteilungszeitraum befördert worden sei. Diese Handhabung sei rechtswidrig. Dass so verfahren worden sei ergebe sich aus der Erklärung zu Ziffer 9.5 des Beurteilungsvordrucks. Außerdem habe Kriminaldirektor D. bereits in einer Mittagsbesprechung am 17. Juli 2002 sinngemäß ausgeführt, dass alle in diesem Jahr und ansonsten in der letzten Zeit beförderten sich in der Wertungsstufe 3 wiederfinden würden. Bei der Beurteilung sei darüber hinaus das im Hinblick auf die Beförderung erforderliche Beurteilungssplitting nicht vorgenommen worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt worden, dass er zu 50 % schwerbehindert sei. Die Seite 1 des Beurteilungsvordrucks, in dem seine Schwerbehinderung zunächst nicht vermerkt worden sei, sei erst auf seine Intervention hin ausgetauscht worden. Der dort jetzt des Weiteren enthaltene Hinweis, „Gespräch mit Schwerbehindertenvertreter nicht gewünscht“ entspreche nicht seinem Willen und sei ohne seine Zustimmung aufgenommen worden. Die Nichtanhörung des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten führe ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung.

7

Der Erstbeurteiler nahm zu diesen Einwendungen mit Schreiben vom 29. November 2002 im Wesentlichen wie folgt Stellung: Die erste Erstbeurteilerkonferenz der Kriminalpolizeiinspektion Organisierte Kriminalität C. für die im Amt A 11 BBesO befindlichen Beamten habe am 19. August 2002 stattgefunden. Alle Erstbeurteiler einschließlich seiner Person seien in einem Akt wertender Erkenntnis einvernehmlich mit dem Zweitbeurteiler, Herrn Kriminaldirektor D., zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen und Befähigungen im Gesamturteil der Wertungsstufe 3 entsprächen. Insgesamt seien zwei Beamte für die Wertungsstufe 5, drei Beamte für die Wertungsstufe 4 und vier Beamte für die Wertungsstufe 3 vorgesehen worden. Eine pauschale Herabsetzung des Gesamturteils im Vergleich zu vorangegangenen Beurteilungen habe nicht stattgefunden. Ein Beurteilungssplitting habe er vorgenommen, was er nochmals ausdrücklich versichere. Die Schwerbehinderteneigenschaft habe er berücksichtigt. Das Gespräch mit dem Schwerbehindertenvertreter werde nachgeholt.

8

Der Zweitbeurteiler erklärte in seiner Stellungnahme vom 20. November 2002 im Wesentlichen folgendes: Es sei nicht richtig, dass er in einer „Mittagsbesprechung“ am 17. Juli 2002 in F. quasi präjudizierende Ausführungen zur Bewertung und Beurteilung dienstlicher Leistungen der Beamtinnen/Beamten gemacht habe. Vielmehr habe er an diesem Tage im Rahmen einer Dienstversammlung des Kriminalkommissariats Organisierte Kriminalität F. u.a. Ausführungen allgemeiner Art zur aktuellen Bedeutung der dienstlichen Beurteilung gemacht. In dem Zusammenhang habe er auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 1999 erwähnt, allerdings in einem Kontext und einer Form, die in keiner Weise geeignet gewesen sei, dass der Kläger oder andere Zuhörer daraus hätten entnehmen können oder müssen, alle kürzlich beförderten Beamtinnen/Beamten würden automatisch mit der Wertungsstufe 3 beurteilt ohne (vergleichende) Prüfung in einem Akt wertender Erkenntnis.

9

Am 29. November 2002 holte der Erstbeurteiler das Gespräch mit der Vertrauensperson der Schwerbehinderten nach. Eine Änderung der Benotung erfolgte nicht. Zur Begründung vermerkte der Erstbeurteiler unter dem 29. November 2002, dass die Behinderung des Klägers und die damit verbundene Minderung seiner Arbeits- und Verwendungsfähigkeiten bei dem Beurteilungsverfahren sowohl hinsichtlich des Gesamturteils als auch bezogen auf jedes einzelne Leistungs- und Befähigungsmerkmal berücksichtigt worden sei.

10

Nachdem dem Kläger am 12. Dezember 2002 die Regelbeurteilung mit unverändertem Gesamturteil bekannt gegeben worden war, legte er dagegen Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte er seine Einwendungen aus seinem Schreiben vom 15. November 2002. Ergänzend führte er im Wesentlichen an, die Erklärungen der Beurteiler hinsichtlich der nicht erfolgten pauschalen Herabsetzung der Wertungsstufe seien Schutzbehauptungen. Es gebe mehrere Zeugen, die die von ihm zitierte Aussage des Zweitbeurteilers bestätigen könnten. Fehlerhaft sei es, dass offenbar die Erstbeurteilerkonferenz die Note für ihn verbindlich festgelegt habe.

11

Am 7. Mai 2003 hat der Kläger gegen seine Beurteilung Klage erhoben.

12

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2003 zurückgewiesen. Darin hat sie im Wesentlichen ausgeführt: In den Beurteilerkonferenzen der Kriminalpolizeiinspektion - Organisierte Kriminalität - C. sei den Erstbeurteilern der für die Vergleichsgruppe der Beamten im statusrechtlichen Amt A 11 BBesO bezirksweit vorgegebene Maßstab verdeutlicht worden. Eine weitere Aufgabe der Konferenzen sei es gewesen, auf leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungsergebnisse hinzuwirken. Entgegen dem Vortrag des Klägers seien keine Beschlüsse gefasst worden, bei allen in diesem Jahr und ansonsten in der letzten Zeit Beförderten zwangsläufig und pauschal eine Herabsetzung des Gesamtbeurteilungsergebnisses um eine volle Wertungsstufe vorzunehmen. Auch die Darstellung der Mitarbeiterbesprechung am 17. Juli 2002 in F. durch den Kläger treffe nicht zu. Zutreffend sei vielmehr die Äußerung des Zweitbeurteilers in seiner Stellungnahme vom 20. November 2002. Unabhängig davon habe sich die Deutung des Klägers von Aussagen des Zweitbeurteilers in der tatsächlichen Beurteilungspraxis zum Stichtag 1. September 2002 auch nicht bestätigt. Von insgesamt ca. 1900 zu beurteilenden Beamten seien 115 im vorangegangenen Beurteilungszeitraum befördert worden. Davon hätten 27 im Zeitraum des neuen Amtes bis zum Beurteilungsstichtag ihre Leistung steigern können und das gleiche Gesamturteil wie in der vorherigen Regelbeurteilung erhalten. Damit würde deutlich, dass in allen Ämtern und auch in allen Dienststellen eine individuelle Betrachtung der Leistungen vorgenommen worden sei. Die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers sei bei der Beurteilung berücksichtigt worden. Das vorgesehene Gespräch mit dem Schwerbehindertenvertreter sei noch vor Erstellung der endgültigen Beurteilung geführt worden. Auch der Zweitbeurteiler sei hiervon und der unveränderten Notenvergabe in Kenntnis gesetzt worden. Er habe dies gebilligt. Dem Erst- und dem Zweitbeurteiler sei auch bekannt gewesen, dass der Kläger im Beurteilungszeitraum zwei unterschiedliche Statusämter inne gehabt habe. Das demnach erforderlich Beurteilungssplitting hätten sie vorgenommen. Die Note für den Kläger sei in den Konferenzen nicht gegen den Willen Beurteiler festgelegt worden.

13

Zur Begründung der aufrechterhaltenen Klage wiederholt der Kläger im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Vorverfahren. Ergänzend führt er im Wesentlichen an: Aus einer Gesprächsnotiz des Personalsachbearbeiters bei der Beklagten, Herrn K., vom 18. November 2002, ergebe sich, dass in Beurteilerkonferenzen beschlossen worden sei, grundsätzlich alle Beamten, die ab Dezember 2001 befördert worden sein, unter Hinweis auf die geringe Diensterfahrung im statusrechtlichen Amt in die Wertungsstufe 3 einzugruppieren. Aus dem Umstand, dass 27 Beamten ihre frühere Gesamtnote hätten halten können, gehe nicht hervor, wie diese Beamten zuvor beurteilt worden seien.

14

Der Kläger beantragt,

15

die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 12 Mai 2003 zu verpflichten, ihn zum Stichtag 1. September 2002 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen,

16

hilfsweise, Kriminalhauptkommissar G. als Zeugen für den Vortrag des Klägers zu vernehmen, dass Kriminaldirektor D. in einer Dienstbesprechung vor Beginn des Beurteilungsverfahrens erklärte, dass die im Beurteilungszeitraum Beförderten sich in der Wertungsstufe 3 wiederfinden werden.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Die überreichte Gesprächsnotiz stamme vom Personalsachbearbeiter bei der Polizeiinspektion C., der für die Dienstelle des Klägers nicht zuständig sei. Die Gesprächsnotiz habe daher keine Auswirkungen auf Verfahrensweisen in den Beurteilerkonferenzen in F. oder in anderen Dienststellen in ihrem Zuständigkeitsbereich. Alle im Widerspruchsbescheid genannten 115 Beamten seien in der für die Beförderung maßgeblichen aktuellen Beurteilungen entweder mit der Wertungsstufe 5 oder der Wertungsstufe 4 beurteilt worden.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

22

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Neubeurteilung zum Stichtag 1. September 2002. Der angefochtene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. Mai 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).

23

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung - die vom Bundesverfassungsgericht für unbedenklich gehalten wird (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 29.5.2002 - 2 BvR 723/99 -, DÖD 2003, 82; Beschl. v. 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 -, ZBR 2003, 31) - sind dienstliche Beurteilungen von Beamten nur in einem eingeschränkten Umfang überprüfbar. Nur der Dienstherr und der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte sollen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen eines Amtes und seiner Laufbahn entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.8.1993 - 2 C 37.91 - , ZBR 1994, 54 [BVerwG 10.11.1993 - BVerwG 2 ER 301.93] m.w.N.; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.5.1995 - 5 L 3777/94 -, Nds.Rpfl. 1995, 402). Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich deshalb lediglich darauf zu erstrecken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, indem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat und diese auch praktiziert, hat das Gericht des Weiteren zu prüfen, ob im konkreten Fall die Richtlinien eingehalten worden sind oder ob diese mit den Regelungen der Laufbahnvorschriften in Einklang stehen (BVerwG, Urt. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, Buchholz 237.9, § 20 SaarLBG Nr. 1; Urt. v. 26.8.1993 - 2 C 37.91 -, aaO; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.5.1995 - 5 L 3777/94 - aaO und Urt. v. 28.1.2003 - 5 LB 40/02 -; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Stand: März 2003, Rn 452 m.w.N.).

24

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Beurteilung vom 8. November 2002 zum Stichtag 1. September 2002 frei von gerichtlich überprüfbaren Fehlern.

25

Formelle Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze und die Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst (BRLPOL) vom 29. Dezember 1999 (Nds.MBl. 2000, 127) - im folgenden: Beurteilungsrichtlinien - sind nicht gegeben. Soweit der Kläger zunächst gerügt hat, dass die Vertrauensperson der Schwerbehinderten nicht an der Beurteilung beteiligt worden sei, ist ihre Beteiligung am 29. November 2002 nachgeholt worden. Diese Beteiligung war auch noch rechtzeitig, da eine endgültige Beurteilung am 29. November 2002 noch nicht vorlag. Die endgültige Beurteilung lag intern erst vor, als der Zweitbeurteiler am 9. Dezember 2002 dem Gesamturteil des Erstbeurteilers sowie dessen Gewichtung und Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale zustimmte. Bekannt gegeben wurde diese Beurteilung dem Kläger dann auch erst am 12. Dezember 2002.

26

Materiell-rechtliche Fehler sind im Ergebnis ebenfalls nicht feststellbar.

27

Der vom Kläger erhobene Vorwurf, bei der Beurteilung der Beamten im Statusamt A 11 BBesO seien diejenigen, die - wie er - im Beurteilungszeitraum vor kurzem befördert wurden seien, pauschal im Gesamturteil um eine Wertungsstufe herabgesetzt worden, und zwar unabhängig davon, wie sich das persönliche Leistungsbild tatsächlich darstelle, greift im Ergebnis nicht durch. Dies gilt auch für den Vorwurf, in der Beurteilerkonferenz sei seine Note von der Konferenz verbindlich und gegen die Überzeugung des zuständigen Erst- und Zweitbeurteilers festgelegt worden.

28

Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass es fehlerhaft und rechtswidrig ist, wenn letztlich die Beurteilerkonferenz die Beurteilungsgesamtnote auch gegen die Überzeugung des Erst- oder gar des Zweitbeurteilers für diese verbindlich festlegt oder wenn diese sich im Sinne eines Automatismus ungeachtet der zu beurteilenden Leistungen des einzelnen Beamten nur deshalb für eine Herabstufung im Gesamturteil entscheiden, weil der Beamte im Beurteilungszeitraum befördert worden ist. Vielmehr müssen die zuständigen Beurteiler sich ihres Beurteilungsspielraumes bewusst und von der vergebenen Gesamtnote als zutreffender Leistungsbewertung in der Sache überzeugt sein. Dass die gerügten Fehler bei der Beurteilung des Klägers gemacht worden sind, kann entgegen seiner Ansicht aber nicht gerichtlich festgestellt werden. Vielmehr haben sowohl der Erstbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 29. November 2002 als auch der Zweitbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 20. November 2002 hinreichend plausibel verdeutlicht, dass sie zum einen nicht „blind“ etwaigen verbindlichen Vorgaben durch die Beurteilerkonferenz, deren Urteil sie nicht teilen könnten, gefolgt sind, und zum anderen eine pauschale Herabsetzung des Gesamturteils des Klägers allein aufgrund seiner zwischenzeitlichen Beförderung gerade nicht vorgenommen haben. Die Einwände des Klägers hiergegen greifen nicht durch.

29

Soweit der Kläger zur Stützung seines Standpunktes auf den schriftlichen Vermerk eines Personalsachbearbeiters im Klageverfahren 1 A 49/03 verweist, wonach Festlegungen mit dem von ihm wiedergegebenen Inhalt in der dortigen Beurteilerkonferenz erfolgt sein sollen, hält die Beklagte dem zu Recht entgegen, dass hieraus nicht ohne Weiteres Rückschlüsse für das hier vorliegende Verfahren des Klägers gezogen werden können. Die Beurteilerkonferenzen des Klageverfahrens 1 A 49/03 und des Klageverfahrens des Klägers sind weder in zeitlicher, sachlicher und personeller Hinsicht identisch.

30

Auch aus den vorgetragenen Äußerungen des Zweitbeurteilers in der Besprechung am 17. Juli 2002 folgt im Ergebnis nichts anderes. Zwar mag es sein, dass bei den Teilnehmern dieser Veranstaltung der Eindruck entstanden ist, alle kürzlich Beförderten würden bei den in Kürze anstehenden Beurteilungen zwangsläufig mit der Wertungsstufe 3 beurteilt werden. Hierauf kommt es aber nicht an, so dass der Kollege des Klägers, Herr H., der sich ebenfalls mit einem Klageverfahren (1 A 50/03) gegen seine Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2002 mit identischen Argumenten wendet, nicht als Zeuge vernommen werden muss. Entscheidend ist vielmehr, wie der Erst- und Zweitbeurteiler bei der Erstellung der Beurteilung tatsächlich vorgegangen sind. Hierzu hat insbesondere der Erstbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 29. November 2002 ausgeführt, alle Erstbeurteiler einschließlich seiner Person seien in einem Akt wertender Erkenntnis einvernehmlich mit dem Zweitbeurteiler, Herrn Kriminaldirektor D., zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen und Befähigungen im Gesamturteil der Wertungsstufe 3 entsprächen. Die Kammer kann gegen die Richtigkeit der Erklärungen des Erst- und Zweitbeurteilers keine begründeten Zweifel geltend machen. Solche ergeben sich auch nicht aus der zu Ziffer 9.5 des Beurteilungsvordrucks abgegebenen schriftlichen Begründung der vergebenen Wertungsstufe. Diese mag zwar missverständlich sein, da sie die tragenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nur verkürzt wieder gibt. Aus dem als Begründung herangezogenen Urteil ergibt sich aber, dass die erste Beurteilung im neuen Amt nach einer Beförderung nur dann regelmäßig schlechter als bisher ausfällt, wenn der beförderte Beamte seine Leistungen (noch) nicht weiter gesteigert hat. Hiervon sind die Beurteiler offenbar in nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass von insgesamt ca. 1900 zum Stichtag zu beurteilenden Beamten 115 im Beurteilungszeitraum befördert worden seien und von diesen 115 Beförderten 27 Beamte ihre Leistungen hätten steigern können, so dass sie das gleiche Gesamturteil wie in der vorherigen Regelbeurteilung erhalten hätten. Damit ist der vom Kläger vermutete Automatismus auch durch die tatsächliche Beurteilungspraxis hinreichend widerlegt.

31

Das Gesamturteil der Wertungsstufe 3 in der streitigen Beurteilung steht auch nicht im Widerspruch zu den Bewertungen der einzelnen Leistungsmerkmale. Nach Ziffer 5.4.3 der Beurteilungsrichtlinie ist das Gesamturteil aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu bilden. Es ist nicht rechnerisch zu ermitteln, sondern unter Berücksichtigung des bis zum Beurteilungsstichtag verliehenen statusrechtlichen Amtes und der Bedeutung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale für den jeweiligen Dienstposten. Die Bildung nur eines arithmetischen Mittels wird nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte dem Geist des Beurteilungsrechts nicht gerecht. Das Gesamturteil darf sich nur nicht in Widerspruch zu dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertung und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit setzen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 2 C 21.93 -, BVerwGE 97,128 = ZBR 1995, 145; Nds. OVG, Urt. v. 11.5.1999 - 5 L 3782/98 -). Ein derartiger Widerspruch liegt hier bei der streitigen Beurteilung nicht vor. Der Kläger hat einen Durchschnittswert bei den Einzelleistungsmerkmalen von 3,45 erreicht. Dass er bei acht (von insgesamt 11) Merkmalen jeweils mit einer Wertungsstufe zwischen 3 und 4 beurteilt worden ist, führt noch nicht dazu, dass das Gesamturteil schon unschlüssig wäre. Die Bildung des Gesamturteils ist wie die Beurteilung zu den Einzelmerkmalen ein Akt wertender Erkenntnis, der zum Kern des Beurteilungsspielraumes des zuständigen Beurteilers gehört, in den das Gericht nicht eingreifen kann. Das Gesamturteil der Wertungsstufe 3 steht mithin nicht im Widerspruch zu den Bewertungen der Einzelmerkmale. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis des Klägers auf die bessere Wertungsstufe 4 in seiner Vorbeurteilung zum Stichtag 1. November 1999 führt zu keiner anderen Einschätzung. In der hier streitigen Beurteilung sind allein die im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen des Klägers zu beurteilen.

32

Die Vermutung des Klägers, dass bei ihm ein sogenanntes Beurteilungssplitting nicht vorgenommen worden sei, lässt sich aus den Unterlagen ebenfalls nicht verifizieren. Zum einen hat der Erstbeurteiler versichert, dass eine solche Differenzierung vorgenommen worden sei. Dass dies nicht nur eine Schutzbehauptung, sondern tatsächlich so geschehen sein kann, lässt sich auch daraus entnehmen, dass an der Beurteilung Kriminalhauptkommissar I. beteiligt worden ist. Dieser war Teamleiter des Kriminalkommissariats Organisierte Kriminalität F. und für den Kläger in seiner Funktion als Sachbearbeiter Organisierte Kriminalität zuständig. Diese Sachbearbeitertätigkeit übte der Kläger aber gerade vor seiner Beförderung aus. Im Übrigen ist in der Tätigkeitsbeschreibung seine frühere Sachbearbeitertätigkeit ebenfalls aufgeführt worden.

33

Die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers ist ausweislich der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung für den Kläger berücksichtigt worden.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

35

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.