Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 03.03.2004, Az.: 1 A 334/00

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
03.03.2004
Aktenzeichen
1 A 334/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51052
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das Wiederaufgreifen des Verfahrens hat sich einerseits an Rechtssicherheit und andererseits - im Rechtsstaat - an materieller Gerechtigkeit zu orientieren.
2. Eine angebliche "Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses" hat sich zunächst und stets an der bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu orientieren, darf diese jedenfalls nicht ignorieren.
3. Amtswahrnehmung und Zeitarbeit dürfen nicht miteinander vermengt werden.
4. Eine Unterrichtsreduzierung, die selbst zwangsweise auferlegt worden ist, kann dem Beamten hinsichtlich der Reduzierung nicht vorgehalten werden.

Tatbestand:

1

Der Kläger erstrebte ursprünglich eine Vollzeitbeschäftigung, nachdem ihm ursprünglich per einseitiger Verfügung nur eine Teilzeitbeschäftigung zugebilligt worden war. Nach deren Aufhebung zum 31. Juli 2002 begehrt er noch die Nachzahlung der Gehaltsdifferenz für die Zeit 1999 bis 2002 und daneben einen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Ausgleich.

2

Der 1968 in B. geborene Kläger wurde nach seinem Abitur und seinem Studium mit Staatsprüfungen auf seine entsprechende Bewerbung durch Urkunde vom 28. Januar 1999 zum 1. Februar 1999 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer z.A. im Nds. Landesdienst ernannt und an der Grundschule Steinbeck in C. ein-gesetzt. Gleichzeitig jedoch wurde durch Bescheid ohne Rechtsmittelbelehrung vom 19. Januar 1999 verfügt, dass er zwar Dienstbezüge der BesGr. A 12 BBesO erhalte, er aber gem. § 80 b NBG zunächst - bis zum 31. Januar 2003 - nur mit regelmäßig 22,5 statt derzeit 28 Wochenstunden beschäftigt werde. Erst ab 1. Februar 2003 erfolge eine Vollbeschäftigung. Mit Wirkung vom 1. Mai 2000 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer ernannt. Seine Teilzeitbeschäftigung wurde zum 31. Juli 2002 aufgehoben, so dass er ab 1. August 2002 mit voller Stundenzahl - bei voller Besoldung - beschäftigt ist.

3

Gegen die verfügte Teilzeitbeschäftigung legte der Kläger mit Schreiben vom 23. Juni Widerspruch ein und beantragte rückwirkend seine Einweisung in eine volle Beamtenstelle nebst Nachzahlung der Differenzbezüge zu einer vollen Stelle.

4

Durch Bescheid vom 10. August 2000 wurde diese Eingabe nebst Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Festsetzung einer 4-jährigen Teilzeitbeschäftigung sei inzwischen bestandskräftig geworden, weil nicht binnen eines Jahres Widerspruch eingelegt worden sei (§ 58 Abs. 2 VwGO). Es bestehe auch kein Anlass, das Verfahren wieder aufzugreifen und die festgelegte Teilzeitbeschäftigung abzuändern. Insbesondere folge das nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht v. 2. März 2000, das zum Hessischen, nicht aber zum Niedersächsischen Beamtengesetz ergangen sei; es sei nicht auf die Nds. Regelung übertragbar. § 80 c NBG (früher: § 80 b NBG) berühre zwar beamtenrechtliche Grundsätze, lasse sie aber wegen der zeitlichen Beschränkung in ihrem Kernbestand unverändert. Unter diesen Umständen scheide ein Wiederaufgreifen gem. §§ 1 Abs. 1 NdsVwVfG, 51 Abs. 1 VwVfG aus, zumal sich die Sach- und Rechtslage nicht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich geändert habe.

5

Gegen diesen Bescheid, der lt. Rechtsmittelbelehrung den Widerspruch eröffnete, legte der Kläger unter Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 nochmals mit Schreiben vom 14. September 2000 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 20. September 2000 mit der Begründung zurückgewiesen wurde, Gründe für ein Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, so dass auf den vorangegangenen Bescheid verwiesen werde.

6

Zur Begründung seiner am 27. Oktober 2000 erhobenen Klage bezieht sich der Kläger auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2.März 2000 (ZBR 2000, 209 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) und legt dar, die von der Beklagten vorgetragenen Differenzierungen zwischen dem Hessischen und dem Niedersächsischen Beamtengesetz könnten eine von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichende Entscheidung nicht tragen. Die Beklagte verkenne die Reichweite des ergangenen Urteils, das die Unzulässigkeit einer Zwangsteilzeit ganz allgemein feststelle. Nicht die Teil-, sondern die Vollzeitbeschäftigung sei das Leitbild beamtenrechtlicher Amtsverhältnisse. Eine einseitige Gestaltung der „Rahmenbedingungen“ eines öffentlichen Amtes sei der Beklagten wegen Art. 33 Abs. 5 GG und des dort verankerten Grundsatzes der Amtswahrnehmung bzw. der Vollzeitbeschäftigung verwehrt. Bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung gem. §§ 48, 49 VwVfG hätte die Beklagte demgemäß dazu kommen müssen, dass ihr Spielraum auf Null reduziert sei, zumal schon seit BVerwGE 82, 196 ff. bekannt gewesen sei, dass nur bei Wahrung der Freiwilligkeit und Wahlfreiheit eine Kürzung der Arbeitszeit nebst Besoldung und Versorgung möglich sei. Mit Wirkung vom 1. August 2002 an verfügte die Beklagte die Beschäftigung des Klägers mit voller Stundenzahl, zugleich wurde die angeordnete Teilzeitbeschäftigung zum 31. Juli 2002 aufgehoben. Der Kläger hat daher seinen Anspruch auf eine künftige Vollzeitbeschäftigung über den 31. Juli 2002 hinaus für erledigt erklärt.

7

Der Kläger beantragt,

8

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Januar 1999 hinsichtlich der Anordnung von Teilzeitbeschäftigung und des Bescheides vom 10. August 2000 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2000 zu verurteilen, dem Kläger die Gehaltsdifferenz zwischen 22,5/28 Anteilen der Bezüge der Besoldungsgruppe A 12 BBesO und den vollen Bezügen für 28 Wochenstunden rückwirkend vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Juli 2002 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und ihn versorgungsrechtlich so zu stellen als wäre er seit seiner Einstellung vollzeitig beschäftigt worden.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen,

11

hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgerichts vorzulegen und

12

weiter hilfsweise das Verfahren analog § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache 2 BvF 3/02 auszusetzen.

13

Sie schließt sich der Erledigungserklärung des Klägers hinsichtlich der Zeit über den 31. Juli 2002 hinaus an und meint - ohne noch weiter auf die Frage eines Wiederaufgreifens einzugehen - im Übrigen, Der Klägerhabe in der Sache selbst keinen Anspruch auf eine rückwirkende Vollbeschäftigung und Nachzahlung der Differenzbezüge, u.zw. weil § 80 c NBG anzuwenden sei, der die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in seinem Kernbestand strukturell nicht verändere. Es werde angeregt, das Verfahren entweder gem. Art. 100 GG auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, oder aber es analog § 94 VwGO auszusetzen, da die Nds. Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht ein Normbestätigungsverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG eingeleitet habe, von dessen Ausgang eine Klärung des Handlungsspielraums des Nds. Landesgesetzgebers erwartet werde.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, begründet.

16

Die Klage hat insoweit Erfolg, als es um die Erstattung der Gehaltsdifferenz nebst Prozesszinsen und einen versorgungsrechtlichen Ausgleich für die Zeit vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Juli 2002 geht. Im Übrigen - hinsichtlich der ursprünglich erstrebten Vollzeitbeschäftigung über den 1. August 2002 hinaus - ist das Verfahren aufgrund der Erledigungserklärungen der Beteiligten einzustellen. Der 1999 zum Beamten a. Probe ernannte Kläger wird durch die (begleitend) verfügte Teil- statt Vollzeitbeschäftigung und der damit einhergehenden Kürzung der Besoldung von 100 % auf nur 22,5 / 28 Anteile seit Februar 1999 (mit versorgungsrechtlichen Auswirkungen) in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO.

17

1. Die Beklagte kann sich nicht auf die Bestandskraft ihres Ausgangsbescheides berufen und ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zugunsten des Klägers letztlich ablehnen.

18

1.1 Zunächst einmal scheidet hier bezüglich der abgelaufenen Jahresfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Da beim Ausgangsbescheid die Belehrung iSv § 58 Abs. 2 VwGO unterblieben ist, kommt grundsätzlich die normierte Ausschlussfrist zum Zuge. Allerdings ist kraft § 58 Abs. 2 S. 2 VwGO für den Fall „höherer Gewalt“ eine Wiedereinsetzung gem. § 60 Abs. 2 VwGO möglich, wobei als solche Gewalt auch die unverschuldete Unkenntnis über das Ergehen eines Verwaltungsakts bzw. der unverschuldete Irrtum über den Charakter eines Schreibens als Verwaltungsakt gelten soll (Kopp, VwGO-Komm. § 58 Rdn. 20 m.w.N.). Wenngleich der Ausgangsbescheid wohl von der Beklagten selbst nicht als Verwaltungsakt verstanden worden ist (andernfalls wäre eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt worden), kann beim Kläger doch davon ausgegangen werden, dass er die Verfügung im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ als einseitige verbindliche Regelung gewertet und er so „laienhafte“ Kenntnis vom Ergehen eines Verwaltungsaktes hatte.

19

1.2. Mangels Wiedereinsetzung kommt es somit auf eine Beseitigung der Bestandskraft durch die Beklagte im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens an. Dieses Wiederaufgreifen ist allerdings zweispurig angelegt (1.2.1 und 1.2.2). § 51 VwVfG gewährt - bei Vorliegen seiner Voraussetzungen - einerseits einen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen (1.2.1), andererseits aber davon losgelöst noch einen Anspruch auf eine sachgerechte Ermessensentscheidung (1.2.2).

20

1.2.1 Soweit es um ein Wiederaufgreifen iSv. § 51 Abs. 1 VwVfG geht, ist nach dem Wortlaut des § 51 Abs. Nr. 1 VwVfG klar, dass eine Änderung der Rechtsprechung nicht auch eine Änderung der Rechtslage darstellt (vgl. BVerwG, NJW 1981, 2595). Hiernach war und ist ein Wiederaufgreifen mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 nicht geboten.

21

1.2.2 Allerdings regelt § 51 VwVfG das Wiederaufgreifen „nur zum Teil“ (BVerwG, NJW 1981, 2595, sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne). Daneben ist - ohne das Rechtsansprüche vermittelnde „Korsett“ des § 51 Abs. 1 VwVfG - ein Wiederaufgreifen auch dann noch zulässig (und u.U. geboten, falls Reduzierung auf Null), wenn Ermessensgründe (§§ 48, 49 VwVfG) für ein solches Wiederaufgreifen sprechen (vgl. § 51 Abs. 5 VwVfG), u.zw. unabhängig von einem entsprd. Antrag auf Wiederaufgreifen. Vgl. dazu VGH Kassel, NVwZ 1995, 394 f. [BVerwG 25.01.1995 - BVerwG 8 N 2.93]:

22

„Im vorliegenden Fall ist der Änderungsbescheid vom 17. 11. 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. 1. 1987 deshalb ermessensfehlerhaft, weil das der Pensionsregelungsbehörde eingeräumte Ermessen i.S. einer Teilaufhebung des Anrechnungbescheides vom 18. 6. 1985 mit Rückwirkung bis zum 1. 2. 1985 als einzige rechtmäßige Entscheidung beschränkt war (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Zwar war das behördliche Ermessen nicht aufgrund eines Anspruchs des Kl. auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG gebunden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. In Betracht käme lediglich eine Änderung der Sach- oder Rechtslage (§ 51 I Nr. 1 VwVfG). Aufgrund des Urteils des BVerwG vom 26. 6. 1986 (BVerwGE 74, 285 = NVwZ 1986, 1020) hat sich die Rechtslage nicht geändert, da ein Gerichtsurteil das geltende Recht grundsätzlich nur anwendet, ohne es zu verändern (vgl. BVerwGE 35, 234 (237) [BVerwG 04.06.1970 - BVerwG II C 39.68]; OVG Münster, NVwZ 1986, 134 m.w. Nachw.).

23

Das Rücknahmeermessen der Behörde nach § 48 I 1 VwVfG ist jedoch zugunsten des Kl. mit der Wirkung gebunden, daß es der Behörde versagt ist, sich auf die Bestandskraft des Bescheides vom 18. 6. 1985 zu berufen, weil die Behörde bei der Ausübung des Ermessens eine durch das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 I GG) grundrechtlich geschützte Rechtsposition des Kl. zu respektieren hat.“

24

Das Ermessen hinsichtlich der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 48 VwVfG) ist davon bestimmt, dass jeder rechtswidrige Verwaltungsakt voraussetzungslos zurückgenommen werden darf und - im Rechtsstaat - sogar zurückgenommen werden muss, wenn sich die Sach- und Rechtslage so geändert hat, dass dem Bürger ein Festhalten am Verwaltungsakt nicht mehr zumutbar ist (Kopp, VwVfG-Kommentar, 8. Aufl. § 48 Rdn. 55 m.w.N.) oder aber aus anderen Gründen ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre (BVerwGE 44, 336; NVwZ 1985, 265). Denn der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit steht gleichwertig neben dem der Rechtssicherheit (BVerwGE 28, 122 f/127). Unerträglichkeit kann daher gegeben sein, wenn in anderen Fällen Anträgen stattgegeben wurde „und Art. 3 GG die Gleichbehandlung verlangt“ (Kopp, aaO.). Auch kann ein Festhalten am bestandskräftigen Verwaltungsakt als ein Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen (Kopp, aaO.) - ein Grundsatz, der hier durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 79 BBG, § 87 NBG) stark unterstützt wird: Die Schutz- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 4 GG (Dienst- u. Treueverhältnis) vorgegeben und gilt als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums mit Verfassungsrang (BVerfGE 44, 249; 58, 76; 83, 89/98; Schnellenbach, ZBR 1981, 301). Der Anspruch auf Schutz und Fürsorge äußert sich u.a. darin, dass bei Ermessensentscheidungen und der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe sachlich gerecht und wohlwollend verfahren wird. Die Fürsorgepflicht wird so in beamtenrechtlichen Verfahren zum Auslegungsprinzip (Battis, BBG-Komm. 2. Auflage, § 79 Rdn. 6 m.w.N.).

25

Nach diesen Grundsätzen ist hier die Aufrechterhaltung der angegriffenen Bescheide zur Zwangsteilzeit für einen abgekürzten Zeitraum bei deren Reduzierung um ca. ½ Jahr „unerträglich“. Denn Art. 3 GG wie auch Grund und Grad der Rechtswidrigkeit sowie schließlich auch die Fürsorgepflicht sowie Treu und Glauben gebieten im vorliegenden Fall ein Wiederaufgreifen rechtsstaatlich in einer solchen Weise, dass sich die Beklagte dem nicht mehr entziehen kann, ihr Ermessen auf Null geschrumpft ist. Vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ 1989, 882:

26

„Dem Kl. ist jedoch darin zu folgen, daß die Aufrechterhaltung des Prüfungsbescheids vom 17. 7. 1985 "schlechthin unerträglich" wäre. Insoweit sind im Rahmen der Ermessensbetätigung nach § 48 I 1 BadWürttVwVfG der Grund der Rechtswidrigkeit dieses Prüfungsbescheids und der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers von Bedeutung (vgl. BVerwGE 28, 121 (127) = NJW 1968, 315 [BVerwG 19.10.1967 - BVerwG III C 54.66]). In diesem Zusammenhang hat der Senat in dem bereits erwähnten Beschluß vom 20. 3. 1986 (KMK-HSchR 1987, 93) u. a. folgendes ausgeführt....“

27

Dem Rechtswidrigkeitsgrund wie vor allem seiner Erkennbarkeit kommen - im Unterschied zu den gebundenen Ansprüchen auf Wiederaufgreifen (§ 51 Abs. 1 VwVfG) - ganz wesentliche Bedeutung zu für die Ermessensentscheidung, ob das Verfahren wiederaufgegriffen wird (so ausdrücklich auch BVerwG NVwZ- RR 1990, 26). Maßgeblich dafür, ob ein Verfahren wiederaufzugreifen ist, ist daher letztlich eine sachgerechte Gewichtung anhand aller Umstände des Einzelfalles (BVerwG, aaO).

28

Der Grund der Rechtswidrigkeit - ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen den durch Art. 33 Abs. 5 GG grundrechtsähnlich verbürgten Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung - hat hier ganz erhebliches Gewicht. Es handelt sich nämlich bei Art. 33 Abs. 5 GG um eine spezielle Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips (AK-GG-Kittner, Art. 20 Abs. 1-3 IV Rdn. 86 m.w.N.). Dieser Verfassungsgrundsatz kann von der Beklagten nicht mit der Erwägung beiseite geschoben werden, es sei ihr um eine „rechtlich zulässige Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses“ gegangen. Die höchstrichterliche Bewertung dieses Versuchs einer Ausgestaltung steht der Erwägung eindeutig entgegen (BVerwG, ZBR 2000, 210; Nds. OVG, NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134). Der Grad der Offenkundigkeit dieses Fehlers - erkennbar aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung schon aus dem Jahr 1989, aber vor allem auch aus dem Jahr 2000 - war und ist extrem hoch. Die entsprechenden Gesichtspunkte waren hier im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides schon angelegt, wie z.B. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.3. 1992 (NVwZ 1992, 1098; vgl. auch BVerwGE 82, 196 f.) aufzeigt, das bereits die Rechtswidrigkeit einer Arbeitszeitermäßigung ohne Wahlmöglichkeit der neu einzustellenden Beamten konstatiert hat. Schon auf der Grundlage dieser - der Beklagten bekannten - Rechtsprechung musste der Beklagten klar sein, dass eine Zwangsteilzeit für Beamte jedenfalls doch bedenklich und nicht frei von Zweifeln ist. Deren Rechtswidrigkeit lag für die sachkundige Beklagte aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon mehr oder weniger auf der Hand. Trotz des § 80 b NBG musste daher die Beklagte mit der Rechtswidrigkeit auch ihrer neuen Einstellungspraxis rechnen, zumal der durch Art. 33 Abs. 5 GG verbürgte Grundsatz hauptberuflicher Lebenszeitanstellung gegen die Zulässigkeit einer Zwangsteilzeit sprach. Bei dieser Lage der Dinge (s.o., vgl. BVerwGE 82, 196 f.) verwundert es, dass die Beklagte noch im Jahre 2000 Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Nds. Regelung in Abrede gestellt hat.

29

Die entsprechenden Gesichtspunkte sind aber jetzt - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (03.03.2004) als dem der möglichen Verpflichtung zum Wiederaufgreifen - noch sehr viel deutlicher, ja unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.6.2002 (- 2 B 12.02 ) und der Rechtsprechung des Nds. OVG (NdsVBl. 2002, 160 und NordÖR 2002, 134) derart klar und eindeutig konturiert worden, dass ein Festhalten an den als rechtswidrig erkannten Bescheiden - noch dazu für einen überschaubaren Zeitraum von rd. 3 ½ Jahren - völlig unerträglich wäre. Im genannten Beschluss v. 18.6.2002 hat das Bundesverwaltungsgericht speziell für den Fall einer niedersächs. Beamtin nochmals deutlich unterstrichen, dass eine Teilzeitbeschäftigung neu einzustellender Beamter

30

„nur verfassungsgemäß (ist), wenn sie zur Voraussetzung hat, dass die Teilzeitbeschäftigung mit dem Willen dieser Beamten übereinstimmt. Die Interpretation des § 80 c NBG, dass § 80 c NBG dieses Erfordernis enthält, entspricht dem, was der Senat zur Auslegung des § 85 c HBG ausgeführt hat.“

31

Wird die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung - wie hier - durch höchstrichterliche Rechtsprechung eindeutig aufgedeckt und klar gestellt, so hat das bei der Ermessensentscheidung über das Wiederaufgreifen wesentliche, ja ausschlaggebende Bedeutung:

32

„Zudem muss berücksichtigt werden, dass das BVerwG erst in seinen Entscheidungen v. 19.9.2001 die Nichtigkeit der TKLGebV 1997 festgestellt hat. Angesichts der Tatsache, dass die Rechtslage durch diese Entscheidungen erstmals eindeutig geklärt wurde, erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass die betroffenen Unternehmen bis dahin auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Reg TP vertrauten und erst dann die Erstattung der Lizenzgebühren geltend machten. Dies spricht dagegen, dass die Reg TP bei ihrer Ermessensentscheidung die Nichteinlegung von Rechtsbehelfen durch die betroffenen Unternehmen als ausschlaggebend berücksichtigen darf. Dass der Erlass neuer höchstrichterlicher Urteile i.R.v. § 48 Abs. 1 VwVfG zwar für sich genommen nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null führt, aber bei der Ermessensentscheidung der Verwaltung eine wesentliche Bedeutung hat, wenn und soweit hierdurch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eindeutig aufgedeckt wird, ist i.Ü. anerkannt. Vorliegend ergibt sich aus der Feststellung der Nichtigkeit der TKLGebV 1997, dass sämtliche Lizenzgebührenbescheide der Reg TP zwingend rechtswidrig sind, da sie ohne gültige Ermächtigungsgrundlage erlassen wurden. Die Fehlerhaftigkeit der Gebührenbescheide ist deshalb nunmehr offensichtlich, was ebenfalls in erheblichem Maße für die Verpflichtung der Reg TP zur Rücknahme der Gebührenbescheide und die Erstattung der gezahlten Gebühren spricht.“ (so Nolte, Schreier in MMR 2003, S. 235 f).

33

Auch hier liegt es so, dass die Zwangsteilzeit ohne gültige, nur noch verfassungskonform auslegbare Ermächtigungsgrundlage erlassen wurde, was durch die Verwaltungsrechtsprechung als Fachgerichtsbarkeit inzwischen eindeutig klar gestellt wurde. Damit ist völlig offensichtlich, dass die angegriffenen Bescheide fehlerhaft sind, was im Rahmen der Schutz- und Fürsorgepflichten der Beklagten und unter Berücksichtigung ihres eigenen, die Rechtslage nicht stets zutreffend darstellenden Verhaltens Veranlassung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ist.

34

Eine Veranlassung zum Wiederaufgreifen ergibt sich hier zudem daraus, dass die Beklagte im vorliegenden Fall der Sache nach und faktisch sogar ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens bereits vorgenommen, von der Einhaltung der zuvor ausdrücklich festgesetzten Frist - 1.02.2003 - zugunsten der Klägerin abgesehen und diese Frist abgekürzt hat. Diese Neubefassung mit der Sache und Teilabkürzung der verfügten Zwangsteilzeit lässt ihren Standpunkt bei gleichzeitiger Berufung auf die nicht antastbare Bestandskraft ihres Ausgangsbescheides als inkonsequent und widersprüchlich erscheinen, stand dieser von ihr in den Vordergrund gestellte Grundsatz doch offenbar einer Abänderung und Abkürzung der Teilzeit nicht im Wege. Befasst sich die Beklagte aber überhaupt erneut mit der angegriffenen Verfügung und reduziert sie - unter dem Eindruck der Verwaltungsrechtsprechung - die ursprünglich einmal festgelegte Dauer der Teilzeit, so hat sie sich auch mit der Sache ansonsten wieder zu befassen, kann deren offenkundige Rechtswidrigkeit in einem solchen Fall nicht noch weiter - für einen Zeitraum von rd. 3 ½ Jahren - aufrechterhalten.

35

Der insoweit vordergründig eingebrachte Gesichtspunkt der reduzierten Arbeitsleistung ignoriert die eindeutige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 2.3.2000, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) dazu und vermengt Amtswahrnehmung mit Zeitarbeit. Der Kläger hat das ihm urkundlich übertragene Amt wahrgenommen, wobei die Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung allein auf die ja doch einseitige und rechtswidrige „Ausgestaltung“ des Amtes durch die Beklagte zurückging. Es geht nun nicht an, dem Kläger seitens der Beklagten eben jene Unterrichtsreduzierung vorzuhalten, die ihm von der Beklagten zuvor selbst zwangsweise auferlegt worden war. Das stellt sich eindeutig als „ venire contra factum proprium “ dar : Das dem Kläger ausdrücklich Verbotene kann die Beklagte nicht zum Vorwurf erheben und etwa noch für ihre Zwecke ausnutzen. Hierauf sich im Prozess zwecks Freistellung von Zahlungsansprüchen zu berufen, ist absolut unfair und treuwidrig. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG, Fürsorgegesichtspunkten, Treu und Glauben sowie Zumutbarkeitserwägungen ist das Ermessen daher reduziert auf die Entscheidung, die Sache nicht nur hinsichtlich eines abgegriffenen Teilzeitraums, sondern insgesamt zugunsten der Klägerin wieder aufzugreifen und in eine materiell-rechtliche Neubeurteilung der gesamten Zwangsteilzeit einzutreten. Vgl. insoweit VG Gera LKV 1997, S. 297 ff / 299:

36

Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG anerkannt, daß in bestimmten Fällen die Behörde zur Rücknahme eines rechtswidrigen, bestandskräftigen Verwaltungsaktes gem. § 48 I 1 ThürVwVfG verpflichtet ist, obgleich keine Wiederaufnahmegründe vorliegen. Eine solche Verpflichtung besteht vor allem in den Fällen, in denen die Berufung auf die Unanfechtbarkeit eines Erstbescheides dazu führt, daß die Behörde gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BVerwGE 44, 333 (336); Kopp, VwVfG, § 51 Rdnr. 13).

37

Ein Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) liegt u.a. vor, wenn sich die Behörde widersprüchlich verhält (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl. (1992), § 242 Rdnrn. 55 bis 57).

38

Solche Widersprüchlichkeit liegt hier in der sachlichen Neubefassung mit dem angeblich bestandskräftigen Ausgangsbescheid und der - unter Abänderung des Ausgangsbescheides - vorzeitigen Gewährung von Vollzeitbeschäftigung bei rechtswidriger Aufrechterhaltung von Teilzeitbeschäftigung (BVerwG, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) für die Vergangenheit.

39

Im Übrigen ist es so, dass die Beklagte in der Zeit ihrer ablehnenden Entscheidungen - im August/September 2000 - zeitgleich über Anträge und Widersprüche zu entscheiden hatte, die Antragsteller betrafen, welche später als Der Klägereingestellt und daher unter Bezug auf das gen. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2. März 2000 (zufällig) zeitgerecht - binnen 1 Jahres - gegen die sie betreffende Begleitverfügung vorgehen konnten und vorgegangen sind. Die wesentliche Sach- und Rechtslage lag gleich, der übergangene Alimentationsanspruch aus Art. 33 Abs. 5 GG stand auch bei diesen Anträgen im Mittelpunkt. Die Anträge hatten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren später Erfolg, einige bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, da die Rechtswidrigkeit der verfügten Zwangsteilzeit nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung klar zutage lag. Um nicht eine Divergenz zwischen diesen Antragstellern und dem Kläger (sowie anderen, ebenfalls früher eingestellten Beamtinnen/en) aufkommen zu lassen, sondern alle wesentlich gleich liegenden Fälle auch materiell-rechtlich gleich zu behandeln (Art. 3 GG), hätte die Beklagte sich daher - schon wegen der gegebenen materiell-rechtlichen Sonderkonstellation (Existenz einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, Art. 3 GG) - nur noch schwer auf die bloße Bestandskraft des Ausgangsbescheides berufen können. Die vorgenommene Differenzierung allein nach der mehr oder weniger zufälligen Einstellung - mit der Folge des rechtzeitigen oder verspäteten Rechtsbehelfs nach Kenntnis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2000 - trägt somit den Anschein einer willkürlichen, an Zufälligkeiten orientierten Handhabung in sich, zeigt aber nicht die Ausrichtung an beamtenrechtlichen Grundprinzipien und am materiellen Verfassungsrecht auf (vgl. insoweit Urt. des BVerwG v. 2.3.00, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

40

Die Beklagte könnte sich allein dann noch auf die Unanfechtbarkeit des Ausgangsbescheides berufen, „wenn sich deren Rechtswidrigkeit nicht geradezu aufdrängt“ (so VGH Mannheim, VBlBW 2001, S. 23 [VGH Baden-Württemberg 13.06.2000 - 13 S 1378/98]). Das jedoch ist hier der Fall - mit der Folge der Verpflichtung zum Wiederaufgreifen.

41

Damit kommt es nicht mehr ausschlaggebend darauf an, ob die Beklagte den Kläger in irgendeiner Weise getäuscht oder dieser seine rechtswidrige Teilzeitbeschäftigung widerspruchslos hingenommen hätte (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 25.9.01, - 7 A 115/01 -, S. 6 d. Urt.-Abdr.). Denn verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzipien sind nicht verzichtbar. Neben der Sache liegt auch der Hinweis, der Kläger sei tatsächlich (zwangsweise) nur im Umfang der herabgesetzten Arbeitszeit tätig gewesen - etwas, was ihm wegen der damit verbundenen Arglist und auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2000 (ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) wegen der Wahrnehmung des Amtes gerade nicht entgegen gehalten werden kann (s.u. 6). Auch ist nicht allein maßgeblich, dass die Rechtsordnung selbst Entscheidungen, die aufgrund verfassungswidriger Regelungen getroffen wurden, nicht die Wirksamkeit versagt, § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG und § 34 Abs. 2 S. 2 StaatsGHGNds, vgl. insoweit VG Oldenburg, Urt. v. 27.2. 2002, - 6 A 3840/00 -, S. 20 d. Urt-Abdr.); denn dieser Gesichtspunkt wiegt eine nach Grund und Offenkundigkeit augenfällige Rechtswidrigkeit, die sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus dem Grundgesetz (Art. 33 Abs. 5 GG) ableitet, in einem Rechtsstaat nicht auf. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles und ihre Gewichtung - einschließlich materieller Gerechtigkeit - entscheidend, die hier ein Wiederaufgreifen gebieten.

42

2. Es besteht unter diesen Umständen nicht etwa die Beschränkung, lediglich die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung (zum Wiederaufgreifen) vom 10. August 2000 (idF des Widerspruchsbescheides v. 20. Sept. 2000) und dann die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, nunmehr das Verfahren wiederaufzugreifen. Vielmehr hat das Gericht die Sache selbst voll „durchzuentscheiden“. Vgl. Neumann in NVwZ 2000, S. 1244/1254:

43

„Das BVerwG geht von der Pflicht des Gerichts aus, bei einer Verpflichtungsklage die Sache in vollem Umfang spruchreif zu machen. Bei rechtswidriger Verweigerung des begehrten Verwaltungsakts darf das Gericht nicht nur die ablehnende Entscheidung aufheben und der Behörde mit gewissermaßen zurückverweisender Wirkung die Prüfung und Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen aufgeben. Das BVerwG hält es nicht für gerechtfertigt, zwischen den Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens einerseits und den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache andererseits zu unterscheiden. Die Pflicht, die Sache spruchreif zu machen, gelte nicht nur für die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens. Dahinter steht ein bestimmtes Verständnis dieser Voraussetzungen und damit auch des Streitgegenstandes. Streitgegenstand ist der in der Sache geltend gemachte Anspruch. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 I VwVfG sind nur Voraussetzungen für den in der Sache geltend gemachten Anspruch ebenso wie dessen materielle Voraussetzungen. Ob das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren wiederaufgegriffen werden muss, betrifft lediglich die Frage nach den Voraussetzungen des Anspruchs in der Sache, für dessen Erfüllung die Durchbrechung der Bestandskraft erforderlich ist. Es geht hingegen nicht um einen selbstständig neben diesem stehenden und eigenständig einklagbaren Anspruch auf ein Wiederaufgreifen. Der Kläger kann danach nicht bloße Klage auf Verpflichtung des Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens erheben. Für eine solche Klage müsste das BVerwG ihm das Rechtsschutzbedürfnis versagen.

44

Somit hat die Kammer hier „durchzuentscheiden“ und den materiellen Anspruch selbst zu prüfen (s.u. 3).

45

3. In der Sache selbst hat der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Besoldungsdifferenz und den versorgungsrechtlichen Ausgleich, so wie das von der Kammer bereits mehrfach zutreffend entschieden worden ist (vgl. etwa Urteile der Kammer v. 18. 01.2001 - 1 A 238/00 - und v. 13.8.2003 - 1 A 391/00, 328/00, 330/00). Diese Rechtsprechung ist höchstrichterlich bestätigt worden (Nds. OVG - 5 LB 2723/01 - in NordÖR 2002, 134 = NdsVBL 2002, 130; Beschl. d. BVerwG v. 18.6.2002 - 2 B 12.02 -), zumal sie auf das auslösende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 2.3.2000 (ZBR 2000, 209 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]) zurückgeht. Auch ansonsten ist stets betont worden, dass die tangierten beamtenrechtlichen Grundprinzipien (BVerfGE 71, 39 [BVerfG 15.10.1985 - 2 BvL 4/83] / 59 ff. und 55, 207 / 240) nur mit Zustimmung (Verzicht) des jeweils betroffenen Beamten abänderbar sind (sog. Konsensualprinzip, vgl. Battis, BBG-Kommentar, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 8). Das soll insbesondere beim Berufseinstieg gelten, wo der Bewerber hinsichtlich der Gestaltung seiner „Arbeitsbedingungen“ im Allgemeinen dem Dienstherrn ausgeliefert ist und sich in einer unterlegenen Position befindet. Deshalb ist eine Teilzeitbeschäftigung von Beamten nur zulässig, „ wenn ihre Freiwilligkeit auch beim Berufseinstieg gewährleistet ist“ (so Urt. d. BVerwG v. 2.3.2000, ZBR 2000, 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

46

„Immerhin gehört das Prinzip der amtsangemessenen Vollalimentation nach der Rechtsprechung des BVerfG zu denjenigen „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“, die vom Gesetzgeber strikt zu beachten sind. Als einen solchen „hergebrachten Grundsatz“ i.S. des Art. 33 V GG betrachtet das BVerfG auch, „dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast gleiche (und zwar eine der Bedeutung von Leistung und Verantwortung entsprechende) Besoldung gewährt wird“ (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).

47

Wie Summer in seiner Anmerkg. zum Urteil des BVerwG (ZBR 2000, 211) hervorgehoben hat, ist daher eine „ eiserne Grenze beim Moment der Freiwilligkeit gegeben“. Hierauf hat neben Loschelder (ZBR 2000, 89/91) auch Ziemske (ZBR 2001, 1 f./ 5) hingewiesen, der hervorhebt, dass zulässige Teilzeitbeschäftigung von Beamten stets mit einem „Element eigenverantwortlicher Entscheidung des Beamten“ korreliere und nur unter dieser Voraussetzung mit dem Alimentationsprinzip vereinbar sei, was in einer freiheitlich-demo-kratischen Grundordnung einleuchtet. Das Konzept einer nicht konsentierten, sondern völlig antragslosen Zwangsteilzeit (vgl. dazu schon BR-Drs. 89/88) stößt mithin nach wie vor auf verfassungsrechtliche Bedenken und ist höchstrichterlich nicht gebilligt, so dass es bei dieser Lage der Dinge überrascht, wenn ein entsprd. Bundesratsantrag bei der damaligen Einführung der voraussetzungslosen Antragsteilzeit (§ 72 a Abs. 1 BBG) auf eine verfassungsrechtliche Bewertung völlig verzichtete (Bredendiek/Meier, NVwZ 1996, 444). Nach Battis/ Grigoleit (ZBR 1997, 246) stellte die Einführung des (Zwangs-) Teilzeitbeamten eine „ strukturelle Veränderung des Berufsbeamtentums“ dar, die von der Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG gerade ausgeschlossen wird (vgl. Gola/Hügel, DÖD 1996, 97; Battis, BBG, 2. Auflage, § 72 a Rdn. 9). Ein (zwangsweises) Teilzeitbeamtenverhältnis ist unter Art. 33 Abs. 5 GG nicht vorstellbar und „ ohne Verfassungsänderung nicht zu haben“ (Battis/Grigoleit, aaO, S. 247). Denn

48

„die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit bildet seit jeher das Leitbild und den kennzeichnenden wesentlichen Strukturinhalt des Beamtenverhältnisses (vergl...)“. - so BVerwG, ZBR 2000, S. 210 [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99] m.w.N.

49

Von diesem Vollzeitprinzip als Regelfall beamtenrechtlicher Amtstätigkeit abgesehen stünde bei einer (Zwangs-) Einstellungsteilzeit eine einseitig abverlangte Bereitschaft dazu auch nicht mehr mit Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang (dazu Battis, BBG, 2. Aufl. § 72 a Rdn. 9).

50

Damit erlaubt § 80 c NBG nur eine solche Teilzeitbeschäftigung, die vom Willen des jeweils betroffenen Bewerbers getragen ist und bei der ihm die Wahl der Vollzeitbeschäftigung eingeräumt wird. Nur mit diesem (reduzierten) Sinngehalt ist § 80 c NBG im Lichte und Wirkungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG anwendbar, so dass die hier angegriffene Verfügung, mit welcher eine Teilzeitarbeit durch die Begleitverfügung zur beamtenrechtlichen Ernennung aufgezwungen wurde, insoweit der Rechtsgrundlage entbehrt. Vgl. Kutscha (NVwZ 2002, S. 946/947).

51

„Die künftig je nach Bundesland variierende Besoldung lässt sich mithin ebenso wie die oben beschriebene Flexibilisierung anderer Elemente des Beamtenrechts als schrittweise Abkehr von den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 V GG werten. Dabei fällt allerdings auf, dass diese Abkehr nur diejenigen Grundsätze betrifft, die die Stellung und die Unabhängigkeit des Beamten schützen sollen, nicht dagegen die spezifischen Pflichtenbindungen wie das Streikverbot oder die Disziplinargewalt. Die ins Werk gesetzte „Modernisierung“ des Beamtenrechts wirkt sich also recht einseitig aus, nämlich überwiegend zu Lasten der Staatsdiener und zu Gunsten der Dienstherren. Eines aber kann die Gesellschaft nicht verlangen, wie Lecheler zu Recht bemerkt: „uneigennützige und unabhängige Amtsführung auf der einen Seite, welche die Gesellschaft offenbar nach wie vor von einem Beamten vor allem erwartet, und zugleich den Abbau ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Sicherung“.“ (so Kutscha, NVwZ 2002, 946/947).

52

Soweit die Beklagte den Eindruck zu erwecken sucht, die von ihr verfügte Zwangsteilzeit habe vor allem der Einstellung von Bewerbern um das Lehramt gedient, ist dem entgegen zu treten: Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2001 in einem ähnlich gelagerten Verfahren wie dem vorliegenden hat sich herausgestellt, dass das niedersächsische Modell vorrangig nicht dazu diente, die Arbeitslosigkeit im Lehrerbereich abzubauen. Denn nach dem damals vorgelegten statistischen Material (vgl. „Die niedersächsischen allgemein bildenden Schulen in Zahlen“, Stand: Schuljahr 1999/2000, Nds. Kultusministerium) und seiner Interpretation muss davon ausgegangen werden, dass das Nds. Kultusministerium den Lehrerbedarf - berechnet in Vollzeitlehrereinheiten - trotz deutlich gestiegener Schülerzahlen (von 859.869 im Jahre 1993 auf 968.535 im Jahre 1999) durch mehrere, miteinander verwobene Maßnahmen beständig - vor allem vor und in der Phase der Einführung der hier streitigen Einstellungsteilzeit - abgesenkt hat, u.zw. von 57.437 Vollzeitlehrereinheiten im Jahre 1993 auf 57.019 Vollzeitlehrereinheiten im Jahre 1999. Damit sind die angeführten „zusätzlichen“ Einstellungen von 1400 Lehrkräften (1200 im allgemeinbildenden und 200 im berufsbildenden Bereich) bei 6400 Gesamteinstellungen auf Teilzeitbasis nur und erst auf der Grundlage eines durch die gen. Maßnahmen verminderten Lehrerbedarfs bzw. -solls zu sehen. Die Schüler-Lehrer-Relation ist in den entsprechenden Jahren von 15 auf 17 angestiegen, die durchschnittliche Klassenfrequenz von 20,5 auf 21,4 angewachsen. Zu den Absenkungs-Maßnahmen zählen vor allem:

53

- 1998 die Einführung eines „verpflichtenden“ Arbeitszeitkontos (1 Stunde unbezahlte, später verrechenbare Mehrarbeit pro Lehrkraft unter 50 Jahren) bzw. „freiwilligen“ Arbeitszeitkontos (ebs. für Lehrkräfte über 50 Jahre)

54

- die beständige Veränderung der Vor- und Maßgaben für die Unterrichtsversorgung (Verringerung der Höchststundenzahlen, Abbau von Förderstunden, Ermäßigung der klassenfrequenzabhängigen Lehrerstunden - vgl. z.B. den Erlass v. 31.3.92/SVBl. 92, S. 161 und Einführung der „Verlässlichen Grundschule“ sowie der „Vollen Halbtagsschule“)

55

- die Aufstockung der Pflichtstundenzahlen für Lehrer

56

- die Abschaffung der Personalratsfreistellungen.

57

Angesichts solcher Absenkung der Lehrer-Bedarfszahlen in den 90er Jahren kann es sich bei den 1999 vorgenommenen Einstellungen somit allenfalls um eine Kompensation der zuvor kontinuierlich erfolgten Bedarfsabsenkung im Lehrerbereich handeln. Ein nennenswerter „Abbau von Arbeitslosigkeit“ hat bei einer langfristigen Betrachtung auf der Grundlage der genannten Zahlen wegen der vorgenommenen Absenkung der Sollzahlen tatsächlich gar nicht stattgefunden. Bei einem Vergleich mit dem - noch nicht abgesenkten - Lehrersoll der vorangehenden Jahre sind „zusätzliche“ Einstellungen im Lehrerbereich dann jedenfalls nicht mehr feststellbar. Die Unterrichtsversorgung hat gleichbleibend bei rd. 97 % (1993/1999) gelegen, nachdem sie in den 80er Jahren noch bei 103-104 % gelegen hatte (vgl. das o.a. Zahlenwerk). In der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2001 wurde denn auch unter dem Eindruck dieser statistischen Zahlen vorgetragen, es seien nicht „mehr“ Lehrer eingestellt worden, sondern diese seien nur - zeitverschoben - einige Jahre „früher“ eingestellt worden als das ohne Einstellungsteilzeit möglich gewesen wäre.

58

Das Absenken des Bedarfs an Lehrkräften in Niedersachsen überrascht deshalb, weil die Schülerzahlen im gleichen Zeitraum um ca. 100.000 Schüler angestiegen sind. Auf dieser Grundlage eines abgesenkten Lehrerbedarfs bei gleichzeitig gestiegenen Schülerzahlen kann nicht davon gesprochen werden, dass es um den „Abbau von Lehrerarbeitslosigkeit“ gegangen sei. Eine Gesamtbetrachtung der miteinander verwobenen Maßnahmen legt vielmehr nahe, dass es vor allem um das Einsparen von Haushaltsmitteln ging (so Kutscha, ZBR 2001, S.156 ff - u.a. auch Fußn. 58).

59

Sozialstaatliche Rechtfertigungen einer arbeitsmarktpolitischen Teilzeitbeschäftigung können jedoch nur dann Geltung beanspruchen, wenn die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit eindeutig außer Zweifel steht, was bei zeitgleichen Bedarfsverminderungen, Stellenkürzungen und -einsparungen gerade nicht der Fall ist (Lang/ Bürsch, Teilzeitarbeit in deutschen Behörden und Betrieben, 1996, S. 22; Hanau, ZBR 1996, 199/ 200). Das nimmt dem Modell die arbeitsmarktpolitische Überzeugungskraft.

60

Dass es sich beim Modell der Einstellungsteilzeit eher um eine Maßnahme des Sparens und der Haushaltskonsolidierung gehandelt hat und handelt, wird durch Überlegungen gestützt, die einer Lehrer-Verbeamtung den Vorzug vor der Beschäftigung von Lehrern im Angestelltenverhältnis allein deshalb geben, weil Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung nicht abzuführen sind (vgl. die Diskussion im Thüring. Landtag im Oktober 1997, vgl. dazu auch die aus Gründen des Sparens angestellten Überlegungen in Schleswig-Holstein). Die Beschäftigung von beamteten Lehrern in „Zwangsteilzeit“ bei zugleich abgesenktem Lehrerbedarf (s.o.) ist mithin erheblich sparsamer als die von angestellten Lehrern in vergleichbaren (Teilzeit-) Beschäftigungsverhältnissen. Das dürfte denn auch der Grund dafür gewesen sein, weshalb der vorgeblich verfolgte „Abbau der Arbeitslosigkeit“ bzw. der Abbau eines Bewerberüberhangs nicht mit teilzeitbeschäftigten Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, sondern mit solchen im Beamtenstatus verfolgt wurde, obgleich doch mit jenen das Ziel problemloser - ohne Tangieren des Art. 33 Abs. 5 GG und bundesrechtlicher Grundsätze - hätte verfolgt und erreicht werden können (vgl. dazu Kutscha, ZBR 2001, S. 160). Es überzeugt deshalb nicht, wenn vorgetragen wird, die Einstellungsteilzeit beamteter Lehrer sei notwendig (gewesen), um Lehrerarbeitslosigkeit abzubauen (Kutscha, ZBR 2001, S. 160 Fußn. 62 und Fußn. 18).

61

4. Die bei dieser Lage der Dinge seitens der Beklagten mit ihrem Hilfsantrag begehrte Aussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG scheidet aus. Denn weder Der Kläger noch die Beklagte noch aber das erkennende Gericht - also niemand - geht von einer Verfassungswidrigkeit des § 80 c NBG aus. Die Norm ist gültig. Wenn sie nur in einem bestimmten Sinne (verfassungskonform) anwendbar ist, zwingt das nicht, die Sache dem Verfassungsgericht vorzulegen.

62

Eine Pflicht zur Vorlage aus Art. 100 GG kommt erst zum Zuge, wenn das erkennende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Norm überzeugt ist - bloße Zweifel reichen dafür nicht aus. Zudem scheidet eine Vorlage dann aus, „ wenn das VG die Gültigkeit der vom BVerfG zu prüfenden Norm in Übereinstimmung mit der Rspr. des BverwG bejaht“ (so ausdrücklich BVerwG, B. v. 6.12.1999 - 3 B 55.99 - in Buchholz 310 Verfahrensrecht § 94 VwGO Nr. 13). So liegt es hier (vgl. BVerwG, ZBR 2000, 209 f. [BVerwG 02.03.2000 - BVerwG 2 C 1/99]).

63

5. Auch die seitens der Beklagten begehrte Aussetzung des Verfahrens analog § 94 VwGO, die mit Blick auf das Normbestätigungsverfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG iVm §§ 13 Nr. 6, 76 f BVerfGG rechtlich zwar möglich, aber nicht zwingend geboten ist, kommt unter Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen nicht in Betracht (so auch VG Osnabrück, Urt. v. 15.1. 2003 - 3 A 132/00 - und VG Oldenburg, Beschl. v. 30.1.2003 - 6 A 4598/02 -; a.A . Nds. OVG, Beschl. v. 13.3.2003 - 5 LB 2863/01 -). Im Urteil des VG Osnabrück v. 15.1.2003 heißt es insoweit:

64

„Die eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigenden Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen gebieten im Widerstreit mit dem gegebenenfalls artikulierten Parteiinteresse an effektivem und zeitnahem Rechtsschutz eine Aussetzung nur, wenn das aussetzungswillige Gericht sich keine abschließende Meinung über die Verfassungsmäßigkeit der im Normenkontrollverfahren zu überprüfenden Gesetzesbestimmung gebildet hat und das Verfahren vor dem Normenkontrollgericht nicht offensichtlich aussichtslos erscheint. Letzteres anzunehmen gibt es hier gute Gründe: Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte; sie sind der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (BVerfG, B. v. 9.2.2001 - 1 BvR 781/98 -, DVBl. 2001, 892; stRspr. seit BVerfGE 18, 85).

65

6. Der Anspruch des Klägers auf die nachzuzahlende Gehaltsdifferenz (1.2.1999 bis 31.7.2002) ergibt sich daraus, dass die neben der beamtenrechtlichen (Voll-)Ernennung rechtswidrigerweise verfügte Teilzeitbeschäftigung rückwirkend wieder entfällt und damit auch die Auswirkungen auf die Besoldung und Versorgung rückwirkend entfallen. Damit kommen die Rechte des Klägers aus dem durch wirksame Ernennung zum Beamten auf Probe begründeten Beamtenstatus zur Geltung, die ihm durch die angefochtene Begleitverfügung - ohne gesetzliche Grundlange, da § 80 c NBG die Verfügung nicht trägt (s.o.) - unzulässig vorenthalten worden waren. Eine Verknüpfung der Ernennung mit der Anordnung der Teilzeitbeschäftigung in der Weise, dass mit Wegfall der Teilzeitbeschäftigung auch die durch Aushändigung einer Urkunde bewirkte beamtenrechtliche Ernennung wieder entfiele, ist trotz eines Zusammenhangs zwischen beiden Verwaltungsakten nicht möglich (BVerwG, aaO). Die Besoldungsdifferenz ist daher wegen des Alimentations-grundsatzes nachzuzahlen, ohne dass eine zusätzliche, etwa an der Arbeitszeit - nicht an der Wahrnehmung des Amtes - orientierte Arbeitsleistung seitens des Dienstherrn verlangt werden kann (BVerwG, aaO, S. 211). Der Kläger ist besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er ab 1. Februar 1999 für seine Wahrnehmung des Lehramtes alimentiert worden (Folgenbeseitigung gem. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, Grundlage: Art. 19 Abs. 4 GG iVm dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung). Dazu gehört auch der Zinsanspruch in der geltend gemachten Höhe hinsichtlich der vorenthaltenen Gehaltsanteile (§§ 288, 291 BGB n.F.).

66

Die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten beruht auf einer Billigkeitsentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO sowie auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Berufungszulassung liegen hier nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).