Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.07.2000, Az.: 8 K 51/99
Setzen einer Ausschlussfrist zur Vorlage einer Prozessvollmacht: Folgen der Fristversäumnis
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.07.2000
- Aktenzeichen
- 8 K 51/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 35702
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0704.8K51.99.0A
Rechtsgrundlagen
- FGO § 62 Abs 3 S 3
Redaktioneller Leitsatz
1. Die ausschließende Wirkung der Fristsetzung nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO hat zur Folge, dass nach Ablauf der Frist die Einreichung einer Vollmacht den prozessualen Mangel der Unzulässigkeit der Klage nicht mehr heilen kann (vgl. BFH-Urteil vom 12.02.1999 III B 29/98). 2. Die Revision wurde zugelassen. Das Beschwerdeverfahren wird unter dem Az. III R 40/01 als Revisionsverfahren fortgeführt (B FH-Beschluss vom 29.10.2001 Az. III B 77/00, nicht dokumentiert).
Tatbestand
Streitig ist, ob die Steuerbescheide vom 09.03.1998 aufgrund der nachträglich vorgelegten Steuererklärungen geändert werden können.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb. Da der Kläger trotz mehrmaliger Aufforderung keine Steuererklärungen abgab, schätzte das beklagte Finanzamt (FA) die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommen- und Umsatzsteuer 1995 gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) und gab die Steuerbescheide vom 09.03.1998 an den Kläger bekannt. Am 29.05.1995 gingen die Steuererklärungen beim FA ein. Das FA änderte mit Einkommensteuerbescheid vom 20.07.1998 die Abrechnung gemäß § 130 AO aufgrund der vorgelegten Lohnsteuerkarte zu Gunsten des Klägers und lehnte im Übrigen mit Bescheid vom 23.06.1998 die Änderung der Bescheide ab.
Am 14.09.1998 beantragte der Kläger erneut die Änderung der Steuerbescheide. Das FA wertete diesen Antrag als Einspruch gegen die Steuerbescheide und verwarf die Einsprüche wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist durch Einspruchsbescheid vom 16.12.1998 als unzulässig. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.06.1998.
Der Kläger meint, die Schätzungsbescheide vom 09.03.1998 seien nicht wirksam bekanntgegeben worden. Das FA habe diese nicht dem Kläger persönlich sondern dem Prozessbevollmächtigten bekanntgeben müssen, da dieser den Kläger bereits seit 1995 vertreten habe. Er meint, der Umsatzsteuerbescheid sei nichtig, da das FA bewußt zum Nachteil des Klägers geschätzt habe. Der Kläger beantragt sinngemäß,
dass FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.06.1998 den Kläger auf der Grundlage der eingereichten Erklärungen neu zu bescheiden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA meint, es habe die Steuerbescheide ordnungsgemäß bekannt gegeben, da die Bekanntgabe zutreffend an den Kläger persönlich erfolgt sei. Da die Bekanntgabe nicht fehlerhaft erfolgt sei, habe die Rechtsbehelfsfrist einen Monat nach Bekanntgabe geendet. Die Bescheide seien auch nicht nichtig, da die Schätzung nicht bewußt zum Nachteil des Klägers erfolgt sei. Die Berichterstatterin hat dem Prozessbevollmächtigten mit Verfügung vom 17.05.1999 eine Ausschlussfrist nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO zur Vorlage der Prozessvollmacht im Original bis zum 28. Juni 1999 gesetzt. Die Zustellung der Verfügung erfolgte mit Postzustellungsurkunde. Die Originalprozessvollmacht ging jedoch erst am 29. Juni 1999 bei Gericht ein. Der Prozessbevollmächtigten ist mit Telefax vom 28.06.2000 auf die Versäumung der Frist hingewiesen worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Prozessbevollmächtigte jedoch nicht beantragt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Steuerakten und die Gerichtsakte.
Gründe
Die Klage ist unzulässig. Der Prozessbevollmächtigte hat die nach § 62 Abs. 3 FGO erforderliche Prozessvollmacht nicht innerhalb der Ausschlussfrist vorgelegt.
Nach § 62 Abs. 3 FGO kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter für das Einreichen der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Die ausschließende Wirkung hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Folge, dass nach Ablauf der Frist die Einreichung einer Vollmacht den prozessualen Mangel der Unzulässigkeit der Klage nicht mehr heilen kann (vgl. BFH-Urteil vom 12.2.1999 III B 29/98 BFH/NV 1999, 1109 [BFH 12.02.1999 - III B 29/98]). Da die mit Fristsetzung nach § 62 Abs. 3 FGO angeforderte Prozessvollmacht nicht vorgelegt worden ist und auch Wiedereinsetzungsgründe nicht vorgetragen worden oder nach Aktenlage ersichtlich sind, war die Klage als unzulässig abzuweisen. FGO .