Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.07.2000, Az.: 14 K 280/97

Einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Vermietung eines Grundstücksteils durch Ehegatten-GbR an einen der Ehegatten zur Nutzung für betriebliche Zwecke

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
20.07.2000
Aktenzeichen
14 K 280/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21901
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0720.14K280.97.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 18.05.2004 - AZ: IX R 83/00

Fundstellen

  • DStRE 2000, 1218-1220 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2001, 336-337 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Streitig ist die Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Gesellschafter sind die Eheleute X. Der Gesellschafter MX erwarb im Jahre 1989 ein unbebautes Grundstück in Y. Auf dem Grundstück wurde anschließend ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung errichtet. Die Baugenehmigung wurde beiden Eheleuten erteilt. Die Handwerkerrechnungen lauten zum großen Teil auf den Namen beider Eheleute. Die Finanzierung des Bauvorhabens erfolgte über von den Eheleuten gemeinsam aufgenommene Darlehen. Nach Fertigstellung nutzten die Eheleute eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Ein Teil des Gebäudes nutzte der Beigeladene MX als Büroraum für sein in der Rechtsform des Einzelunternehmens geführtes Unternehmen. Insoweit liegt ein schriftlicher Mietvertrag unter dem Datum vom 30. Juni 1990 vor. Danach vermietet die -Grundstücksgemeinschaft M und RX- dem -Unternehmen MX- die rechte Gebäudehälfte zu einem monatlichen Mietzins von ... DM zzgl. 14 % Umsatzsteuer zzgl. Nebenkosten.

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Die -Grundstücksgemeinschaft M und RX- gab im Jahre 1992 für die Streitjahre 1989 und 1990 Feststellungserklärungen ab. Danach waren in den Streitjahren noch keine Einnahmen aus der Vermietung angefallen. Als (vorweggenommene) Werbungskosten wurden Vorsteuern aus Baurechnungen und in 1990 zusätzlich Schuldzinsen und degressive AfA geltend gemacht. Das Finanzamt (FA) lehnte die Feststellung durch negativen Feststellungsbescheid ab, weil die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich nicht mehreren Personen zuzurechnen seien (§§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung - AO- ). Alleineigentümer des Grundstücks sei MX. Eine Miteigentümerstellung der Ehefrau sei nicht nachgewiesen worden. Auf den Inhalt des Bescheids wird im einzelnen Bezug genommen. Der hiergegen und zugleich gegen den Umsatzsteuerbescheid gerichtete Einspruch betreffend -Grundstücksgesellschaft X-, mit dem geltend gemacht wurde, die Eheleute hätten das Grundstück gemeinsam bebaut und sodann vermietet, blieb ohne Erfolg. Das FA stellte darauf ab, dass Vereinbarungen, aus denen sich das wirtschaftliche Miteigentum der Ehefrau ergebe, nicht vorgelegt worden seien. Auf den Inhalt des Einspruchsbescheids wird im einzelnen verwiesen. Die Beigeladenen X wurden in den Streitjahren gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuerbescheide sind bestandskräftig.

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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren ist im Namen der -Grundstücksgemeinschaft M und RX GbR- Klage erhoben worden. Die beteiligten Eheleute X sind zum Verfahren beigeladen worden.

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Die Klägerin trägt vor, dass der Beteiligte MX bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Grundstücks geblieben sei. Seine Ehefrau habe aber in Höhe des hälftigen Anteils wirtschaftliches Miteigentum erworben, da sie insoweit die tatsächliche Herrschaft ausübe und eine rechtlich abgesicherte Position habe. Zum Nachweis legte die Klägerin die Kopie eines Gesellschaftsvertrages vom 15. August 1989 vor. Danach gründeten die Eheleute zum Zwecke der gemeinsamen Bebauung und Vermietung des im Eigentum des Gesellschafters MX stehenden Grundstücks eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zum Gesellschaftsvermögen sollte das Grundstück gehören, das dem Gesamthandseigentum der Gesellschafter dazugeordnet wurde. Die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses war erst nach frühestens 50 Jahren möglich. Die Klägerin meint, wirtschaftliches Miteigentum der Ehefrau liege vor, weil ihr aufgrund des Gesellschaftsvertrages für die Lebensdauer des Gebäudes ein hälftiges Mitnutzungsrecht zustehe und sie die gesamten Finanzierungs-, Grundstücks- und Hauskosten zur Hälfte getragen habe.

6

Die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sei geboten, weil das FA nach Ergehen des negativen Feststellungsbescheides bei der Einkommensteuerveranlagung den Vorgang steuerlich nicht zutreffend behandelt und einen Teil der Grundstücksaufwendungen nicht berücksichtigt habe. Der Bundesfinanzhof habe bislang noch nicht entschieden, ob in Fällen der vorliegenden Art eine einheitliche und gesonderte Feststellung zu erfolgen habe.

7

Die Klägerin beantragt,

den negativen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung aufzuheben und die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach Maßgabe der vorgelegten Feststellungserklärungen einheitlich und gesondert festzustellen.

8

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

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Das FA hält an seiner im Vorverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass der Gesellschaftsvertrag bereits am 15. August 1989 abgeschlossen worden sei. Dagegen spräche die verspätete Vorlage im Klageverfahren und das Fehlen des Originals. Auch weise der Vertrag inhaltliche Mängel auf, denn das Grundstück stehe nicht im Gesamthandseigentum der Gesellschafter. Bewertungsrechtlich sei das Grundstück ausschließlich MX zugerechnet und als Einfamilienhaus "nicht als Gebäude auf fremdem Grund und Boden" bewertet worden. Auch der Mietvertrag habe nicht im Original vorgelegt werden können. Eine Vermietung durch die Grundstücksgesellschaft wäre aufgrund der Eigentumsverhältnisse ohnehin nicht möglich gewesen.

Gründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

12

Der Beklagte ist zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht verpflichtet.

13

1.

Die Klage ist zulässig.

14

a)

Die Klägerin ist klagebefugt. Zwar ist zwischen den Beteiligten im Streit, ob die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Streitjahren bestanden hat und im übrigen -wegen der vom FA hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages erhobenen Beanstandungen- mit steuerlicher Wirkung anzuerkennen ist. Im Streit um ihre Beteiligtenfähigkeit ist die Klägerin aber als beteiligtenfähig anzusehen (BFH-Urteil vom 14. Mai 1987 X R 51/82, BFH/NV 1988, 96).

15

b)

Die Klägerin ist auch durch den negativen Feststellungsbescheid i.S.d. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) beschwert. Der Senat geht davon aus, dass der Bescheid gegenüber der -Grundstücksgemeinschaft M und RX GbR- als Adressatin ergangen ist. Dafür spricht jedenfalls die im "Betrifft" des Bescheides gewählte Bezeichnung sowie der Umstand, dass der Beklagte nur diesen einen Bescheid ausschließlich dem Gesellschafter MX bekanntgegeben hat, der nach den Feststellungserklärungen zum Empfangsbevollmächtigten der GbR bestellt worden ist und offenbar in dieser Eigenschaft den Bescheid zugesandt bekommen hat.

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c)

Selbst wenn man davon ausginge, dass das Vorverfahren nicht durch einen gegenüber der GbR ergangenen Einspruchsbescheid abgeschlossen worden ist, wäre die Klage unter dem Gesichtspunkt der Untätigkeitsklage zulässig, weil der Beklagte dann über den nach Auffassung des Senats im Namen der -GbR- eingelegten Einspruch, der sich gegen den Feststellungs- und den Umsatzsteuerbescheid richtet und im "Betrifft" die Grundstücksgesellschaft ausweist, ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hätte (§ 46 Abs. 1 FGO).

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2.

In der Sache selbst kann dem Klagebegehren nicht entsprochen werden.

18

a)

Eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung musste die Beklagte nicht nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Klägerin durchführen. Zwar sind im Sinne dieser Vorschrift an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen. Unerheblich ist, ob dies in Gestalt einer Gesamthandsgemeinschaft oder einer Bruchteilsgemeinschaft geschieht (vgl. hierzu im einzelnen BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 IX R 17/95, BStBl. II 1999, 359, 360). Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob die GbR bereits in den Streitjahren bestanden und mit dem Beigeladenen MX einen Mietvertrag abgeschlossen hatte. Darauf mögen der vorgelegte Gesellschaftsvertrag, der Mietvertrag und die aus den Baurechnungen und Finanzierungsunterlagen ersichtliche "Beteiligung" der Ehefrau an dem Bauvorhaben hindeuten. Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Beurteilung, denn selbst wenn man von der Existenz einer GbR und der bereits in den Streitjahren vorhandenen Absicht der Vermietung durch die GbR ausginge, käme eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte nicht in Betracht. Denn die bei der GbR angefallenen Einnahmen aus der Vermietung könnten dem Beigeladenen MX nicht gemäß § 180 Abs. 2 AO -letzter Halbsatz- steuerlich zugerechnet werden. Insoweit ist maßgebend, dass das teilweise für betriebliche Zwecke des Beigeladenen genutzte Gebäude anteilig entsprechend dem behaupteten wirtschaftlichen Miteigentum als notwendiges Betriebsvermögen erfasst werden muss (BFH-Urteil vom 26. Januar 1978 IV 160/73, BStBl. II 1978, 299). Entsprechendes würde in Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO gelten, wenn man abweichend von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen aufgrund des Gesellschaftsvertrages wirtschaftliches "Gesamthandseigentum" annehmen wollte. Im Rahmen der Einkommensteuer stellt sich daher die Vermietung eines Grundstücksteils durch eine Miteigentümergemeinschaft oder eine Gesamthandsgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR an einen der Miteigentümer oder Gesellschafter in Höhe seines Miteigentumsanteils bzw. ideellen Anteils an der Gesamthand als "Eigennutzung" dar. Diese ertragsteuerliche "Umqualifizierung" des Vermietungsvorgangs führt dazu, dass lediglich dem Nichtunternehmerehegatten aus der Überlassung seines Miteigentumsanteils bzw. ideellen Gesamthandsanteils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, so dass wegen der fehlenden "gemeinschaftlichen Einkünfte" die Voraussetzungen für eine gesonderte Gewinnfeststellung nicht gegeben sind (ebenso im Ergebnis FG Münster, Urteil vom 06. Februar 1995 IV K 4456/92 F, EFG 1996, 235; Tipke-Kruse, AO, § 180, Rdnr. 45). Im Ergebnis entspricht die steuerliche Behandlung in diesen Fällen daher den Sachverhaltsgestaltungen, in denen ein Miteigentümerehegatte dem anderen ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Zwecke der ausschließlichen betrieblichen Nutzung überlässt. Es steht außer Frage, dass hier ausschließlich beim überlassenden Ehegatten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anfallen (BFH-Urteil vom 12. Januar 1977 I R 242/74, BStBl. II 1977, 282).

19

b)

Eine einheitliche und gesonderte Feststellung war auch nicht nach § 180 Abs. 2 AO i.V.m. der hierzu ergangenen Verordnung vom 19. Dezember 1986 durchzuführen. Zwar können nach § 1 Abs. 1 VO einkommensteuerpflichtige Einkünfte ganz oder teilweise gesondert festgestellt werden, wenn u.a. der Einkünfteerzielung dienende Wirtschaftsgüter von mehreren Personen genutzt werden. Das hier fragliche Grundstück stellt ein derartiges Wirtschaftsgut dar; es wird auch von mehreren Personen genutzt. Gleichwohl scheidet eine teilweise gesonderte Feststellung der Einkünfte aus, weil nach § 4 VO eine gesonderte Feststellung entsprechend der in § 180 Abs. 2 AO formulierten Ermächtigungsnorm nur zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung und zur Erleichterung des Besteuerungsverfahrens durchzuführen ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die beteiligten Personen als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt worden sind. Der negative Feststellungsbescheid des Beklagten lässt zwar nicht erkennen, dass das FA ausdrückliche Ermessenserwägungen zur Anwendung des § 180 Abs. 2 AO angestellt hat. Dieser Mangel führt schon deswegen nicht zur einer teilweisen Aufhebung des Feststellungsbescheides mit der Verpflichtung einer Neubescheidung (§ 102 FGO), weil hier ein Fall der sog. "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Angesichts der Zusammenveranlagung der Eheleute bei der Einkommensteuer kam die Einleitung des Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 2 AO von vornherein nicht in Betracht. Ob Ermessenserwägungen zur Einleitung eines Verfahrens nach § 180 Abs. 2 AO auch deswegen unterbleiben konnten, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren nicht ausdrücklich hierauf gestützt hatte, lässt der Senat dahingestellt.

20

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

21

4.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil sie weder eigene Sachanträge gestellt noch das Verfahren wesentlich gefördert haben (§ 139 Abs. 4 FGO).