Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.07.2000, Az.: 13 K 36/95
Voraussetzungen einer Geschäftsreise; Steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten bei fünfmonatiger Stillegung einer Eisdiele
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 12.07.2000
- Aktenzeichen
- 13 K 36/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21891
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0712.13K36.95.0A
Tatbestand
Umstritten ist zwischen den Beteiligten noch die Höhe der privaten Kraftfahrzeugnutzung.
Der Kläger ist Italiener und stammt aus dem Kreis Belluno in den Dolomiten.
Er betreibt in H eine Eisdiele. Im gleichen Gebäude befindet sich auch seine Wohnung, in der er mit seiner Ehefrau lebt.
Die Tochter des Klägers hält sich drei Monate im Jahr in den Ferien in H auf.
Von Ende Februar/Anfang März bis Ende September/Anfang Oktober etwa sieben Monate geht der Kläger seiner gewerblichen Tätigkeit in H nach.
Die verbleibenden etwa fünf Monate hält sich der Kläger in seinem Heimatland Italien auf.
Nach einer Außenprüfung erhöhte der Beklagte
1. ......,
2. .......,
3. die private Kraftfahrzeugnutzung von 50 auf 85 v. H. mit einer steuerlichen Auswirkung von 928,00 DM ohne Umsatzsteuer.
Dagegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren.
Er trägt vor, die Erhöhungen der Privatanteile nach der Außenprüfung seien rückgängig zu machen, da die Privatanteile bereits in der Steuererklärung zutreffend angesetzt worden seien.
Hinsichtlich des privaten Kraftfahrzeuganteils komme es alleine auf die rechtliche Einordnung der Fahrten von H nach Italien und Italien nach H an. Sein Lebensmittelpunkt sei in Italien. Er und seine Familie hätten den Wohnsitz im Ursprungsland Italien nicht aufgegeben. In H unterhielte er nur zwangsweise einen zweiten Wohnsitz. Die Eisdiele sei nur in den Sommermonaten geöffnet und werde in den Wintermonaten nicht betrieben. Er fahre jedoch in den Wintermonaten etwa sechs bis sieben Mal, mindestens jedoch sechs Mal, die Strecke zwischen seinem Heimatort in Italien und H eine Fahrstrecke 1.050 km , um den Betrieb, insbesondere die Eismaschinen, zuüberwachen.
Er sei der Auffassung, bei den Fahrten nach und von Italien handele es sich um betriebliche Fahrten, hilfsweise um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
....
Der Beklagte geht übereinstimmend mit dem Kläger davon aus, dass es hinsichtlich der Entscheidung des Rechtsstreits nunmehr allein auf die rechtliche Einordnung der Fahrten von H nach Italien bzw. von Italien nach H ankomme, weil davon der Anteil der privaten/betrieblichen Kraftfahrzeugnutzung abhänge.
Der Beklagte gesteht dem Kläger eine Hin- und Rückfahrt nach Italien jährlich zu und bestreitet weitere Fahrten des Klägers zur Überwachung der Eismaschinen von bzw. nach Italien. ImÜbrigen ist der Beklagte der Auffassung, es handele sich bei dem Aufenthalt des Klägers in Italien um einen urlaubsähnlichen Aufenthalt.
Gründe
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
1.
Damit verbleibt es beim Ansatz der erklärten Privatanteile vor der Außenprüfung.
2.
Hinsichtlich des privaten Kraftfahrzeuganteils hat die Klage keinen Erfolg.
Die Beteiligten gehen mit dem Senat übereinstimmend davon aus, dass es hinsichtlich der Entscheidung des Rechtsstreits allein auf die rechtliche Einordnung der Fahrten nach und von Italien ankommt.
Diese Fahrten sind steuerlich nicht berücksichtigungsfähig.
Die Besonderheit dieses Falles liegt darin, dass der Kläger während sieben Monate im Jahr seiner gewerblichen Tätigkeit in H nachgeht und mit seiner Ehefrau in H lebt.
Betriebssitz und Lebensmittelpunkt befinden sich in H, auch wenn der Kläger sich lieber in seinem Heimatland Italien aufhielte. Der Kläger hat im steuerrechtlichen Sinne keine zweite Wohnung in Italien, denn in Italien findet in der dort beibehaltenen Wohnung kein hauswirtschaftliches Leben statt. Der Kläger und seine Ehefrau arbeiten und leben in H. Der Aufenthalt der Tochter während neun Monate des Jahres in Italien begründet dort keinen zweiten Haushalt der Kläger.
Während seines fünfmonatigen Aufenthalts in Italien geht der Kläger keiner gewerblichen Tätigkeit nach; er verbringt in Italien eine Zeit der Muße. Der Gewerbebetrieb in H wird wie der Kläger sich ausdrückt nicht betrieben.
Daraus ergibt sich,
- a)
dass es sich bei den Fahrten nach Italien und von Italien nicht um Geschäftsreisen handelt; denn Geschäftsreisen liegen nur vor, wenn der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig wird. Der Kläger ist in Italien nicht betrieblich tätig.
Bei den Fahrtkosten handelt es sich nicht um Betriebsausgaben; denn Betriebsausgaben sind nur die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG);
- b)
dass es sich nicht um Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Betriebsstätte handelt, § 4 Abs. 5 Nr. 6 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Wohnung und Betriebsstätte des Klägers befinden sich in H. Bei dem Aufenthalt in Italien handelt es sich um Urlaub; die gewerbliche Tätigkeit des Klägers ruht während seines Aufenthaltes in Italien;
- c)
dass es sich nicht um Kosten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung handelt, § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Der dauerhaft angelegte betriebliche und private Wohnsitz des Klägers befindet sich in H. Während dieser Zeit hat er keinen zweiten Wohnsitz in Italien, da hauswirtschaftliches Leben nur in H stattfindet. Die wenn auch lange währende Urlaubs bzw. Mußezeit in Italien begründet keinen aus beruflichem Anlass begründeten zweiten Haushalt.
Die steuerliche Nichtberücksichtigung der Fahrten von und nach Italien ist unabhängig davon, ob der Kläger ein Mal oder sechs Mal von und nach Italien gefahren ist, denn Fahrten zum und vom Urlaubsort sind nicht betrieblich veranlasst.