Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.01.2001, Az.: 4 K 705/97

Zeitpunkt des Beginns der Herstellung; Ersatz des Herstellungsbeginns durch Antrag auf Baugenehmigung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
31.01.2001
Aktenzeichen
4 K 705/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14674
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0131.4K705.97.0A

Fundstelle

  • EFG 2001, 1538-1539 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) für ein Objekt zu gewähren ist, mit dessen Herstellung vor dem 27.10.1995 begonnen worden ist und für das der erforderliche Bauantrag erst nach dem 26.10.1995 gestellt worden ist.

2

Der verheiratete Kläger erwarb durch notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 08.06.1995 das bebaute Grundstück "..." in R. Nach Besitzübergabe am 01.07.1995 begann er, das an das Wohnhaus grenzende Stallgebäude zu einer Wohnung umzubauen. Nach Fertigstellung der Wohnung in der ersten Jahreshälfte 1996 hat der Kläger die Wohnung am 12.07.1996 mit seiner Familie bezogen. Die Herstellungskosten betrugen 131.236,00 DM. Davon entfielen 69.984,00 DM auf Baumaßnahmen bis zum 24.10.1995 und 118.290,00 DM auf Baumaßnahmen bis zum 28.12.1995. Die am 28.12.1995 beantragte erforderliche Baugenehmigung wurde am 13.03.1996 erteilt.

3

Das beklagte Finanzamt (FA) lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Zulage nach dem EigZulG ab und wies den Einspruch zurück.

4

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Antragsbegehren weiter. Da er die erforderliche Baugenehmigung am 28.12.1995 beantragt habe, könne er zwischen der Förderung nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) und der Förderung nach dem EigZulG wählen. Von diesem Wahlrecht habe er Gebrauch gemacht und sich für die Eigenheimzulage entschieden.

5

Der Kläger beantragt,

den Einspruchsbescheid vom 27.11.1997 und den Ablehnungsbescheid vom 11.06.1997 aufzuheben und ihm ab 1996 eine Eigenheimzulage in Höhe von 6.500,00 DM zu gewähren.

6

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Die Eigenheimzulage könne nicht gewährt werden, weil der Kläger mit der Herstellung der Wohnung vor dem 27.10.1995 begonnen habe. Bei dieser Sachlage könne dem Kläger das Wahlrecht nach§ 19 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit Abs. 4, 1. Halbsatz EigZulG nicht zugestanden werden, obwohl er die erforderliche Baugenehmigung nach dem 26.10.1995 beantragt habe.

Gründe

8

Die Klage ist unbegründet.

9

Das EigZulG ist erstmals anzuwenden, wenn der Anspruchsberechtigte im Fall der Herstellung mit der Herstellung des Objekts nach dem 31.12.1995 begonnen hat (§ 19 Abs. 1 EigZulG). Auf Antrag des Anspruchsberechtigten kann das EigZulG auch angewandt werden, wenn er mit der Herstellung des Objekts nach dem 26.10.1995 begonnen hat (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 EigZulG). Als Beginn der Herstellung gilt bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird (§ 19 Abs. 4, 1. Halbsatz EigZulG). Hiernach hängt im Grundsatz die Förderung herzustellender Objekte nach dem EigZulG von dem tatsächlichen Herstellungsbeginn ab einem bestimmten Stichtag ab. Dieser Grundsatz wird für Objekte, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, durchbrochen, indem die Eigenheimzulage auf Antrag auch dann gewährt wird, wenn der Bauantrag nach dem 26.10.1995 gestellt wird. Nicht ausdrücklich geregelt ist die hier zu entscheidende Frage, ob der Grundsatz des Herstellungsbeginns nach einem bestimmten Stichtag auch in den Fällen durchbrochen wird, in denen der Anspruchsteller die erforderliche Baugenehmigung nach dem 26.10.1995 gestellt hat, der tatsächliche Herstellungsbeginn jedoch vor dem 27.10.1995 liegt. Diese Frage ist zu verneinen.

10

Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass der Wortlaut des§ 19 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit Abs. 4, 1. Halbsatz EigZulG die Anwendung des EigZulG (auf Antrag) auch in den Fällen zulässt, in denen der tatsächliche Herstellungsbeginn vor dem 27.10.1995 liegt und die erforderliche Baugenehmigung erst nach dem 26.10.1995 beantragt wird. Für diese Auffassung spricht, dass Streitigkeiten über einen etwaigen tatsächlichen Baubeginn vermieden würden und der Gesetzeszweck, selbstgenutztes Wohneigentum zu fördern, auch durch Schwarzbauten erreicht wird. Die Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift führt aber auch zu dem Ergebnis, dass einem Anspruchsteller, der vor dem 27.10.1995 die erforderliche Baugenehmigung beantragt hat und nach dem 26.10.1995 mit der Herstellung des Objekts begonnen hat, die Möglichkeit verwehrt wäre, die Förderung nach dem EigZulG in Anspruch zu nehmen. Danach wäre der Antragsteller, der sich baurechtskonform verhält, schlechter gestellt, als derjenige, der erst nach dem 26.10.1995 für einen vor dem 27.10.1995 begonnenen Schwarzbau die erforderliche Baugenehmigung beantragt. Der erkennende Senat geht davon aus, dass dieses Ergebnis vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Denn die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 13/2235, S. 17; 13/2784, S. 41) geben keine Anhaltspunkte dafür her, dass Schwarzbauten besser gefördert werden sollen, als von vornherein baurechtskonform verwirklichte Objekte. Gegen die wörtliche Auslegung des§ 19 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit Abs. 4, 1. Halbsatz EigZulG spricht auch, dass der Zeitpunkt der Antragstellung für die erforderliche Baugenehmigung eine Ausnahme zu dem in § 19 Abs. 1 und 2 EigZulG festgelegten Grundsatz bildet, nach dem für die Anwendbarkeit des EigZulG der tatsächliche Herstellungsbeginn nach dem 26.10.1995 maßgebend ist. Nach der Ausnahmeregelung tritt an die Stelle des Rechtsakts "Herstellungsbeginn" der Zeitpunkt, in dem die erforderliche Baugenehmigung beantragt worden ist. Der Ausnahmeregelung kann jedoch nicht zwingend entnommen werden, dass damit der tatsächliche Herstellungsbeginn vor dem 27.10.1995 unschädlich ist. Nach Auffassung des Gerichts ist das Gegenteil der Fall. Dies folgt aus Sinn und Zweck des § 19 EigZulG, woran sich die Auslegung des Abs. 2 i.V. mit Abs. 4 der Vorschrift zu orientieren hat.

11

Das EigZulG löst die Förderung des selbstgenutzten Eigenheimes nach Maßgabe der §§ 10 e, 11 h EStG mit den Ermäßigungen nach § 34f EStG ab. Dazu eröffnet § 19 EigZulG den Anwendungsbereich des EigZulG, während korrespondierend dazu § 52 Abs. 14 Satz 6 f und Abs. 14 b EStG den Anwendungsbereich der §§ 10 e, 10 h und 34 f EStG beendet. Abgrenzungskriterium für die Förderung nach dem alten und dem neuen Recht (EigZulG) ist nach beiden genannten Abgrenzungsvorschriften die vor oder nach dem gleichen Stichtag nach außen manifestierte Investitionsentscheidung, die in dem tatsächlichen Herstellungsbeginn erblickt wird. An diesem Grundsatz ändert sich nichts dadurch, dass in den Fällen der Herstellung nach § 19 Abs. 4 EigZulG ausnahmsweise der Zeitpunkt des Antrags für die erforderliche Baugenehmigung gilt. Durch § 19 Abs. 4 EigZulG soll lediglich in Fällen der Herstellung "Attentismus" auf dem Eigenheimmarkt für solche Objekte vermieden werden, bei denen eine Baugenehmigung erforderlich ist (BT-Drs. 13/2784 zu § 17 = spätere § 19 EigZulG). Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des EigZulG durch Einbeziehung von Objekten, bei denen ab dem 27.10.1995 die erforderliche Baugenehmigung nachgeholt wird, sollte jedoch nicht erreicht werden. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Anwendbarkeit des EigZulG im Grundsatz der Herstellungsbeginn ab einem bestimmten Stichtag maßgebend ist, konnte eine abwartende Haltung baurechtskonform Handelnder, die ein genehmigungspflichtiges Objekt herstellen und dafür die Förderung nach dem EigZulG in Anspruch nehmen wollen, nur durch eine Ausnahmeregelung vermieden werden, nach der als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt gilt, in dem der erforderliche Bauantrag gestellt wird. Dadurch erhielt der baurechtskonforme Antragsteller die Möglichkeit, die Förderung nach dem EigZulG auch dann in Anspruch zu nehmen, wenn er bereits nach dem 26.10.1995 die erforderliche Baugenehmigung beantragt. Denn dann brauchte der Antragsteller für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EigZulG weder den Ablauf des Jahres 1995 abzuwarten noch sich dazu verleiten zu lassen, mit einem Schwarzbau zu beginnen. Hieraus folgt aber auch, dass ein vor dem Stichtag erfolgter Herstellungsbeginn für das Wahlrecht nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 EigZulG schädlich ist und das betreffende Objekt daher stets von einer Förderung nach dem EigZulG ausgeschlossen ist.

12

Die Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall führt zu dem Ergebnis, dass das FA dem Kläger zu Recht die Gewährung der Eigenheimzulage verwehrt hat. Denn der Kläger hat mit der Herstellung der Wohnung unstreitig vor dem 27.10.1995 begonnen.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.