Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.01.2001, Az.: 11 K 513/97

Restaurantschecks als Sachbezug; Übliche arbeitstägliche Verköstigung durch vom Arbeitgeber überlassene Restaurantschecks

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
11.01.2001
Aktenzeichen
11 K 513/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 24730
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:0111.11K513.97.0A

Fundstelle

  • DStRE 2001, 1220-1221 (Volltext mit amtl. LS)

Tatbestand

1

Streitig ist die Nachversteuerung von Essenszuschüssen in Form von Restaurantschecks.

2

Die Klägerin ist eine GmbH. Sie ist auf dem Gebiet der Separations- und Concentrationstechnik tätig. Sie hat 130 Arbeitnehmer.

3

Bei einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Kl'in mit der Firma .... GmbH einen Vertrag über Restaurantschecks abgeschlossen hatte. Seit Juli 1994 erhielten 15 Angestellte monatlich zehn Schecks à 15,00 DM zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn. Ab Januar 1995 wurden auch an 79 gewerbliche Arbeitnehmer Restaurantschecks in Höhe von 20,00 DM arbeitstäglich ausgegeben. Als Gegenleistung behielt die Kl'in von den Arbeitnehmern den jeweils gültigen Sachbezugswert pro Scheck ein.

4

Die Restaurantschecks waren bis zum Ablauf des betreffenden Kalenderjahres der Ausstellung gültig und konnten in bestimmten Restaurants und Verkaufsstellen (vgl. hierzu die Aufstellung auf der letzten Seite der Lohnsteuerarbeitgeberakte) eingelöst werden, wobei ein Eintausch gegen Bargeld, Süßwaren, Zigaretten, Alkohol und andere "non-food"-Artikel lt. Vertrag unzulässig war.

5

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Vertrages mit der .... GmbH und bezüglich der die Restaurantschecks einlösenden Vertragspartner wird auf Bl. 190 und 191 der Lohnsteuer-Akte verwiesen.

6

Da seitens der Klägerin keine Versteuerung hinsichtlich der Restaurantschecks vorgenommen wurde, forderte der Beklagte (Bekl.) die hierauf entfallende Lohnsteuer per Haftungsbescheid von der Klägerin.

7

Die Klägerin hält ihre Inhaftungnahme für rechtswidrig. Sie führt hierzu im Wesentlichen aus: Arbeitgeberzuschüsse zu Mahlzeiten seien steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer zumindest einen Essenspreisanteil in Höhe des amtlichen Sachbezugswerts zahle. Dieses sei im vorliegenden Fall geschehen. Die Restaurantschecks seien nur für Tage ausgegeben worden, an denen die entsprechenden Arbeitnehmer gearbeitet hätten. Es sei außerdem ausdrücklich vereinbart worden, dass diese Schecks für das arbeitstägliche Essen bestimmt seien und für andere Artikel, wie z.B. Zigaretten und Alkohol, nicht verwendet werden dürften.

8

Es gebe keinen begründeten Anlass anzunehmen, dass die Restaurantschecks entgegen dieser Betriebsvereinbarung eingelöst worden wären.

9

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheides vom 29.07.1996 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom 04.09.1997 die Lohnsteuernachforderung im Haftungsteil des Bescheides um 12.279,45 DM und die Nachforderung des Solidaritätszuschlages um 780,48 DM herabzusetzen.

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Der Bekl. beantragt,

Klageabweisung.

11

Seiner Auffassung nach erfolgte die Nachversteuerung der Essenszuschüsse in Form der Restaurantschecks zu Recht. Der amtliche Sachbezugswert sei nicht auf Mahlzeiten anzuwenden, die der Arbeitgeber nicht zur üblichen arbeitstäglichen Beköstigung seiner Arbeitnehmer abgebe. Diese Mahlzeiten seien mit ihrem üblichen Endpreis zu bewerten. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die mit den Restaurantschecks erworbenen Mahlzeiten nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch zu jeder anderen Tageszeit und an den Wochenenden eingenommen worden seien. Dies ergebe sich systembedingt daraus, dass die Restaurantschecks nicht nur für bestimmte Arbeitstage, sondern bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres zeitlich unbegrenzt gültig seien. Es sei daher auch möglich, mehrere Restaurantschecks für eine teurere Mahlzeit oder für die Bewirtung von Gästen zu verwenden. Für solche Fälle sei jedoch der Sachbezugswert nicht festgestellt worden.

12

Hinzu komme, dass Restaurantschecks nicht ausschließlich für Mahlzeiten zum arbeitstäglichen Verzehr verwendet werden könnten. Ein erheblicher Teil der Verkaufsstellen, in denen die Restaurantschecks eingelöst werden konnten, biete auch andere Waren als Mahlzeiten und Lebensmittel an.

13

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Steuerakte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2001.

Gründe

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Die Klage ist unbegründet.

15

Der Bekl. hat die Klägerin zu Recht für die auf die Nachversteuerung der Restaurantschecks entfallende Lohnsteuer in Haftung genommen (§ 191 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -, § 42d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -).

16

Die Klägerin hätte bezüglich des Werts der Restaurantschecks, vermindert um den von ihr einbehaltenen Sachbezugswert einer Mittagsmahlzeit, Lohnsteuer einbehalten und abführen müssen.

17

Die Voraussetzungen einer steuerfreien Ausgabe von Restaurantschecks nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. der Sachbezugsverordnung (SachBezV) und Abschn. 31 Abs. 6 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

18

Zum Einen führte die Hingabe der Restaurantschecks bei den Arbeitnehmern nicht zu einem Sachbezug. Vielmehr handelte es sich bei den Restaurantschecks um Gutscheine über einen bestimmten Geldbetrag (vgl. Hartz/Mießen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuerstichwort "Mahlzeiten" Rz. 36). Die Arbeitnehmer konnten die Restaurantschecks bis zum Ende des jeweiligen Streitjahres bei einer Vielzahl von Vertragspartnern des Emittenten einlösen. Hierzu gehörten z.B. auch Supermärkte.

19

Zum Anderen sind auch die Voraussetzungen der von der Finanzverwaltung getroffenen Billigkeitsregelung in Abschn. 31 Abs. 6 Nr. 3, Nr. 4 LStR 1993 nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sollen zwar auch in Fällen, in denen der Arbeitgeber lediglich durch Barzuschüsse zur Verbilligung der Mahlzeiten beiträgt, die Sachbezüge zur Anwendung kommen, wenn gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer für jede Mahlzeit mindestens einen Preis in Höhe des anteiligen amtlichen Sachbezugswertes zahlt. Diese Regelung bezieht sich jedoch nur auf Mahlzeiten bzw. Essensmarken, die der Arbeitgeber zur üblichen arbeitstäglichen Beköstigung abgibt. Nach Abschn. 31 Abs. 6 Nr. 7 Satz 2 LStR 1993 sind die Sachbezugswerte nicht anwendbar auf Mahlzeiten, die der Arbeitnehmer nicht zur üblichen arbeitstäglichen Beköstigung abgibt.

20

Der Senat ist mit dem FA der Auffassung, dass die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer ausgegebenen Restaurantschecks nicht zur ausschließlichen Abgabe üblicher arbeitstäglicher Mahlzeiten verwendet worden sind. Angesichts der Vielzahl der an dem Restaurantscheckverfahren allein im Raum Dransfeld - Göttingen beteiligten Firmen war eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der in Abschn. 31 Abs. 6 LStR genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Sachbezugswertes nicht möglich. Die Beschränkung der Nutzung der Restaurantschecks zur arbeitstäglichen Verpflegung war nach Lage des Falles nicht gewährleistet.

21

Dies gilt insbesondere auch angesichts der Höhe der Restaurantscheckbeträge von 15 DM bzw. 20,00 DM pro Arbeitstag. Es ist nicht anzunehmen, dass die Arbeitnehmer der Klägerin sich arbeitstäglich für 15 oder 20,00 DM vor Ort in Dransfeld in ihrer Mittagspause verpflegt haben bzw. dieses überhaupt konnten.

22

Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sich ganz in der Nähe des Betriebssitzes der Klägerin ein Schlachter befunden habe, der einen täglichen Mittagstisch angeboten habe. Ebenso habe es einen Supermarkt gegeben, der warme Mahlzeiten angeboten hätte bzw. bei dem die Arbeitnehmer sich Nahrungsmittel für den täglichen Verzehr hätten kaufen können. Mittagsmahlzeiten, die von einer Schlachterei oder in einem Schnellimbiss im Supermarkt vorgehalten werden, kosten in aller Regel auch mit einem Getränk zusammen nicht 15 bzw. 20,00 DM.

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Auch ist es eher unwahrscheinlich, dass die Arbeitnehmer sich pro Arbeitstag in dem Supermarkt Nahrungsmittel für den Verzehr während der Arbeit im Wert von 15 bzw. 20 DM gekauft haben.

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Die Rechtsprechung hat zwar grundsätzlich die durchschnittlichen, pauschalierenden und typisierenden Regelungen von Sachbezügen durch die Sachbezugsverordnung und Richtlinienregelungen als sachgerecht angesehen. Hierbei wurde jedoch davon ausgegangen, dass der tatsächliche Verkehrswert maßgebend sei und die festgesetzten Sachbezugswerte sich von diesem nur in einem relativ geringfügigen, im Rahmen der Vereinfachung liegendem Ausmaß entfernen dürfen (BFH-Urteil vom 06.02.1987 VI R 24/84 (V), BStBl II 1987, 355 unter Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 30. Mai 1973, 2 BvL 37/71, BVerfGE 35, 179). Im Streitfall fallen aber die Barwerte der Restaurantschecks und die Sachbezugswerte für eine Mittagsmahlzeit weit auseinander. 1994 wurden monatlich zehn Restaurantschecks für je 15,00 DM ausgegeben. Der Sachbezugswert für ein Mittagessen betrug 4,20 DM. 1995 wurden arbeitstäglich Restaurantschecks für je 20,00 DM ausgegeben, der Sachbezugswert für eine Mittagsmahlzeit betrug 4,30 DM.

25

Aus den angestellten Erwägungen folgt, dass die Vergabe der Restaurantschecks durch die Klägerin an ihre Arbeitnehmer nicht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung des Abschn. 31 Abs. 6 LStR 1993, der Gewährung einer üblichen arbeitstäglichen Verpflegung, steht.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).