Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.01.2001, Az.: 7 K 303/97
Gewerblicher Grundstückshandel bei Errichtung und Beteiligungen an Supermärkten, die zunächst vermietet und anschließend an die jeweiligen Mieter veräußert werden
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.01.2001
- Aktenzeichen
- 7 K 303/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14585
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0109.7K303.97.0A
Fundstelle
- EFG 2003, 303-304
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute. Sie werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. In Streit steht, ob der Kläger im Streitjahr einen Gewinn aus gewerblichem Grundstückshandel erzielt hat.
Der Kläger ist 1954 geboren. Er ist Rechtsanwalt. Seit 1975 ist er - teilweise gemeinsam mit Dritten - auf dem Gebiet des Erwerbs und der Bebauung von Grundstücken, deren Vermietung und Veräußerung tätig.
Aufstellung über diverse Grundstücke
Für das Projekt R. wurden im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Beteiligten zunächst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt.
Nach einer Außenprüfung nahm der Beklagte an, dass der Kläger mit den Grundstücksveräußerungen im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels tätig sei. Er ermittelte den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks R. mit insgesamt 1.101.718,00 DM und rechnete hiervon dem Kläger die Hälfte zu. Dementsprechend setzte er mit Änderungsbescheid vom 27. Februar 1995 die Einkommensteuer 1988 unter Berücksichtigung dieses Gewinns bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb auf X DM fest.
Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage. Zur Begründung tragen die Kläger vor: Der Verkauf des Grundstücks R. sei der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen. Er löse keine Einkommensteuer aus. Einerseits sei die sogenannte 3-Objekt-Grenze, die nach der Rechtsprechung die private Vermögensverwaltung von dem gewerblichen Grundstückshandel abgrenze, nicht überschritten. So sei das Grundstück in O. (lfd. Nr. 7 der Aufstellung), zum Erstehungspreis weiter veräußert worden, mithin ohne Gewinn. Aber auch die übrigen Grundstücke seien nicht aufgrund einer mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten nachhaltigen Tätigkeit erworben bzw. veräußert worden. Bezüglich des Grundstücks in R. ergebe sich: An diesem Grundstück habe der Kläger zusammen mit Herrn M. in 1979 ein Erbbaurecht erworben, weil sich die Möglichkeit eröffnete, dort einen SB-Markt zu errichten. Bereits Anfang 1980 sei eine entsprechende Bauvoranfrage gestellt worden. Erst nachdem 1982 eine Veränderungssperre ausgelaufen sei, habe der Bauantrag gestellt werden können. Die Baugenehmigung sei wegen Verzögerungstaktik der Gemeinde erst im Juni 1983 erteilt worden. Im Oktober 1983 sei dann der Mietvertrag mit der Firma K. auf 15 Jahre abgeschlossen worden. Für das Gebäude und die Grundstückshaftpflicht sei 1984 ein Versicherungsvertrag mit 10-jähriger Laufzeit abgeschlossen worden. Auch die Finanzierung über die Bremer Landesbank habe eine erste Festzinsperiode von 10 Jahren gehabt. Die Tilgung sollte über eine Lebensversicherung nach 20 Jahren beginnen. Dies alles zeige, dass das Grundstück mit der Absicht dauerhaft Erträge durch Vermietung zu erzielen, erworben worden sei.
Bezüglich des Grundstücks F. (lfd. Nr. 5 der Aufstellung) habe bei Erwerb und Errichtung des dortigen Depot-Marktes die Absicht bestanden diesen Markt langfristig an die Firma C. zu vermieten. Weil jedoch die GbR, an der der Kläger beteiligt gewesen sei, notleidend geworden sei, habe 1983 die Veräußerung an die Zahnärztekammer stattfinden müssen. Der Gesamterlös hieraus sei teilweise zur Tilgung von Verbindlichkeiten eines Objekts verwendet worden.
Soweit Veräußerungen von Grundstücken erfolgt seien, an denen neben dem Kläger auch Herr M. beteiligt gewesen sei, sei dies darauf zurückzuführen, dass Herr M. sich nach Abschluss seiner Ausbildung beruflich aus der Region entfernt habe. Herr M. habe deshalb auf die Veräußerung des Grundbesitzes gedrängt. Nur deshalb sei es zu den entsprechenden Veräußerungen gekommen.
Das Grundstück N. (lfd. Nr. 2 der Aufstellung), sei aus der Betrachtung auszublenden, weil zwischen Erwerb und Veräußerung ein Zeitraum von mehr als 10 Jahre liege. Mithin blieben nur zwei Zählobjekte übrig.
Der Beklagte müsse sich schließlich daran festhalten lassen, dass er bezüglich des Grundstücks R. in einem gesonderten Verfahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt habe. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte überhaupt die Absicht habe, auf der Ebene der Gesellschaft eine Umqualifizierung der Einkünfte durchzuführen. Dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dass im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung aus diesen Einkünften solche aus Gewerbebetrieb würden.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer 1988 auf 0,00 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger betreibe gewerblichen Grundstückshandel. Dies ergebe sich zum einen aufgrund der von ihm veräußerten Grundstücke und Grundstücksanteile. Zum anderen sei der Kläger auch deshalb gewerblich tätig, weil er bereits durch die vor dem Verkauf liegenden veranlassten Baumaßnahmen, die nahezu durchgehend auf die Errichtung von Lebensmittelmärkten gerichtet war, unternehmerisch tätig geworden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die zur Gerichtsakte genommenen Schriftsätze der Beteiligten.
Der Beklagte hat während des Klageverfahrens einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen, der klägerseits gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens erklärt wurde.
Dem Gericht haben die für die Kläger beim Beklagten geführten Einkommensteuerakten sowie die Betriebsprüfungsarbeitsakte vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Zutreffend hat der Beklagte aus der Veräußerung des Grundstücks Groß-Reken beim Kläger einen Gewinn aus Gewerbebetrieb erfasst. Denn der Kläger hat insoweit den Tatbestand, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, erfüllt. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nicht steuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617).
Ein gewerblicher Grundstückshandel kommt in der Regel erst dadurch zustande, dass der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Objekte zuvor gekauft oder bebaut und sie in zeitlichem Zusammenhang hiermit veräußert hat. Dabei hat die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten indizielle Bedeutung für die Beurteilung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und ihr folgend die Verwaltung nimmt dabei bei Wohneinheiten an, dass bei der Veräußerung von mehr als drei Objekten von einer Indizwirkung auszugehen sei, wonach ein Gewerbebetrieb vorliegt.
Die Gewerblichkeit kann sich jedoch auch aus der unternehmerischen Wertschöpfung für Zwecke der Veräußerung ergeben. Die Errichtung von gewerblich genutzten Gebäuden zum Zwecke der Veräußerung entspricht dem Bild des typischen produzierenden Unternehmers, der eigeninitiativ tätig wird und Produktionsfaktoren - die eigene Arbeitsleistung, Eigen- und Fremdkapital, selbständig und nichtselbständig erbrachte Leistungen Dritter - zu marktfähigen Güter- und Dienstleistungsangeboten bündelt und sie auf eigenes Risiko am Markt absetzt (so: BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 X R 255/93, BStBl II 1996, 303 (305)).
Für den Streitfall ergibt sich, dass der Kläger teils allein, teils zusammen mit anderen in Gesellschaften, in denen er aufgrund seiner Beteiligung von jeweils mehr als 10 v.H. entscheidenden Einfluss nehmen konnte, Grundstücke erwarb und auf diesen offensichtlich marktgerechte gewerbliche Gebäude errichtete. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich der Grundstücke zu laufender Nr. 3, 4, 5 und 10 der Aufstellung. Dabei ist es nach Auffassung des Senates unerheblich, dass die errichteten Supermärkte zunächst vermietet wurden. Eine dauerhafte Vermietung, die in Bezug auf die genannten Objekte ohnehin nicht stattgefunden hat, wäre für die Veräußerung einerseits rechtlich unbedeutsam (§ 571 BGB). Andererseits hat eine solche dauerhafte Vermietung nicht stattgefunden. Denn regelmäßig sind die Supermärkte von dem jeweiligen Mieter erworben. Der Senat geht dabei davon aus, dass dieser Erwerb grundsätzlich auch zum Gesamtplan gehörte. Denn der Kläger ist mindestens seit 1990 bei der Firma K ., die die in Rede stehenden Objekte erwarb, angestellt.
Für das den Gewinn des Streitjahres relevante Grundstück R. ergibt sich, dass zwischen der Bebauung mit einem Supermarkt in 1983 und der Veräußerung im Oktober 1988 ein Zeitraum von nicht mehr als 5 Jahren bestand. Dieser Zeitraum lässt den Schluss zu, dass bereits bei Errichtung eine bedingte Verkaufsabsicht bestand. Soweit klägerseits darauf verwiesen wird, dass als Motiv für die Veräußerung eine berufliche Veränderung bei dem Mitgesellschafter M. maßgeblich gewesen sei, hält dies der Senat nicht für entscheidungserheblich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass in einer Betrachtung mit der Errichtung und der Veräußerung der anderen Grundstücke zu laufender Nummer 2, 3, 5 und 10 der Aufstellung sich objektiv das Bild eines Gewerbetreibenden ergibt, der am Markt nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht Geschäftsgrundstücke erstellt und veräußert.
Der Beklagte war nicht deshalb an der Berücksichtigung eines Gewinns aus Gewerbebetrieb gehindert, weil für das Grundstück im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt worden sind. Die Frage, ob tatsächlich wegen Annahme gewerblichen Grundstückshandels Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, sind auf der Ebene des Gesellschafters und nicht auf der der Gesellschaft zu treffen. Ob danach auf der Ebene der Gesellschaft eine Änderung der Einkünfte deshalb vorzunehmen ist, weil die Einkunftsermittlung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb sich von der bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unterscheidet, ist ggf. durch Änderung des Feststellungsbescheides umzusetzen. Deshalb musste der Senat auch nicht endgültig prüfen, ob der vom Beklagten für das Grundstück R. ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb zutreffend ist. Ggf. ist dieser Gewinn - nach Änderung des Feststellungsbescheides - über § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO in einen zu ändernden Einkommensteuerbescheid für die Kläger einzubeziehen.
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.