Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 22.09.2008, Az.: S 6 KR 477/06
Sozialversicherungsrechtlicher Status von durch ein Unternehmen vertraglich geförderten Studierenden; Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. Sozialversicherungsrechts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsmodalitäten bei Abhängigkeit von einem Arbeitgeber
Bibliographie
- Gericht
- SG Braunschweig
- Datum
- 22.09.2008
- Aktenzeichen
- S 6 KR 477/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 29068
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGBRAUN:2008:0922.S6KR477.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 SGB IV
- § 48 BAföG
Tenor:
- 1.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 wird aufgehoben.
- 2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Sie hat auch den Bei- geladenen die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
- 3.
Der Streitwert wird auf 11.881,80 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungs- und Beitragspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 10). Die Klägerin wendet sich gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten.
Die Klägerin, eine große Aktiengesellschaft, gewährt Auszubildenden ihres Unternehmens, die ihre Ausbildung mindestens mit der Note gut abgeschlossen haben und die die Fachhochschul- oder Hochschulreife besitzen, aufgrund vertraglicher Vereinbarung so genannte Studienbeihilfen in Höhe von monatlich 615,00 Euro brutto. Diese werden für die Dauer des an einer Fachhochschule, einer Hochschule oder an einer Universität (für mehrere von der Klägerin bestimmte Fachrichtungen - in der Regel Maschinen-, Fahrzeug- oder Flugzeugbau -) zu absolvierenden Studiums gezahlt. Nach den vertraglichen Bestimmungen endet die Förderung grundsätzlich mit Ablauf der jeweiligen Regelstudienzeit. Im Gegenzug verpflichtet sich der Student insbesondere dazu, nach erfolgreichem Studienabschluss eine mindestens vierjährige Tätigkeit in einem von der Klägerin bestimmten Werk abzuleisten. Die erhaltenden Förderungsbeträge sind zurückzuzahlen, wenn der Geförderte im Anschluss an das Studium aus Gründen die bei ihm liegen die Tätigkeit bei der Klägerin nicht wieder aufnimmt beziehungsweise die vereinbarte Beschäftigungszeit nicht eingehalten wird. Die Klägerin verpflichtet sich dem gegenüber, den Beihilfeempfänger nach erfolgreichem Studienabschluss in einer dem Abschluss entsprechenden Tätigkeit zu beschäftigen oder den Betreffenden im Falle des Abbruchs des Studiums wieder einzustellen. Mit Beginn der Studienförderung wird das Arbeitsverhältnis vertraglich aufgelöst. Die Studienbeihilfe wird versteuert. Näheres ergibt sich aus den entsprechenden Personalmitteilungen der Klägerin (Nr. 1/91 vom 01.02.1991 und Nr. 1/95 vom 06.02.1995). Auf deren Abdruck in der Verwaltungsakte wird verwiesen.
Von dieser Regelung haben bisher mehrere hundert Personen Gebrauch gemacht, so auch die Beigeladenen zu 1) bis 10). Deren Studienförderungsdauer und das geförderte Studium ergeben sich aus Blatt 52 der Gerichtsakte, auf welches verwiesen wird.
Der sozialversicherungsrechtliche Status der so Geförderten war und ist (auch zwischen den Sozialversicherungsträgern) strittig. Nach einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger aus dem Jahr 1994 handelt es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Diese Rechtsauffassung hat das Sozialgericht Braunschweig mit Urteilen vom 03. März 1998 (S 6 KR 96/96 und S 6 KR 97/96) nicht bestätigt. Mit Urteilen vom 20. September 2000 hat das Landessozialgericht Niedersachsen die Berufungen zurückgewiesen. Auf die in der Gerichtsakte befindlichen Urteilskopien wird verwiesen. Die von der damaligen Beklagten, der Techniker Krankenkasse (die als Einzugstelle über den sozialversicherungsrechtlichen Status zu befinden hatte) eingelegte Revision wurde zurückgenommen. Daraufhin waren 2001 von der Deutschen BKK(die für die weitaus meisten der Betroffenen Einzugsstelle war und ist) in 757 Fällen die bereits eingezogenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge wieder an die Klägerin zurückgezahlt.
Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger hielten jedoch an ihrer Rechts- auffassung fest. Diese ist niedergelegt in einem Gemeinsamen Rundschreiben zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Studenten und Praktikanten vom 24. Juli 2004.
Ab 1. August 2004 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) und in der Zeit vom 29. März bis 31. März 2005 eine ebensolche Betriebsprüfung ausschließlich wegen der Studienförderung durch.
Am 25. August 2005 erließ die Beklagte (nach vorangegangener Anhörung vom 20. April 2005) einen Beitragsbescheid gegenüber der Klägerin betreffend der Beigeladenen zu 1) bis 10) für die Zeit vom 01. August 2004 bis 31. Dezember 2004. Die in dieser Zeit gezahlte Studienförderung (jeweils fünf Monate á 615,00 Euro) unterliege der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung. Die Klägerin habe deshalb Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.881,80 Euro zu entrichten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2006 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 06. Juni 2006 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die von ihr Studiengeförderten seien während der Zeit ihres Studiums - auch dem Erscheinungsbild nach - ordentlich Studierende. Sie seien in dieser Zeit nicht abhängig Beschäftigte der Klägerin (gewesen). Die Studienförderung sei deshalb kein Arbeitsentgelt und damit sozialversicherungsfrei. Dies gelte insbesondere auch für die Beigeladenen zu 1) bis 10) in der Zeit von August 2004 bis Ende Dezember 2004.
In tatsächlicher Hinsicht habe sich seit 1998 diesbezüglich nichts verändert. Die Klägerin beruft sich deshalb u.a. auf die Feststellungen in den Urteilen des Sozialgerichts Braunschweig vom 03. März 1998 und des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 20. September 2000.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2006 aufzuheben,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Sie verweist dazu auf die in Bescheid und Widerspruchsbescheid genannten Gründe, insbesondere auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 24. Juli 2004. Ihre Rechtsauffassung sei insbesondere aber durch ein Urteil des Landesozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Juni 2007 (L 1 KR 189/05) bestätigt worden. Eine Urteilskopie hat die Beklagte zur Gerichtsakte gereicht.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten nebst Beiakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22. September 2008 verwiesen.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung hat das Gericht nach Urteilsverkündung auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss die Sprungrevision zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten. Ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 11.881,80 EUR für die Beigeladenen zu 1. bis 10. besteht nicht. Die Beigeladenen waren in keinem Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig und beitragspflichtig. Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung ein Beschäftigungsverhältnis (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V -, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI -, § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - SGB III -).
Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV - ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind Tätigkeiten nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Als Beschäftigung gilt nach § 7 Abs. 2 SGB IV auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
In der Zeit vom 01. August 2004 bis 31. Dezember 2004 bestand zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1. bis 10. kein Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis. Die bezahlten Studienbeihilfen sind kein Arbeitsentgelt. Sozialversicherungsbeiträge müssen darauf nicht entrichtet werden.
Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Sozialversicherungsrechts kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsmodalitäten nur dann angenommen werden, wenn jemand in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber Dienste für diesen gegen Entgelt verrichtet. Die persönliche Abhängigkeit äußert sich vornehmlich in der Eingliederung des zur Arbeit Verpflichteten in den Betrieb seines Arbeitgebers und dessen Direktions- und Weisungsrecht. Dabei ist maßgebend, ob der zur Arbeitsleistung Verpflichtete hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art seiner Arbeitsleistung an bestimmte Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis kann auch in Zeiten fortdauern, in denen nicht gearbeitet wird und keine Beschäftigung mehr stattfindet, solange das der Beschäftigung zugrunde liegende Dienst- oder Arbeitsverhältnis und der sich daraus ergehende Anspruch des dienstbereiten Arbeitnehmers auf die Gewährung des vertragsmäßigen Entgelts weiter bestehen. Die tatsächliche Beschäftigung muss nach dem Wegfall des Grundes der Unterbrechung nach dem Willen der Beteiligten wieder aufgenommen werden und der Arbeitnehmer auch in der Zwischenzeit der Verfügungsmacht des Arbeitgebers unterstehen.
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Unabhängigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Maßgebend ist zunächst die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Weicht dieses jedoch von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so sind diese entscheidend.
Ausgehend von den oben genannten Kriterien waren die Beigeladenen zu 1. bis 10. während ihres Studiums und damit auch in der Zeit vom 01. August bis 31. Dezember 2004 nicht bei der Klägerin beschäftigt. Im vorliegenden Fall stimmen vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses und die tatsächlichen Verhältnisse überein. Nach der geschlossenen Vereinbarung wurde das zunächst bestehende Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis zum Beginn der Studienförderung beendet. Das Arbeitsverhältnis ist bei Aufnahme des Studiums somit nicht nur unterbrochen oder zum Ruhen gebracht, sondern formal beendet worden und wurde nach Ende des Studiums nicht automatisch fortgesetzt sondern bedurfte einer Wiedereinstellung. Die völlige Loslösung zeigt sich auch daran, dass die Zeit des Studiums nicht auf die Werkszugehörigkeit angerechnet wird, also z.B. nicht die Betriebsrente erhöht.
Für die Dauer der Studienförderung waren die Beigeladenen zu 1. bis 10.ordentliche Studenten. Sie unterschieden sich nicht wesentlich von ihren Kommilitonen, insbesondere nicht von denen mit Stipendium (Stiftungen, BAföG etc.). Ebenso wie bei diesem war die Studienförderung für alle gleich hoch (hier: 615,- EUR/Monat). Darin unterscheidet sich ein Stipendium wesentlich vom Arbeitsentgelt, welches im Regelfall bei unterschiedlicher Qualifikation und unterschiedlicher Tätigkeit unterschiedlich hoch ist. Die Studienförderung bei der Klägerin ist aber einheitlich hoch, unabhängig davon, welche Tätigkeit vorher verrichtet und welches Entgelt erzielt wurde. Dass die Wahl des Studienfachs entscheidend geprägt war von der Aussicht, für dieses Studium eine laufende Beihilfe zu bekommen, teilten sie mit fast allen anderen Stipendianten, die nicht über das BAföG gefördert werden. Auch von anderen Institutionen werden Stipendien im Regelfall nur für bestimmte Studiengänge vergeben.
Im weiteren Verlauf des Studiums bestand die Bindung der Beigeladenen zur Klägerin nur noch durch den Studienbeihilfevertrag. Nachwirkende Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gab es nicht mehr. Es lag in der Zeit nach formaler Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Eingliederung in den Betrieb, keine Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers oder Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers vor. Die Klägerin war den Beigeladenen zu 1. bis 10. gegenüber nicht umfassend weisungsbefugt. Die Beigeladenen waren hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer ihrer Arbeitsleistung nicht an Weisungen der Klägerin gebunden. Dies schon allein deshalb nicht, weil keine Arbeitsleistungen, sondern allenfalls Studienleistungen erbracht wurden.
Die Klägerin war auch nicht berechtigt, den Beigeladenen zu 1. bis 10 während ihres Studiums im Hinblick auf die Teilnahme an Vorlesungen oder das zurückzulegende Studienpensum Weisungen zu erteilen. Der Nachweis des ordnungsgemäße Studienverlaufs durch die Vorlage von Leistungs- bzw. Studiennachweisen gemäß der Vereinbarung entspricht den Bedingungen, die auch BAföG-Empfänger erfüllen müssen. Gemäß § 48 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ist auch die Leistung der Ausbildungsförderung von Nachweisen über den erfolgreichen Verlauf des Studiums abhängig.
Die ordnungsgemäße Durchführung des Studiums war keine Verpflichtung aus einem Arbeitsvertrag. Die Beigeladenen zu 1. bis 10. waren weder verpflichtet, der Klägerin eine Arbeitsaufnahme als Werkstudent bei einem anderen Arbeitgeber zu melden noch wäre die Studienbeihilfe entfallen, wenn sie in den Semesterferien bei anderen Arbeitgebern gejobbt hätten. Sie waren vertraglich nicht verpflichtet, bei der Klägerin im Semester oder während der Semesterferien als Werkstudent zu arbeiten. Die Beigeladenen zu 1. bis 10.hätten jederzeit das Studienfach wechseln, das Studium abbrechen oder ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber eingehen können bzw. sich selbständig machen können. Konsequenz wäre dann lediglich der Wegfall der Studienbeihilfe und deren Rückzahlungsverpflichtung gewesen. Arbeitsrechtliche Sanktionen hätte es nicht gegeben. Insbesondere wäre keine Kündigung notwendig gewesen.
Die Beigeladenen zu 1. bis 10. traf keinerlei Rechenschaftspflicht im Falle von Krankheit oder Urlaub. Weder mussten sie Krankheit der Klägerin melden noch ihren Urlaub beantragen. Auch die Dauer des Urlaubs konnten sie wie jeder andere Student auch, entsprechend den Erfordernissen des Studiums frei wählen. Die Klägerin hatte auch keinerlei Einfluss darauf, ob die Beigeladenen während des Studiums oder in den Semesterferien anderswo arbeiten. Dies hätte sogar noch nicht einmal Auswirkungen auf die Studienbeihilfe gehabt. Diese war nur im Falle des Semesterjobs bei der Klägerin auf den dabei erzielten Lohn anzurechnen.
Die tatsächlich bestehenden gegenseitigen Verpflichtungen sind nicht Ausfluss eines Arbeitsverhältnisses, sondern des Studienförderungsvertrags.
Zwar waren die Beigeladenen zu 1. bis 10 verpflichtet, während der Dauer der Förderung zwei jeweils vierwöchige Praktika bei der Klägerin abzuleisten. Während dieser Praktika bestanden aber keine anderen gegenseitigen Verpflichtungen als bei anderen studentischen Praktikanten auch.
Eine echte Verpflichtung zur Anfertigung der Abschlussarbeit bei der Klägerin gab es nicht, denn im Falle der Nichteinhaltung dieser "Verpflichtung" gab es keine Sanktionen.
Eine starke Bindung gab es jedoch durch die Verpflichtung zur anschließenden vierjährigen Arbeit in einem Werk der Klägerin. Diese Verpflichtung folgt jedoch nicht aus einem wie auch immer gearteten Arbeitsverhältnis während des Studiums sondern ist eine der Möglichkeiten zur Abgeltung der gewährten Studienbeihilfe. Sie ist also Ausfluss des Förderungsvertrags. Die Studienbeihilfe hätte ebenso gut zurückgezahlt werden können. Der Klägerin hätten dann keine arbeitsvertraglichen Mittel zur Verfügung gestanden, die Geförderten zur Arbeitsaufnahme bei ihr zu zwingen.
Auch die Wiedereinstellungszusage der Klägerin, an die diese absolut gebunden war, ist kein Indiz für das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Ganz im Gegenteil setzt eine Wiedereinstellungszusage zwingend das Ende des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses voraus. Die Unterbrechung war auch nicht nur von unverhältnismäßig kurzer Dauer, zeitlich begrenzt oder absehbar, denn es war offen, wie lange die Geförderten studieren und ob sie nach Abschluss des Studiums tatsächlich eine Beschäftigung bei der Klägerin wieder aufnehmen.
Auch die Tatsache, dass auf die Studienbeihilfe Lohnsteuer entrichtet wurde, führt nicht zwingend zur Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Eine wie auch immer geartete Bindungswirkung gibt es nicht.
Die dem hier gefundenen Ergebnis entgegenstehenden gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger (Besprechungsergebnisse vom 16./17. März 1994 und vom 24. Juli 2004) erkennen das Wesen der hier bestehenden vertraglichen Beziehungen. Insbesondere liegt nicht eine faktische Beurlaubung vor, sondern eine echte Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Auch obergerichtliche Rechtsprechung steht dem Ergebnis nicht entgegen. Zwar hat sich das BSG bereits wiederholt mit ähnlichen Fallkonstellationen beschäftigt. Es ging dort jedoch jeweils nur um die Frage der Sozialversicherungsbeitragspflicht für Arbeitsentgelt der Studenten aus Beschäftigung während der Semesterferien. Über die Frage, ob wegen der vom Arbeitgeber gezahlten Studienförderung ein Beschäftigungsverhältnis für die Dauer des Studiums anzunehmen ist, war bisher nie zu entscheiden.
Da mithin die von der Beklagten geltend gemachte Beitragsforderung nicht besteht, war der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Mit Beschluss vom heutigen Tage hat das Gericht auf Antrag der Beteiligten die Sprungrevision gemäß § 161 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzlicher Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Streitwert ergibt sich aus der strittigen Beitragsforderung.