Sozialgericht Braunschweig
Beschl. v. 02.10.2008, Az.: S 17 AS 2620/08 ER
Tilgungsregelung gem. § 23 Abs. 1 S. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen als Verwaltungsakt; § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II als eine spezielle öffentlich-rechtliche Aufrechnungsvorschrift
Bibliographie
- Gericht
- SG Braunschweig
- Datum
- 02.10.2008
- Aktenzeichen
- S 17 AS 2620/08 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 28681
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGBRAUN:2008:1002.S17AS2620.08ER.0A
Rechtsgrundlage
- § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II
Fundstellen
- ZfF 2009, 160-162
- info also 2009, 236
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 29.07.2008 gegen die Aufrechnungsbestimmung in dem Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über einen Darlehen von 150,00 EUR wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgelehnt.
Der Antragsgegner hat 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin lebt mit ihrem minderjährigen Sohn zusammen. Diese beziehen von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II).
Mit Bescheid vom 15.07.2008 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin und ihrem Sohn für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 31.01.2009 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 703,71 EUR:
Bereits mit Bescheid vom 16.10.2007 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin ein Darlehen für die Anschaffung einer Matratze und eines Kleiderschrankes für den Sohn und händigte der Antragstellerin einen Gutschein für ein Möbelgeschäft aus. Die Antragstellerin legte eine Rechnung über 197,00 EUR vor, die der Antragsgegner beglich. Mit Bescheid vom 31.10.2007 forderte der Antragsgegner von der Antragstellerin den Betrag von 197,00 EUR zurück. Am 13.12.2007 stellte die Antragstellerin einen Stundungs- und Ratenzahlungsantrag. Mit Bescheid vom 14.01.2008 gewährte der Antragsgegner der Antragsstellerin eine Stundung und eine Ratenzahlung. Danach ist der Betrag von 197,00 EUR vom 01.05.2008 bis 31.08.2008 in monatlichen Raten zu je 40,00 EUR und im September 2008 zu 37,00 EUR zurückzuzahlen und wird durch Einbehaltung von bewilligten Leistungen getilgt.
Am 07.07.2008 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass sie eine Schlüsseltasche, in dem sich ein Geldbetrag von 350,00 EUR befand, verloren hat. Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 17.07.2008 ein Darlehen in Höhe 150,00 EUR. In dem Bescheid legte der Antragsgegner fest, dass der Betrag in monatlichen Raten in Höhe von 60 EUR beginnend ab dem 01.08.2008 zurückzuzahlen ist und mit den laufenden Leistungen verrechnet wird. Mit Bescheid ebenfalls vom 17.07.2008 gewährte der Antragsgegner ein weiteres Darlehen in Höhe von 100,00 EUR. In diesem Bescheid wurde festgelegt, dass die Rückzahlung zusammen mit dem Darlehen über 150,00 EUR in monatlichen Raten von je 60 EUR erfolgt und mit den laufenden Leistungen verrechnet wird.
Am 29.07.20008 legte die Antragstellerin gegen die Aufrechnungsbestimmung im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über die Gewährung von 150,00 EUR Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Am 12.09.2008 stellte die Antragstellerin bei Gericht einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Zur Begründung dieses Antrages trägt sie vor, der Antragsgegner behalte seit August 2008 monatlich 100,00 EUR ein. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Tilgung des Darlehens für die Haushaltsgegenstände in Höhe von monatlich 40,00 EUR und aus dem Darlehen wegen des verlorenen Geldes in Höhe von 60,00 EUR. Das Darlehen für die Möbel müsse sie noch bis einschließlich Oktober zurückzahlen. Auf einen Betrag in Höhe von 100,00 EUR können sie nicht verzichten, da ihr allgemeiner Lebensunterhalt und der ihres Sohnes nicht gedeckt sei.
Die Antragstellerin beantragt wörtlich,
die Gewährung von Eilrechtschutz gegen die Entscheidung des Antragsgegners, die ihr im Rahmen des Arbeitslosengeld II-Bezuges gewährten Darlehen ratenweise in Höhe von monatlich 100,00 EUR von ihren Leistungen in Abzug bringt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er führt begründend aus, eine Darlehenstilgung in Höhe von monatlich 100,00 EUR sei rechtlich zulässig. Nach § 23 Absatz 1 SGB II betrage die maximale Tilgungsrate 10% der Regelleistung, damit 62,50 EUR. Da es sich um mehrere Darlehen handele, sei dieser Betrag für jedes Darlehen zu berücksichtigen. Gemäß § 43 SGB II könne sogar mit einem Betrag von bis zu 30% der Regelleistung aufgerechnet werden, so dass der Betrag von 100,00 EUR nicht zu beanstanden sei.
Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen auf die Prozessakte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
II.
Der Antrag ist teilweise zulässig und insoweit begründet.
Statthafte Antragsart ist hier ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Absatz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da in der Hauptsache eine Anfechtungsklage zu erheben wäre. Durch den Stundungs- und Ratenzahlungsbescheid vom 14.01.2008 und die Darlehensbescheide vom 17.07.2008 wurde eine Regelung über die Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende getroffen, da die Leistungen durch Einbehaltung von Tilgungsraten für Darlehen gekürzt wurden. Gemäß § 39 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung.
Bei der Tilgungsregelung gemäß § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen handelt es sich auch um einen Verwaltungsakt (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.1997, 8 B 623/97, NJW 1997, 3391).
Der Gegenansicht, wonach es sich lediglich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27.10.1982, 3 C 6/82, BVerwGE 66, 218 ff.; Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 23 Rn 45) ist nicht zu folgen. Danach ist eine Aufrechnungserklärung nur als eine Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechtes zu qualifizieren, da sie ein von der Privatrechtsordnung zur Verfügung gestelltes Mittel zur Rechtsverteidigung gegen Ansprüche des Gegners und zur Befriedigung eigener Ansprüche darstellt (BVerwG, a.a.O.). Diesem ist nur für die Fälle zu folgen, in denen keine speziellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über eine Aufrechnung existieren und daher die Aufrechnungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend Anwendung finden können.
Bei der Vorschrift des § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II handelt es sich jedoch um eine spezielle öffentlich-rechtliche Aufrechnungsvorschrift. Sinn und Zweck dieser Tilgungsvorschrift ist es, dem Leistungsträger die Rückführung gewährter Darlehen zu ermöglichen. Eine Aufrechnung nach den allgemeinen Vorschriften wäre unzulässig, da das Einkommen des Leistungsempfängers die Pfändungsfreigrenzen nicht überschreitet, so dass eine Aufrechnung gemäß § 394 BGB unzulässig wäre. Es handelt sich daher nicht lediglich um eine Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts aus dem Bereich der Privatrechtsordnung. Die Möglichkeit der Aufrechnung nach § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II steht nur einem Träger öffentlicher Gewalt zu. Die Behörde wird ermächtigt &8722; zwar in einem eng begrenzten Rahmen, aber dennoch viel weitergehender als es die Privatrechtsordnung vorsieht &8722; die Erfüllung von Forderungen durch Aufrechnung herbeizuführen.
Auch handelt es sich bei der Aufrechnung nicht lediglich um eine empfangsbedürftige Willenerklärung. Bei der Entscheidung, ob eine Aufrechnung erfolgt, steht der Behörde keinerlei Ermessen zu, so dass sie auch aus diesem Grund nicht mit einer privatrechtlichen Aufrechnungserklärung zu vergleichen ist.
Die Behörde trifft auch durch die Aufrechnung und die Bestimmung der Tilgung des Darlehens eine Regelung im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch (SGB X), denn sie führt eine konkrete Rechtsfolge herbei. § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II regelt zwar zwingend, dass eine Aufrechnung zu erfolgen hat. Jedoch handelt es sich bei der Aufrechnungserklärung nicht um eine bloße Gesetzeswiederholung. Denn die Behörde bestimmt sowohl den Adressaten der Aufrechnung als auch die Höhe des monatlich aufzurechnenden Betrages und den Tilgungszeitraum. § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II sieht zwar eine zwingende Aufrechnung vor, jedoch ergibt sich aus der Vorschrift nicht, dass die Aufrechnung sofort nach der Darlehensgewährung zu erfolgen hat (so aber Eicher/Spellbrink, § 23 Rn 47). Dieses wäre auch bei mehreren gleichzeitig gewährten Darlehen gar nicht zulässig, wenn dadurch der maximale Aufrechnungsbetrag überschritten werden würde.
Auch die Tatsache, dass der Aufrechnungsgegner, ein im SGB häufig nicht bewanderten Bürger, gezwungen sein könnte, gegen die Aufrechnung mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorzugehen, um eine Bestandskraft der Aufrechnung zu vermeiden, führt nicht dazu, einer Aufrechnung gemäß § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II die Qualität eines Verwaltungsaktes abzusprechen (so aber Eicher/Spellbrink, § 23 Rn 45 m.w.N.). Ob eine Maßnahme im SGB einen Verwaltungsakt darstellt, bestimmt sich nach § 31 SGB X und nicht nach den rechtlichen Kenntnissen des Adressaten. Hinzu kommt, dass die Entscheidung einer Behörde durch Verwaltungsakt zum System des SGB behört. Durch ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung werden die Rechte des Adressaten geschützt. Sollte die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft sein, so tritt die Jahresfrist ein. Für den Fall, dass sich nach bestandskräftiger Aufrechnung Tatsachen ergeben, die einer Aufrechnung in der festgelegten Höhe oder in dem festgelegten Zeitraum widersprechen, so ist der Adressat durch einen Antrag nach § 44 SGB X oder § 48 SGB X ausreichend geschützt.
Der Antrag der Antragstellerin ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auszulegen. Durch eine Anordnung entfaltet der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass angefochtenen Bescheide nicht vollziehbar sind und die Antragstellerin ggf. einen Zahlungsanspruch gegen den Antragsgegner aufgrund des Bewilligungsbescheides hat.
Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs ist nur zulässig, wenn Widerspruch gegen den betreffenden Bescheid eingelegt wurde und der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist (Meyer-Ladewig, Sozialgesetzbuch, 8. Auflage, § 86b, Rn 7).
Soweit sich die Antragstellerin gegen die Einbehaltung eines Betrages von 40,00 EUR zu Tilgung des Darlehens für den Möbelerwerb wendet, ist der Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unzulässig. Sie hat gegen den Stundungs- und Ratenzahlungsbescheid vom 14.01.2008 keinen Widerspruch eingelegt. Der Bescheid ist bestandskräftig
Soweit die Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über die Gewährung des Darlehens über 100,00 EUR angegriffen wird, ist der Antrag ebenfalls unzulässig. Die Rechtsanwältin der Antragstellerin hat am 29.07.2008 ausdrücklich nur Widerspruch gegen einen Bescheid vom 17.07.2008 eingelegt. Aus der Widerspruchsbegrünung ergibt sich eindeutig, dass nur die Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 150,00 EUR angefochten werden soll. Einer anderen Auslegung ist der Widerspruch nicht zugänglich. Insbesondere war der Rechtsanwältin der Antragsstellerin bekannt, dass zwei verschiedene Darlehensbescheide am 17.07.2008 ergangen waren, da der Antragsgegner ihr beide am 17.07.2008 übersandte. Die Antragstellerin hat gegen die Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über 100,00 EUR keinen Widerspruch eingelegt. Der Bescheid ist mittlerweile bestandskräftig
Soweit der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 29.07.2008 gegen die Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über 150,00 EUR gerichtet ist, ist er zulässig. Der Widerspruch EUR hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen die Aufrechnungsbestimmung im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über 150,00 EUR ist auch begründet.
Nach der hier zu treffenden Interessenabwägung überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides. An der sofortigen Vollziehung der Aufrechnungsbestimmung im Darlehensbescheid vom17.07.2008 über 150,00 EUR besteht kein öffentliches Interesse, da erhebliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Tilgungsbestimmung § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II. Danach werden Darlehen nach § 23 Absatz 1 SGB II durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt.
Bei dem Darlehen über 150,00 EUR handelt es sich um ein Darlehen nach § 23 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Jedoch wurden die Höhe der Tilgungsrate und der Tilgungszeitraum fehlerhaft festgelegt. Die Höhe der maximalen Tilgungsrate von 10% der Regeleistung gemäß § 20 SGB bezieht sich zwar grundsätzlich auch auf die Regelleistung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. In diesem Fall muss sich die Darlehenstilgung jedoch auch gegen die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft richten. Aus dem Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über 150,00 EUR ergibt sich jedoch nur, dass die Antragstellerin persönlich tilgen soll. So legte der Antragsgegnerin folgende Tilgungsregelung fest: "Zur Rückzahlung des Darlehens werden ab dem 01.08.2008 monatliche Raten in Höhe von 60,00 EURO mit Ihren laufenden Leistungen verrechnet." Daraus folgt eindeutig, dass nicht auch durch Aufrechnung mit Regelleistungen des Sohnes der Antragstellerin getilgt werden soll. Einer anderen Auslegung ist diese Entscheidung nicht zugänglich, da dieses der eindeutige Wortlaut verbietet. § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II regelt, dass ein Darlehen durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10% der jeweils an ein Mitglied zu zahlenden Regelleistung getilgt wird. Daraus ergibt sich, dass jeweils gegenüber der einzelnen Person aufgerechnet werden muss. Dieses ist hier unterblieben. Auch die Tatsache, dass der Sohn der Antragstellerin minderjährig ist und die Antragstellerin daher auch als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes auftritt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragstellerin wird ausdrücklich persönlich in Anspruch genommen und nicht als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes.
Ob verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Tilgung durch Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft eine einschränkende Auslegung des § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II erfordern, ist nicht zu entscheiden. Es kommt hier nicht darauf an, ob eine Tilgung durch Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nur dann in Betracht kommt, wenn sie selbst Darlehensnehmer sind oder das Darlehen zumindest auch für ihren Bedarf gewährt wurde, denn es wurde keine Aufrechnung mit Leistungen des Sohnes der Antragstellerin erklärt.
Der maximale Tilgungsbetrag beträgt 10% der Regelleistung der Antragstellerin mithin 35,10 EUR. § 43 SGB II ist hier nicht ergänzend heranzuziehen. Diese Vorschrift findet allenfalls in den Fällen Anwendung, in denen der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben eine Überzahlung veranlasst hat.
Die Tilgung nach § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II darf nicht dazu führen, dass eine erhebliche Bedarfsunterdeckung bei dem Hilfebedürftigen entsteht, insbesondere da der Hilfebedürftige gehalten ist, Ansparleistungen aus der Regelleistung zu erbringen. Daher bezieht sich die maximale Tilgungshöhe von 10% der Regelleistung auf alle zeitgleich zu tilgenden Darlehen zusammen (Münder in LPK-SGB II, 2. Auflage § 23 Rn 19).
Soweit demnach noch das Darlehen für die Anschaffung der Möbel und das Darlehen über 100,00 EUR getilgt werden, ist eine Tilgung des Darlehens über 150,00 EUR rechtswidrig, da der maximale Aufrechnungsbetrag überschritten wird.
Nach Tilgung dieser Darlehen wäre zwar grundsätzlich eine Aufrechnung in Höhe von monatlich 35,10 EUR zulässig, jedoch ist die Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid über 150,00 EUR auch aus anderen Gründen rechtswidrig. Die Entscheidung über die Höhe der tatsächlichen Tilgungsrate gemäß § 23 Absatz 1 Satz 3 SGB II steht im Ermessen des Leistungsträgers, begrenzt auf die maximale Obergrenze. Eine Ermessensentscheidung unterliegt nur der eingeschränkten Überprüfung durch das Gericht. Jedoch hat der Antragsgegner hinsichtlich der Tilgungshöhe im Darlehensbescheid vom 17.07.2008 über 150,00 EUR keinerlei Ermessenerwägungen angestellt, so dass die Tilgungsregelung wegen Ermessensnichtgebrauch rechtswidrig ist und daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insgesamt anzuordnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens.
Dieser Beschluss ist gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG unanfechtbar.