Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.03.2003, Az.: 15 UF 201/02

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.03.2003
Aktenzeichen
15 UF 201/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 39018
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0317.15UF201.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Lehrte - AZ: 8 F 8023/02

In der Familiensache

...

wegen Abänderung von Kindesunterhalt;

hier:Prozesskostenhilfe

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Gelle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brick, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Meyer-Holz und den Richter am Amtsgericht Dr. Schwonberg am17. März 2003beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Beklagten wird die für ihre Berufung und deren beabsichtigte Erweiterung nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.

  2. 2.

    Dem Kläger wird zur Verteidigung gegen die Berufung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in P bewilligt.

    Dem Kläger wird aufgegeben, 45 € monatlich, beginnend am 1. April 2003, an die Landeskasse zu zahlen, solange das Gericht nicht etwas anderes bestimmt. Die Folgeraten sind jeweils bis zum Ersten eines jeden Monats zu zahlen.

Gründe

1

(für die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Beklagte)

2

Die (zum Teil beabsichtigte) Rechtsverfolgung der Beklagten bietet nur in einem

3

die Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreichenden Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. d. § 114 ZPO.

4

Der Kläger hat entgegen der Auffassung der Beklagten gemäß §§ 242 BGB, 323, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, 60 SGB VIII bereits deshalb einen Anspruch auf Abänderung, weil sich die für ihn maßgebliche Steuerklasse zum 1. Januar 2002 und somit für den streitgegenständlichen Zeitraum geändert hat. Darauf, ob mit dieser Änderung bei Errichtung der Jugendamtsurkunden am 5. Juli 2001 zu rechnen war, kommt es nach Treu und Glauben nicht an.

5

Dass die Beklagte andere unterhaltspflichtige Verwandte i. S. d. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB ist, d. h. neben dem Betreuungs- auch noch den Barunterhalt von ... (geboren am 31. Mai 1990) und ... (geboren am 5. November 1995) ohne Gefährdung ihres angemessenen Selbstbehalts von 1. 000 € aufbringen könnte, ist weder vom Kläger dargetan noch sonst ersichtlich. Deshalb trifft den Kläger die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB mit der Folge, dass im Verhältnis zu seinen Kindern nur der notwendige Selbstbehalt von  840 € zu beachten ist.

6

Im Einzelnen ergibt sich im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe folgende Beurteilung und Berechnung:

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1.Januar 2002 bis April 2002

8

Nach den Gehaltsmitteilungen für Januar 2002 bis Dezember 2002 hat der Kläger in 2002 nach abgabenbereinigtem Abzug der vermögenswirksamen Arbeitgeberleistung und nach Abzug des dem Kläger nicht zugeflossenen, von ihm zu versteuernden Arbeitgeberanteils an der Zusatzversorgungskasse durchschnittlich nicht mehr verdient als die in der Berufungserwiderung eingeräumten rund 1. 392 € netto monatlich. Höhere berufsbedingte Fahrtkosten als die von der Beklagten eingeräumten rund (31 x 2 x 0,27 x 220/12)  307 € monatlich sind nicht dargetan. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ließe sich zur Überzeugung des Senats mit der Berufstätigkeit des Klägers als mit der Durchführung von Abschiebungen über den Flughafen Hannover befasster Verwaltungsvollzugsbeamter wegen der damit verbundenen unregelmäßigen Dienstzeiten und Einsatzorte nicht vereinbaren. Ebenso wenig erscheint unter den gegebenen Umständen ein Wohnsitzwechsel des Klägers zur signifikanten Kostenreduzierung geeignet und zumutbar. Die Fahrtkosten sind aber wie im angefochtenen Urteil um die Steuerersparnis zu reduzieren, die sich bei Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte ergeben hätte; diese sind in Höhe der von der Beklagten geltend gemachten 45 € monatlich (§ 287 Abs. 2 ZPO) einzustellen. Nach Abzug der Darlehensraten von insgesamt rund (204,52 € Kreissparkasse Hannover + 30,88 € Citibank)  235 € monatlich verbleiben  895 €.

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Somit standen dem Kläger unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts von  840 € noch 55 € für den Kindesunterhalt zur Verfügung. Der Regelbedarf für ... und ... betrug jeweils  228 €, insgesamt  456 €. Mithin entfällt auf beide Kinder jeweils eine Quote von (228 x 55/456) 27,50 € statt erstinstanzlich erkannter 26,63 €.

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2.Mai 2002 bis Juni 2002

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Der Kläger hat im Februar 2002 eine Zahlung von rund 2. 281 € vereinnahmt. Dass er - wie von der Beklagten mit der Berufung geltend gemacht - aus dieser Summe den Kredit bei der Citibank nicht bis April 2002 ablösen konnte, hat der sich auf Leistungsunfähigkeit berufende Kläger nicht dargetan. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Anschaffung eines Pkw Ford Escort Baujahr 1991 anstelle des (laut erstinstanzlicher Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vom 11. Januar 2002) erst im Oktober 2001 angeschafften Pkw Suzuki Baujahr 1990 notwendig war; mit dem angeblich höheren Benzinverbrauch des Pkw Suzuki lässt sich die Anschaffung unterhaltsrechtlich nicht begründen. Deshalb ist von einem Einkommen von (895 + 31)  926 € auszugehen, sodass jetzt (926 - 840) 86 € für den Kindesunterhalt zur Verfügung standen.

12

Der Regelbedarf für ... betrug nunmehr  269 €, derjenige von ... unverändert  228 €; das ergibt einen Gesamtbedarf von  497 €. Mithin entfällt auf ... eine Quote von rund (269 x 86/497) 47 € und auf ... eine solche von rund (228 x 86/497) 39 €, statt erstinstanzlich jeweils erkannter 26,63 €.

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3.Juli 2002 bis Dezember 2002

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Ab jetzt hatte der Kläger im Scheidungsverfahren 8 F 8233/02 S AG Lehrte hier als notwendige Aufwendungen zu berücksichtigende Prozesskostenhilfe-Raten von monatlich 45 € zu zahlen. Dadurch verringerte sich sein unterhaltspflichtiges Einkommen auf (926 - 45)  881 €, sodass (881 - 840) 41 € und somit weniger als die vom Amtsgericht zugrunde gelegten 53,26 € für den Kindesunterhalt zur Verfügung standen.

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4.Zeit ab Januar 2003

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Nach den Gehaltsmitteilungen für Januar 2003 und Februar 2003 erscheint unter Berücksichtigung des für die Zeit ab Februar 2003 eingetragenen Steuerfreibetrages sowie der anteiligen Sonderzahlungen und der Überstundenvergütung sowie der Zuschläge die Fortschreibung des oben unter 1. hergeleiteten durchschnittlichen Vorjahreseinkommens gerechtfertigt (§ 287 Abs. 2 ZPO). Der vereinnahmten

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(anteiligen) Steuererstattung stehen Steuerberatungskosten in etwa gleicher Höhe gegenüber, sodass insoweit nichts zu berücksichtigen ist. Danach lässt sich kein höherer Unterhaltsanspruch als der erstinstanzlich erkannte darstellen.