Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.03.2003, Az.: 10 WF 66/03
Festsetzung des Streitwertes im Rahmen eines auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage gerichteten Verfahrens; Bewertung des für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage geforderten Betrages bei der Streitwertberechnung von Unterhaltsansprüchen; Berücksichtigung der Altersstufen der unterhaltsberechtigten Kinder sowie der für sie vorgesehenen Regelbeiträge; Unzulässigkeit der Vornahme eines Abschlags im Hinblick auf regelmäßig freiwillig erfolgende Zahlungen bei der Berechnung des Streitwertes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 24.03.2003
- Aktenzeichen
- 10 WF 66/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 34660
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0324.10WF66.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 24.01.2003 - AZ: 618 F 4620/01
Rechtsgrundlagen
- § 1612a BGB
- § 9 Abs. 2 BRAGO
- § 17 Abs. 1 S. 1 GKG
- § 25 Abs. 3 GKG
Fundstelle
- FamRZ 2003, 1683-1684 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 7. Februar 2003 gegen
den Streitwertbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 24. Januar 2003
In der Familiensache
...
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
...
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W... sowie
die Richterin am Oberlandesgericht S... und
den Richter am Oberlandesgericht H...
am 24. März 2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 24. Januar 2003 geändert und der Streitwert auf 6.456 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Im vorliegenden Verfahren haben die am ... 19 ... und am ... 19 ... geborenen Kläger mit am 11. Oktober 2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz um Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage nachgesucht, um den Beklagten auf Auskunft sowie Zahlung von - zunächst nur mit einem Mindestbetrag beziffertem - Kindesunterhalt ab Oktober 2001 in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt zahlte der Beklagte wie auch in der Folgezeit freiwillig einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 500 DM.
Über die Prozesskostenhilfe hat das Amtsgericht, nachdem der Beklagte zu seinen Einkommensverhältnissen Erklärungen abgegeben hatte, erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. November 2002 dahin entschieden, dass Prozesskostenhilfe "für den laufenden Unterhalt", jedoch - im Hinblick auf zwischenzeitlichen Übergang auf das Sozialamt - nicht "für die Unterhaltsrückstände" bewilligt werde. Dies wollte das Amtsgericht - wie sich aus der Wiedergabe des im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellten Antrages im Urteil ergibt - so verstehen, dass sich der nunmehr auf Verurteilung zu 100% des Regelbetrages nach der jeweiligen Altersstufe gerichtete Klageantrag auf die Zeit ab 1. November 2002 beziehen sollte.
Im Rahmen des Urteils hat das Amtsgericht den Streitwert auf ((228 EUR + 269 EUR) x 12 =) 5.964 EUR festgesetzt. Gegen diese Streitwertfestsetzung hat der Bezirksrevisor Beschwerde eingelegt. Darin hat er die Auffassung vertreten, dass zwar - wie vom Amtsgericht vorgenommen - gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 GKG bei der Streitwertberechnung die Altersstufe der Kläger bei Einreichung des PKH-Gesuches zugrunde zu legen sei, im Umfang der freiwilligen Zahlungen des Beklagten aber nur ein Titulierungsinteresse in Höhe von 10% berücksichtigt werden könne, so dass sich der Streitwert auf ((444 DM + 525 DM - 500 DM + 50 DM = 519 DM =) 265,36 EUR x 12 =) 3.184,32 EUR belaufe. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24. Januar 2003 hat das Amtsgericht dem folgend den Streitwert neu festgesetzt. Gegen diesen, ihnen am 29. Januar 2003 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger am 7. Februar 2003 Beschwerde eingelegt, mit der sie die Festsetzung des Streitwertes auf ((269 EUR + 269 EUR) x 12 =) 6.456 EUR erstreben.
II.
Die als in eigenem Namen der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingelegt zu verstehende Beschwerde ist gemäß § 9 Abs. 2 BRAGO i.V.m. § 25 Abs. 3 GKG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Festsetzung des Streitwertes auf 6.456 EUR.
1.
Der Streitwertberechnung von Unterhaltsansprüchen wie vorliegend zugrunde zu legen ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage geforderte Betrag; nach ständiger Rechtsprechung des Senates ist dabei im Falle einer auf Zahlung des laufenden Unterhalts erst ab einem später als die Klageeinreichung liegenden Zeitpunkt auf die ersten zwölf streitgegenständlichen Monate abzustellen. Danach ist im Streitfall ungeachtet der Einreichung im Oktober 2001 auf den allein zum Streitgegenstand gewordenen Zeitraum ab November 2002 abzustellen. Für diesen Zeitraum beruht der Unterhalt jedoch für beide Kläger auf der dritten Altersstufe und beläuft sich auf monatlich je 269 EUR.
Abweichendes lässt sich vorliegend auch aus § 17 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht herleiten. Zwar stellt diese Norm für die Bestimmung des Monatsbetrages des Unterhalts auf die im Zeitpunkt der Einreichung der Klage oder des Antrages maßgeblichen Regelbeträge und Altersstufen ab. Insofern handelt es sich jedoch um eine bloße Wertermittlungsanweisung (Werner Klüsener, Das neue Kindesunterhaltsrecht, JurBüro 1998, 625; Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 5. Aufl. 2003, Rz. 4 zu § 17) zur Ausfüllung des von § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG vorausgesetzten, bei einem Antrag als Prozentsatz des Regelbetrages aber gerade nicht bezifferten "geforderten Betrages". Dies kann aber nicht zur Folge haben, dass sich der Streitwert ausschließlich an einer Größe orientierte, die zum Streitgegenstand keinerlei Bezug hat, wie dies bei Zugrundelegung einer Altersstufe der Fall wäre, die für den geltend gemachten Unterhalt zu keinem Zeitpunkt maßgeblich ist. Auch die Begründung für die entsprechende Gesetzesänderung stellt lediglich darauf ab, dass bei Einreichung "die maßgebenden Regelbeträge in der Regel nicht bekannt" seien (BT-Drs. 13/7338 S. 47); eine zum Streitgegenstand bezugslose bloße Minderung des Streitwertes ist mit der Regelung nicht beabsichtigt.
Dies gilt im Streitfall schließlich um so mehr, als die Kläger in ihrem PKH-Gesuch für die Leistungsstufe einen "noch zu beziffernden monatlichen Unterhaltsbetrag" sowie bereits bezifferte Mindestbeträge angekündigt hatten, bei Einreichung also noch keinen Unterhalt im Sinne der §§ 1612a-c BGB begehrten und die Voraussetzungen für eine Bewertung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GKG damals mithin gar nicht gegeben waren.
2.
Entgegen der - vom Amtsgericht bei der Neufestsetzung im angefochtenen Beschluss übernommenen - Auffassung des Bezirksrevisors ist bei der Berechnung des Streitwerts auch kein Abschlag im Hinblick auf regelmäßig freiwillig erfolgende Zahlungen vorzunehmen. Es kann hier dahin stehen, welche Auswirkungen die laufende freiwillige Leistung von Teilen des Unterhalts auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf den vollen Unterhaltsbetrag lautende Klage hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Senates sowie zahlreicher Oberlandesgerichte (vgl. etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15. März 2000, [...]Dokument KORE4173320000; OLG Braunschweig, Beschl. v. 14. August 1995, FamRZ 97, 38 f.; OLG Bamberg, Beschl. v. 29. April 1992, FamRZ 93, 457 f.; OLG München, Beschl. v. 10. Januar 1990, FamRZ 1990, 778; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4. August 1993, AGS 93, 79) ist jedenfalls bei einem - wie vorliegend im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe - auf den gesamten Unterhalt gerichteten Antrag für den Streitwert auch dieser volle Wert zugrunde zu legen.
3.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 25 Abs. 4 GKG.