Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 21.10.2022, Az.: 12 B 3879/22
Abschiebungsverbot; Familiäre Bindungen im Bundesgebiet; Pflegebedürftigkeit, Aufenthaltserlaubnis
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 21.10.2022
- Aktenzeichen
- 12 B 3879/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59674
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs 1 VwGO
- § 60a Abs 2 AufenthG
- § 60 Abs 5 AufenthG
- Art 6 GG
- § 60 Abs 7 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Lebensgemeinschaft zwischen einer pflegebedürftigen Mutter und einem sie pflegenden Sohn kann nicht zumutbar außerhalb der Bundesrepublik gelebt bzw. die tatsächliche Lebenshilfe dort erbracht werden, wenn dies zu einer zeitlich nicht absehbaren Trennung des Sohnes von dessen Familienangehörigen im Bundesgebiet führen würde, denen eine freiwillige Ausreise derzeit nicht zumutbar ist.
2. Die freiwillige Ausreise ist einer Person unzumutbar, wenn das Verfahren zur Feststellung
von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in den Zielstaat der Ausreise noch nicht abgeschlossen ist und dem gegen die ablehnende
Entscheidung eingelegten Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt.
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragstellerin für sechs Monate vorläufig auszusetzen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Sicherung ihres Aufenthalts im Bundesgebiet.
Die 1946 geborene Antragstellerin ist sudanesische Staatsangehörige. Sie reiste am 9.6.2015 gemeinsam mit ihrem volljährigen Sohn, Herrn E., in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 15.6.2015 stellte die Antragstellerin einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 9.7.2015 als unzulässig ablehnte; gleichzeitig drohte das Bundesamt der Antragstellerin die Abschiebung nach Spanien oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen darf oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, mit Ausnahme des Sudans. Zur Begründung verwies das Bundesamt darauf, dass für die Antragstellerin bereits Flüchtlingsschutz in Spanien bestehe. Die gegen den Bescheid erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 24.5.2017 (Az. 5 A 404/15) überwiegend ab; lediglich die Abschiebungsandrohung hob es auf, da das Bundesamt keine nationalen Abschiebungsverbote geprüft hatte. Mit Bescheid vom 10.1.2018 stellte das Bundesamt sodann ergänzend fest, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen; gleichzeitig drohte es der Antragstellerin erneut die Abschiebung nach Spanien oder in einen anderen Staat mit Ausnahme des Sudans an. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der hiergegen erhobenen Klage (Az. 5 A 585/18), die noch anhängig ist, lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 11.6.2018 (Az. 5 B 589/18) ab.
Am 28.6.2018 erhielt die Antragstellerin erstmals eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen fehlender Reisedokumente, die zuletzt bis zum 25.11.2022 verlängert wurde und seit der letzten Verlängerung folgenden Zusatz enthält: „Erlischt vorzeitig mit Bekanntgabe des Rückführungstermins“.
Die Antragstellerin stellte am 16.8.2019 eine Eingabe an die Niedersächsische Härtefallkommission. Dem Ersuchen der Härtefallkommission nach § 23a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, entsprach der Niedersächsische Innenminister mit Entscheidung vom 14.3.2022 nicht.
Am 18.5.2022 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin, ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Zur Begründung trug sie unter Berufung auf eine ärztliche Bescheinigung ihres behandelnden Allgemeinmediziners vom 10.3.2022 vor, dass sie an einer koronaren Herzerkrankung und an Bluthochdruck leide; auch bestehe eine schwere depressive Erkrankung, die derzeit fachärztlich behandelt werde; sie könne sich alleine nicht versorgen und ohne Hilfe ihrer Familie bei der Ausländerbehörde in Spanien nicht vorsprechen; altersbedingt könne sie die Bundesrepublik nicht verlassen.
Zwischenzeitlich beantragte die Antragstellerin – mit Schreiben vom 7.6.2022 – die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG. Die Herstellung der Familieneinheit sei nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland möglich, da sie auf die Hilfe ihres Sohnes angewiesen sei, um sich zu pflegen.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags mit Schreiben vom 8.6.2022 an.
Mit Schreiben vom 10.6.2022 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass eine Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG ausscheide, weil keine außergewöhnliche Härte vorliege. Eine Ablehnung des Antrags tenorierte sie in dem Schreiben nicht.
Mit Bescheid vom 14.7.2022 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die eingereichte ärztliche Bescheinigung den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG nicht genüge; es sei aber auch nicht ersichtlich, dass eine Reiseunfähigkeit vorliege. Eine freiwillige Rückkehr nach Spanien sei möglich; Maßstab für die rechtlichen Gründe, die einer Ausreise entgegenstehen könnten, sei die Unmöglichkeit der Ausreise und nicht die Unzumutbarkeit. Auch sei der Lebensunterhalt der Antragstellerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht gesichert, da das Einkommen des Sohnes der Antragstellerin hierfür nicht ausreiche. Es lägen auch keine Gründe vor, gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung abzusehen, da der Sohn ebenfalls in Spanien internationalen Schutz genieße und sich in Deutschland lediglich geduldet aufhalte; auch bestünden keine sonstigen schwerwiegenden Argumente für den Verbleib in der Bundesrepublik. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG komme ebenfalls nicht in Betracht.
Mit Beschluss vom 16.8.2022 bestellte das Amtsgericht F. für die Antragstellerin einen Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen „Rechts- / Antrags- und Behördenangelegenheiten“ sowie „Vertretung im ausländerrechtlichen Verfahren“. Der Beschluss folgt in der Begründung einem vom Betreuungsgericht eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie Dr. med. G., das die Situation der Antragstellerin wie folgt beschreibt: Die Antragstellerin spreche kein Deutsch oder Englisch und wirke sehr apathisch. Eine Exploration habe sich schwierig gestaltet. Die Antragstellerin habe durchgehend über Schmerzen am ganzen Körper geklagt. Sie habe Angst vor dem Alleinsein und einer Abschiebung und könne daher nicht schlafen; allein verlasse sie die Wohnung nie, dort sei sie nach Angabe ihres Sohnes orientierungslos. Die von einer Psychiaterin verschriebene Behandlung mit einem Antidepressivum (Mirtazapin) sei nicht erfolgreich gewesen. Nach ihrer Zukunft gefragt, habe die Antragstellerin zu weinen begonnen. Sie habe erklärt, weder das aktuelle Datum noch ihre Wohnanschrift benennen zu können. Der Gutachter kommt auf dieser Grundlage u.a. zu folgenden Schlüssen: Bei der Antragstellerin liege eine mittelgradige bis schwere depressive Episode (ICD 10 F32.1/2), ein Entwurzelungssyndrom (ICD 10 F68.8) sowie der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung (ICD 10 F45.0) vor. Bei einer Abschiebung werde sie „sicherlich massiv psychisch dekompensieren“. Die Hilfsbedürftigkeit könne sich bei Klärung des Aufenthalts verändern. Auch der Sohn der Antragstellerin wirke mit der Situation überfordert; durch die Mehrfachbelastung von Arbeit, eigener Familie, Schwangerschaft der Ehefrau und der Sorge um die Mutter scheine er selbst psychisch labil zu sein. Sollte er „ausfallen“, werde „das ganze System zusammenbrechen“. Zu einer Anhörung im Betreuungsgericht könne die Antragstellerin nur in Begleitung ihres Sohnes erscheinen.
Die asyl- und aufenthaltsrechtliche Situation des Sohnes der Antragstellerin stellt sich wie folgt dar: Er genießt wie die Antragstellerin in Spanien internationalen Flüchtlingsschutz. Auch seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 18.12.2015 als unzulässig ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 24.5.2017 (Az. 5 A 150/16) aus den gleichen Gründen wie im Verfahren der Antragstellerin im Wesentlichen ab. Mit Bescheid vom 10.1.2018 stellte das Bundesamt fest, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen; gleichzeitig drohte es dem Sohn der Antragstellerin erneut die Abschiebung nach Spanien oder einen anderen Staat mit Ausnahme des Sudans an. Die hiergegen erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 7.7.2019 ab (Az. 5 A 575/18). Seitdem wird der Sohn der Antragstellerin geduldet. Zuletzt ist ihm am 9.7.2021 eine Beschäftigungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 60d Abs. 4 AufenthG auf Grund einer seit Anfang 2019 durchgehenden (nunmehr unbefristeten) Beschäftigung als Produktionshelfer erteilt worden; in Folge der Erteilung nahm er auch das anhängige Verfahren vor der Härtefallkommission zurück. Der Sohn der Antragstellerin ist mit der sudanesischen Staatsangehörigen Frau H.verheiratet, die sich seit dem 3.7.2022 im laufenden Asylverfahren befindet, nachdem sie am 10.10.2019 mit einem französischen Schengen-Visum erst in Frankreich und am gleichen Tag in der Bundesrepublik eingereist war. Die Eheschließung hatte am 8.1.2019 im Sudan stattgefunden. Zu dieser Zeit befand sich der Sohn der Antragstellerin bereits in Deutschland. Seine Ehefrau gab an, bei der Heiratszeremonie mit dem ihr bis dahin unbekannten Mann „keine andere Wahl“ gehabt zu haben. Ihren Asylantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15.9.2020 als unzulässig ab, da Spanien auf Grund des ihrem Ehemann gewährten internationalen Schutzes für die Bearbeitung ihres Asylantrages zuständig sei; das Bundesamt stellte weiter fest, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und setzte weiter eine dreißigtägige Ausreisefrist fest, da eine Abschiebungsanordnung wegen der Schwangerschaft derzeit nicht erfolgen könne. Gegen den Bescheid erhob die Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin Klage und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Lüneburg (Az. 8 A 282/20 und Az. 8 B 135/20). Über die Klage wurde noch nicht entschieden. Den Eilantrag nahm Frau H. zurück, nachdem das Verwaltungsgericht Lüneburg darauf hingewiesen hatte, dass die Klage kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe. Daraufhin teilte das Bundesamt den spanischen Behörden mit, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gegen die Unzulässigkeitsentscheidung erhoben worden sei und die Überstellung aktuell ausscheide. Am 2.10.2020 wurden der Sohn der Antragstellerin und seine Ehefrau Eltern eines Sohnes. Das Asylverfahren des Sohnes wird vom Bundesamt im nationalen Verfahren bearbeitet, weil das Bundesamt innerhalb der Frist kein Übernahmeersuchen an Spanien gestellt hatte.
Gegen den Bescheid vom 14.7.2022, mit der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG abgelehnt wurde, hat die Antragstellerin am 18.7.2022 Klage erhoben (Az. 12 A 2948/22).
Am 13.9.2022 hat die Antragsgegnerin versucht, die Antragstellerin nach Spanien abzuschieben. Die Abschiebung ist durch den begleitenden Arzt wegen hohen Blutdrucks der Antragstellerin abgebrochen worden.
Am gleichen Tage hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung trägt sie vor, sie sei wegen ihrer Vorerkrankungen und ihres hohen Alters pflegebedürftig und auf die Hilfe ihres Sohnes angewiesen. Sie lebe bei ihrem Sohn und seiner Familie; sie werde von ihm gepflegt und könne ohne diesen auch ihre Medikamente nicht einnehmen. Dies bestätige auch der Betreuungsbeschluss. Sie habe daher familiäre Bindungen im Inland, die gem. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG konstituierten. Ihre Abschiebung sei aus rechtlichen Gründen unmöglich, sodass gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung bestehe. Maßgeblich sei hierfür, dass ihre Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG voraussichtlich Erfolg haben werde und eine Abschiebung diesen Erfolg vereiteln könne. Darüber hinaus ergebe sich aus einer Folgenabwägung, dass der Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG, der eine Klärung im Hauptsacheverfahren vorsehe, nicht vereitelt werden dürfe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die hier möglichen schwerwiegenden Folgen der Abschiebung alleine ausreichen würden, um eine einstweilige Anordnung zu rechtfertigen, selbst wenn die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen seien. Aus dem fachärztlichen Gutachten würden sich Hinweise auf eine Reiseunfähigkeit ergeben, die weiter aufzuklären seien; die Antragsgegnerin sei daher verpflichtet, die Abschiebung einstweilen zu stoppen. Schließlich könne ihr Sohn sie nicht nach Spanien begleiten, da sich dessen Familie im laufenden Asylverfahren befinde. Im Übrigen seien die Lebensverhältnisse in Spanien unzumutbar.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO zu verpflichten, ihr eine Duldung für sechs Monate ohne Nebenbestimmung zu erteilen,
hilfsweise, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Reiseunfähigkeit verneinen sollte, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihre Reisefähigkeit zu überprüfen, sie in dem dafür erforderlichen Zeitraum zu dulden und aufenthaltsbeendende Maßnahmen nur dann fortzuführen, wenn ihre Reisefähigkeit ärztlich festgestellt worden ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, sie habe die Wertungen des Art. 8 EMRK ausreichend berücksichtigt. Der Sohn der Antragstellerin sei vollziehbar ausreisepflichtig, weshalb kein berechtigtes Interesse am Zusammenleben im Bundesgebiet bestehe. Selbst dann, wenn der Sohn über ein Aufenthaltsrecht verfügen würde, würde dies nicht zwangsläufig zum Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts führen; dies käme nur dann in Betracht, wenn die Mutter ohne die Lebenshilfe ihres Sohnes kein eigenständiges Leben führen und die erforderliche Hilfe durch den Sohn nur im Bundesgebiet erbracht werden könne. Gründe für die Pflegebedürftigkeit seien nicht nachgewiesen worden. Gründe, die gegen eine Abschiebung nach Spanien sprächen, seien nicht ersichtlich. Daran ändere auch der Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts F. und das dem Beschluss zugrundeliegende Gutachten nichts. Das Gutachten lasse nicht erkennen, auf welcher Tatsachengrundlage die Diagnose getroffen worden sei. Die psychische Belastung beruhe im Wesentlichen auf der ungeklärten Aufenthaltssituation; Folgen für die Abschiebung ließen sich daraus nicht ableiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Betreuungsakte des Amtsgerichts I. und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
1.
Er ist zulässig, insbesondere als Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft.
Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Es handelt sich damit in der Hauptsache um eine Verpflichtungssituation, in der vorläufiger Rechtsschutz auf Grundlage des § 123 Abs. 1 VwGO zu gewähren ist. Anderes gilt nur dann, wenn der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Titels eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG begründet hat und diese Wirkung durch die Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag wieder erloschen ist. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, da sich die Antragstellerin bei Beantragung des Aufenthaltstitels nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und eine Fiktionswirkung der Antragsstellung daher nicht eingetreten ist.
2.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Anspruch, für den die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachsucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, glaubhaft gemacht werden, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, da der Termin der angedrohten Abschiebung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nicht angekündigt werden darf und die Frist zur Ausreise bereits abgelaufen ist (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 27.5.2020 – 13 ME 151/20 –, juris Rn. 11).
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegen vor.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt wird.
Eine – hier allein in Betracht kommende – rechtliche Unmöglichkeit im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist gegeben, wenn sich etwa aus unmittelbar anwendbarem Unionsrecht, innerstaatlichem Verfassungsrecht oder einfachem Gesetzesrecht sowie in innerstaatliches Recht inkorporiertem Völker- und Völkervertragsrecht ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.09.2018 – 13 ME 392/18 –, juris Rn. 7; Beschl. v. 22.8.2017 – 13 ME 213/17 –, juris Rn. 3; Urt. v. 19.3.2012 – 8 LB 5/11 –, juris Rn. 41).
Zwar gewährt Art. 6 GG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten, bei der die tatsächlichen familiären und sozialen Bindungen des Ausländers zu berücksichtigen und diese privaten Belange mit dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Ausländers abzuwägen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.06.2013 – 2 BvR 586/13 –, juris Rn. 12 m.w.N.; vgl. auch Nds. OVG, Beschl. v. 30.05.2018 – 8 ME 3/18 –, juris Rn. 47).
Art. 6 Abs. 1 GG schützt dabei die Familie als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.6.2014 – 1 BvR 2926/13 –, juris Rn. 22 f. m.w.N.). Der Schutz knüpft nicht an bloße formal-rechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, juris Rn. 87; Nds. OVG, Beschl. v. 2.2.2011 – 8 ME 305/10 –, juris Rn. 4). In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen aber in der Regel ein geringeres Gewicht zu. Nur dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.4.1989 – 2 BvR 1169/84 –, juris Rn. 44; BVerfG, Kammerbeschl. v. 25.10.1995 – 2 BvR 901/95 –, juris Rn. 7 f.; Nds. OVG, Beschl. v. 9.8.2017 – 13 ME 167/17 –, juris Rn. 18; Urt. v. 19.3.2012 – 8 LB 5/11 –, juris Rn. 48). Für die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG kommt es nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe von anderen Personen erbracht werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1995 – 2 BvR 901/95 –, juris Rn. 8). Der gleiche Maßstab gilt für Art. 8 EMRK. Vermittelt der Schutz der Familie nach Art. 6 GG kein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot, gilt Gleiches für den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK. Art. 8 EMRK kann dort, wo sein Anwendungsbereich sich mit dem des Art. 6 Abs. 1 GG deckt, keine weitergehenden als die durch Art. 6 Abs. 1 GG vermittelten Schutzwirkungen entfalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1997 – 1 C 20/97 –, juris Rn. 28; Nds. OVG, Beschl. v. 9.7.2018 – 13 ME 212/18 –).
Nach diesen Maßgaben hat die Antragstellerin eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrem Sohn glaubhaft gemacht. Dass der Sohn der Antragstellerin tatsächlich Lebenshilfe für seine betagte Mutter erbringt, auf die diese auch angewiesen ist, geht zum einen aus dem im Betreuungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten hervor, das ein starkes Abhängigkeitsverhältnis deutlich werden lässt. Zum anderen ist auch die Antragsgegnerin selbst bisher davon ausgegangen, dass eine Abschiebung der Antragstellerin nur gemeinsam mit ihrem Sohn erfolgen dürfe (Bl. 145 der Beiakte 001). Gegenteilige Erkenntnisse liegen nicht vor.
Die geschützte Lebensgemeinschaft kann derzeit auch nicht zumutbar außerhalb der Bundesrepublik – in Spanien – gelebt bzw. die Lebenshilfe dort erbracht werden.
Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG gebieten es regelmäßig nicht, dem Wunsch eines Ausländers nach familiärem Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen, wenn ein solches Zusammenleben auch im Heimatland des Ausländers oder eines Familienangehörigen zumutbar möglich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 –, juris Rn. 114; OVG Nds. Urt. v. 8.2.2018 – 13 LB 45/17 –, juris Rn. 63; Nds. OVG, Beschl. v. 1.12.2010 – 8 ME 292/10 –, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.4.2007 – 11 S 1035/06 –, juris Rn. 53 jeweils m.w.N.). Gleiches gilt für einen Drittstaat, in dem ein Aufenthaltsrecht besteht oder beansprucht werden kann. Ob es dem Ausländer oder Familienangehörigen zuzumuten ist, das Bundesgebiet zu verlassen und die familiäre Lebensgemeinschaft in einem anderen Land zu führen, hängt dabei maßgeblich von dem aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers oder Familienangehörigen im Bundesgebiet ab (vgl. BVerwG, NVwZ 2009, 1239 (1240 f.) [BVerwG 30.04.2009 - BVerwG 1 C 3.08]; Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2018 – 13 ME 473/18 –, juris Rn. 6 m.w.N.). Einem Ausländer, der ausschließlich eine Ausbildungsduldung innehat, ist es danach grundsätzlich zumutbar, gemeinsam mit anderen Familienangehörigen das Bundesgebiet zu verlassen und eine gewünschte familiäre Lebensgemeinschaft im Ausland zu führen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2018 – 13 ME 473/18 –, juris Rn. 9). Gleiches gilt auch für den Inhaber einer Beschäftigungsduldung, da auch hier der Gesetzgeber keine Verfestigung des Aufenthalts vorgesehen hat; der Inhaber einer solchen Duldung bleibt vollziehbar ausreisepflichtig.
Hiernach ist es dem Sohn der Antragstellerin grundsätzlich zuzumuten, gemeinsam mit seiner Mutter nach Spanien, wo beide internationalen Schutz genießen, auszureisen und dort die familiäre Lebensgemeinschaft zu führen. Da er vollziehbar ausreisepflichtig ist, besitzt er bei isolierter Betrachtung keine schützenswerte aufenthaltsrechtliche Position in der Bundesrepublik.
Dem Sohn der Antragstellerin ist es jedoch mit Blick auf die seinerseits bestehenden familiären Bindungen im Bundesgebiet nicht zuzumuten, gemeinsam mit seiner Mutter nach Spanien auszureisen, da dies zu einer zeitlich nicht absehbaren Trennung von seiner Ehefrau und von seinem Sohn führen würde.
Die Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin hält sich während des laufenden Asylverfahrens gestattet im Bundesgebiet auf. Zwar kommt eine Zuständigkeit Spaniens für die Durchführung ihres Asylverfahrens grundsätzlich in Betracht, sodass an eine gemeinsame Ausreise zu denken wäre. Der Bescheid des Bundesamts, mit der der Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin unter Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG die Abschiebung nach Spanien angedroht wird, ist aber gegenwärtig nicht bestandskräftig und nicht vollziehbar, da der hiergegen erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zukommt. Die aufschiebende Wirkung der Klage folgt aus der vom Bundesamt festgesetzten dreißigtägigen Ausreisefrist gem. § 75 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 AsylG. Kann eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht erlassen werden, weil – wie hier wegen der Schwangerschaft der Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin – nicht feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, ist gem. § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG eine Abschiebung anzudrohen. Die ganz überwiegende Meinung in der Rechtsprechung geht davon aus, dass die Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG von der Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG erfasst ist und die Klage daher aufschiebende Wirkung entfaltet (VG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2016 – 22 L 2936/16.A – juris Rn. 22; Beschl. v. 2.6.2017 – 22 L 1290/17.A – juris Rn. 15; VG München, Beschl. v. 29.12.2016 – M 21 S 16.35313 – juris Rn. 25 ff.; VG Hannover, Beschl. v. 26.4.2017 – 5 B 7267/16 – juris Rn. 25; VG Würzburg, Urt. v. 3.4.2020 – W 10 K 19.30677 –, juris Rn. 34 m.w.N.; vgl. auch Schulz-Bredemeier, in: Huber/Mantel § 75 AsylG Rn. 2). Dem schließt sich die Kammer – ebenso wie das Verwaltungsgericht Lüneburg in seinem Hinweis an die Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin und das Bundesamt in seiner Mitteilung an Spanien – an.
Kann eine Ausreise beim Feststehen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht zugemutet werden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4.6.2018 - 13 PA 50/18 -, V.n.b., Umdruck S. 8), dann kann nach der gesetzlichen Wertung des § 75 Abs. 1 AsylG und des § 80 Abs. 1 VwGO nichts anders gelten, solange das Verfahren zur Feststellung solcher Abschiebungsverbote noch nicht abgeschlossen ist und dem gegen die ablehnende Entscheidung eingelegten Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt. Das Verfahren zur Feststellung von Abschiebungsverboten dient gerade der Bewertung, ob im Zielstaat (hier: Spanien) eine konventionswidrige Behandlung droht oder eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Würde das erkennende Gericht die Zumutbarkeit der freiwilligen gemeinsamen Ausreise ungeachtet des laufenden Gerichtsverfahrens bejahen, griffe es der noch zu ergehenden Entscheidung unzulässig vor. Aus der asylverfahrensrechtlichen Gestattung ihres Aufenthalts im Bundesgebiet (§ 55 AsylG) folgt unmittelbar, dass es der Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin nicht zugemutet werden darf, zur Wahrung der familiären Gemeinschaft mit ihrem Ehemann oder Sohn in Spanien in Verhältnissen zu leben, vor denen sie aktuell in der Bundesrepublik Deutschland Schutz sucht und genießt (vgl. für den Fall eines auf die Gewährung Schutz vor Verfolgung im Herkunftsstaat gerichteten Asylklageverfahrens VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 6.7.2022 – 11 S 2378/21 –, juris Rn. 18).
Ob der in Stellvertretung geschlossenen Ehe, bei deren Eingehung die jetzige Ehefrau des Sohnes des Antragsstellers nach eigenen Angaben „keine Wahl“ hatte, eine nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Ehe darstellt, kann vorliegend dahinstehen. Zumindest zu seinem erst knapp zweijährigen Sohn hat der Sohn der Antragstellerin eine durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Beziehung, die keine längere Trennung erlaubt, da das Kind eine solche Trennung als endgültigen Verlust erfahren würde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 - juris Rn. 10). Eine längere Trennung des Sohnes des Sohnes der Antragstellerin von seiner Mutter ist in der weiteren Folge ebenfalls ausgeschlossen.
Daher kann offenbleiben, ob der Ehefrau und dem Sohn des Sohnes der Antragstellerin ein Einreise- und Aufenthaltsrecht in Spanien zustünden und ob dieses ohne unzumutbar lange Trennung vom Sohn der Antragstellerin realisiert werden könnte.
3.
Das Gericht hat die tenorierte Anordnung abweichend von der von der Antragstellerin beantragten Duldung für sechs Monate „ohne Nebenbestimmung“ ausgesprochen, weil eine Aussetzung der Abschiebung für den beantragten Zeitraum ausreichend ist, um die Antragstellerin währenddessen vor der befürchteten Abschiebung zu schützen. Zugleich ist damit bereits sichergestellt, dass die Antragsgegnerin die Duldung während dieses Zeitraumes nicht erneut mit dem Zusatz „Erlischt vorzeitig mit Bekanntgabe des Rückführungstermins“ versieht.
Das Gericht hat ferner davon abgesehen, die Anordnung auf den Abschluss des Asylverfahrens der Ehefrau des Sohnes der Antragstellerin oder des vorliegenden Hauptsacheverfahrens zu befristen, da es davon ausgeht, dass diese Verfahren bis zum Ablauf des beantragten Duldungszeitraums nicht abgeschlossen seien werden. Anderenfalls stünde der Antragsgegnerin ein Abänderungsantrag in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 3.6.2019 – 12 MC 93/19 –, juris Rn. 9).
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und entspricht Nr. 8.1, 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NordÖR 2014, 11).