Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 28.10.2022, Az.: 5 B 5988/21

Beweislast; Darlegung; Darlegungslast; Freizügigkeit; Freizügigkeitsrecht; selbständig; FreizügG/EU: Selbständigket

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.10.2022
Aktenzeichen
5 B 5988/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 53394
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2022:1028.5B5988.21.00

Amtlicher Leitsatz

Da das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht nicht schrankenlos gewährleistet ist, obliegt den Unionsbürgern im Streitfall der Nachweis, dass sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.

[Grunde]

Die Antragsteller wenden sich gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt.

Die minderjährige im Jahr 2005 geborene Antragstellerin zu 2. und der im Jahr 2000 geborene Antragsteller zu 1. sind die Eltern der im Jahr 2021 geborenen Antragstellerin zu 3. Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der Antragsteller zu 1. reiste am 1. Juni 2013 in das Bundesgebiet ein. Die Antragstellerin zu 2. reiste am 22. Februar 2021 in das Bundesgebiet ein. Am 7. April 2021 wurde die Antragstellerin zu 3. im Bundesgebiet geboren.

Der Antragsteller zu 1. wurde am 18. Mai 2020 vom Amtsgericht H. wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu einer Geldstrafe in Höhe von 75 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.

Am 14. April 2021 beantragten die Antragsteller zu 1. und 2. für die Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom 27. August 2021 hörte die Antragsgegnerin die Antragsteller zu der beabsichtigten Verlustfeststellung an. Die Antragsteller äußerten sich nicht.

Mit Bescheid vom I. September 2021 stellte die Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet fest, forderte die Antragsteller zur Ausreise innerhalb eines Monats ab Zustellung der Verfügung auf und drohte ihnen ansonsten die Abschiebung nach Rumänien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an. Zur Begründung nahm sie Bezug auf § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU und führte im Wesentlichen aus, dass keine Nachweise über eine Arbeitsplatzsuche der am 22. Februar 2021 eingereisten Antragstellerin zu 2. vorlägen, selbst wenn man annähme, dass sie zur Arbeitssuche eingereist sei. Nachweise, dass die Antragsteller zu irgendeinem Zeitpunkt seit ihrer jeweiligen Einreise einer Beschäftigung als Arbeitnehmer nachgegangen seien, lägen nicht vor. Mithin seien die Antragsteller nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Da die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beantragt hätten und damit ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern könnten, seien sie auch nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 Satz 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Ein Daueraufenthaltsrecht habe der Antragsteller zu 1. nicht erworben, weil er sich nicht fünf Jahre ununterbrochen rechtmäßig freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU im Bundesgebiet aufgehalten habe (§ 4a FreizügG/EU). Im Rahmen ihrer Ermessensausübung stellte die Antragsgegnerin fest, dass schützenswerte persönliche Bindungen nach Art. 6 GG außerhalb der Kernfamilie nicht bekannt seien. Auch aus Art. 8 EMRK könnten die Antragsteller keine Rechte herleiten, weil keine wirtschaftliche, soziale oder gesellschaftliche Integration ersichtlich sei. Zudem bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers zu 1., da er strafrechtlich verurteilt worden sei. Die Antragsteller zu 1. und 2. seien im Alter von 12 bzw. 16 Jahren in das Bundesgebiet eingereist, sodass sie den überwiegenden Teil ihres Lebens und Ihre Sozialisation im Heimatland erfahren hätten. Eine Wiedereingliederung in das Heimatland sei daher unproblematisch zumutbar.

Mit E-Mail vom 26. Oktober 2021 wurde für den Antragsteller zu 1. bei der Antragsgegnerin ein am 21. Oktober 2021 geschlossener Arbeitsvertrag bei der J. -GmbH sowie ein am 1. März 2021 geschlossener Arbeitsvertrag bei der Firma K. vorgelegt. Auf Anforderung der Antragsgegnerin wurden am unter dem 27. Oktober 2021 Verdienstabrechnungen der J. -GmbH vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Gegen den Bescheid vom I. September 2021 haben die Antragsteller am 29. Oktober 2021 Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Der Antragsteller zu 1. arbeite seit dem 21. Oktober 2021 in Teilzeit bei der J. -GmbH und habe seit März 2021 einen Minijob bei der Firma K.. Zu der Tätigkeit bei der Firma K. legt der Antragsteller zu 1. einen Arbeitsvertrag nebst Verdienstabrechnungen vor. Die jüngsten Verdienstabrechnungen weisen für Oktober 2021 ein Nettogehalt von 172,80 Euro, für November 2021 448,20 Euro und für Dezember 2021 313,20 Euro aus. Entgeltabrechnungen der J. -GmbH weisen für Oktober 2021 222,67 Euro, für November 2021 1.004,35 Euro und für Dezember 2021 877,95 Euro netto aus. So bestreite er den Lebensunterhalt für die gesamte dreiköpfige Familie. Die Antragsteller übersenden außerdem einen Arbeitsvertrag des Antragstellers zu 1. als Paketbote/Kurierfahrer, der am 2. Mai 2019 beginnt. Außerdem legen sie einen Anstellungsvertrag des Antragstellers zu 1 bei der L. Transporte GmbH vor, der - soweit lesbar - im September 2019 beginnt.

Seit März 2022 sei der Antragsteller zu 1. selbständig im Schrottgewerbe tätig und habe dort im März durch den Verkauf von Schrott einen Nettobetrag von 770,10 Euro erzielt. Im April 2022 habe er Einnahmen in Höhe von 801,30 Euro erzielt. Im Mai habe er "Gewinne" in Höhe von 1.541,73 Euro erzielt. Er legt dazu Belege der M. mbH vor, die bei ihm gegen Barzahlung am 21. März 2022 Schrott zu 770,10 Euro, sowie am 5. und am 10. Mai 2022 Schrott zu 788,88 Euro bzw. 752,85 Euro erworben habe. Zudem eine Abrechnung von N. e. K., die bei ihm am 23. April 2022 Schrott zu 801,30 Euro erworben habe. Außerdem legt er seine Gewerbeanmeldung vom 30. März 2022 vor. Gegenstand des Gewerbes ist das Einsammeln von Schrott, Altmetallen und Elektrogeräten nach vorhergehender Bestellung. Der Lebensunterhalt der Familie sei damit gesichert. Sozialleistungen würden nicht mehr in Anspruch genommen.

Nach Erstellung entsprechender Gewinn- und Verlustrechnung tragen die Antragsteller vor, der Gewinn habe im Monat April 2022 151,30 Euro und im Mai 891,73 Euro betragen. Auf die mit Schriftsatz vom 13.Juni 2022 vorgelegte Einnahmen-Ausgaben Rechnungen wird insoweit verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2022 lassen die Antragsteller folgende monatliche "Überschüsse" vortragen: April 2022: 441,69 Euro; Mai 2022: 1.437,44 Euro; Juni 2022: 989,06 Euro; Juli 2022: 856,20 Euro. Dazu legen sie einen Einkommensnachweis vor, auf den inhaltlich verwiesen wird.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung der am 29. Oktober 2011 erhoben Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antrag ist insbesondere statthaft nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Klage gegen die Verlustfeststellung hat gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung, weil die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 64 Abs. 4 NPOG.

Der Antrag ist unbegründet.

Die bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Gericht zu treffende Ermessensentscheidung setzt eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen voraus, in die auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit einzubeziehen sind. Bei einem nach summarischer Prüfung offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen ist. Ergibt eine summarische Einschätzung des Gerichts hingegen, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache erfolglos bleiben wird, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unbegründet, denn ein begründetes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung entfällt nicht dadurch, dass der Verwaltungsakt offenbar zu Unrecht angegriffen wird.

Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse, weil der in der Hauptsache angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder - wie hier - Entscheidung des Tatsachengerichts (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 1 C 21.18 -, juris Rn. 11).

Rechtsgrundlage für die Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechtes ist § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen.

Die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU liegen hier vor. Denn das Gericht konnte bei der gebotenen summarischen Prüfung vorliegend nicht feststellen, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU vorliegen (§ 108 Abs. 1 VwGO). Da das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht nicht schrankenlos gewährleistet ist, obliegt den Unionsbürgern im Streitfall der Nachweis, dass sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Die Unerweislichkeit der Voraussetzungen geht nach allgemeinen Grundsätzen zu Lasten der Unionsbürger, weil sie aus dem Vorliegen der Voraussetzungen eine ihnen günstige Rechtsfolge herleiten wollen (EuGH, Urteil vom 23.3.2006 - C-408/03 -, NvWZ 2006, 918, beck-online Rn. 64; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.3.2007 - OVG 3 B 9.06 -, juris Rn. 25; Oberhäuser, in: NK-AuslR/Thomas, 2. Aufl. 2016, FreizügG/EU § 2 Rn. 4).

Der Antragsteller zu 1. ist kein Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU, da er seit März 2022 ausschließlich selbständig tätig ist. Entsprechend ist er auch kein Arbeitssuchender nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU. Auch die Antragstellerin zu 2. ist nach den zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid, auf die das Gericht insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO verweist, nicht freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU.

Auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 FreizügG/EU folgt für den Antragsteller zu 1. kein unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU sind Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 AEUV erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind. Da es für die Freizügigkeitsberechtigung im Sinne der Freizügigkeitsrichtlinie und im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes/EU ohne Bedeutung ist, ob eine Person niedergelassener selbstständiger Erwerbstätiger oder nicht niedergelassener selbstständiger Dienstleistungserbringer ist (Tewocht, in: BeckOK AuslR, 34. Ed. 1.10.2021, § 2 FreizügG/EU Rn. 34; Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 2 FreizügG/EU Rn. 82), wird auch hier auf eine Differenzierung verzichtet.

Voraussetzung für das Vorliegen eines unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts als Selbständiger ist, dass eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll, also die ernstzunehmende Absicht besteht, Gewinn zu erzielen, auch wenn diese Absicht, wie namentlich bei künstlerischen Tätigkeiten, nicht zwingend im Vordergrund stehen muss. Allein völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeiten werden nicht begünstigt (Oberhäuser, in: NK-AuslR, 2. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 22).

Die vom Antragsteller zu 1. vorgelegten Berechnungen zu seinem Einkommen aus seinem Gewerbebetrieb sind weder kaufmännisch noch logisch nachvollziehbar und zudem widersprüchlich. Mit diesen Unterlagen ist ihm weder die Darlegung noch der Nachweis gelungen, dass seine Selbständigkeit nicht völlig untergeordnet ist.

Auf der Ausgabenseite listete er noch für April und Mai 2022 einen Bedarf von 1.725,00 Euro auf. Dieser setzte sich zusammen aus ca. 300,00 Euro Benzinkosten, 700,00 Euro Miete, 55,00 Euro Strom und Gas, 370,00 Euro für drei Personen sowie "AOK" in Höhe von 300,00 Euro. Ausgehend von dieser Ausgabenlage erwirtschaftete er bei einer von ihm angenommenen Steuerlast von 0,00 Euro im April 2022 mithin ein Minus von 714,70 Euro und für Mai 2022 ein Plus von 16,73 Euro. Insoweit ist die Tätigkeit des Antragstellers zu 1. wirtschaftlich völlig untergeordnet.

Sodann änderte der Antragsteller zu 1. im Verlauf des Gerichtsverfahrens seine Berechnungsmethode und trug abweichend vor. Zum einen geht er in der mit Schriftsatz vom 12. August 2022 vorgelegten Berechnung nur noch von Benzinkosten in Höhe von insgesamt 161,65 Euro für den Zeitraum April bis Juli 2022 aus, mithin von durchschnittlich 40,41 Euro monatlich. Er berechnet zum anderen zu dem Punkt Miete eine weitere nicht zuzuordnende Miete mit 23,33 Euro pro Fahrt/Verkaufstermin/Datum. Es könnte sich eventuell auch im eine Fahrzeugmiete handeln. Belege dazu wurden nicht vorgelegt. Dabei zieht er die üblicherweise monatlich zu entrichtende Miete von zuvor 700,00 Euro im Ausgangspunkt offensichtlich von den Einnahmen des 29. April 2022 ab, sodass er in der ersten Zeile zu einem Minus von 311,20 Euro kommt. Da Miete regelmäßig monatlich zu entrichten ist und sie vom Antragsteller zu 1. zuvor auch monatlich abzogen worden war, müsste sie auch entsprechend hier monatlich abgezogen werden. Die Berechnung des Antragstellers zu 1. ist in vielfacher Hinsicht zweifelhaft und unverständlich. Ab Juni 2022 hat er seine Einnahmen und Aushaben nicht mehr durch Belege nachgewiesen. Er nimmt eine Steuerlast von 0,00 Euro an. Die Kraftstoffkosten von 40,41 Euro monatlich für ein Gewerbe, dessen Gegenstand darin besteht Schrott u. ä. nach Anmeldung bei Kunden abzuholen, erscheinen deutlich zu niedrig angesetzt. Nicht zuletzt ist die von ihm vorgelegte Berechnung weder kaufmännisch noch logisch nachvollziehbar. So kommt er auch selbst auf völlig andere Ergebnisse, als er zuvor für die Monate April und Mai 2022 vorgetragen hatte. Hatte er zunächst für Mai noch "Gewinne" in Höhe von 1.541,73 Euro vortragen lassen, ohne die von ihm selbst veranschlagten Auslagen abzuziehen, kommt er nun zu einem Überschuss von 1.437,44 Euro für Mai 2022, wobei er dafür von dem ursprünglichen Betrag wohl 23,33 Euro "Miete" und zudem Benzinkosten abgezogen hat. Weder Abgaben an die AOK, noch Strom und Gas, noch sonstige Entnahmen aus dem Betrieb für den Lebensunterhalt der Familie werden hier noch berücksichtigt. Nach alledem sind dem Antragsteller zu 1. weder die Darlegung noch der Nachweis über eine Selbständigkeit gelungen, die nicht völlig untergeordnet ist.

Eine Freizügigkeitsberechtigung für die Antragsteller ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU. Gemäß § 4 Satz 1 FreizügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Auch dies kann nicht festgestellt, werden, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.

Hinsichtlich des Daueraufenthaltsrechtes nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. § 4a FreizügG/EU wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die Antragsgegnerin hat auch das ihr bei der Feststellung des Verlusts der Freizügigkeitsrechte eröffnete Ermessen erkannt und rechtsfehlerfrei ausgeübt. Auch insoweit wird auf den angegriffenen Bescheid verwiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und entspricht Nr. 1.5, 8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NordÖR 2014, 11).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet. Prozesskostenhilfe erhält gemäß §§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.