Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.10.2022, Az.: 4 A 4876/20

Anordnung von Gebäuden; Außenbereich; Bebaubarkeit; Berechnung; Durchfahrt; Innenbereichssatzung; Straßenausbaubeitrag; wirtschaftlicher Vorteil; Zufahrt; Zuwegung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
19.10.2022
Aktenzeichen
4 A 4876/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59697
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zum Maßstab der Berechnung einer Teilgrundstücksfläche (hier: Außenbereichsfläche) durch die Gemeinde
2. Zur Bebaubarkeit eines im Bereich einer Innenbereichssatzung liegenden Grundstücksteils mittels Zuwegung

Tenor:

Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 40.570,90 €.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen für die Anlage „F-Straße /A-Straße“.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Flurstück I., Flur X, Gemarkung J.). Das Grundstück liegt teilweise im Innen- und teilweise im Außenbereich. Durch die Satzung der Beklagten über die Festlegung der Grenzen der im Zusammenhang bebauten Ortsteile der Gemeinde Weyhe gemäß § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (im Folgenden: BauGB) vom 10. September 1981 (Innenbereichssatzung) wurde der im Innenbereich liegende Teil des Grundstücks mittels eines Lageplans festgelegt. Das Grundstück ist mit zwei Haupt- sowie mehreren Nebengebäuden bebaut.

Die Beklagte erneuerte in den Jahren 2014 bis 2018 in zwei Bauabschnitten die Anlage „F-Straße/A-Straße“, welche sich über den gesamten F-Straße sowie die Straße „A-Straße“ erstreckt. Die Erneuerung umfasste das Abfräsen und die Entfernung des Unterbaus, die Herstellung eines neuen Regelaufbaus mit Mineralgemisch, den Aufbau einer neuen Fahrbahndecke mit Pflastersteinen, die Neuherstellung der Entwässerungsrinnen und -einläufe sowie den Einbau einer Aufpflasterung zur Verkehrsberuhigung. Die letzte Unternehmerrechnung ist auf den 14. November 2018 datiert.

Mit Schreiben vom 14. November 2019 hörte die Beklagte die Kläger zur einer beabsichtigten Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen für ihr Grundstück i.H.v. 12.499,95 € an, wobei in der detaillierten Berechnung dieses Beitrages dem 4.597 m² großen Grundstück der Kläger 945 m² als baulich/gewerblich genutzte Fläche laut Innenbereichsatzung und 3.652 m² als im Außenbereich liegende Fläche zugeordnet wurde.

Mit weiterem Schreiben von 29. Mai 2020 hörte die Beklagte die Kläger erneut zu einer beabsichtigten Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen an, wobei nunmehr ein Beitrag i.H.v. 39.769,88 € in Aussicht gestellt wurde. Die Beklagte führte dazu aus, dass sich Änderungen in der Berechnung des Beitrages ergeben hätten. Im vorherigen Anhörungsschreiben sei eine zu kleine überbaubare Innenbereichsfläche angenommen worden. Eine Abfrage beim Landkreis K. habe ergeben, dass sich die überbaubare Innenbereichsfläche auf 3.652 m² erstrecke. Dadurch ergebe sich eine neue Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes, was zu einer wesentlichen Erhöhung des gegenüber den Klägern festzusetzenden Beitrages führe. In der detaillierten Beitragsberechnung wurden die genannten Flächen der Innenbereichssatzung und des Außenbereichs getauscht; die Beklagte nahm insoweit eine Fläche von 3.652 m² als baulich/gewerblich genutzte Fläche laut Innenbereichssatzung und eine 945 m² große im Außenbereich liegende Fläche an.

Daraufhin äußerten die Kläger schriftliche Einwände und trugen u.a. vor, dass der südliche Teil selbst bei Zuordnung zum Innenbereich nach der Innenbereichssatzung nicht bebaut werden könne, da eine Zufahrt zu diesem Grundstücksteil nicht möglich sei.

Mit Bescheid vom 15. September 2020 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern einen Straßenausbaubeitrag i.H.v. 40.570,90 € fest. Dabei wurde der Berechnung eine Grundstücksgröße laut Grundbuch von 4.597 m² zugrunde gelegt, wovon 3.652 m² als baulich/gewerblich genutzte Fläche laut Innenbereichsatzung (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten (im Folgenden: ABS)) und 945 m² als im Außenbereich liegende Fläche angenommen wurden.

Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 17. September 2020, haben die Kläger am 23. September 2020 Klage erhoben.

Zur Klagebegründung führen sie aus, dass der streitgegenständliche Bescheid aufgrund falscher Flächenberechnung fehlerhaft sei. Die Beklagte habe die Flächen im Innen- und Außenbereich nicht richtig berechnet. Eine Berechnung auf Grundlage der Innenbereichssatzung sei für die Ermittlung der tatsächlichen Grundstücksfläche nicht hinreichend genau. Eine genaue Berechnung könne nur durch eine neue Vermessung des Grundstückes erfolgen. Dazu trugen die Kläger zunächst weiter vor, dass nach eigener Berechnung des Klägers zu 1, welcher ebenfalls Ingenieur sei, unter Berücksichtigung entsprechender Maßstabs- und Messfehler eine Fläche im Außenbereich zwischen 1.036 m² und 1.063 m² anzunehmen sei, was eine wesentliche Abweichung von der von der Beklagten angenommenen Fläche im Außenbereich von 945 m² darstelle. Insoweit ermäßige sich der Beitragssatz um ca. 1.000 €. Im weiteren gerichtlichen Verfahren beziehen sich die Kläger auf einen vom Katasteramt L. erstellten Plan sowie Flächenangaben, die im Zusammenhang mit der Erhebung der Grundsteuer und den Bodenrichtwerten im sog. Grundsteuer-Viewer abrufbar sind, und eine im Verhältnis zur Innenbereichssatzung veränderte Linienführung darstellen. Die Kläger führen dazu aus, dass sich daraus eine Fläche im Innenbereich von 3.600 m² und eine Fläche im Außenbereich von 997 m² ergebe, was zu einem um 500 € verringerten Straßenausbaubeitrag führe. Jedenfalls sei jede Fläche für den Außenbereich, die kleiner als 997 m² sei, eine falsche Annahme, sodass der streitgegenständliche Bescheid nicht korrekt sei. Eine größere Fläche im Außenbereich ergebe sich zudem bei Anwendung der Grenze aus der Innenbereichssatzung. Auch nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Beitragssatz ermäßigt und insoweit eine größere Außenbereichsfläche angenommen habe, sei die Berechnung der Außenbereichsfläche weiterhin fehlerhaft und der Außenbereich müsse noch größer in die Berechnung einfließen.

Ferner gehe die Beklagte davon aus, dass das gesamte Grundstück der Kläger erschlossen worden sei. Dabei übersehe sie jedoch, dass für das Grundstück eine bauliche Nutzung im südlichen Bereich geplant sei. Eine Zuwegung zu diesem Bereich sei aber nur über die M. möglich und mithin nicht über die erneuerte Anlage „F-Straße /A-Straße“. Soweit die Beklagte dafür eine Zuwegung über eine ca. 80 bis 100 m lange Zufahrtsstraße über die im Außenbereich liegende Grundstücksfläche am Bach N. annehme, sei dies baurechtlich nicht zulässig. Eine solche Zuwegung sei ökologisch nicht sinnvoll und würde naturschutzrechtlichen Belangen nach § 1a BauGB entgegenstehen. Die Durchführbarkeit der Erschließung eines Grundstücks sei jedoch Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit von Straßenausbaubeiträgen. Es komme konkret darauf an, dass die Kläger durch die Erschließungsmöglichkeit zum Rest des Grundstückes auch einen tatsächlichen Mehrwert erhalten hätten. Auch nach objektiven Gesichtspunkten liege wegen der nicht bestehenden Inanspruchnahmemöglichkeit für den südlichen Grundstücksteil kein wirtschaftlicher Vorteil für die Kläger vor. Insoweit könne der südliche Teil des Grundstücks der Kläger bei der Berechnung der Straßenausbaubeiträge nicht mit eingerechnet werden. Auch dadurch ergäbe sich eine Beitragsreduzierung.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung den Straßenausbaubeitrag um 1.100 € ermäßigt und dabei eine um 100 m² größere Außenbereichsfläche von 1.045 m² zugrunde gelegt. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache i.H.v. 1.100 € übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Kläger beantragen darüber hinaus,

den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2020 aufzuheben, soweit der Bescheid nicht ermäßigt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, dass die Grundstücksgröße hinreichend genau ermittelt worden und eine Vermessung nicht in jedem Fall erforderlich sei. Nach der Rechtsprechung werde lediglich eine möglichst genaue Bestimmung der Grundstücksflächen vorausgesetzt, d.h. eine Ermittlung der Außen- und Innenbereichsflächen auf den Meter genau werde nicht gefordert. Eine gewisse Ungenauigkeit bei einer Bestimmung der Grundstücksflächen sei vielmehr hinzunehmen. Für die Ermittlung der Grundstücksgröße habe sie ihre Innenbereichssatzung sowie die Geodaten des Landkreises K. zugrunde gelegt. Die auf der Homepage zur Verfügung gestellten Daten seien vom Katasteramt L. ermittelt worden und würden eine Gesamtgrundstücksgröße von 4.597 m² aufweisen, wobei von einer landwirtschaftlichen Fläche mit 3.652 m² und einer Wohnbaufläche mit 945 m² ausgegangen werde. Im Laufe des Verfahrens für die geplante Festsetzung der Straßenausbaubeiträge habe sich aber herausgestellt, dass in der Datenbank des Landkreises K. die Flächenangaben zur Wohnbaufläche des klägerischen Grundstücks mit der im Außenbereich liegenden Fläche des Grundstücks vertauscht worden seien. Dies ergebe sich auch aus der Innenbereichsatzung. Dort sei ersichtlich, dass die Fläche des klägerischen Grundstücks, die sich im Außenbereich befinde, deutlich kleiner sei als die Grundstücksfläche, die im Innenbereich liege. Im weiteren gerichtlichen Verfahren stellt die Beklagte klar, dass die im vom Katasteramt L. zur Verfügung gestellten Daten die tatsächliche Nutzung aufweisen, aber keine Aussage darüber treffen würden, welcher Teil des Grundstücks im Innen- oder Außenbereich liege. Demnach würden 3.652 m² des klägerischen Grundstücks tatsächlich als Grünland genutzt werden. 945 m² des klägerischen Grundstücks würden als Wohnbaufläche dienen, auf der das klägerische Wohngebäude stehe. Die im streitgegenständlichen Bescheid herangezogenen Werte seien aber nach wie vor korrekt. Da im laufenden Verwaltungsverfahren aufgefallen sei, dass die Daten vom Katasteramt bezüglich der Wohnbaufläche mit der Innenbereichssatzung nicht übereinstimmen würden, seien die Flächen im Innen- und Außenbereich mit Hilfe eines Computerprogrammes neu berechnet worden, was eine Fläche für den Innenbereich laut Innenbereichssatzung von 3.652 m² und für den Außenbereich von 945 m² ergeben habe.

Bezüglich der gerügten Erschließung des südlichen Grundstücksteils sei lediglich entscheidend, dass für die Inanspruchnahme des Grundstücks das vollständige Grundstück der Kläger über die ausgebaute Anlage „F-Straße /A-Straße“ erschlossen werde. Dies sei der Fall, da für eine Erschließung ausreichend sei, dass das Grundstück insgesamt eine Zugangs- oder Zufahrtsmöglichkeit von der ausgebauten Straße aus habe. Auf die tatsächliche Zufahrtsmöglichkeit zu dem restlichen Teil des Grundstücks komme es nicht an. Ein wirtschaftlicher Vorteil liege vor. Für diese Beurteilung komme es darauf an, dass von der Grundstücksfläche die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Einrichtung bestehe, was bei dem klägerischen Grundstück der Fall sei. Unerheblich sei, ob auch die südliche Grundstücksfläche über eine Zuwegung erreichbar bzw. ob es ökologisch sinnvoll oder baurechtlich zulässig sei, eine Zuwegung zu dem südlichen Grundstücksteil zu bauen. Entscheidend bei der Berechnung der Höhe der Straßenausbaubeiträge sei zudem der anzusetzende Nutzungsfaktor, der sich u.a. danach richte, ob ein Grundstück baulich oder gewerblich nutzbar sei. Dies sei bei Grundstücksteilen im Bereich einer Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB entsprechend der Regelung des § 5 Abs. 3 Nr. 3 ABS der Fall, sodass der gesamte im Innenbereich liegende Teil des klägerischen Grundstücks heranzuziehen gewesen sei. Die bauliche Nutzbarkeit dieser Innenbereichsfläche sei zudem im Rahmen einer Abfrage vom Landkreis K. versichert worden.

Das Gericht hat das Grundstück und die streitbefangene Anlage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor Ort in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Ortstermins vom 19. Oktober 2022 sowie die dort gefertigten Lichtbildaufnahmen verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtstreit in der Hauptsache i.H.v. 1.100 € übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (im Folgenden: VwGO) einzustellen.

Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Der Bescheid vom 15. September 2022 der Beklagten im Übrigen ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der von der Beklagten mit diesem Bescheid festgesetzte Straßenausbeitrag begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Straßenausbaubeitrages ist § 6 Abs. 1 Nds. Kommunalabgabengesetz (im Folgenden: NKAG). Danach können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet.

Danach durfte die Beklagte von den Klägern auf Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Weyhe (Straßenausbaubeitragssatzung – ABS) einen Straßenausbaubeitrag von den Klägern an ihrem Grundstück verlangen. Dabei hat sie auch die Regelungen über die Verteilung des umlagefähigen Aufwandes und den damit zusammenhängenden jeweiligen Nutzungsfaktor (§§ 5 bis 7 ABS) korrekt angewendet.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ABS wird der umlagefähige Ausbauaufwand auf die Grundstücke verteilt, von denen aus die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Einrichtung oder eines bestimmten Abschnitts von ihr besteht (berücksichtigungspflichtige Grundstücke). Die Verteilung des umlagefähigen Aufwandes auf die berücksichtigungsfähigen Grundstücke erfolgt nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ABS im Verhältnis der Nutzflächen, die sich für diese Grundstücke aus der Vervielfachung der maßgeblichen Grundstücksfläche mit dem nach den §§ 6 und 7 ABS maßgeblichen Nutzungsfaktor ergeben. § 6 ABS legt dabei den Nutzungsfaktor für baulich oder gewerblich genutzte Grundstücke fest. Als baulich oder gewerblich nutzbar gelten bei berücksichtigungspflichtigen Grundstücken u.a. Flächen, die im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen, und bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, die Flächen im Satzungsbereich (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 ABS). § 7 ABS bestimmt den Nutzungsfaktor für Grundstücke mit sonstiger Nutzung bei Flächen nach § 5 Abs. 4 ABS. Nach § 5 Abs. 4 Nr. 2 ABS ist bei berücksichtigungspflichtigen Grundstücken, die ganz bzw. teilweise im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks bzw. die Fläche des Grundstücks zugrunde zu legen, die von den Regelungen in § 5 Abs. 3 ABS nicht erfasst wird.

Für die danach festzusetzende Höhe des Straßenausbaubeitrages ist für das klägerische Grundstück entscheidend, welche Fläche des Grundstücks im Bereich der Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB der Beklagte und welche im Außenbereich liegt.

Soweit die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid für den Außenbereich eine Fläche von 945 m² und für den Innenbereich von 3.652 m² angenommen hat, konnte dies auch nach Vorlage von Daten und Berechnungen im Klageverfahren zwar nicht überzeugen. Insoweit sind die zunächst herangezogenen Daten vom Katasteramt L. (siehe Bl. 51 der Gerichtsakte) nicht geeignet, die Flächen im Innen- und Außenbereich hinreichend zu bestimmen. Denn diese Daten treffen lediglich Aussagen über die tatsächliche Nutzung („Landwirtschaft – Grünland“ bzw. „Wohnbaufläche“) und nicht über die mit der Innenbereichssatzung festgelegten Flächen des Innen- oder Außenbereichs. Dies räumte die Beklagte im weiteren gerichtlichen Verfahren auch ein. Soweit sie sich im Folgenden auf eine mittels eines Computerprogramms erstellte Berechnung bezog, kann dies ebenfalls nicht überzeugen. Denn maßgeblich ist die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich, welche aus dem Lageplan der Innenbereichssatzung ersichtlich wird. Diese weicht aber von der Grenzziehung auf dem Lageplan, welcher zur Berechnung mittels Computerprogramms erstellt wurde, ab, sodass eine hinreichend genaue Ermittlung der Außen- bzw. Innenbereichsfläche auch danach nicht möglich war.

Allerdings hat die Beklagte durch die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Beitragsermäßigung und die dabei um 100 m² größere zugrunde gelegte Außenbereichsfläche von 1.045 m² hinreichend genau die Außenbereichsfläche bestimmt. Eine (weitere) konkretere bzw. exaktere Bestimmung, wie sie die Kläger auch in der mündlichen Verhandlung weiterhin fordern, ist hingegen nicht notwendig.

Gemeinden sind nicht gehindert, die Größe der erschlossenen Grundstücke selbst zu ermitteln oder mit der Vermessung einen Vermessungsingenieur zu beauftragen (so im Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 – IV C 17.76 –, Rn. 14, juris; für das Straßenausbaubeitragsrecht: VGH München, Beschl. v. 08.03.2001 – 6 ZB 98.1787 –, Rn. 8, juris). Zwar ist eine Gemeinde gehalten, die Größe der erschlossenen Grundstücke möglichst genau zu bestimmen. Stets eine Vermessung zu verlangen, stellt wegen der Möglichkeit der Gemeinde, die Größe selbst oder durch Beauftragung eines Vermessungsingenieurs zu ermitteln, aber eine überzogene Anforderung dar (VGH München, Beschl. v. 08.03.2001 – 6 ZB 98.1787 –, Rn. 8, juris).

Diesen Maßstab zieht die erkennende Kammer nicht nur für die Ermittlung der gesamten Grundstücksgröße, welche hier unstrittig ist, sondern auch für die Bestimmung von Teilflächen im Innen- und Außenbereich heran. Danach ist eine von den Klägern geforderte Vermessung nicht zwingend vorzunehmen. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nunmehr zugrunde gelegte Außenbereichsfläche von 1.045 m² begegnet auch keinen Bedenken. Denn in der Gesamtschau der bisherigen Daten, Berechnungen und Lagepläne ist dieser Wert hinreichend genau bestimmt, sodass eine Rechtsverletzung der Kläger dadurch ausscheidet. Dabei ist einerseits die von der Beklagten zuletzt vorgelegte Berechnung mittels des Computerprogramms und des anhand dessen erstellten Lageplans einzubeziehen. Danach weicht die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich zwar von der Innenbereichssatzung ab, allerdings ist diese Abweichung nicht derart gravierend, dass die danach errechnete Außenbereichsfläche von 945,32 m² in ihrer Größenordnung völlig abseits von der aus der Innenbereichssatzung erkennbaren Außenbereichsfläche liegt. Andererseits legen auch die von den Klägern im Klageverfahren eingereichten Unterlagen eine hinreichende Bestimmtheit der Außenbereichsfläche von 1.045 m² nahe. Insoweit legten sie zunächst eine auf einem Lageplan händisch vorgenommene Vermessung vor (Bl. 24 ff. der Gerichtsakte), wonach zwar auch die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich nicht derjenigen in der Innenbereichssatzung entspricht. Allerdings ermittelten die Kläger dabei auch auf ihrer eigenen Vermessungsgrundlage eine Außenbereichsfläche zwischen 1.036 m² und 1.063 m². Im Folgenden bezogen sich die Kläger auf die Vermessung des Katasteramtes L., welche der Berechnung der Grundsteuer zugrundgelegt wurde. Die dabei errechnete Teilfläche, für die ein niedriger Bodenrichtwert angenommen wurde, beläuft sich auf 997 m². Zwar ist auch aus dem dabei eingereichten Lageplan erkennbar, dass diese Teilfläche nicht in Gänze der Außenbereichsfläche der Innenbereichssatzung entspricht, da die jeweiligen Grenzziehungen abweichen. Allerdings nähert sich diese Fläche der Außenbereichsfläche nach der Innenbereichssatzung bereits hinreichend an. Insoweit sind die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angenommenen 1.045 m² für die Außenbereichsfläche nach der Gesamtschau der von der Beklagten und von den Klägern vorgelegten Berechnungen und Lageplänen derart hinreichend genau, dass sie der Berechnung des Straßenausbaubeitrages zugrunde gelegt werden konnten. Zwar ist die Beklagte gehalten, eine möglichst genaue Größe der hier strittigen Außenbereichsfläche zu bestimmen. Eine exakte, auf den Meter bzw. Quadratmeter genaue Vermessung ist hingegen nicht erforderlich. Jedenfalls geht die erkennende Kammer nach Inaugenscheinnahme des Grundstücks davon aus, dass die Berechnung mit 1.045 m² für die Außenbereichsfläche auf der sicheren Seite liegt.

Ferner hat die Beklagte zu Recht die gesamte Innenbereichsfläche des klägerischen Grundstücks bei der Festsetzung des Straßenausbaubeitrages berücksichtigt. Dass der südlich gelegene Teil des Grundstücks, welcher nicht bebaut ist, keinen wirtschaftlichen Vorteil durch die Erneuerung der Anlage „F-Straße /A-Straße“ erlangt habe, da eine Zuwegung zu einer dortigen potentiellen Bebauung nicht bzw. nicht über die erneuerte Anlage erfolgen könne, erkennt die Kammer nicht.

Beitragspflichtig sind nach § 6 NKAG i.V.m. § 1 Abs. 1 ABS solche Grundstücke, die durch die Erneuerung der Straße einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil haben, wobei es auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme ankommt (siehe auch § 5 Abs. 1 Satz 1 ABS). Maßgeblich für die Frage, ob eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit vorliegt, ist, ob von dem jeweiligen Grundstück aus die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besteht und die Straße (evtl. auch die Verbindung zu ihr) dem Eigentümer die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks ermöglicht (OVG Lüneburg, Urt. v. 26.05.2020 – 9 LC 121/18 –, Rn. 80, juris; von Waldthausen in: Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz, 52. EL 2020, NKAG, § 6 Rn. 118). Letzteres erfordert die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften des § 4 Abs. 1 der Nds. Bauordnung (im Folgenden: NBauO) i.V.m. der Allgemeinen Durchführungsverordnung zur NBauO (im Folgenden: DVO-NBauO) (siehe OVG Lüneburg, Urt. v. 26.05.2020 – 9 LC 121/18 –, Rn. 104, juris; Beschl. v. 13.02.2015 – 9 LA 73/13 –, Rn. 7, juris; von Waldthausen in: Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz, 52. EL 2020, NKAG, § 6 Rn. 120; noch zur Vorgängerregelung des § 5 NBauO a.F.: OVG Lüneburg, Urt. v. 09.04.2015 – 9 LC 248/13 –, Rn. 29 ff., juris).

Das klägerische Grundstück ist bereits deswegen bevorteilt, weil es – wie auch in der mündlichen Verhandlung vor Ort ersichtlich wurde – unmittelbar von der erneuerten Straße „A-Straße“ aus betreten und befahren werden kann, sodass es mit der vorhandenen Wohnbebauung genutzt werden kann.

Soweit die Kläger auf den hinteren der Wohnbebauung sich anschließenden südlichen Grundstücksteil verweisen, liegt dieser im Bereich der Innenbereichssatzung der Beklagten und gilt damit entsprechend der Regelung des § 5 Abs. 3 Nr. 3 ABS als baulich oder gewerblich nutzbar. Bereits aus dieser Zuordnung ergibt sich, dass dieser Teil ebenfalls wirtschaftlich bevorteilt ist, weil er jedenfalls als baulich nutzbar gilt. Soweit die Kläger bestreiten, dass eine Zuwegung zu dem südlichen Grundstücksteil bei einer potentiellen Bebauung nicht möglich sei, trägt dieser Einwand hingegen nicht.

Denn die Anordnung von Gebäuden auf einem Grundstück ist für die Bemessung des Straßenausbaubeitrages nicht von Relevanz, selbst wenn dadurch eine weitere Bebauung auf dem Grundstück ausgeschlossen ist. Dies ist eine entsprechende Entscheidung des Eigentümers und nicht geeignet, eine rechtlich erhebliche Begrenzung des durch eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme vermittelten Vorteils zu bewirken (so am Beispiel einer errichteten Garage mit einem Abstellraum, wenn dadurch die Weiterfahrt oder ein Durchgang zum dahinterliegenden Grundstücksteil ausgeschlossen ist: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Auflage 2018, § 35 Rn. 52 unter Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.1988 – 9 A 21/87 –, n. v.).

Im Übrigen ist eine Bebauung auf dem südlichen Teil des klägerischen Grundstücks möglich, die mit einer Zuwegung erreicht werden kann. Eine Zugänglichkeit i.S.v. § 4 Abs. 1 NBauO i.V.m. der DVO-NBauO liegt dafür vor. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 NBauO müssen bauliche Anlagen auf dem Baugrundstück so angeordnet sein, dass sie u.a. sicher zugänglich sind und für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte die erforderliche Bewegungsfreiheit und Sicherheit gewährleistet ist. Dazu wird nach der Höhe des Gebäudes bzw. der Höher der zum Anleitern bestimmten Stelle unterschieden (siehe § 1 Abs. 1 und Abs. 2 DVO-NBauO und zur alten Rechtslage noch: OVG Lüneburg, Urt. v. 09.04.2015 – 9 LC 248/13 –, Rn. 29 ff., juris). Grundsätzlich muss zu einem Gebäude von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus ein mindestens 1,25 m breiter Zu- oder Durchgang vorhanden sein (§ 1 Abs. 1 DVO-NBauO); für ein Gebäude, dessen Wandöffnungen oder sonstige Stellen, die zum Anleitern bestimmt sind, mehr als 8 m über der Geländeoberfläche liegen, muss hingegen eine Zu- und Durchfahrt bestehen (§ 1 Abs. 2 DVO-NBauO). Nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten in der mündlichen Verhandlung können die Kläger den südlichen Grundstücksteil zumindest mittels eines Zu- oder Durchgangs nach den Vorgaben des § 1 Abs. 1 DVO-NBauO erreichen. Denn von der Straße „A-Straße“ kann das Grundstück betreten und im Folgenden ein zwischen den beiden Hauptgebäuden und dem Hauptgebäude mit der postalischen Anschrift A-Straße 5 und dem Nebengebäude, welche südlich an das Hauptgebäude mit der postalischen Anschrift A-Straße 3 angrenzt, ein fußläufiger Durchgang beschritten werden. Dieser Durchgang weist an der engsten Stelle eine Breite von über 2 m auf. Entgegen den Einwendungen der Kläger kann damit auch der südliche Grundstücksteil selbst ohne Abriss von vorhandenen baulichen Anlagen baulich genutzt werden. Im Übrigen sind die Kläger darauf zu verweisen, dass sie bei Errichtung eines Gebäudes, welches wegen einer anleiterbaren Stelle von über 8 m eine Zu- und Durchfahrt voraussetzt, bauliche Veränderungen und gegebenenfalls einen Abriss eines Nebengebäudes in Kauf nehmen müssten. Zumindest kann sich dies beitragsrechtlich nicht auf die Inanspruchnahmemöglichkeit von der erneuerten Straße „A-Straße“ und den dadurch erlangten wirtschaftlichen Vorteil auswirken.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage auf § 161 Abs. 2 VwGO. Bezüglich letzterem war im Rahmen der Billigkeitsentscheidung maßgeblich heranzuziehen, dass die Beklagte insoweit nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO), sodass die Kläger insgesamt die Kosten des Verfahrens zu tragen haben (siehe zur Anwendbarkeit von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO im Rahmen von § 161 Abs. 2 VwGO etwa: BVerwG, Beschl. v. 24.01.2002 – 7 C 5/01 –, Rn. 1, juris; Urt. v. 01.10.1997 – 11 A 10/96 –, Rn. 76, juris; Clausing in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 42. EL Februar 2022, VwGO, § 161 Rn. 25).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).