Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 20.06.1996, Az.: 10 U 20/95

Anspruch eines Verpächters auf Naturalrestitution wegen unerlaubter Aufgabe der Milcherzeugung; Kurze Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Verpächters wegen Veränderung oder Verschlechterung der verpachteten Sache

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
20.06.1996
Aktenzeichen
10 U 20/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21438
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0620.10U20.95.0A

Fundstelle

  • NJW-RR 1997, 48-49 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Der Verpächter hat gegen den Pächter, der unerlaubt die Milcherzeugung aufgibt, hinsichtlich der verlorenen Milchquote Anspruch auf Naturalrestitution, für den die Verjährungsfr. n. § 591 b Abs. 1 BGB nicht gilt

Gründe

1

Das Vorbringen des Beklagten, ihn treffe an einem möglichen Schaden des Klägers kein Verschulden, weil er von der Landwirtschaftskammer und vom Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft dahin beraten worden sei, dass er die Milchquote ohne Zustimmung des Verpächters gegen Zahlung der Milchaufgabevergütung an das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft übertragen dürfe, greift nicht durch. Richtig ist, dass im Außenverhältnis der Beklagte berechtigt war, ohne Zustimmung des Klägers die Milchproduktion aufzugeben, um auf diese Weise in den Genuss der Milchaufgabevergütung zu gelangen. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass er sich intern gegenüber dem Verpächter bei einem derartigen Verhalten schadensersatzpflichtig machte. Der Beklagte trägt selbst nicht vor, dass er von der Landwirtschaftskammer oder von dritter Seite dahin beraten worden sei, dass er sich bei seinem Vorgehen nicht schadensersatzpflichtig gegenüber dem Verpächter machen würde.

2

Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatzleistung in Geld. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Anwendung von § 249 Satz 2 BGB nicht gegeben, denn im vorliegenden Fall ist der Schadensersatz nicht wegen der Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache begründet. Der Kläger hat aber gleichwohl Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach § 250 BGB, weil der Beklagte die Naturalrestitution, die inzwischen durch die Zulassung des Handels mit Milchquoten möglich ist und auch tatsächlich in regem Umfang stattfindet, nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist bewirkt hat.

3

Der Anspruch des Klägers ist nicht nach § 591 b Abs. 1 BGB verjährt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1.6.1995 - 10 U 22/94 - ausgeführt hat, gilt die sich aus dieser Vorschrift ergebende kurze Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Verpächters wegen Veränderung oder Verschlechterung der verpachteten Sache sowie für die Ansprüche des Pächters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung einer Einrichtung. Aus dieser Aufzählung folgt umgekehrt, dass die kurze Verjährung aus § 591 b Abs. 1 BGB nicht für Schadensersatzansprüche des Verpächters gilt, die sich daraus herleiten, dass die Pachtsache nur teilweise zurückgegeben wird. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch ist mit letzteren Ansprüchen vergleichbar. Wenn die Milchanlieferungsreferenzmenge als ein personenbezogenes betriebsakzessorisches Recht charakterisiert wird (vgl. BGH NJW 1992, 2628), folgt daraus für den Fall der Verpachtung von Stückländereien, dass die anteilig auf die Pachtfläche entfallende Milchquote wie ein mit der Pachtsache verbundenes Recht zu behandeln ist. Durch sein Verhalten hat demnach der Beklagte nicht etwa dazu beigetragen, dass sich die Pachtsache verändert oder verschlechtert, sondern - wirtschaftlich betrachtet - dazu, dass sie dem Verpächter nach Pachtende nicht zur vollständigen Nutzung zur Verfügung stand. Er ist deshalb - was die Verjährung angeht - ebenso zu behandeln wie jemand, der nur einen Teil einer gepachteten Fläche nach Pachtende zurückgibt. Derartige Schadensersatzansprüche fallen aber nicht unter die Verjährung nach § 591 b BGB.