Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.10.2022, Az.: 14 PA 248/22
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.10.2022
- Aktenzeichen
- 14 PA 248/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59649
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 25.04.2022 - AZ: 2 A 223/21
Fundstelle
- FA 2022, 337
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Wird die Erweiterung des Streitgegenstandes erst im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe erklärt, so muss das Verwaltungsgericht zuerst darüber im Prozesskostenhilfeverfahren entscheiden. Gegenstand der Beschwerde ist nur das, was von der Prüfung des Verwaltungsgerichts im Prozesskostenhilfeverfahren umfasst war.
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 2. Kammer - vom 25. April 2022 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens hat keinen Erfolg.
Der Senat hat lediglich darüber zu entscheiden, ob der Klägerin Prozesskostenhilfe für ihre auf Leistung eines höheren Wohngeldes gerichtete Klage zu gewähren ist. Auf die Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren ist zu überprüfen, ob das Verwaltungsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Dementsprechend ist Gegenstand der Beschwerde nur das, was von der Prüfung des Verwaltungsgerichts im Prozesskostenhilfeverfahren umfasst war. Das war aber nur der Anspruch auf eine höhere Wohngeldleistung. Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 3. Juni 2022 - nach Rechtshängigkeit der Beschwerde und im Übrigen ausschließlich gegenüber dem Verwaltungsgericht - erklärten Erweiterung des Streitgegenstandes, den bewilligten Wohngeldbetrag ohne Aufrechnung auszuzahlen, fehlt es an einer erstinstanzlichen Entscheidung, die zur Überprüfung durch den Senat gestellt werden könnte. Insoweit ist die Klägerin gehalten, ihren Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gegenüber dem Verwaltungsgericht geltend zu machen.
Hinsichtlich des Anspruchs auf eine höhere Wohngeldleistung ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht i.S.d. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Recht verneint hat.
Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe zu versagen ist, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschl. v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 -, juris Rn. 26).
Letzteres ist hier der Fall. Die Klage hat keine hinreichende Erfolgschance. Zur Begründung verweist Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 28. März 2022 im zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 55/22) - schlüssig und nachvollziehbar begründet, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung von höheren Wohngeldleistungen für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis 31. Oktober 2021 nicht zusteht, weil das Baukindergeld belastungsmindernd bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt wird.
Der hiergegen von der Klägerin mit der Beschwerde erhobene Einwand, das Baukindergeld dürfe bei der Wohngeldberechnung nicht belastungsmindernd berücksichtigt werden, greift nicht durch. Die Wohngeld-Lastenberechnung des Beklagten für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis 31. Oktober 2021 in den Bescheiden Nr. 1 und 2 vom 22. Oktober 2021 entspricht aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen den Regelungen der §§ 10 und 11 WoGG, insbesondere hat die Belastung, die sich aus § 10 WoGG ergibt, zu dem Anteil außer Betracht zu bleiben, der durch das Baukindergeld als Leistung aus öffentlichen Haushalten zur Senkung der Belastung gedeckt ist (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 WoGG; vgl. Zimmermann, in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkomm. SRB, 2. Aufl. 2018, § 11 WoGG Rn. 5).
Bei dem Baukindergeld handelt es sich um eine staatliche Förderung des Ersterwerbs von selbstgenutztem Wohneigentum für Familien mit Kindern mit dem Ziel der Wohneigentumsbildung. Es dient der Sicherung von Wohnraum und somit der Senkung der Belastung nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 WoGG. Sie ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - vergleichbar mit der bis Ende 2005 geltenden Eigenheimzulage, die ebenfalls zur Erleichterung der Eigentumsbildung im Immobiliensektor für Familien mit Kindern diente und bei der Wohngeldberechnung belastungsmindernd Berücksichtigung fand (vgl. BayVGH, Beschl. v. 24.7.2006 - 9 CE 06.1458 -, Rn. 24).
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe keinen Zugriff auf das Baukindergeld, da sie dieses als Voraussetzung für die Vergabe des Kredits in einen Bausparvertrag einzahle, der wiederum an die finanzierende Bank abgetreten worden sei, und nach Ablauf von zehn Jahren der Restkredit mit dem angesparten Geld im Bausparvertrag getilgt werde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Wie die Klägerin das Baukindergeld für die Finanzierung ihres Eigenheims einsetzt, ist für dessen Berücksichtigung bei der Berechnung der Wohngeldleistungen irrelevant. Andernfalls käme es zu einer Ungleichbehandlung zwischen denjenigen, die - wie die Klägerin - durch Einzahlung des Baukindergeldes in einen Bausparvertrag und Abtretung der Ansprüche hieraus keinen unmittelbaren Zugriff auf das Baukindergeld haben und denjenigen, die auf das Baukindergeld jederzeit zurückgreifen können. Denn Erstere könnten die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Nr. 4 WoGG dann umgehen, was nicht sachgerecht wäre.
Dem weiteren Vorbringen der Klägerin, dass der monatliche Abschlag höher wäre, wenn das Baukindergeld monatlich berücksichtigt würde und das Wohngeld dann in gleicher Höhe hätte berücksichtigt werden müssen, ist bereits nicht zu entnehmen, was sie damit genau geltend machen will. Wenn man dieses Vorbringen so verstünde, dass die monatliche Rate gegenüber der Bank höher wäre, wenn das Baukindergeld monatlich berücksichtigt und nicht in einem Bausparvertrag angespart würde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch in diesem Fall stünde ihr das Baukindergeld zur Verfügung. Ob sie dies monatlich selbst anspart und damit die dann höhere Kreditrate abbezahlt oder eine geringere Tilgungsrate hat, aber dafür das Baukindergeld in einen Bausparvertrag einzahlt, macht keinen Unterschied.
Andere Gründe, die zu einer anderen Lastenberechnung und damit einen höheren Wohngeldanspruch der Klägerin in dem Zeitraum vom 1. November 2020 bis 31. Oktober 2021 führen könnten, sind von der Klägerin mit der Beschwerde nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO nicht erhoben. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).