Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.10.2022, Az.: 13 LA 40/22
Antrag auf Zulassung der Berufung; Ausschluss; dMG; Einbürgerung; ernstliche Zweifel, verneint; IGD; Muslimbruderschaft; verfassungsfeindlich
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.10.2022
- Aktenzeichen
- 13 LA 40/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59662
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 22.09.2021 - AZ: 1 A 1662/18
Rechtsgrundlagen
- Art 2 Abs 1 GG
- § 11 Abs 1 Nr 1 RuStAG
- § 108 Abs 1 VwGO
- § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO
- § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer - vom 22. September 2021 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer - vom 22. September 2021, mit dem dieses seine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband und auf Aufhebung des dies ablehnenden Bescheids des Beklagten vom 30. April 2019 abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.
Der vom Kläger ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) ist ebenso wie der seinem Vorbringen bei wohlwollender Auslegung (vgl. zu dieser Möglichkeit: BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris Rn. 25 m.w.N.) zu entnehmende Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (2.) zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt und liegt im Übrigen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140 - juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543 - juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 8; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 124a Rn. 80 jeweils m.w.N.).
a. Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V. (IGD) und dessen Nachfolger, der Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG), der Muslimbruderschaft zuzurechnen seien, die ihrerseits verfassungsfeindliche Ziele verfolge, und dass er - der Kläger - die Ziele der IGD bzw. der DMG, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richteten, unterstütze und auch selbst verfolge. Der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verlange die Feststellung des begründeten Verdachts einer Unterstützung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteter Bestrebungen. Allgemeine Verdachtsmomente reichten hierfür nicht. Der Verdacht müsse vielmehr auf konkrete Tatsachen gestützt und von hinreichender Intensität sein. Diese für die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten entwickelten Anforderungen gälten auch für den Ausschluss von der Einbürgerung. Darlegungs- und beweispflichtig sei die Einbürgerungsbehörde (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 3 ff.). Diesen Anforderungen genüge die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass er 2015 in den Vorstand des IGD bzw. der DGM berufen worden sei, als solcher Kontaktperson zu etwa zehn unter dem Dach von IGD bzw. DGM gegründeten lokalen Vereinen gewesen sei und er deshalb eine legalistische Strategie verfolge, nicht. Dieser Feststellung stehe schon entgegen, dass nach seinen Kenntnissen 80 bis 85% der Vereinsmitglieder und auch das Vorstandsmitglied D. eingebürgert worden seien, es sich ihm folglich nicht aufdrängen musste, in den Vorstand einer von den Behörden als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation berufen worden zu sein. Das Verwaltungsgericht habe zudem allein aus seiner Beziehung zu IGD bzw. DGM auf die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart geschlossen. Die bloße Zugehörigkeit zu und selbst das Innehaben einer herausgehobenen Position in einer Organisation genüge aber nicht. Vielmehr bedürfe es der individuellen Prüfung der genauen tatsächlichen Umstände, um entscheiden zu können, ob der Einzelne persönliche Verantwortung für die von der verfassungsfeindlichen Organisation begangenen Handlungen trage (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 3 f.).
Diese Einwände setzen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, einer Einbürgerung des Klägers in den deutschen Staatsverband stehe der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG entgegen (Urt. v. 22.9.2021, S. 9 ff.), die Zulassung der Berufung gebietenden ernstlichen Richtigkeitszweifeln nicht aus.
Das Verwaltungsgericht hat § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG in zutreffender Weise und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des Senats ausgelegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.3.2012 - BVerwG 5 C 1.11 -, juris Rn. 15 ff.; Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, juris Rn. 13 ff.; Senatsbeschl. v. 23.2.2022 - 13 LA 226/21 -, juris Rn. 6 jeweils m.w.N.). Danach genügt es, dass konkrete Tatsachen vorliegen, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Annahme begründen, "dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat". Dadurch soll eine Einbürgerung auch dann verhindert werden, wenn verfassungsfeindliche Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (BVerwG, Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302, 304 f. - juris Rn. 15; siehe auch den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, BT-Drs. 14/533, S. 18 f. (zu § 86 AuslG)). Ein Unterstützen liegt bereits in jeder Handlung des Ausländers, die für die Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG objektiv vorteilhaft ist, d.h. sich in irgendeiner Weise positiv auswirkt. Dies muss für den Ausländer erkennbar sein, und er muss zum Vorteil der genannten Bestrebung handeln wollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.3.2012 - BVerwG 5 C 1.11 -, juris Rn. 19; Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302, 305, juris Rn. 16; Senatsbeschl. v. 23.2.2022 - 13 LA 226/21 -, juris Rn. 6). Ob er dabei jedoch eine innerlich bejahende subjektive Haltung gegenüber den verfassungsfeindlichen Bestrebungen eingenommen hat, ist für den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG allein erforderlichen Gefahrenverdacht irrelevant (vgl. Senatsbeschl. v. 14.10.2020 - 13 ME 278/20 -, juris Rn. 4 (zu § 27 Abs. 3a Nr. 1 AufenthG); v. 20.7.2016 - 13 LA 33/15 -, juris Rn. 11).
Entgegen der Auffassung des Klägers (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 4 f.) sieht der Senat keinen Anlass, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urt. v. 9.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 -, juris Rn. 85 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.7.2011 - BVerwG 10 C 26.10 -, BVerwGE 140, 114 ff. - juris Rn. 21 ff.) entwickelten Grundsätze zur Auslegung der flüchtlingsrechtlichen Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 2004/83 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie; ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 12) und des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 AsylG auch für die Auslegung des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG heranzuziehen. Hiergegen spricht schon die unterschiedliche Sach- und Interessenlage einerseits bei der Einbürgerung in einen Staatsverband und andererseits bei der Gewährung von Flüchtlingsschutz. Wird die Einbürgerung versagt, bleiben der tatsächliche Aufenthalt und auch die Legalität des Aufenthalts des Ausländers aufgrund einer staatlichen Gestattungsentscheidung hiervon unberührt. Die Versagung von Flüchtlingsschutz kann hingegen dazu führen, dass die Legalität des Ausländers im Aufnahme-staat entfällt, er diesen verlassen und in sein Heimatland zurückkehren muss, obwohl er dort von asylrelevanten Gefahren bedroht ist. Letzteres gebietet nur eine restriktive Auslegung der flüchtlingsrechtlichen Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Qualifikationsrichtlinie und des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 AsylG, nicht aber des staatsangehörigkeitsrechtlichen Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG.
Den sich danach ergebenden rechtlichen Maßstab hat das Verwaltungsgericht im hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall auch zutreffend angewendet, ohne dass die aufgrund einer wertenden Betrachtung der gesamten Umstände des konkreten Einzelfalls einschließlich vergangener Handlungen oder Erklärungen (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Beschl. v. 20.2.2018 - BVerwG 1 B 3.18 -, juris Rn. 5 m.w.N) gewonnene richterliche Überzeugung nach dem Zulassungsvorbringen des Klägers ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt ist.
(1) Die grundlegende Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Muslimbruderschaft entsprechend ihrer langfristigen Strategie eine Durchdringung der Gesellschaft mit dem Ziel einer perspektivischen Errichtung eines auf der Scharia basierenden gesellschaftlichen und politischen Systems anstrebe und deshalb verfassungsfeindliche Ziele verfolge (Urt. v. 22.9.2021, S. 13 f.), greift der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht an.
(2) Das gegen die weitergehende Feststellung des Verwaltungsgerichts, es bestünden ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass IGD bzw. DMG der Muslimbruderschaft zuzurechnen seien, auf der von jener vertretenen Ideologie gründeten und selbst verfassungsfeindliche Ziele verfolgten (Urt. v. 22.9.2021, S. 14 ff.), gerichtete Zulassungsvorbringen greift nicht durch.
Das Monitum des Klägers, das Verwaltungsgericht habe nur festgestellt, dass tatsächliche Anhaltspunkte auf ideologische und strukturelle Verbindungen zwischen IGD bzw. DMG und der Muslimbruderschaft hindeuteten, ein solches "diffuses Hindeuten" werde aber dem Maßstab des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht gerecht (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 6), geht ersichtlich fehl. Wie bereits dargestellt, ist das Verwaltungsgericht von einem richtigen rechtlichen Maßstab betreffend den Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgegangen. Diesen rechtlichen Maßstab hat es auch richtig angewendet. Es hat aufgrund verschiedener tatsächlicher Anhaltspunkte (Urt. v. 22.9.2021, S. 15 f.: historisch belegte personelle Verbindung zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft; Urt. v. 22.9.2021, S. 16: ideologische und strukturelle Verbindungen zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft; Urt. v. 22.9.2021, S. 16 f.: Aktivitäten und Strukturen von IGD bzw. DMG; Urt. v. 22.9.2021, S. 17 f.: konspiratives Vorgehen von IGD bzw. DMG) eine auch für den Senat nachvollziehbare hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Annahme bejaht, dass IGD bzw. DMG verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Nur in diesem Sinne, der Ableitung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit aus bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkten, ist der Begriff des "Hindeutens" auch vom Verwaltungsgericht verwendet worden (Urt. v. 22.9.2021, S. 16).
Entgegen der Auffassung des Klägers bietet auch die Analyse der Universität Marburg "Minā direkt Islamismus in Bewegung" aus 2014 (Anlage B1 zum Beklagtenschriftsatz v. 21.6.2021) keinen Anlass für eine von den erstinstanzlichen Feststellungen abweichende Bewertung. Der Kläger macht mit seinem Zulassungsvorbringen geltend, nach dieser Analyse bestünden, auch wenn es persönliche und verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Mitgliedern europäischer islamischer Verbände und der Muslimbruderschaft geben sollte, keine Hinweise für einen gemeinsamen institutionellen und hierarchisch organisierten Rahmen. Auch wenn die Mitglieder Sympathien für die Muslimbrüder hegten, trennten die Verbände zwischen Geschehnissen in der Minā-Region und innenpolitischen Beziehungen und diese Geschehnisse hätten keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklungen dieser Verbände im deutschen bzw. europäischen Kontext. IGD bzw. DMG gelte als deutscher Arm der Muslimbruderschaft, institutionell seien IGD bzw. DMG aber nicht in die internationalen Muslimbruderstrukturen integriert. Die Politik von IGD bzw. DMG werde vor dem Hintergrund der Anliegen deutscher und in Deutschland lebender Muslime entwickelt. Außenpolitische Positionen hätten nur zweitrangige Bedeutung und blieben auf der Ebene allgemeiner Solidaritätsbekundungen, ohne im Einzelnen Positionen der Muslimbrüder zu übernehmen (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 8).
Dieses Zulassungsvorbringen zeigt nicht nachvollziehbar auf, dass die vom Verwaltungsgericht herausgearbeiteten tatsächlichen Anhaltspunkte für ideologische und strukturelle Verbindungen zwischen IGD bzw. DMG und der Muslimbruderschaft unrichtig sind oder nicht bestehen.
Die vom Verwaltungsgericht angenommene historisch belegte personelle Verbindung zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft (Urt. v. 22.9.2021, S. 15 f.) wird vom Kläger gar nicht infrage gestellt. Den vom Verwaltungsgericht weiter aufgezeigten ideologischen und strukturellen Verbindungen zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft (Urt. v. 22.9.2021, S. 16), Aktivitäten und Strukturen von IGD bzw. DMG (Urt. v. 22.9.2021, S. 16 f.) und konspirativen Vorgehensweisen von IGD bzw. DMG (Urt. v. 22.9.2021, S. 17 f.) hält der Kläger nur entgegen, es gebe keinen gemeinsamen institutionellen und hierarchisch organisierten Rahmen zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft und IGD bzw. DMG seien in die Muslimbruderschaft nicht integriert. Er zeigt aber nicht nachvollziehbar auf, warum die bestehenden ideologischen und strukturellen Verbindungen zwischen IGD bzw. DMG und Muslimbruderschaft überhaupt eine institutionelle, geschweige denn hierarchische Integration von IGD bzw. DMG in die Muslimbruderschaft erfordern sollten, um annehmen zu können, dass IGD bzw. DMG der Muslimbruderschaft zuzurechnen seien, auf der von jener vertretenen Ideologie gründeten und selbst verfassungsfeindliche Ziele verfolgten. Eine solche institutionelle und hierarchische Integration wird auch von den Verfassungsschutzbehörden nicht angenommen (vgl. BfV, Verfassungsschutzbericht 2020, S. 247: "Die 'Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V.' (DMG), bis zu ihrer Umbenennung im September 2018 'Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V.' (IGD), ist die wichtigste und zentrale Organisation von Anhängern der 'Muslimbruderschaft' (MB) in Deutschland."). Der weitergehende Einwand, die Politik von IGD bzw. DMG werde vor dem Hintergrund der Anliegen deutscher und in Deutschland lebender Muslime entwickelt, außenpolitische Positionen hätten nur zweitrangige Bedeutung und blieben auf der Ebene allgemeiner Solidaritätsbekundungen, ohne im Einzelnen Positionen der Muslimbrüder zu übernehmen, setzt sich nicht mit den hierauf bezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auseinander, IGD bzw. DMG gingen konspirativ vor und teilten die grundlegende verfassungsfeindliche Ideologie der Muslimbruderschaft, auch wenn sie nicht allen Einzelaspekten vollständig übereinstimmende Positionen verträten (Urt. v. 22.9.2021, S. 17 f.).
(3) Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Annahme, der Kläger selbst verfolge und unterstütze die verfassungsfeindlichen Ziele von IGD bzw. DMG (Urt. v. 22.9.2021, S. 18 ff.), ist nach dem Zulassungsvorbringen keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt.
Die Einwände des Klägers, das Verwaltungsgericht habe aus der Erwähnung einer Gruppierung im Verfassungsschutzbericht geschlossen, dass auch jedes einzelne Mitglied der Gruppierung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt habe oder verfolge, und so jedes Mitglied und auch ihn - den Kläger - "zum Objekt einer intransparenten Berichterstattung seitens der Verfassungsschutzbehörden" gemacht (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 9), das Verwaltungsgericht habe allein aus seiner Beziehung zu IGD bzw. DGM auf die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart geschlossen, die bloße Zugehörigkeit zu und selbst das Innehaben einer herausgehobenen Position in einer Organisation genüge hierfür aber nicht, vielmehr bedürfe es der individuellen Prüfung der genauen tatsächlichen Umstände, um entscheiden zu können, ob der Einzelne persönliche Verantwortung für die von der terroristischen Organisation begangenen Handlungen trage, und das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass 80 bis 85% der Vereinsmitglieder und auch das Vorstandsmitglied D. eingebürgert worden seien (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 3 f. und 10), treffen ersichtlich nicht zu.
Das Verwaltungsgericht hat seine Feststellung, tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Annahme, dass der Kläger die verfassungsfeindlichen Ziele von IGD bzw. DMG verfolgt und unterstützt, damit begründet, dass der Kläger als einer der führenden Vertreter von IGD bzw. DMG deren interne Strukturen und deren legalistische Strategie kennt und um die in dem seit 2014 laufenden Einbürgerungsverfahren mehrfach thematisierte Verfassungsfeindlichkeit dieser Organisation weiß, dass der Kläger 2015 in den Vorstand der Organisation berufen worden ist und in dieser Funktion Kontaktperson für etwa zehn lokale, unter dem Dach von IGD bzw. DMG gegründete Vereine war, und dass der Kläger als Mitglied dieser Organisation seit vielen Jahren aktiv ist, bis in das Jahr 2021 diverse ihrer Veranstaltungen mitgestaltet und in ihrem Namen Statements auch politischer Natur abgegeben hat (Urt. v. 22.9.2021, S. 18). Diese nachvollziehbaren und an das individuelle Wissen und Verhalten des Klägers anknüpfenden Feststellungen (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, juris Rn. 15 ff.; Senatsbeschl. v. 14.9.2021 - 13 LA 314/21 -, V.n.b. Umdruck S. 8; v. 20.7.2016 - 13 LA 33/15 -, juris Rn. 10 ff. jeweils m.w.N.) werden auch nicht dadurch durchgreifend in Zweifel gezogen, dass der Kläger sich auch noch in den Jahren 2020 und 2021 offen zu seiner Mitgliedschaft im DMG bekannt hat (so aber die Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 10). Das offene Bekenntnis zur Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation steht ersichtlich nicht der Annahme entgegen, das Mitglied verfolge oder unterstütze die verfassungsfeindlichen Ziele der Organisation. Ob der Kläger dabei eine innerlich bejahende subjektive Haltung gegenüber den verfassungsfeindlichen Bestrebungen von IGD bzw. DMG eingenommen hat, ist für den nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG allein erforderlichen Gefahrenverdacht irrelevant (vgl. Senatsbeschl. v. 20.7.2016 - 13 LA 33/15 -, juris Rn. 11 m.w.N.).
Der vom Kläger behaupteten Einbürgerung anderer aktiver Mitglieder und sogar eines Vorstandsmitglieds von IGD bzw. DMG (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 4) hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht entgegengehalten, dass eine solche Einbürgerung bei den vom Kläger gezeigten vergleichbaren Aktivitäten rechtswidrig ist und der Kläger sich auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht erfolgreich berufen kann (Urt. v. 22.9.2021, S. 19 f.).
b. Der Kläger macht weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe "die politische Funktion der Ämter für Verfassungsschutz verkannt" (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 4 ff.). Zu den nach §§ 86 Abs. 1 Satz 1, 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Beweismitteln bei der amtswegigen Sachaufklärung heranzuziehenden Behördenauskünften zählten regelmäßig nur auf den Einzelnen bezogene Informationen und Hintergründe. Verfassungsschutzberichte würden aber nicht für die Sachverhaltsermittlung im zu entscheidenden konkreten Einzelfall angefordert und erstellt. Sie beantworteten auch keine vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen konkreten Beweisfragen. Bei den Berichten der Ämter des Verfassungsschutzes gebe ein "eher überschießendes Sicherheitsstreben" vielmehr Anlass zu Zweifeln an dem Wahrheitsgehalt. Die Aufklärungs- und Beobachtungstätigkeit der Verfassungsschutzbehörden spiele sich im Geheimen und im Vorfeld einer Gefahr ab, beschränke sich auf Strukturbeobachtung ohne klassische Gefahrenzurechnungskategorie, bewege sich in einem undurchsichtigen Raum hoher Prognosedichte, sei ohne politische Tendenz oder Tätigkeit kaum denkbar und daher mit dem Vorwurf einer eigenen politischen Agenda verknüpft. Den Äußerungen in Verfassungsschutzberichten sei folglich mit Zweifeln und Skepsis zu begegnen. Die Verfassungsschutzbehörden könnten nicht als neutrale sachverständige Behörden angesehen werden; ihre Berichte seien nur als Parteivorbringen zu werten.
Mit diesen Einwänden sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach dem aufgezeigten Maßstab schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
Die weitgehend polemischen Zuschreibungen des Klägers zeigen keinen für den Senat nachvollziehbaren rechtlichen Anknüpfungspunkt dafür auf, dass und warum die Verwertung tatsächlicher Erkenntnisse aus Berichten von Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder in verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Grunde nach ausgeschlossen sein sollte. Dies ist für den Senat auch fernliegend (vgl. zur Heranziehung von Verfassungsschutzberichten in Verfahren um eine Einbürgerung: BVerwG, Beschl. v. 27.1.2009 - BVerwG 5 B 51.08 -, juris; Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302 ff. - juris; Senatsbeschl. v. 20.7.2016 - 13 LA 33/15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.9.2010 - 11 S 597/10 -, juris).
Vielmehr haben die Verwaltungsgerichte im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO den Aussage- und Beweiswert der Berichte von Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder - wie den jedes anderen Beweismittels - zu prüfen und nach dessen innerer Überzeugungskraft zu gewichten (vgl. hierzu Kraft, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 108 Rn. 19 m.w.N.). Dabei haben sie auch andere Möglichkeiten der Sachaufklärung in Betracht zu ziehen und die ihnen zugänglichen Tatsachen sämtlich in ihre Sachwürdigung einbeziehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.9.2011 - BVerwG 1 B 19.11 -, juris Rn. 4).
Diesen Anforderungen genügt die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat seine Überzeugung ersichtlich nicht allein und ungeprüft anhand von Erkenntnissen aus Berichten von Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder gewonnen. Vielmehr hat es - ausgehend vom abgesenkten Beweismaß des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG (siehe hierzu oben I.1.a.) - seine Feststellungen zum Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, dass die Muslimbruderschaft entsprechend ihrer langfristigen Strategie eine Durchdringung der Gesellschaft mit dem Ziel einer perspektivischen Errichtung eines auf der Scharia basierenden gesellschaftlichen und politischen Systems anstrebe und deshalb verfassungsfeindliche Ziele verfolge (Urt. v. 22.9.2021, S. 13 f.), dass IGD bzw. DMG der Muslimbruderschaft zuzurechnen seien, auf der von jener vertretenen Ideologie gründeten und selbst verfassungsfeindliche Ziele verfolgten (Urt. v. 22.9.2021, S. 14 ff.), und dass der Kläger selbst die verfassungsfeindlichen Ziele von IGD bzw. DMG verfolge und unterstütze (Urt. v. 22.9.2021, S. 18 ff.), auch auf die Einlassungen des Klägers und auf zahlreiche andere Erkenntnisquellen gestützt (vgl. insbesondere die Angaben auf S. 14 ff. des Urt. v. 22.9.2021 und in diesem Beschluss unten zu I.2.a.) und so die Erkenntnisse aus den Berichten von Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder verifiziert. Aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers ergibt sich zudem kein für den Senat nachvollziehbarer Anhaltspunkt, welche konkreten aus den Berichten von Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder gewonnenen tatsächlichen Erkenntnisse inhaltlich unrichtig sein sollen.
c. Der Kläger macht schließlich geltend, die Versagung der Einbürgerung unter Berufung auf § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG sei unverhältnismäßig. Der in dieser Bestimmung normierte Ausschlussgrund ziele auf einen Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Diese werde durch seine Einbürgerung aber nicht gefährdet. Das Verwaltungsgericht habe voreingenommen die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände nicht, jedenfalls aber nicht angemessen berücksichtigt. Aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Werdegangs sei er in die hiesigen Lebensverhältnisse "hoch integriert". Er erkenne die deutschen Kultur- und Wertvorstellungen an, habe hier seinen Lebensmittelpunkt, sei im Besitz einer Blauen Karte EU, betreibe als Facharzt für Augenheilkunde erfolgreich eine eigene Praxis, beteilige sich am gesellschaftlichen Leben und zeige "humanitäres Engagement als Mediziner" und "für die Palästinenser in den besetzten Gebieten". Die Grundrechte hätten einen besonderen Stellenwert in seinem Leben, und zwar "nicht nur unter dem Aspekt seiner religiösen Verpflichtung oder seiner Profession, sondern vielmehr als funktionierender Teil der deutschen Gesellschaft". Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder seien bereits eingebürgert (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 5 und 9 ff.).
Auch diese Einwände begründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
Die Versagung der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband wegen Vorliegens des Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG bewirkt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Klägers, hier aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. zur Grundrechtsrelevanz der Versagung einer Einbürgerung: BVerwG, Urt. v. 2.12.2009 - BVerwG 5 C 24.08 -, BVerwGE 135, 302, 306 f. - juris Rn. 19 und 26).
Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit zwar im umfassenden Sinne, allerdings nur in den von dieser Grundrechtsnorm genannten Schranken. Sie steht insbesondere unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung und kann durch diese eingeschränkt werden. Hierzu gehören die vom Normgeber gesetzten Rechtsnormen unter Einschluss ihrer Auslegung durch die Gerichte, soweit die Normen und ihre Interpretation mit dem Grundgesetz in Einklang stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.2022 - 2 BvR 1667/20 -, juris Rn. 31 m.w.N.).
Der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist Teil der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG. Die mit dem Ausschlussgrund verbundene Vorverlagerung des Sicherheitsschutzes (so BVerwG, Urt. v. 20.3.2012 - BVerwG 5 C 1.11 -, BVerwGE 142, 132, 136 - juris Rn. 20) beschränkt die grundgesetzlich gewährte allgemeine Handlungsfreiheit mit dem Ziel, die Einbürgerung von Angehörigen und Unterstützern verfassungsfeindlicher Organisationen zu verhindern, und zwar auch dann, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, BT-Drs. 14/533, S. 18 f. (zu § 86 AuslG); Hailbronner/Hecker, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl. 2017, § 11 Rn. 1). Zur Erreichung dieses legitimen Ziels ist der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG in der durch das Bundesverwaltungsgericht und den Senat vorgenommenen Auslegung, die stets auch eine wertende Betrachtung der gesamten Umstände des konkreten Einzelfalls fordert (siehe im Einzelnen oben I.1.a.), angemessen. Diese Angemessenheit erfordert es - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht, dass die Feststellung des begründeten Verdachts einer Unterstützung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteter Bestrebungen durch besondere Integrationsleistungen kompensiert bzw. beseitigt werden kann. Abgesehen davon, dass der begründete Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen schon prinzipiell der Annahme einer gelungenen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse entgegensteht, kann der erstrebte Sicherheitsschutz allein durch die Berücksichtigung von Integrationsleistungen ersichtlich nicht in gleich geeigneter Weise erreicht werden.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
a. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die auf den Seiten 15 und 16 des Urteilsumdrucks genannten Erkenntnismittel nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt. Er habe zu diesen Erkenntnismitteln keine Stellung nehmen können. Durch diese Vorgehensweise sei sein rechtliches Gehör verletzt (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 7 und 8 f.).
Diese Rüge greift nicht durch.
Entgegen der Darstellung des Klägers sind die auf S. 15 f. des Urteilsumdrucks genannten Erkenntnismittel
- Breuer, Die Muslimbruderschaft in Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, 2019 (= Anlage 5 zum Beklagtenschriftsatz v. 15.6.2021, Blatt 154 ff. und 166R ff. der Gerichtsakte)
- Dihstelhoff/Lübben, Die Internationale Organisation der Muslimbruderschaft und ihr Ableger in Deutschland (Stand: Juni 2014), MENA direkt, Schriftenreihe des Fachgebiets Politik am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Philipps Universität Marburg, Nr. 12, 2016 (= Anlage B1 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Jenkins/Farr, Muslim Brotherhood Review: Main Findings, 2015 (= Anlage B32 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Soage, Shaykh Yusuf al-Qaradawi, Portrait of a Leading Islamic Cleric, Middle East Review of International Affairs 2008, S. 51 ff. (= Anlage B18 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Steinberg, The Muslim Brotherhood in Germany, in: Rubin (Hrsg.), The Muslim Brotherhood, 2010 (= Anlage B3 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Tamman Yusuf Qaradawi and the Muslim Brothers, in: Gräf/Skovgaard-Petersen (Hrsg.), Global Mufti, 2009, S. 55 ff. (= Anlage B15 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Vidino, The New Muslim Brotherhood in the West, 2010, S. 50 ff. (= Anlage B7 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
- Vidino, The Muslim Brotherhood in Austria, Program on Extremism, 2017 (= Anlage B4 zum Beklagtenschriftsatz v. 11.8.2021, Blatt 337 ff. der Gerichtsakte)
ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden. Der Beklagte hat diese Erkenntnismittel mit Schriftsätzen vom 15. Juni 2021 (Blatt 154 ff. der Gerichtsakte) und vom 11. August 2021 (Blatt 337 ff. der Gerichtsakte) dem Verwaltungsgericht übersandt, diese sind zur Gerichtsakte genommen und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 16. Juni 2021 (Blatt 181 der Gerichtsakte) und unter dem 16. August 2021 (Blatt 402 und 405 f. der Gerichtsakte) zur Kenntnis gebracht worden. Die Abhandlung von Ramsauer (Muslimbrüder, 2014) ist veröffentlicht und war Gegenstand der Erörterung zwischen den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (vgl. Blatt 254 ff. der Gerichtsakte). Berichte der Verfassungsschutzbehörden, bspw.
- des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzberichte 2019 und 2020
- des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration, Verfassungsschutzbericht 2018
sind vom Verwaltungsgericht mit Verfügung vom 20. September 2021 (Blatt 493 der Gerichtsakte) in das Verfahren eingeführt worden.
Unabhängig von der danach verfahrensfehlerfreien Einführung der Erkenntnismittel durch das erstinstanzlich entscheidende Verwaltungsgericht hat der Kläger den geltend gemachten Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs aber auch nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Denn eine Verletzung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die angegriffene Entscheidung auf dem Fehlen des rechtlichen Gehörs beruht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen. Der Zulassungsantragsteller muss folglich darlegen, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, mithin weshalb der geltend gemachte Gehörsverstoß entscheidungserheblich gewesen sein soll. Diesen Darlegungsanforderungen ist bei der Rüge nicht ordnungsgemäßer Einführung von Erkenntnismitteln nur genügt, wenn der Zulassungsantragsteller aufzeigt, in welchem Zusammenhang das Verwaltungsgericht das jeweilige Erkenntnismittel herangezogen hat, inwieweit die in dem Erkenntnismittel enthaltenen Tatsachen oder die hieraus von dem Verwaltungsgericht gezogenen Schlüsse unzutreffend sind und was - bei ordnungsgemäßer Einführung - in Bezug auf die in diesem Erkenntnismittel enthaltenen Tatsachen vorgetragen worden wäre. Denn nur auf dieser Grundlage kann im Zulassungsverfahren geprüft und entschieden werden, ob auszuschließen ist, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, für den Zulassungsantragsteller günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.11.2021 - 2 L 54/20.Z -, juris Rn. 12; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 10 LA 35/19 -, juris Rn. 7 jeweils m.w.N.). Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers offensichtlich nicht.
b. Der Kläger rügt weiter, das Verwaltungsgericht habe gegen das "Verbot der selektiven Auswertung vorgelegter Beweismittel" verstoßen, als es auf S. 15 des Urteilsumdrucks einen Satz aus einem Erkenntnismittel betreffend Verbindungen zwischen der Federation of Islamic Organisations in Europe (FIOE) und dem IGD nur unvollständig wiedergegeben habe (Zulassungsbegründung v. 16.2.2022, S. 8 f.).
Auch der mit dieser Rüge geltend gemachte Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung § 108 Abs. 1 VwGO durch aktenwidrige Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlich entscheidenden Verwaltungsgerichts ist nicht hinreichend dargelegt.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört es zur Aufgabe des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung seine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Dabei hat es das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Das Gericht ist frei darin, wie es seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt. Die Einhaltung der dabei bestehenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigen oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die Freiheit des Gerichts ist erst dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.1.1990 - BVerwG 4 C 28.89 -, BVerwGE 84, 271, 272 f. - juris Rn. 24 ff. m.w.N.). Aktenwidrigkeit setzt dabei einen zweifelsfreien, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Widerspruch zwischen einer Feststellung der Vorinstanz und dem Akteninhalt voraus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.9.2014 - BVerwG 8 PKH 2.13 -, juris Rn. 10). Derjenige Verfahrensbeteiligte, der im Verfahren auf Zulassung der Berufung eine Verletzung dieses Maßstabes rügt, ist deshalb nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gehalten, unter Angabe der genauen Aktenstellen nachvollziehbar darzulegen, inwiefern die von ihm angegriffene Tatsachenwürdigung auf einer selektiven Auswertung des vorliegenden Aktenmaterials beruhen soll und dass dies nach der insofern allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Tatsachengerichts für das angegriffene Urteil entscheidungserheblich war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.6.2015 - BVerwG 8 B 67.14 -, juris Rn. 8 (zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) m.w.N.).
Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht hat auf S. 15 f. des Urteilsumdrucks zur Verbindung zwischen FIOE und IGD ausgeführt:
"So ist die DMG organisatorisch und personell mit der 'Federation of Islamic Organisations in Europe' (FIOE) verbunden. Diese Verflechtungen wurden unter anderem Anfang 2020 auf einem Treffen der FIOE sichtbar, bei dem ihre Umbenennung in 'Council of European Muslims' (CEM) beschlossen wurde. Die FIOE wird auf einer der Muslimbruderschaft zugerechneten Internetseite als 'europäischer Flügel' der internationalen Strömung der Muslimbruderschaft bezeichnet (zum Vorstehenden: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2020, S. 247). Auch ein ehemaliger Vorsitzender der IGD soll die IGD als wichtigsten Repräsentanten der Muslimbruderschaft in Deutschland bezeichnet haben (vgl. Dihstelhoff/Lübben, Die Internationale Organisation der Muslimbruderschaft und ihr Ableger in Deutschland (Stand: Juni 2014), MENA direkt, Schriftenreihe des Fachgebiets Politik am Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) der Philipps Universität Marburg, Nr. 12, 2016, S. 9 mit Fn. 22). Einem ehemaligen Vorsitzenden der IGD soll zudem in einem Gutachten des Deutschen Orient-Instituts eine Nähe zur Muslimbruderschaft attestiert worden sein (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 14. September 2005 – 7 UE 2223/04 –, Rn. 92, juris)."
Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt, zu welcher konkreten Aktenstelle diese Ausführungen in Widerspruch stehen sollen, welcher Satz aus welchem Erkenntnismittel nur unvollständig wiedergegeben worden sein soll und wie sich die behauptete unvollständige Wiedergabe des Akteninhalts auf das Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens ausgewirkt haben soll. Dies ist für den Senat auch nicht offensichtlich.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).