Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.01.1994, Az.: 12 L 5644/92
Überholverbot; Fahrtenbuch; Verkehrsverstoß; Strassenverkehr
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 03.01.1994
- Aktenzeichen
- 12 L 5644/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 13917
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1994:0103.12L5644.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade 17.09.1992 - 4 A 48/92
- nachfolgend
- BVerwG - 17.05.1995 - AZ: BVerwG 11 C 12/94
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Stade - 4. Kammer Stade - vom 17. September 1992 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit dem auf die Klägerin zugelassenen Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen STD-UZ-46 wurde nach der Anzeige des Polizeireviers ... am 26. November 1991 auf der Landesstraße 111 in ... das Zeichen 276 (Überholverbot) mißachtet. Die Klägerin erklärte am 7. Dezember 1991, sie sei zur "Tatzeit" nicht selbst gefahren. Gegenüber der Polizeistation Freiburg gab sie am 10. Januar 1992 an, das Fahrzeug sei von einem Angehörigen benutzt worden, den sie nicht bezeichnen werde.
Der Beklagte stellte das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein und ordnete mit Bescheid vom 6. April 1992 an, die Klägerin habe für sechs Monate nach Bestandskraft des Bescheides ein Fahrtenbuch zu führen. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung ... mit Bescheid vom 11. Mai 1992 zurück. Die Klage hat das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. September 1992 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Art des Verkehrsverstoßes rechtfertige die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, die Anordnung sei unzulässig, weil durch den Verkehrsverstoß andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet worden seien.
Sie beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid zu ändern und nach ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Begründung der angefochtenen Bescheide und des Gerichtsbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2, 87 a Abs. 2 VwGO) ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Zu Recht streiten die Beteiligten nur darum, ob die auf § 31 a StVZO gestützte Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, verhältnismäßig ist. Es ist aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt, der Klägerin wegen des Verkehrsverstoßes vom 26. November 1991 aufzuerlegen, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Urt. v. 8. 2. 1993 - 12 L 7588/91 -) rechtfertigt bereits eine einmalige erhebliche Mißachtung von wichtigen Verkehrsvorschriften diese Anordnung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch den Verkehrsverstoß andere Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet worden sind (vgl. dazu auch: BVerwG, Beschl. v. 15. 5. 1985 - BVerwG 7 B 107.85 -). Diese Rechtsprechung, die insbesondere anläßlich Höchstgeschwindigkeitsüberschreitungen entwickelt worden ist, gilt uneingeschränkt auch in den Fällen, in denen ein Überholverbot mißachtet worden ist. Ebenso wie das Mißachten von Lichtzeichenanlagen und das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist das Mißachten von Überholverboten eine besonders häufige Ursache von vielfach außerordentlich folgenschweren Unfällen, wie allgemein bekannt ist. Dieser Umstand läßt die Anordnung, ein Fährtenbuch nach einer Mißachtung eines Überholverbotes zu führen, nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Ebenso wie bei dem Mißachten von Geschwindigkeitsbegrenzungen und Lichtzeichen einer Lichtzeichenanlage rechtfertigt auch bei dem Mißachten eines Überholverbots allein die abstrakte Gefahr, die von diesem Verhalten im Verkehr ausgeht, eine solche Anordnung. Angesichts dieser Überlegung kann dahinstehen, ob den von der Klägerin genannten Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte der Schluß zu entnehmen ist, nach Mißachtung eins Überholverbotes dürfe die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, nur ergehen, wenn nachgewiesen sei, daß der Fahrer des überholenden Fahrzeuges andere Verkehrsteilnehmer gefährdet habe; ebenso bedarf es aus diesem Grunde nicht, wie von der Klägerin angeregt, Beweis zu der Frage zu erheben, ob durch den Überholvorgang andere Verkehrsteilnehmer gefährdet worden sind.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), bestehen nicht.
Atzler