Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.04.2008, Az.: 2 LB 7/07
Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulwegs; Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums oder anderer Willensmängel auf die Prozesshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren; Unwiderruflichkeit einer prozessualen Einverständniserklärung nach § 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); Voraussetzungen einer Ausnahme von der grundsätzlichen Unwiderrufbarkeit der Prozesserklärung; Auslegung von Anträgen und von bei einer Behörde einzulegender Rechtsbehelfe nach den für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätzen; Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für die Schülerbeförderung; Schülerbeförderung als zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte gehörend
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2008
- Aktenzeichen
- 2 LB 7/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 15746
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2008:0404.2LB7.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 21.02.2006 - AZ: 1 A 514/05
Rechtsgrundlagen
- § 114 NSchulG
- § 133 BGB
- § 157 BGB
- § 87a Abs. 2 VwGO
- § 87a Abs. 3 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Zur besonderen Gefährlichkeit des Schulweges
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums oder anderer Willensmängel sind auf die Prozesshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar.
- 2.
Die Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO ist eine Prozesshandlung, die in ihrer prozessualen Bedeutung der Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO ähnlich ist.
- 3.
Ob eine Norm nach ihrem Entscheidungsprogramm auch den Interessen derjenigen zu dienen bestimmt ist, die auf der Grundlage dieser Bestimmung den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen begehren oder sich hiergegen wenden, hängt davon ab, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen einer Norm ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.
- 4.
Bei der Auslegung von Anträgen und von bei einer Behörde einzulegenden Rechtsbehelfen sind ebenso wie bei der Auslegung von Prozesshandlungen die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden.
- 5.
Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist nach anerkannter Auslegungsregel zugunsten des rechtsunkundigen Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen.
- 6.
Der Begriff der besonderen Gefährlichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung vollständiger gerichtlicher Nachprüfung unterliegt.
Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen ganz besonderer Voraussetzungen ist es (...) zu rechtfertigen, der Verwaltungsbehörde bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs einen eigenen, gerichtlicher Kontrolle nicht mehr zugänglichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. - 7.
Maßgebend für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulwegs sind nicht die - unter Umständen noch so verständlichen - subjektiven Befürchtungen und Sorgen von Eltern und Schülern, sondern die "objektiven Gegebenheiten".
- 8.
Das Gesetz setzt insoweit eine gesteigerte Gefahrenlage voraus, um einen Schulweg als besonders gefährlich einstufen zu können (vgl. Rheinland-Pfälzisches OVG, Beschluss vom 5. August 2004, - 2 A 11235/04 -, NVwZ-RR 2005, 41). Diese kann beispielsweise aus dem Fehlen von Gehwegen oder der Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung folgen. Auch die auf einer Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit, Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie die Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße sind insoweit von Bedeutung.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums oder anderer Willensmängel sind auf die Prozesshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar.
- 2.
Die Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO ist eine Prozesshandlung, die in ihrer prozessualen Bedeutung der Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO ähnlich ist.
- 3.
Ob eine Norm nach ihrem Entscheidungsprogramm auch den Interessen derjenigen zu dienen bestimmt ist, die auf der Grundlage dieser Bestimmung den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen begehren oder sich hiergegen wenden, hängt davon ab, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen einer Norm ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.
- 4.
Bei der Auslegung von Anträgen und von bei einer Behörde einzulegenden Rechtsbehelfen sind ebenso wie bei der Auslegung von Prozesshandlungen die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden.
- 5.
Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist nach anerkannter Auslegungsregel zugunsten des rechtsunkundigen Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen.
- 6.
Der Begriff der besonderen Gefährlichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung vollständiger gerichtlicher Nachprüfung unterliegt.
Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen ganz besonderer Voraussetzungen ist es (...) zu rechtfertigen, der Verwaltungsbehörde bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs einen eigenen, gerichtlicher Kontrolle nicht mehr zugänglichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. - 7.
Maßgebend für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulwegs sind nicht die - unter Umständen noch so verständlichen - subjektiven Befürchtungen und Sorgen von Eltern und Schülern, sondern die "objektiven Gegebenheiten".
- 8.
Das Gesetz setzt insoweit eine gesteigerte Gefahrenlage voraus, um einen Schulweg als besonders gefährlich einstufen zu können (vgl. Rheinland-Pfälzisches OVG, Beschluss vom 5. August 2004, - 2 A 11235/04 -, NVwZ-RR 2005, 41). Diese kann beispielsweise aus dem Fehlen von Gehwegen oder der Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung folgen. Auch die auf einer Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit, Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie die Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße sind insoweit von Bedeutung.
Gründe
I.
Der Beklagte wendet sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem er verpflichtet wurde, Schülerbeförderungskosten zu erstatten.
Der Kläger ist allein Sorgeberechtigter und Vater des am 21. Februar 1992 geborenen Schülers B.. Dieser besuchte im hier streitigen Schuljahr 2005/2006 die 7. Klasse der C. der Gemeinde D..
Durch Schreiben vom 21. September 2005 wandte sich der Kläger an den Beklagten mit folgendem Schreiben:
"Ab dem 13. September 2005 ist die Schülerbeförderung der E. Kinder ab Klasse 5 mit dem Schulbus eingestellt. Dieses ist nach der Satzung der Schülerbeförderung im LK Emsland unter Berücksichtigung des § 3 Ausnahmefälle jedoch nicht rechtens.
Begründung:
Nach der Berechnung des Schulweges § 4 liegt F. innerhalb der zumutbaren Entfernung zur Schule. Der Schulweg selber ist aber völlig ungeeignet um ein sicheres Zurücklegen der Wegstrecke zu gewährleisten.
Es handelt sich um eine sehr kurvenreiche, schmale und unübersichtliche Straße ohne Ausweichmöglichkeit, außerhalb geschlossener Ortschaft rechts und links von Bäumen und Sträuchern bewachsen. Außerdem ist weder ein Fahrradweg noch eine Beleuchtung vorhanden.
Im Winter bei Schnee und Eisglätte ist diese Straße schon fast mit dem Auto nicht zu befahren, wie sollen die Kinder den Weg dann mit dem Fahrrad zurücklegen?
Es steht der Herbst vor der Tür, die Straßen sind glatt und rutschig und die Schüler müssen in kurzer Zeit schon im Dunkeln diesen Weg zurücklegen, daher bitte ich um sofortige Aufhebung dieses Beschlusses, der von der Gemeinde veranlasst wurde. Ist es erst einmal passiert, dass ein Kind vom Auto angefahren wird oder stürzt und sich verletzt, kann es schon zu spät sein."
Dieses Schreiben wurde neben dem Kläger von weiteren Anwohnern des Ortsteiles F. unterzeichnet.
Der Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme seines Straßenverkehrsamtes ein und bestätigte unter dem 26. September 2005 unter der Überschrift "Schülerbeförderung; Antrag auf Anerkennung eines gefährlichen Schulweges für Ihr Kind/Ihre Kinder" den Eingang des "oben genannten Antrages vom 21. September 2005".
Der Fachbereich Straßenverkehr des Beklagten stellte unter dem 4. Oktober 2005 fest, dass es den Kindern durchaus zuzumuten sei, den Schulweg über die gering frequentierte E. Straße zu Fuß oder mit Fahrrädern, allein oder auch in kleinen Gruppen zurückzulegen. Hierbei werde als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Schulweg ausreichend geübt werde, die Kleidung der Kinder der Jahreszeit und den Wetterverhältnissen angepasst sei und dass die Fahrräder technisch in Ordnung seien. Beim Herannahen eines Kraftfahrzeuges könnten die Kinder auch für wenige Momente in den Seitenraum treten, so dass der Schulweg im Ergebnis nicht als besonders gefährlich eingestuft werde.
Durch Bescheid vom 9. November 2005 lehnte der Beklagte den Antrag vom 21. September 2005 auf kostenlose Schülerbeförderung für das Kind aufgrund eines gefährlichen Schulweges ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach der eingeholten Stellungnahme des Fachbereichs Straßenverkehr der Schulweg keine besondere Gefährlichkeit aufweise. Ein Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung bestehe daher nicht.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 7. Dezember 2005 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Straßenverhältnisse des Schulweges durch zahlreiche Kurven unübersichtlich seien.
Das Verwaltungsgericht hat über die Örtlichkeit Beweis erhoben durch Einnahme des richterlichen Augenscheins. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 21. Februar 2006 verwiesen.
Ausweislich der Niederschrift erbat der Vertreter des Beklagten im Termin zur Beweisaufnahme eine Schriftsatznachlassfrist von zwei Wochen.
Durch E-Mail vom 23. März 2006 holte der Einzelrichter eine Auskunft der zuständigen Verkehrsbetriebe über die Kosten einer Schülermonatskarte für die Fahrt zwischen D. Ortsteil F. und dem Busbahnhof an der G. ein. Durch E-Mail vom gleichen Tage teilten die Verkehrsbetriebe dem Gericht mit, dass eine Schülermonatskarte 28,- EUR koste.
Durch am 24. März 2006 ausgefertigtes, ohne mündliche Verhandlung ergangenes Urteil vom 21. Februar 2006 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 9. November 2005 dem Kläger die Kosten der Schülerbeförderung für seinen Sohn B. zu erstatten. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich der geltend gemachte Erstattungsanspruch aus § 114 Abs. 1 NSchulG in Verbindung mit § 1 der Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Emsland vom 23. April 1999 in der Fassung der Änderungssatzung vom 25. Juni 2001 ergebe. Danach bestehe für die im Kreisgebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler ein Anspruch auf Beförderung zur nächsten Schule bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg, wenn dieser für Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I mehr als 3,85 km betrage; dieser Anspruch stehe als Erstattungsanspruch in gleicher Weise den Erziehungsberechtigten zu. Die Klage sei deshalb nicht etwa deswegen unbegründet, weil der Kläger den Erstattungsanspruch anstelle des Naturalanspruches auf Beförderung für seinen Sohn geltend mache. Nach § 3 der Satzung der Beklagten könne in besonders begründeten Ausnahmefällen auch bei Unterschreitung der in § 1 genannten Mindestentfernung die Schülerbeförderung bzw. Erstattung der notwendigen Aufwendungen übernommen werden, wenn der Schulweg zu Fuß nach den objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich oder aus sonstigen Gründen ungeeignet sei. Hierbei lösten die im Straßenverkehr üblicherweise auftretende Gefahr diesen Ausnahmetatbestand nicht aus. Nach dem Ergebnis der von dem Gericht durchgeführten Beweisaufnahme sei der von dem Sohn des Klägers zurückzulegende Schulweg im Sinne dieser Regelung als gefährlich anzusehen. Denn er verlaufe auf einer Strecke von deutlich mehr als einem Kilometer auf der Fahrbahn einer Straße, die ca. auf einer Breite von 3,8 m ohne Mittelstreifen ausgebaut sei, die überwiegend keinen Fuß- und/oder Radweg habe und die keine Geschwindigkeitsbegrenzung aufweise. Unter Berücksichtigung des vorhandenen schnell fahrenden Verkehrs sei von einer besonderen Gefährlichkeit des Schulweges auszugehen. Denn die Straße sei nach den Feststellungen des Gerichts schmal ausgebaut, habe auf einer Strecke von ca. 1,6 km kein Fuß- oder Radweg und sei in diesem Bereich auch nicht beleuchtet und lasse den Kindern nicht die Möglichkeit, bei Übergriffen die Hilfe von Anwohnern zu erreichen. Zudem sei das Gelände durch Kurvenführung und seitlichen Bewuchs unübersichtlich. Es stelle sich damit insgesamt eine Situation dar, in der Schülerinnen und Schüler - wie auch der Sohn des Klägers - aufgrund ihrer altersbedingten körperlichen Unterlegenheit auch Übergriffen von Gewalttätern in besonderer Weise ausgesetzt sein könnten, ohne sich hinreichend zur Wehr setzen zu vermögen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die durch Beschluss des 13. Senats des erkennenden Gerichts vom 7. Juli 2006 - 13 LA 137/06 - zugelassene Berufung. In seinem Zulassungsbeschluss führt der 13. Senat aus, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils insoweit bestünden, als möglicherweise mit dem Urteil auf einen (Erstattungs-)Antrag des Klägers erkannt worden sei, den dieser gar nicht gestellt habe; möglich sei auch, dass der Kläger sich nur gegen die Einstellung der Schülerbeförderung als solche gewandt habe.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend: Der Kläger sei nicht klagebefugt. Aus sämtlichen von dem Kläger gefertigten Schreiben gehe hervor, dass er sich offensichtlich als Wortführer einer Gruppe von Bürgern aus dem Ortsteil F. der Gemeinde D. betrachte und meine, verwaltungsrechtlich feststellen lassen zu können, dass der Schulweg von dem Ortsteil F. nach D. und in entgegen gesetzter Richtung ein besonders gefährlicher Schulweg im Sinne der Schülerbeförderungssatzung des Berufungskläger sei. Damit habe der Kläger eine Verletzung seiner eigenen Rechte nicht dargelegt. Vielmehr habe er eine sog. Popularklage erhoben, die das Verwaltungsgericht wegen nicht vorhandener Klagebefugnis hätte als unbegründet abweisen müssen. Selbst wenn der Kläger einen konkreten Klageantrag gestellt haben sollte, hätte das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abweisen müssen. Denn ausweislich der im erstinstanzlichen Verfahren zu den Gerichtsakten gereichten Verkehrszählung sei nur eine geringe Fahrzeugfrequenz mit geringen Geschwindigkeiten auf dem in Rede stehenden Weg festzustellen. Es fehle an jeglichem Durchgangsverkehr. Lediglich auf einem Teilbereich von ca. 1,2 km habe die fragliche Gemeindestraße keinen Geh- und Radweg. Dies gelte aber für viele asphaltierte und befestigte Wirtschaftswege in einem Flächenlandkreis. Hieraus könne auf eine besondere Gefährlichkeit des Schulweges nicht geschlossen werden. Das Verwaltungsgericht habe die Kriterien, die das Vorliegen eines besonders gefährlichen Schulweges begründen sollten, überzogen. Soweit das Verwaltungsgericht die besondere Gefährlichkeit des Schulweges mit lockerem seitlichem Bewuchs an der Gemeindestraße begründet habe, gehe dies fehl. Wenn die von dem Verwaltungsgericht angenommenen Kriterien ausreichen würden, um von einem besonders gefährlichen Schulweg zu sprechen, würde das für einen Flächenlandkreis wie den des Beklagten praktisch bedeuten, dass fast überall die Ausnahmetatbestände des § 3 der Schülerbeförderungssatzung greifen müssten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei ferner unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs zustande gekommen. Der Terminsvertreter des Beklagten habe "in jahrzehntelanger Berufserfahrung ein gewisses Gespür für zu erwartende gerichtliche Entscheidungen entwickeln können und er habe am Ende der in der Dunkelheit geführten Beweisaufnahme den Eindruck gehabt, dass der Richter seine Entscheidung bereits getroffen hatte."
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück, 1. Kammer, - 1 A 514/05 - vom 21. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sei klagebefugt. Denn der in der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten geregelte Erstattungsanspruch stehe dem Erziehungsberechtigten in gleicher Weise zu. Soweit der Beklagte geltend mache, dass der Kläger keinen ausdrücklichen Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten gestellt habe, ergebe sich dieser Antrag in Anwendung des § 88 VwGO aus seinem Vortrag. Zu keinem Zeitpunkt habe er ein Feststellungsbegehren gerichtet auf Feststellung der Gefährlichkeit des Schulweges erhoben. Vielmehr sei es ihm tatsächlich und offensichtlich um die Erstattung der Fahrtkosten gegangen.
Über die Tatsachen, die eine besondere Gefährlichkeit oder Ungeeignetheit des Schulweges des Sohnes des Klägers begründen können, hat der Senat Beweis erhoben durch Einnahme des richterlichen Augenscheins. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 17. September 2007 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich zu Protokoll des Termins zur Beweisaufnahme mit einer Entscheidung des Berichterstatters gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO einverstanden erklärt sowie auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Durch Schriftsatz vom 20. September 2007 hat der Beklagte zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund des Termins zur Augenscheinseinnahme vom 11. September 2007 Stellung genommen und ausgeführt, dass es sich bei der Schulwegstrecke ohne kombinierten Geh- und Radweg bis zum Ortsteil H. unter keinem Gesichtspunkt um einen besonders gefährlichen Schulweg im Sinne der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten handele. Bei dem ca. 100 Minuten dauernden Fußmarsch in der Zeit zwischen 7.30 Uhr und 9.10 Uhr seien allenfalls 16 Fahrzeugbewegungen zu verzeichnen gewesen. Bei einer derartig geringen Fahrzeugfrequenz sei es unerheblich, ob es an den Seiten des Schulweges an Bebauung fehle, so dass Schüler bei Unfällen keine Hilfe holen könnten. Bei dem Beklagten handele es sich um einen Flächenlandkreis. Würde man auf das Vorhandensein von Bebauung abstellen, so sei eine Vielzahl von Schulwegen in seinem Gebiet als besonders gefährlich einzustufen.
Der Kläger habe für das streitige Schuljahr 2005/2006 keine Fahrkarte zur Erstattung der Kosten vorgelegt und auch keine Aufwendungen geltend gemacht, die ihm durch die gefahrenen Kilometer zum Schulzentrum D. entstanden sein sollten. Insoweit enthalte § 6 der Schülerbeförderungssatzung in der Fassung vom 25. Juni 2001 eine Ausschlussfrist. Dieses Verhalten bzw. Unterlassen des Klägers bestätige im Übrigen, dass es sich bei diesem Verfahren um eine unzulässige Popularklage handele.
Soweit der Vertreter des Beklagten vor dem Beginn der Beweisaufnahme einer Entscheidung nach § 87a Abs. 2 und 3 VwGO zugestimmt habe, werde diese Einverständniserklärung widerrufen. Der Widerruf werde darauf gestützt, dass bei dem Beweisaufnahmetermin des Senats wie bereits bei der von dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht in dem erforderlichen Ausmaß zwischen einem gefährlichen Schulweg und einem besonders gefährlichen Schulweg im Sinne der Schülerbeförderungssatzung unterschieden worden sei. Eine Entscheidung des gesamten Senats solle eine eng an den Fakten orientierte gerichtliche Entscheidung sicherstellen.
II.
1.
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter. Mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter haben sich die Beteiligten einverstanden erklärt. Der erfolgte Widerruf der Einverständniserklärung des Beklagten geht ins Leere (a]). Eine Entscheidung durch den Berichterstatter ist vorliegend sachgerecht (b]).
a)
Soweit der Beklagte sein Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter durch Schriftsatz vom 20. September 2007 zu widerrufen versucht, geht dieser Widerruf ins Leere.
(aa)
Eine etwaige Anfechtung scheidet aus, weil die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums oder anderer Willensmängel auf die Prozesshandlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar sind (vgl. unter anderem BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1996, - BVerwG 8 C 33.95 -, Buchholz 310 § 126 VwGO Nr. 3; Urteil vom 21. März 1979, - BVerwG 6 C 10.78 -, BVerwGE 57, 342 [346] mit weiteren Nachweisen).
(bb)
Prozesserklärungen sind grundgrundsätzlich auch unwiderruflich.
Die Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO ist eine Prozesshandlung, die in ihrer prozessualen Bedeutung der Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO ähnlich ist. Die letztere Einverständniserklärung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Interesse der Rechtsicherheit grundsätzlich unwiderruflich (BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 1995, - BVerwG 9 B 199.95 -, Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 21 mit weiteren Nachweisen). Denn gegen eine freie, von der Änderung der Prozesslage unabhängige Widerruflichkeit spricht entscheidend, dass die Parteien im Interesse eines zügigen und konzentrierten Verfahrens an bestimmenden Prozesshandlungen dieser Art grundsätzlich festgehalten werden müssen. Für die Einverständniserklärung nach § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO kann nichts anderes gelten (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1996, - BVerwG 11 B 73.96 -, DVBl. 1997, 658). Diese Auffassung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988, - IVb ZR 10/88 -, BGHZ 105, 270 [273 ff.]) zu der dem § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO entsprechenden Vorschrift des § 524 Abs. 4 ZPO. Ob der Widerruf der Einverständniserklärung ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn sich die Prozesslage nach Abgabe der Erklärung wesentlich geändert hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988, - IVb ZR 10/88 -, BGHZ 105, 270 [274 f.]) bedarf hier keiner Erörterung, weil ein solcher Fall nicht vorliegt.
Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit der Prozesserklärung kommt allenfalls in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 153 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 578 ff. ZPO) gegeben ist (BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1978, - BVerwG VII B 82.70 -, Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 3 S. 2 [3] mit weiteren Nachweisen). Jedoch lässt der Vortrag des Beklagten hierfür keinerlei Anhaltspunkte erkennen.
Hiervon ausgehend ist der erfolgte Widerruf unbeachtlich.
b)
Der Berichterstatter macht von dem ihm durch § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, anstelle des Kollegiums zu entscheiden. Sinn und Zweck des § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO ist es, das Kollegium von Streitfällen zu entlasten, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweisen und die auch keine grundsätzliche Bedeutung haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Sachverhalt ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme abschließend geklärt; eine grundsätzliche Klärung von Rechtsfragen ist durch die Streitsache unter keinem Gesichtspunkt zu erwarten. Soweit der Kläger geltend macht, die grundsätzliche Bedeutung folge bereits aus der großen Anzahl gleichartiger Parallelfälle in seinem Kreisgebiet, ist ihm entgegenzuhalten, dass (allein) hieraus eine grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht abgeleitet werden kann (vgl. zum Zulassungsrecht: Senat, Beschluss vom 12. Juli 2007, - 2 LA 213/06 -, NJW 2007, 3657 [3659]; Beschluss vom 07. Februar 2008, - 2 LA 418/07-, [...]). Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage der Gefährlichkeit eines Schulweges ist überdies von den Gegebenheiten des Einzelfalles abhängig und daher einer fallübergreifenden Klärung im Sinne einer grundsätzlichen Bedeutung ohnehin nicht zugänglich.
2.
Der Senat macht ferner von der Ermessensvorschrift des § 101 Abs. 2 VwGO Gebrauch und entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob es trotz wirksamen Verzichts ohne mündliche Verhandlung entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006, - BVerwG 7 B 90.05 -, www.bverwge.de). Das Gericht hat in diesem Zusammenhang dafür einzustehen, dass trotz der unterbleibenden mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Beteiligten nicht verletzt wird (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2003, BVerwG 6 B 32.03 -, NVwZ RR 2004, 77). Danach kann etwa die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erforderlich sein, wenn ein Beteiligter geltend macht, eine wesentliche Änderung der Prozesslage erfordere unter dem Gesichtspunkt seines rechtlichen Gehörs deren Durchführung (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006, - BVerwG 7 B 90.05 -, www.bverwge.de).
An einer solchen Änderung der Prozesslage fehlt es vorliegend; eine solche macht der Beklagte auch nicht geltend. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist im Übrigen von einem Erkenntniszuwachs durch eine mündliche Verhandlung nicht mehr auszugehen. Die Entscheidung konnte daher ohne eine solche ergehen.
III.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 21. Februar 2006 ist nicht zu beanstanden.
1.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO.
Ob eine Norm nach ihrem Entscheidungsprogramm auch den Interessen derjenigen zu dienen bestimmt ist, die auf der Grundlage dieser Bestimmung den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen begehren oder sich hiergegen wenden, hängt davon ab, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen einer Norm ein einschlägiger Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993, - BVerwG 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 [158]). Aus dem im Wege der Auslegung zu ermittelnden Schutzzweck der Bestimmung muss sich ergeben, dass sie unmittelbar (auch) den rechtlichen Interessen dieses Personenkreises zu dienen bestimmt ist und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, seine Rechte berührt (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002, - BVerwG 6 C 8/01 -, BVerwGE 117, 93 [BVerwG 10.10.2002 - 6 C 8/01]-117). Normadressat des § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchulG (in der Fassung vom 03. März 1998, Nds. GVBl. 1998, 137) ist nach seinem Wortlaut der Schüler, dem ein Beförderungsanspruch gewährt wird, bzw. auch der Erziehungsberechtigte, der Inhaber des korrespondierenden Erstattungsanspruchs ist. Für die "Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Emsland" (vom 23. April 1999, in der Fassung der Satzung vom 25. Juni 2001) gilt nichts anderes. Diese gestaltet die Ansprüche näher aus, übernimmt jedoch den Kreis der Anspruchsberechtigten und vermittelt damit dem Kläger ebenfalls die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO.
2.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage auch in der Sache stattgegeben.
a)
Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt es nicht an einem wirksamen Antrag des Klägers. Einen solchen hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 21. September 2005 hinreichend konkret gestellt.
Bei der Auslegung von Anträgen und von bei einer Behörde einzulegenden Rechtsbehelfen sind ebenso wie bei der Auslegung von Prozesshandlungen die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003, - BVerwG 8 C 6.02 -, Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 56). Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften. Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es kommt nicht auf den inneren Willen der erklärenden Partei, sondern darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2001, - BVerwG 8 C 17.01 -, BVerwGE 115, 302-312 [307]). Daher tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Entscheidend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 1990, - BVerwG 8 C 70.88 -, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9, und vom 12. Dezember 2001, - BVerwG 8 C 17.01 -, BVerwGE 115, 302 mit weiteren Nachweisen).
Maßgeblich für den Inhalt eines Antrages oder Rechtsbehelfs ist daher, wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat (BVerwG, Urteil vom 15. November 2000, - BVerwG 8 C 28.99 -, Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 40). Die Auslegung muss sich insoweit auf den Schriftsatz in seiner Gesamtheit und das mit ihm erkennbar verfolgte Rechtsschutzziel beziehen (BVerwG, Beschluss vom 03. Dezember 1998, - BVerwG 1 B 110.98 -, Buchholz 310 § 124 a VwGO Nr. 6). Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist nach anerkannter Auslegungsregel zugunsten des rechtsunkundigen Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen (BVerwG, Urteil vom 27. April 1990, - BVerwG 8 C 70.88 -, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9).
Von diesen Maßstäben ausgehend hat der Kläger sich mit seinem Schreiben vom 21. September 2005 zwar generell gegen die Einstellung der Schülerbeförderung gewandt, aber ebenso auch explizit das Vorliegen eines Ausnahmefalles und damit das Bestehen eines individuellen Anspruchs in seiner Person geltend gemacht. Dies ergibt sich auch aus der von dem Kläger gegebenen Begründung, die eben auf die konkreten Gefahren des Schulweges und dessen "völlige Ungeeignetheit" abstellt und die Frage stellt, "wie sollen die Kinder den Weg dann mit dem Fahrrad zurücklegen ?". Dementsprechend hat der Beklagte auch - zutreffend - das Schreiben vom 21. September 2005 mit dem Briefkopf des Klägers als Antrag (mehrerer Personen) gewertet, ein entsprechendes, auf die Bescheidung dieser Anträge gerichtetes Verwaltungsverfahren eingeleitet, in diesem Auskünfte eingeholt und den von ihm zutreffend als solchen erkannten Antrag sodann förmlich und mit einer der Bestandskraft fähigen Regelung für den Kläger abschlägig beschieden sowie über den in der Sache in Betracht kommenden Rechtsbehelf belehrt. Bezüglich anderer Antragsteller hat der Beklagte den Anspruch zuerkannt (vgl. Blatt 7 der Verwaltungsvorgänge, wo die Entfernungen der einzelnen Antragsteller zur Schule ihrer Kinder berechnet und entsprechende Ansprüche festgestellt wurden). Durchgehend hat der Beklagte die Eingaben in seinen Verwaltungsvorgängen als Anträge gewertet und behandelt, etwa wenn es in einer e-mail vom 23. September 2005 (Blatt 9 der Verwaltungsvorgänge) heißt: "Zwölf Bürgerinnen und Bürger aus dem Bereich F. haben den beigefügten Antrag gemeinsam gestellt." oder wenn der Beklagte unter dem 26. September an den Kläger geschrieben hat: "Hiermit bestätige ich den Eingang ihres o.g. Antrages vom 21.09.2005" und der Beklagte hier darauf hinweist, dass "die abschließende Entscheidung Ihres Antrages noch einige Zeit in Anspruch nehmen" wird (Blatt 10 der Verwaltungsvorgänge). Eine Antragstellung - gerichtet auf die Erteilung einer Sammelkarte für den Linienbusverkehr zwischen der elterlichen Wohnung und der Schule für das laufende Schuljahr - entspricht auch allein dem Rechtsschutzziel des rechtsunkundigen und nicht durch einen Juristen vertretenen Klägers, die bisherige, ihm günstige Handhabung durch den Beklagten weiter fort gelten zu lassen. Nach alledem liegt ein Antrag vor.
b)
Entgegen der Ansicht des Beklagten kann der Beklagte dem Kläger nicht § 6 Satz 1 seiner Schülerbeförderungssatzung entgegen halten. Zwar ist dort bestimmt, dass der Anspruch auf Ersatz der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg spätestens bis zum 31. Dezember eines jeden Jahres für das abgelaufene Schuljahr unter Vorlage sämtlicher Fahrtenbelege geltend gemacht werden muss. Nach den bereits dargelegten allgemeinen Auslegungsgrundsätzen kommt es für die Auslegung eines gegenüber einer Behörde gestellten Antrages jedoch darauf an, wie diese ihn nach Treu und Glauben verstehen durfte und verstanden hat (Empfängerhorizont). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die der Behörde bis zum Ablauf der Antragsfrist bekannt geworden sind (BVerwG, Urteil vom 15. November 2000, - BVerwG 8 C 28.99 -). Dementsprechend hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 24. November 2004, - BVerwG 8 C 15.03 -, BVerwGE 122, 219-231) unter anderem ausgeführt: "Entscheidend [für die hinreichende Konkretisierung des Antrags] ist die Adressatensicht." Hiervon ausgehend und unter Berücksichtigung der von dem Beklagten ermittelten und ihm damit bekannten Entfernung zwischen Wohnhaus des Klägers und Schule sowie der Anzahl der Schultage pro Schuljahr war der - unstreitig in der Frist gestellte und von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren auch nicht etwa als unvollständig zurückgewiesene - Antrag hinreichend konkretisiert, zumal der Kläger ja zunächst die Erstattung der Karte des öffentlichen Personennahverkehrs beantragt hatte.
c)
Der Kläger hat auch zutreffend nunmehr die Erstattung der entstandenen Aufwendungen anstelle der Beförderung begehrt. Er begehrte zunächst von dem Beklagten als Kostenträger der Schülerbeförderung die Erteilung einer Sammelkarte für den Linienbusverkehr zwischen der elterlichen Wohnung und der Schule (siehe oben III. 2. a]) und verlangt jetzt nach Ablauf des Schuljahres die entsprechende Kostenerstattung. Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG, worauf § 1 Abs. 1 der Schülerbeförderungssatzung ausdrücklich Bezug nimmt, richtet sich der Anspruch entweder auf Beförderung zur nächsten Schule oder auf Erstattung der (notwendigen) Aufwendungen. Ein Erstattungsanspruch kann aber nur im Hinblick auf Aufwendungen geltend gemacht werden, die tatsächlich erbracht worden sind. Dies setzt der Rechtsbegriff "Erstattung" voraus. Da der Beklagte dem Kläger die Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für die Schülerbeförderung nicht gestattet hat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SBS), war der Sohn des Klägers zur Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs verpflichtet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SBS). Soweit der Kläger angegeben hat, einen PKW benutzt zu haben, ist sein Erstattungsanspruch auf die Höhe der Kosten der Schülermonatskarten begrenzt, wie es auch das Verwaltungsgericht ausweislich seines Streitwertbeschlusses erkannt hat.
d)
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Anspruchsvoraussetzungen des Erstattungsanspruchs bejaht. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Erstattung nach den §§ 1, 2 und 3 seiner Schülerbeförderungssatzung (Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Emsland vom 23. April 1999 in der Fassung der Änderungssatzung vom 25. Juni 2001 [im Folgenden: SBS]), die der Beklagte - gestützt auf § 114 NSchG - erlassen hat, sind erfüllt.
Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG hat der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung grundsätzlich die in seinem Gebiet wohnenden Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der Allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Die Schülerbeförderung gehört zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG), die die weiteren Voraussetzungen der Beförderungs- oder Erstattungspflicht, insbesondere auch die Mindestentfernungen zwischen Wohnung und Schule, von der an die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, unter Berücksichtigung der Belastbarkeit der Schüler und der Sicherheit des Schulweges selbst festlegen können (§ 114 Abs. 2 NSchG).
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten bestehen nicht (aa). Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus des Klägers und der von seinem Sohn besuchten Schule unterschreitet auch die Mindestentfernung des § 1 Abs. 1 lit. b) SBS (bb). Jedoch liegen die Voraussetzungen des § 3 SBS vor, denn der von dem Sohn Patrick des Klägers zurückzulegende Schulweg ist als besonders gefährlich anzusehen (cc).
(aa)
Rechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten bestehen nicht. Insbesondere hat der Beklagte den ihm mit § 114 Abs. 2 NSchulG eingeräumten Entscheidungsspielraum durch die vorgenannte Satzung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgefüllt, indem er als Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs eine Mindestentfernung von 3,85 km für Schülerinnen und Schüler des 7. bis 10. Schuljahrganges festgelegt hat. Dem Beklagten steht bei der Bestimmung der Ausgestaltung seiner Schülerbeförderungssatzung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der eine Pauschalisierung und Generalisierung zulässt. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität darf der Maßstab zudem an leicht feststellbare Faktoren anknüpfen. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine typisierende und pauschalierende Regelung dahingehend getroffen hat, im Rahmen der Festlegung der Schulwegmindestentfernungen nach Schuljahrgängen und nicht nach dem Alter der jeweiligen Schüler zu unterscheiden. Diese Anknüpfung an den Schuljahrgang bietet den Vorteil, dass innerhalb eines Schuljahrganges alle Schüler gleich behandelt werden. Zudem werden Sammelschülerzeitkarten regelmäßig für ein ganzes Schuljahr ausgestellt, so dass es auch aus diesem Grund sinnvoll erscheint, nach Schuljahrgängen zu unterscheiden. Auf diese Weise wird vermieden, dass Schüler während eines laufenden Schuljahres ihre Sammelschülerzeitkarten wieder abgeben müssen, was im Übrigen zu einem höheren Verwaltungsaufwand führte. Im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes ist allein entscheidend, ob die Anknüpfung an den jeweiligen Schuljahrgang bei der Festlegung von Mindestentfernungen sachlich gerechtfertigt ist und nicht willkürlich erscheint. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es andere denkbare Regelungen gibt, die gleichfalls sachlich gerechtfertigt und gegebenenfalls sogar sinnvoller sein mögen.
(bb)
Nach § 1 Abs. 1 SBS besteht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen grundsätzlich nur, wenn der Schulweg die in § 1 Abs. 1 lit. b) SBS definierte Mindestentfernung von 3,85 km für Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Jahrgangsstufe - zu diesem Kreis zählt(e) der Sohn B. des Klägers in dem hier maßgeblichen Schuljahr 2005/2006 - überschreitet. Dies ist nicht der Fall. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer korrekten Messung mit 3,4 km aus; die von dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme mit einem geeichten Messrad hat sogar nur eine Entfernung von 3,123 km ergeben.
(cc)
Auch wenn - wie hier - die in der Schülerbeförderungssatzung festgelegte Mindestentfernung nicht erreicht ist, kann gleichwohl "in besonders begründeten Ausnahmefällen" ein Anspruch auf Schülerbeförderung bestehen, wenn der Schulweg zu Fuß nach den objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich oder aus sonstigen Gründen, insbesondere nach den örtlichen Gegebenheiten, für die Schülerinnen und Schüler ungeeignet ist" (§ 3 SBS). Nach § 3 Satz 2 SBS lösen die im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden gefahren den Ausnahmetatbestand nicht aus. Mit dieser Regelung setzt der Beklagte die Ermächtigung an die Kreise und kreisfreien Städte als Satzungsgeber in § 114 Abs. 2 Satz 2 NSchG um, die mit der Belastbarkeit der Schüler und der Sicherheit des Schulweges zwei normative Kriterien enthält, an denen sich die Ausübung des satzungsgeberischen Ermessens messen lassen muss.
Die Belastbarkeit findet in den von dem Beklagten geregelten Mindestentfernungen ihren Niederschlag, so dass die Belastungsgrenze sich über den zumutbaren Zeitaufwand für einen Schulweg in einer bestimmten Jahrgangsgruppe ergibt, was - wie bereits ausgeführt - in der geschehenen Form nicht beanstandet werden kann.
Das zweite normative Kriterium des § 114 Abs. 2 NSchulG - die Sicherheit - schlägt sich im Tatbestandsmerkmal der "besonderen Gefährlichkeit" in § 3 Satz 1 SBS nieder.
Der Begriff der besonderen Gefährlichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung vollständiger gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Auch solche Begriffe, deren Inhalt nicht durch einen fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern bei der Rechtsanwendung auf einen gegebenen Tatbestand im Einzelfall der Präzisierung bedarf, unterliegen grundsätzlich der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Soweit Schlussfolgerungen aus einem unbestimmten Rechtsbegriff zu ziehen sind, erstreckt sich diese uneingeschränkte Kontrolle sowohl auf die Bestimmung des Sinngehalts der Norm als auch auf die Feststellung der Tatsachengrundlagen und die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs auf die im Einzelfall festgestellten Tatsachen. Das folgt aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die dem Bürger, der sich durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt glaubt, nicht nur den Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus ergibt sich grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus. Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen ganz besonderer Voraussetzungen ist es daher zu rechtfertigen, der Verwaltungsbehörde bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs einen eigenen, gerichtlicher Kontrolle nicht mehr zugänglichen Beurteilungsspielraum einzuräumen (BVerwG, Urteil vom 25. November 1993, - BVerwG 3 C 38.91 -, BVerwGE 94, 307 [BVerwG 25.11.1993 - 3 C 38/91]-316). Für einen derartigen Ausnahmefall ist vorliegend nichts erkennbar.
Maßgebend für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulwegs sind nicht die - unter Umständen noch so verständlichen - subjektiven Befürchtungen und Sorgen von Eltern und Schülern, sondern die "objektiven Gegebenheiten". Der Begriff "Gefahr" bzw. "gefährlich" ist allgemein als Wahrscheinlichkeit der Schädigung von Rechtsgütern wie Leben, Leib und körperliche sowie persönliche Unversehrtheit zu verstehen. Das zusätzliche Merkmal "besonders" umschreibt und verlangt eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Hiermit bringt der Satzungsgeber - wie auch in § 3 Satz 2 SBS - zum Ausdruck, dass die üblichen Risiken, denen Schüler auf dem Weg zu Schule - insbesondere im modernen Straßenverkehr - ausgesetzt sind, schülerfahrkostenrechtlich unbeachtlich sein sollen. Nur wenn konkrete Umstände hinzutreten, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen, soll unabhängig von der Länge des Schulwegs der Anspruch auf Fahrkostenerstattung bestehen (vgl. Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 08. März 2007, - 19 E 206/06 -, V.n.b; Beschluss vom 16. November 1999, - 19 A 4395/96 -, Gemeindehaushalt 2003, 40-42; Urteil vom 18. April 1989, - 16 A 2246/86 -, Städte- und Gemeinderat 1990, 195 f.). Vorliegend ist der streitige Schulweg sowohl in verkehrlicher Sicht (1) als auch wegen einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit sonstiger Schadensereignisse für die genannten Rechtsgüter (2) besonders gefährlich. Unerheblich ist der Einwand des Beklagten, dass in seinem Gebiet zahlreiche Schulwege besonders gefährlich seien (3).
(1)
Unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit ist der Ausnahmetatbestand des § 3 SBS nur begründet, wenn der Schulweg aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für die Schüler Gefahren mit sich bringt, die über die im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden Gefahren hinausgehen (§ 3 Satz 2 SBS). Eine besondere Gefährlichkeit kann ihre Ursachen zum einen in den verkehrsspezifischen Gegebenheiten finden. Das Gesetz setzt insoweit eine gesteigerte Gefahrenlage voraus, um einen Schulweg als besonders gefährlich einstufen zu können (vgl. Rheinland-Pfälzisches OVG, Beschluss vom 5. August 2004, - 2 A 11235/04 -, NVwZ-RR 2005, 41). Diese kann beispielsweise aus dem Fehlen von Gehwegen oder der Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung folgen. Auch die auf einer Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit, Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie die Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße sind insoweit von Bedeutung. Gleichwohl ist es nicht Sinn und Zweck des § 3 SBS - wie bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt - jedes theoretisch noch verbleibende Risiko des Schulwegs auszuräumen.
Von diesem Maßstab ausgehend ergeben sich hier solche besonderen Gefahren sowohl nach Aktenlage als auch nach den Feststellungen im Rahmen der Beweisaufnahme durch den Senat: Zwar ist der Straßenverkehr auf dem von dem Sohn des Klägers zurückzulegenden Schulweg - wie der Beklagte nach den Angaben in seinem Schriftsatz vom 28. Februar 2006 ermittelt hat - gering. Jedoch verfügt der Weg nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ab Streckenmeter 360 bis Streckenmeter 1.520 bei einer bloßen Breite von ca. 3,5 m weder über einen von der Fahrbahn abgesetzten und befestigten Rad- oder Fußweg noch - bis Streckenmeter 2.470 - über Beleuchtungseinrichtungen und stellt sich daher als besonders gefährlich dar. Da die Verkehrsfrequenzen während des Beweisaufnahmetermins zwar gering, die gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten aber jeweils erkennbar jenseits der zulässigen Höchstgeschwindigkeit lagen, der Weg zudem mäandert, sieht ihn der Senat als aus verkehrlichen Gründen besonders gefährlich an.
(2)
Die besondere Gefährlichkeit des Schulweges im Sinne der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten kann sich aber nicht nur aus Gefährdungen durch den motorisierten Straßenverkehr ergeben. Eine besondere Gefährlichkeit besteht auch im Falle der gesteigerten Wahrscheinlichkeit sonstiger Schadensereignisse für die genannten Rechtsgüter, die mit der Benutzung des Schulweges verbunden sein können. Hierzu gehört auch die Gefahr krimineller Übergriffe, wenn der Schüler zu Beginn des streitigen Bewegungszeitraumes zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und sich auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, weil etwa nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist (Nieder sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Juni 1996, - 13 L 5072/94 -, NdsVBl 1997, 63-64; Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 21. November 2006, - 19 A 4675/04 -, [...]; Beschluss vom 28. Januar 2005, - 19 A 5177/04 -, [...]; Beschluss vom 29. Juni 2000, - 19 A 4710/98 -, www.justiz.nrw.de/ses/nrwesearch.php und Beschluss vom 16. November 1999, - 19 A 4395/96 -, Gemeindehaushalt 2003, 40-42; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof , Beschluss vom 29. März 2007, - 7 ZB 06.1874 -, [...]). Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit von Gewaltstraftaten muss grundsätzlich dann bejaht werden, wenn der betreffende Schüler (z.B. aufgrund seines Alters oder seines Geschlechts) zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und wenn er sich auf seinem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist. Kriterien der Beurteilung sind insoweit etwa, ob der betreffende Schüler im Falle einer Gefahr seitlich ausweichen und eine etwaige nahe liegende Wohnbebauung erreichen kann, aber auch, ob Anfang und Ende eines Waldstücks gut einzusehen sind und während der dunklen Tageszeiten ausreichende Beleuchtung durch Straßenlaternen gewährleistet ist, sowie ob Unterholz in nennenswerter Ausdehnung vorhanden ist, das potentiellen Gewalttätern ein geeignetes Versteck bieten könnte (Nordrhein-Westfälisches OVG, Urteile vom 14. November 1989, - 16 A 2639/88 -, NVwZ RR 1990, 197, 199, und vom 6. Juni 1990, - 16 A 784/88 -, NVwZ-RR 1991, 482 f.).
Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes sind hier ebenfalls erfüllt. Der zu Beginn des hier allein streitigen Bewilligungszeitraumes - des Schuljahres 2005/2006 - noch 13 Jahre alte Sohn des Klägers gehörte seinerzeit zu einem risikobelasteten Personenkreis. Denn sechs bis 14 Jahre alte Schüler sind regelmäßig dem gesteigerten Risiko von kriminellen Übergriffen ausgesetzt (Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 21. November 2006, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Der Sohn des Klägers befand sich auch im fraglichen Bewilligungszeitraum ausweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf dem Teilstück ab Streckenmeter 360 bis Streckenmeter 1.705 im Falle eines kriminellen Übergriffs in einer schutzlosen Situation. Dieses im Rahmen der Beweisaufnahme vermessene Teilstück hat eine Länge von knapp 1.350 Meter. Auf dem gesamten nicht beleuchteten Teilstück befinden sich rechts und links der Straße ausschließlich Ackerflächen, zu einem guten Teil sind diese durch sehr tiefe, Wasser führende Gräben von der Straße abgegrenzt, so dass sogar eine Fluchtmöglichkeit in weiten Teilen nicht besteht. Wohnhäuser oder andere Gebäude sind nicht vorhanden; die einzige Hofeinfahrt bei Streckenmeter 1.650 liegt tief zurück. Es ist damit nichts dafür ersichtlich, dass im Falle eines kriminellen Übergriffs eine Fluchtmöglichkeit des Sohnes des Klägers zu dritten, schutzbereiten Personen bestehen würde. Auch eine rechtzeitige Hilfe durch andere Verkehrsteilnehmer ist nicht hinreichend sicher gestellt. Denn der Beklagte weist - insoweit zu Recht - darauf hin, dass die Fahrzeugfrequenz auf dem Teilstück gering ist. Die geringe Verkehrsfrequenz, die einerseits die besondere Gefährlichkeit des Straßenverkehrs mindernder Faktor sein kann (s.o.), bedingt gerade die besondere Unsicherheit der Schülerinnen und Schüler auf ihrem Schulweg gegenüber Übergriffen von Straftätern. Damit ist die Gefahr von unbeobachteten Überfällen nicht nur als durchschnittlich zu bewerten, sondern als besonders. Der Senat nimmt an, dass zwei bis drei Minuten für einen potentiellen Täter "ausreichen", ein Kind zu ergreifen und unerkannt zu entkommen. Dafür, dass das genannte Teilstück üblicherweise von mehreren - auch älteren - Schülern, die sich gegenseitig in Notsituationen helfen könnten, gleichzeitig genutzt werde, ist nichts erkennbar. Dazu bietet der Schulweg über das gesamte Waldstück hinweg - die Straße ist unbeleuchtet - mehrfach "ideale" Verstecke zum Auflauern und zur schnellen Flucht, etwa in dem bewaldeten Gebiet ab Streckenmeter 360 oder im Bereich der tiefen Grabenböschungen. Der Weg kann zusammenfassend nur als "einsam" bezeichnet werden.
Im dem gesamten Teilstück addieren sich damit Gefahrenpunkte und Momente im Sinne einer besonderen Gefährlichkeit in Bezug auf Übergriffe durch Gewalt- oder Sexualtäter auf, die sowohl ein Auflauern und unentdeckten Zugriff auf ein (kindliches) Opfer als auch eine schnelle und unbemerkte Fluchtmöglichkeit mit oder ohne Opfer ermöglichen. Insgesamt ist der Senat durch Augenschein daher zur Überzeugung gelangt, dass dieser konkrete Schulweg nach den "objektiven Gegebenheiten mit besonderen Gefahren" im ausgeführten Sinne verbunden ist (§ 3 SBS).
(3)
Unerheblich ist der Einwand des Beklagten, dass bei der von dem Senat - und auch der durchgehenden obergerichtlichen Rechtsprechung - vorgenommenen Interpretation des Begriffs der besonderen Gefährlichkeit zahlreiche Schulwege in seinem Kreisgebiet als besonders gefährlich eingestuft werden müssten. Unabhängig von dem dogmatischen Einwand, dass die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs regelmäßig nicht nach dem Ergebnis zu erfolgen hat, ist der Beklagte auf § 7 Abs. 1 Ziff. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG, in der Fassung vom 14. September 2007, Nds. GVBl. 2007, 466) hinzuweisen. Hier wird im Rahmen des Finanzausgleichs ein zusätzlicher Bedarfsansatz geregelt, der sich nach der ausdrücklichen Formulierung der Norm zur Berücksichtigung der Ausgabenbelastungen für die Schülerbeförderung rechtfertigt. Satz 3 des Absatzes 1 des § 7 regelt insoweit den sogenannten Flächenfaktor, der im Ergebnis dazu führt, dass sich der Bedarfsansatz für flächenmäßig große Landkreise - die erfahrungsgemäß höhere Aufwendungen für die Schülerbeförderung und eine höhere Anzahl besonders gefährlicher Schulwege haben - rechtfertigt.
Die Berufung hat daher keinen Erfolg.
5.
Der Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Verfahrensgestaltung nicht gegen den - verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten - Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen hat.
a)
Ein solcher Verstoß lässt sich zunächst keinesfalls aus dem Entscheidungsdatum des angefochtenen Urteils herleiten. Denn wie der 13. Senat des erkennenden Gerichts bereits in seinem Zulassungsbeschluss vom 7. Juli 2006 angedeutet hat, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts ausweislich der von dem Verwaltungsgericht unter dem 23. März 2006 eingeholten Auskunft (e-mail), die das Verwaltungsgericht in seinem an sein Urteil angefügten Streitwertbeschluss ausgewertet hat, nicht am Tag des Ortstermins - dem 21. Februar 2006 - erlassen worden. Vielmehr handelt es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler im Sinne des § 118 VwGO.
b)
Soweit der Beklagte ausführt, sein Terminsvertreter habe "in jahrzehntelanger Berufserfahrung ein gewisses Gespür für zu erwartende gerichtliche Entscheidungen entwickeln können und er habe am Ende der in der Dunkelheit geführten Beweisaufnahme den Eindruck gehabt, dass der Richter seine Entscheidung bereits getroffen hatte.", und er hieraus eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs herleiten will, handelt es sich um eine bloße Mutmaßung, die nicht durch Tatsachen belegt oder wenigstens belegbar ist.