Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 25.10.2016, Az.: 4 A 230/15

Gefährlich; Schülerbeförderung; Schulweg; Straßenbeleuchtung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
25.10.2016
Aktenzeichen
4 A 230/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43345
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frage der Übernahme von Schülerbeförderungskosten bei ländlich geprägter Umgebung ohne durchgängige Straßenbeleuchtung.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Schülerbeförderungskosten für das Schuljahr 2015/2016.

Die Kläger sind die Eltern von C. (geboren am D.), die im Hause der Kläger unter der postalischen Anschrift E. wohnt. Die Tochter besuchte im Schuljahr 2015/2016 die 9. Klasse der Oberschule F.. Die Entfernung vom Wohnhaus bis zur Schule beträgt ca. 3,1 km. Der Schulweg führt auf einer Strecke von etwa 1,2 km entlang der Kreisstraße G.. Ein Rad- und Gehweg ist vorhanden. Dieser ist durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn abgegrenzt.

Am 23. Juni 2015 beantragten die Kläger bei dem Beklagten die Ausstellung einer HVV-Schülerfreifahrtkarte für ihre Tochter. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Juli 2015 mit der Begründung ab, dass die zurückzulegende Schulwegstrecke unterhalb der in der Satzung über die Schülerbeförderung festgelegten Länge von 4,0 km liege und der Schulweg auch nicht als besonders gefährlich anzusehen sei.

Daraufhin haben die Kläger am 05. August 2015 Klage erhoben. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Gericht mit Beschluss vom 01. September 2015 ab (Az. 4 B 142/15).

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass der Schulweg für ihre Tochter H. gefährlich sei. Der Radweg werde im Winter nicht geräumt und gestreut. Die Strecken zwischen I. sowie zwischen J. seien nicht beleuchtet und es gebe auf der gesamten Strecke mindestens zwei Stellen, die nicht einsehbar seien. Die Strecke zwischen I. sei zudem sehr gefährlich, da diese sehr einsam liege und es dort keine Anwohner, sondern nur offene Felder gebe. Einen Fluchtweg gebe es dort nicht, da ein Wassergraben eine Flucht über die angrenzenden Felder unmöglich mache. Insgesamt gebe es entlang des Schulweges vier gut geeignete Versteckstellen für potentielle Straftäter. Da ihre Tochter H. den Schulweg alleine zurücklegen müsse, sei dies besonders gefährlich. Ihre Tochter gehöre zudem - als junges Mädchen - zu dem Kreis der besonders gefährdeten Personen. Sie selbst könnten ihre Tochter nicht zur Schule fahren, da sie beide berufstätig seien. Im Raum Buchholz würden Schüler höherer Klassen eine kostenlose Fahrkarte bei einer Entfernung von 3 km erhalten. Im Übrigen sei es erst kürzlich zu einem sog. Mitschnackerfall auf dem Schulweg gekommen. Dieser Vorfall sei bei der Polizei auch aktenkundig.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juli 2015 zu verpflichten, den Klägern die Kosten für eine Schülersammelzeitkarte zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, dass nach Stellungnahme der Polizei Buchholz eine Häufung von Verkehrsunfällen zwischen K. nicht gegeben sei. Der Schulweg zwischen I. grenze an landwirtschaftliche Flächen und führe dabei durch ein gut einsehbares flaches Gelände. Eine dichte Bewaldung über längere Strecken sowie Hohlwege oder tiefere Geländeeinschnitte seien nicht vorhanden. Bei dem angegebenen Wassergraben handele es sich um einen Entwässerungsgraben, der zur Entwässerung der dortigen Ackerflächen diene und nur gelegentlich Wasser führe. Dieser sei nicht unüberwindbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Kläger klagebefugt. Denn Normadressaten des § 114 Abs. 1 Satz 2 Nds. Schulgesetz - NSchG - sind nach dem Wortlaut der Schüler, dem ein Beförderungsanspruch gewährt wird, aber auch der Erziehungsberechtigte, der Inhaber des korrespondierenden Erstattungsanspruchs ist (Nds. OVG, Urteil vom 4.4.2008 - 2 LB 7/07 -, juris).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung ihrer Tochter H. (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG haben die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern. Die Schülerbeförderung gehört zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG). Nach § 114 Abs. 2 NSchG bestimmen die Landkreise und kreisfreien Städte die Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule, von der an die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht. Sie haben dabei die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler und die Sicherheit des Schulweges zu berücksichtigen (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 19.6.1996 - 13 L 5072/94 -, juris).

Nach § 1 Abs. 1 Buchst. c) der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis Harburg, zuletzt geändert am 23. Mai 2011 (im Folgenden: Schülerbeförderungssatzung), ist für Schüler des Sekundarbereichs I (7. bis 10. Schuljahr) - wie hier der Tochter der Kläger - ein Anspruch auf Beförderung zur Schule bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg gegeben, wenn der Schulweg mehr als 4,0 km beträgt. Diese Länge erreicht der Schulweg der Tochter der Kläger unstreitig nicht.

Bedenken gegen diese festgelegte Entfernungsgrenze von 4,0 km für Schüler der 7. bis 10. Klasse bestehen nicht und werden von den Klägern auch nicht substantiiert geltend gemacht. Dem Beklagten steht bei der Ausgestaltung seiner Schülerbeförderungssatzung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der - soweit er sich in dem Rahmen des für die Schülerinnen und Schüler Zumutbaren hält - eine Pauschalierung und Generalisierung zulässt. In diesem Zusammenhang ist von maßgeblicher Bedeutung, dass die Anknüpfung an bestimmte Schülerjahrgänge bei der Festlegung von Mindestentfernungen sachlich gerechtfertigt ist und nicht willkürlich erscheint; demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob es andere denkbare Regelungen gibt, die ebenfalls sachlich gerechtfertigt sind oder möglicherweise sogar sinnvoller erscheinen (st. Rspr., vgl. nur Nds. OVG, Urteil vom 19.8.2015 - 2 LB 317/14 -, Urteil vom 11.9.2013 - 2 LB 165/12 -, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, zitiert jeweils nach juris). Mit Blick auf den Zeitaufwand, den Schüler des Sekundarbereichs I für den Schulweg in Anspruch nehmen müssen, ist in der Rechtsprechung des Nds. OVG zudem geklärt, dass dieser sich im Rahmen des Zumutbaren hält, soweit er die Dauer von 60 Minuten je Wegstrecke nicht überschreitet, was gleichzeitig bedeutet, dass Schüler des Sekundarbereichs I in dieser genannten Zeitspanne einen Schulweg von bis zu 4 km Länge zurücklegen können (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris, m.w.N.).

Den Klägern steht auch nicht unabhängig von der in der Schülerbeförderungssatzung festgelegten Mindestentfernung ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für die Beförderung ihrer Tochter zu.

Nach § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung übernimmt der Beklagte in besonders begründeten Ausnahmefällen unabhängig von den in Abs. 1 genannten Mindestentfernungen die Schülerbeförderung bzw. die Erstattung der notwendigen Aufwendungen, wenn der Schulweg zu Fuß nach den objektiven Gegebenheiten für die Schülerin/den Schüler ungeeignet ist, wobei die im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden Gefahren den Ausnahmefall nicht auslösen. Auch diese Regelung hält sich im Rahmen des zweiten in § 114 Abs. 2 NSchG genannten normativen Kriteriums der Sicherheit (vgl. u.a. Nds. OVG, Urteil vom 11.9.2013 - 2 LB 165/12 -, juris). Die Voraussetzungen eines begründeten Ausnahmefalles im Sinne des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung liegen hier entgegen der Ansicht der Kläger nicht vor.

Der Begriff der besonderen Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung vollständiger gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulweges sind nicht die - unter Umständen noch so verständlichen - subjektiven Befürchtungen und Sorgen von Eltern und Schülern, sondern die „objektiven Gegebenheiten" maßgebend. Dabei ist der Begriff „Gefahr" bzw. „gefährlich" allgemein als Wahrscheinlichkeit der Schädigung von Rechtsgütern wie Leben, Leib und körperliche sowie persönliche Unversehrtheit zu verstehen. Das zusätzliche Merkmal „besonders" umschreibt und verlangt die gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, womit - wie in § 1 Abs. 5 Satz 2 Schülerbeförderungssatzung noch einmal verdeutlicht - zum Ausdruck gebracht wird, dass die üblichen Risiken, denen Schüler auf dem Weg zur Schule, insbesondere im modernen Straßenverkehr, ausgesetzt sind, schülerfahrtkostenrechtlich unbeachtlich sein sollen. Nur wenn konkrete Umstände hinzutreten, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen, soll unabhängig von der Länge des Schulweges der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung begründet werden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 - sowie Urteil vom 4.4.2008 - 2 LB 7/07 -, zitiert jeweils nach juris).

Von einem solchen Begriff der besonderen Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit ausgehend ist der Schulweg der Tochter der Kläger sowohl in verkehrsspezifischer Hinsicht als auch im Hinblick auf eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit sonstiger Schadensereignisse nicht besonders gefährlich.

Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung ist unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit nur begründet, wenn der Schulweg aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für die Schüler Gefahren mit sich bringt, die über die im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden Gefahren hinausgehen. Eine gesteigerte Gefahrenlage kann sich beispielsweise aus dem Fehlen von Gehwegen oder einer Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung ergeben. Auch die auf dem Verkehrsweg zugelassene Höchstgeschwindigkeit, die Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße können insoweit von Bedeutung sein. Gleichwohl ist es unter Berücksichtigung der mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren nicht Sinn und Zweck - wie der Wortlaut des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung auch verdeutlicht -, jedes theoretisch noch verbleibende Risiko des Schulweges auszuräumen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 - sowie Urteil vom 4.4.2008 - 2 LB 7/07 -, zitiert jeweils nach juris). Neben etwaigen Gefährdungen durch den motorisierten Straßenverkehr kann sich die besondere Gefährlichkeit eines Schulweges im Sinne des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung zudem im Falle der gesteigerten Wahrscheinlichkeit sonstiger Schadensereignisse für die Rechtsgüter Leben, Leib und körperliche sowie persönliche Unversehrtheit ergeben. Zu der gesteigerten Wahrscheinlichkeit eines sonstigen Schadensereignisses gehört auch die Gefahr krimineller Übergriffe, denen ein Schüler ausgesetzt sein kann, wenn er zu Beginn des streitigen Bewilligungszeitraums zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und sich auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, der er nicht ausweichen kann und die nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht erwarten lässt. Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit von Gewaltstraftaten ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der betreffende Schüler aufgrund seines Alters oder seines Geschlechts zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und wenn er sich auf seinem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist. Als Kriterien der Beurteilung können insoweit etwa angenommen werden, ob der betreffende Schüler im Falle einer Gefahr seitlich ausweichen und eine etwaige naheliegende Wohnbebauung erreichen kann, ob die Wegstrecke, namentlich Anfang oder Ende eines Waldstücks, gut einzusehen ist, ob Unterholz in nennenswerter Ausdehnung vorhanden ist, das potentiellen Gewalttätern ein geeignetes Versteck bieten könnte, und ob während der dunklen Tages- oder Jahreszeit Straßenlaternen eine ausreichende Beleuchtung gewährleisten (st. Rspr., vgl. nur Nds. OVG, Urteil vom 4.4.2008 - 2 LB 7/07 -, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 - sowie Urteil vom 11.9.2013 - 2 LB 165/12 -, zitiert jeweils nach juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben ergeben sich derartige besondere Gefahren für den Schulweg der Tochter der Kläger nicht.

Der Schulweg der Tochter der Kläger führt über die Straße „L.“ und die Kreisstraße M. („N., O., P.“). Der Bereich zwischen K. ist nach Auskunft der Polizeiinspektion Harburg vom 11. August 2015 seit Jahren kaum von Unfällen betroffen. Zwar mögen die Fahrzeuge dort in der Regel mit der (dort zulässigen) Geschwindigkeit von 100 km/h auf der Kreisstraße unterwegs sein. Aus den zur Gerichtsakte gereichten Lichtbildern des Schulweges sowie des bei Google-Maps verfügbaren Kartenmaterials ist allerdings ersichtlich, dass der Schulweg insbesondere entlang der N. sowie O. (Kreisstraße M.) durchgehend über einen asphaltieren Geh- und Radweg verfügt. Dieser verläuft parallel zur Straße und ist von dieser durch einen Grünstreifen getrennt. Angesichts der durch den Grünstreifen unterstützten baulichen Trennung zwischen Fahrbahn und Geh- und Radweg sind besondere Gefahren durch herannahende Fahrzeuge auf der Wegstrecke, die die Tochter der Kläger zurückzulegen hat, nicht zu befürchten. Die bauliche Trennung zwischen Fahrbahn und Gehweg lässt ferner die Befürchtung zurücktreten, dass die Tochter der Kläger bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen irrtümlich von dem Gehweg auf die Fahrbahn gelangen könnte, so dass auch die fehlende Straßen- oder Gehwegbeleuchtung in den Streckenabschnitten zwischen I. sowie zwischen J. nicht die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit begründet (so auch in einem ähnlichen Fall: Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris).

Auch der Umstand, dass der Geh- und Radweg in den Wintermonaten nach dem Vortrag der Kläger nicht gestreut werde, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit eines Schulweges ist auf Gefahren, Erschwernisse und sonstige Umstände abzustellen, die die Schüler normalerweise zu bewältigen haben. Auf gelegentlich auftretende extreme Straßenverhältnisse - etwa infolge von Schneefall oder Eisregen - kommt es dagegen nicht an (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 11.9.2013 - 2 LB 165/12 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom  22.1.2013 - 2 M 187/12 -, zitiert jeweils nach juris). Im Übrigen geht die Einzelrichterin nach dem Eindruck der vorgelegten Lichtbilder davon aus, dass es einer fünfzehnjährigen Schülerin auch in der Winterzeit unter Berücksichtigung gewisser Vorsicht möglich ist, diesen Bereich zu Fuß innerhalb angemessener Zeit zurückzulegen. So ist von einer Schülerin in der Mittelstufe nach obergerichtlicher Rechtsprechung zu erwarten, dass sie mit der Witterung angepasster Kleidung einschließlich Schuhwerk die winterlichen Bedingungen auf dem Weg gefahrlos bewältigen kann, auch wenn dieser nicht geräumt oder gestreut wird (vgl. u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7.10.2012 - 19 A 2625/07 -, juris).

Eine besondere Gefährlichkeit des Schulweges ergibt sich auch nicht daraus, dass die Tochter der Kläger in Höhe der Ortseinfahrt Q. die Kreisstraße M. überqueren muss. Zwar befindet sich dort keine Querungshilfe. Allerdings ist einer fünfzehnjährigen Schülerin zum einen die Bereitschaft zu der notwendigen Umsicht bei Überquerung der Kreisstraße zuzumuten, zumal der Fahrbahnverlauf der Kreisstraße 26 im Querungsbereich auf der Höhe der Bushaltestelle gut einsehbar ist (das Nds. OVG hat es für eine Schülerin der Sekundarstufe I beispielsweise als zumutbar angesehen, die notwendige Konzentration und Aufmerksamkeit für die Querung einer dreispurigen landesstra0e ohne Querungshilfen aufzubringen, vgl. Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris). Zum anderen ist anzuführen, dass die Tochter der Klägerin die Kreisstraße auch bei Ausstellung der begehrten Schülerfreifahrkarte überqueren müsste, da sich die Bushaltestelle auf der dem Geh- und Radweg gegenüberliegenden Straßenseite befindet.

Auch im Hinblick auf sonstige Schadensereignisse sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung nicht gegeben. Die Tochter der Kläger mag zwar als fünfzehnjähriges Mädchen (noch) zu einem Personenkreis zählen, der dem gesteigerten Risiko von kriminellen Übergriffen ausgesetzt sein kann. Doch sind die Örtlichkeiten des Schulweges nicht so beschaffen, als dass sich die Annahme rechtfertigt, eine Schülerin des Sekundarbereichs I, die den Schulweg der Tochter der Kläger zurücklegt, befände sich in einer schutzlosen Situation. Wie aus den zur Gerichtsakte gereichten sowie den bei Google-Maps verfügbaren Bildaufnahmen ersichtlich, ist der Schulweg insgesamt gut einsehbar. Dichter Waldbewuchs, tiefe Geländeeinschnitte oder Hohlwege, in denen sich potentielle Straftäter verstecken könnten, finden sich in der weitgehend flachen, vornehmlich landwirtschaftlich genutzten Landschaft nicht. Der Schulweg verläuft größtenteils unmittelbar neben der Kreisstraße M. und damit neben einer keineswegs selten befahrenen Straße, womit Schüler, die den Schulweg der Tochter der Kläger zurücklegen, dem Beobachtungsfeld vorbeifahrender Kraftfahrzeugführer nicht entzogen sind und im Falle einer drohenden Gefahr Hilfe erwarten können. Etwas anderes folgt entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht daraus, dass der Geh- und Radweg von den anliegenden Landwirtschaftsflächen durch einen Wassergraben getrennt ist. Wie aus den zur Gerichtsakte gereichten Lichtbildaufnahmen, die die Einzelrichterin gemeinsam mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen hat, ersichtlich, handelt es sich hierbei für den Fall, dass die Tochter der Kläger seitlich ausweichen müsste, keineswegs um ein unüberwindbares Hindernis für eine fünfzehnjährige Schülerin. Insbesondere ist der Entwässerungsgraben nicht so breit, als dass er nicht durch einen großen Schritt oder Sprung von einer Fünfzehnjährigen überwunden werden könnte.

Auch die auf dem Schulweg befindlichen Einmündungsbereiche in Feldwege begründen ebenfalls keinen besonderen Gefahrentatbestand. Es mag zwar sein, dass - wie der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat - in diesen Einmündungsbereichen oftmals Reiterfahrzeuge parken würden und mitunter nicht hinreichend abgeschätzt werden kann, ob es sich um ein Reiterfahrzeug oder aber ein Fahrzeug eines potentiellen Straftäters handelt. Dies stellt jedoch keine spezifische Gefahr des Schulweges der Tochter dar, zumal es sich bei den genannten Einmündungsbereichen nicht um geeignete Versteckmöglichkeiten für Straftäter handelt, da auch diese - insbesondere wegen fehlendem dichten Bewuchs - gut einsehbar sind und ebenfalls vom Beobachtungsfeld vorbeifahrender Kraftfahrzeuge erfasst werden. Selbiges gilt für den Schulwegabschnitt zwischen J., der über eine Autobahnbrücke führt. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang geltend machen, dass die dort befindliche Leitplanke dazu führe, dass der Abschnitt uneinsehbar sei, folgt die Einzelrichterin dem nicht. Denn die Leitplanke behindert aufgrund ihrer - aus den Lichtbildaufnahmen ersichtlichen - Höhe nicht das Sichtfeld einer fünfzehnjährigen Schülerin. Ferner sorgt die Leitplanke in diesem Streckenabschnitt durch die Trennung von der Fahrbahn gerade für zusätzliche Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer auf der Brücke.

Die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit des Schulweges im Sinne des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung rechtfertigt sich schließlich nicht aus dem Fehlen einer durchgehenden Gehwegbeleuchtung zwischen I. und zwischen J.. Zum einen kann nach obergerichtlicher Rechtsprechung, die die Einzelrichterin teilt, von einer Schülerin der Sekundarstufe I erwartet werden, dass sie sich bei je nach den Witterungsverhältnissen unterschiedlich starker Dunkelheit morgens in den Wintermonaten im Straßenverkehr den allgemeinen Sicherheitsregeln gemäß verhält und beispielsweise helle oder reflektierende Kleidungsstücke trägt oder reflektierende Gegenstände an der Schultasche oder am Rucksack mit sich führt, um das Risiko, von Kraftfahrern nicht wahrgenommen zu werden, herabzusetzen. Zudem kann einer fünfzehnjährigen Schülerin, wenn es die Witterung angeraten erscheinen lässt, auch zugemutet werden, dass sie eine Taschenlampe mit sich führt und den Fußweg in Phasen großer oder „totaler" Dunkelheit ausleuchtet (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7.10.2012 - 19 A 2625/07 -, juris). Ferner erfordert die Würdigung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Gefährlichkeit eines Schulweges eine Gesamtbetrachtung, die sich gerade nicht in der Einschätzung eines einzelnen Aspekts erschöpfen darf. Erforderlich ist vielmehr eine Abweichung des Sachverhalts, die die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheidet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris). Dies ist hier nicht der Fall. Der Schulweg der Tochter der Kläger weist im Vergleich mit anderen Schulwegen keine Besonderheiten auf, die über das normale Maß von Wegegefahren in ländlichen Bereichen hinausgehen. Entgegen der Ansicht der Kläger begründet allein die ländliche Prägung des Gebiets bzw. die dünne Besiedlung in Verbindung mit der auf einem längeren Streckenabschnitt fehlenden Straßenbeleuchtung die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit noch nicht. Wäre dies anders, hätte der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung gegenüber einer Vielzahl von jüngeren Schülern, die außerhalb einer geschlossenen Bebauung in dünn besiedelten Regionen leben, stets eine wohnortunabhängige Schülerbeförderungspflicht, die angesichts des erkennbaren Ausnahmecharakters des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung indes nicht begründet sein kann (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 19.8.2015 - 2 LB 317/14 - und Urteil vom 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, zitiert jeweils nach juris).

Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass es nach dem Vorbringen der Kläger kürzlich zu einem Vorfall gekommen sei, bei dem ein fremder PKW-Fahrer Kinder auf dem Schulweg angesprochen und ihnen Bonbons angeboten habe (sog. „Mitschnackerfall“). Denn die Tochter der Kläger gehört als fünfzehnjähriges Mädchen nicht zu dem Personenkreis, der von sog. Mitschnackern besonders gefährdet ist. Bei einem fünfzehnjährigen Mädchen ist vielmehr davon auszugehen, dass sie über einen derartigen Reifegrad verfügt, eigenständig die mit einem Zusteigen zu fremden Personen verbundenen Gefahren zu erkennen und dementsprechend zu handeln.

Schließlich verhilft auch das Vorbringen der Kläger, dass im Raum Buchholz Schüler höherer Klassen eine kostenlose Fahrkarte bei einer Entfernung von 3 km erhalten würden, der Klage nicht zum Erfolg. Insbesondere folgt hieraus kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn abgesehen davon, dass dieser Vortrag nicht weiter substantiiert worden ist, haben die Kläger nicht dargelegt, welchen Schulweg die jeweiligen Schüler zurücklegen müssen. So kann es sich hierbei im Einzelfall nämlich gerade um solche Schulwege handeln, die sich nach ihren objektiven Gegebenheiten als besonders gefährlich für die Schüler erweisen und somit den Ausnahmefall des § 1 Abs. 5 Schülerbeförderungssatzung begründen, was vorliegend indes aus vorstehenden Ausführungen zu verneinen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.