Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.04.2008, Az.: 5 ME 4/08
Vorläufiger Rechtsschutz eines bei einem Nachfolgeunternehmen der früheren Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten gegen die Übertragung eines anderen Arbeitspostens; Kriterien für ein dienstliches Bedürfnis für die Abordnung auf einen anderen Arbeitsposten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.04.2008
- Aktenzeichen
- 5 ME 4/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 15724
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2008:0414.5ME4.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 14.12.2007 - AZ: 3 B 46/07
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO
- § 114 S. 2 VwGO
- § 130 Abs. 2 VwGO
- § 146 Abs. 4 S. 3, 6 VwGO
- § 2 Abs. 3 S. 2 PostPersRG
- § 4 Abs. 4 PostPersRG
- § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG
- § 45 Abs. 2 VwVfG
- § 27 Abs. 1 BBG
- § 27 Abs. 2 S. 3 BBG
- § 27 Abs. 3 S. 1 BBG
Amtlicher Leitsatz
Zum vorläufigen Rechtsschutz von Beamten, die bei einem Nachfolgeunternehmen der früheren Deutschen Bundespost beschäftigt sind, gegen die Übertragung eines anderen Arbeitspostens.
Gründe
Der in C. wohnhafte Antragsteller wendet sich gegen eine dienstrechtliche Maßnahme, der zufolge er seine berufliche Tätigkeit (§ 4 Abs. 1 PostPersRG) nicht weiter in C., sondern in D. ausüben soll.
Er war in der Vergangenheit gemäß § 4 Abs. 4 PostPersRG der Deutschen Post In Haus Service GmbH zugewiesen und wurde von dieser auf einem Arbeitsposten als Bürohelfer in der Postelle der E. AG & Co KG in C. beschäftigt. Gleichwohl führte ihn die Niederlassung Brief F. der Deutschen Post AG weiter im Personalbestand ihrer Abteilung 31. Der Arbeitsposten als Bürohelfer fiel durch eine Rationalisierungsmaßnahme zum 31. Juli 2007 weg. Daraufhin teilte die Niederlassung Brief F. dem Antragsteller durch Schreiben vom 12. Oktober 2007 (Bl. 13 Beiakte - BA - A) mit, dass er aus dienstlichen Gründen vorübergehend ab dem 15. Oktober 2007 bis auf weiteres abweichend von seiner bisherigen Einsatzstelle, Abteilung 31, Bereich "In Haus", mit Dienstort C. bei ihrer Abteilung 32 im Bereich "Express Fahrdienst Klasse 2" mit Dienstort D. eingesetzt werde. In diesem Schreiben wurde die getroffene dienstrechtliche Maßnahme ausdrücklich als "Abordnung" bezeichnet.
Der Antragsteller erhob Widerspruch gegen den "Bescheid" vom 12. Oktober 2007 und hat am 15. November 2007 bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs nachgesucht. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Antragsgegnerin u. a. vorgetragen, dass einem Einsatz des Antragstellers in D. aus betriebswirtschaftlichen Gründen der Vorzug gegeben worden sei, weil der Beamte nach eigenem Bekunden ein erfahrener LkW-Fahrer sei, der über einen Führerschein der Klasse CE verfüge und somit Fahrleistungen der Fahrerlaubnisklasse CE mit Anhängerbetrieb erbringen könne, wie sie von dem Betriebsstandort D. aus, nicht aber von demjenigen in C. erbracht würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2007 (Bl. 17 ff. BA A) - zugestellt am 16. November 2007 (Bl. 21 BA A) - hat die Niederlassung Brief F. den Widerspruch des Antragstellers mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller sei einvernehmlich "innerbetrieblich umgesetzt" worden und sein Einwand unrichtig, es bestünden für ihn in C. Einsatzmöglichkeiten im Fahrdienst. Dem Antragsteller ist eine dahingehende Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden, dass er gegen den "Bescheid der Niederlassung Brief F." vom 12. Oktober 2007 Klage bei dem Verwaltungsgericht Münster erheben könne. Dies hat er am 20. November 2007 getan (Bl. 1 ff. BA B).
In Kenntnis der Rechtshängigkeit der Hauptsache bei dem Verwaltungsgericht Münster (Bl. 13 der Gerichtsakte - GA -) hat das Verwaltungsgericht Osnabrück in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Sache entschieden und den Eilantrag abgelehnt. Es hat die umstrittene dienstrechtliche Maßnahme als Abordnung im Sinne des § 27 BBG eingeordnet, hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit Bedenken weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht seien.
Dagegen führt der Antragsteller Beschwerde mit dem Antrag,
den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 14. Dezember 2007, Aktenzeichen 3 B 46/07, aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Abordnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2007 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Das Rubrum ist dahingehend zu fassen, dass nicht die Deutsche Post AG, sondern die gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 PostPersRG passiv legitimierte Bundesrepublik Deutschland als Antragsgegnerin anzusehen ist, welche durch die Aktiengesellschaft lediglich gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 PostPersRG gerichtlich vertreten wird. Diese Rubrumsberichtigung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VwGO (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 78 Rn. 13), die aufgrund der Beleihung der Deutsche Post AG mit Hoheitsgewalt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG) gerechtfertigt ist. Ihr steht es nicht entgegen, dass die Vorinstanz die Aktiengesellschaft selbst als Antragsgegnerin betrachtet hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4. 7. 2007 - 5 ME 131/07 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit, m. w. N.).
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die mit dem Rechtsmittelantrag begehrte Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist zu versagen, weil eine solche Aufhebung hier allenfalls zusammen mit einer Zurückverweisung analog § 130 Abs. 2 VwGO (vgl. Bader, in: Bader u. a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 130 Rn. 1) oder einer Verweisung in Betracht käme und diese beiden Entscheidungsmöglichkeiten im vorliegenden Falle nicht eröffnet sind. Eine Zurückverweisung ist nämlich von keinem Beteiligten beantragt und eine etwaige Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts unter dem Blickwinkel, dass dieses nicht (mehr) Gericht der Hauptsache im Sinne des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (vgl. Bader, a. a. O., § 80 Rn. 76) gewesen sei, wird weder gerügt (vgl. 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) noch läge ein Fall vor, in dem die Zuständigkeitsfrage (vgl. insoweit: Ziekow, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, Rn. 35 zu § 52) abweichend von den §§ 83 Satz 1 VwGO, 17a Abs. 5 VwGO noch durch das Rechtsmittelgericht geprüft (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7. 4. 2008 - 20 OD 12/07 - und Bader, a. a. O., § 83 Rn. 3) und zum Anlass für eine Verweisung genommen werden könnte.
Der im Ergebnis auf eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zielende Sachantrag des Antragstellers bleibt ebenfalls erfolglos. Die Beschwerdebegründung genügt teilweise bereits nicht den Anforderungen, die an die gebotene (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) Darlegung der Beschwerdegründe unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu stellen sind. Im Übrigen ergibt sich aus den dargelegten Beschwerdegründen, die grundsätzlich allein zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nicht, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern, also die aufschiebende Wirkung der zur Hauptsache erhobenen Klage anzuordnen ist.
Der Antragsteller zieht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Osnabrück, dass die angegriffene dienstrechtliche Maßnahme eine Abordnung im Sinne des § 27 Abs. 1 BBG (i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG) sei, mit Beschwerdegründen nicht in Zweifel. Deshalb ist der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht gehalten zu klären, ob diese rechtliche Einordnung zutrifft, oder sich die angegriffene Maßnahme - wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung geltend macht - vor dem Hintergrund der Organisationsstruktur der Deutschen Post AG (vgl. Abschnitt I. Nr. 1 der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Post AG vom 27. Mai 2004, BGBl. I 2004, S. 1185) objektiv als Umsetzung darstellt, gegen die jedenfalls grundsätzlich (siehe jedoch auch: BVerwG, Urt. v. 26. 6. 1987 - BVerwG 8 C 21.86 -, BVerwGE 78, 3 ff.) im Verfahren gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen wäre (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15. 3. 2007 - 5 ME 295/06 -, PersR 2008, 75 [76]). Im Hinblick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO kann hier auch offen bleiben, ob nicht sogar zwei verschiedene Maßnahmen nebeneinander vorliegen, nämlich zum einen die Übertragung eines anderen Arbeitspostens und zum anderen die Aufhebung (als actus contrarius) einer Zuweisung im Sinne des § 4 Abs. 4 PostPersRG (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 10. 10. 2006 - 12 L 1161/06 - [...], Langtext Rn. 5).
Legt der Senat dementsprechend seiner Prüfung der Beschwerdegründe des Antragstellers die Auffassung des Verwaltungsgerichts zugrunde, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um eine Abordnung im Sinne des § 27 Abs. 1 BBG (i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG) handele, ergibt sich Folgendes:
Soweit der Antragsteller rügt, das Verwaltungsgericht hätte ihm mehr Zeit für eine Replik auf die erstinstanzliche Antragserwiderung einräumen müssen, führt dies allein - selbst wenn es zuträfe - nicht zu einer Notwendigkeit, die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung wie begehrt abzuändern.
Der Antragsteller legt zwar mit seiner Beschwerdebegründung dar, dass es infolge eines hohen Krankenstandes im Fahrdienst am Betriebsort C. einen erhöhten Personalbedarf gebe. Damit wird aber die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es liege ein dienstliches Bedürfnis für seine Abordnung vor und er sei den Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin nicht substantiiert entgegengetreten, nicht hinreichend erschüttert. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung vom 3. Dezember 2007 (Bl. 9 ff. [11] GA) ihre Erwägungen dahingehend ergänzt (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG; § 114 Satz 2 VwGO), dass der infolge des im Fahrdienst insgesamt hohen Krankenstandes vorübergehend auch in C. erhöhte Personalbedarf nicht durch einen dortigen Einsatz des Antragstellers habe gedeckt werden sollen, weil dessen Verwendung am Standort D. im Hinblick auf seine Befähigung zum Führen schwerer Lastkraftwagen im Anhängerbetrieb betriebswirtschaftlich sinnvoller sei. Auf diesen - rechtlich nicht zu beanstandenden - Gesichtpunkt geht der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht ein.
Es ist weder in der gebotenen Weise dargelegt noch offensichtlich, dass es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses darauf ankommt, ob der Antragsteller sich - was er bestreitet - mit einer im Anschluss an seine "Abordnung" beabsichtigten Übertragung eines Arbeitspostens im Zustelldienst einverstanden erklärt hatte.
Unerheblich ist auch, ob der Antragsteller - was er ebenfalls in Abrede stellt - in die von ihm angegriffene "Abordnung" unter Übertragung des Arbeitspostens in D. (Ortsteil H.) eingewilligt hatte. Ein Fall, in dem eine Abordnung gemäß § 27 BBG seiner Zustimmung bedurft hätte (§ 27 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 Satz 1 BBG), liegt nämlich nicht vor. Auch ist weder dargelegt noch offensichtlich, dass es dem angefochtenen Beschluss der Vorinstanz und der um weitere Erwägungen der Antragsgegnerin ergänzten "Abordnungsverfügung" bei Unrichtigkeit der Annahme, die Maßnahme sei einvernehmlich erfolgt, an einer selbständig tragenden rechtmäßigen Begründung fehlen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sowohl die gerichtliche, als auch die um weitere Erwägungen ergänzte behördliche Entscheidung mehrfach selbständig tragend begründet sind, sodass der jeweilige Wegfall des auf die angenommene Einwilligung des Antragstellers abhebenden Begründungsstranges zu einer Rechtswidrigkeit dieser Entscheidungen nicht führt. Der behördlichen Entscheidung bleibt vielmehr zur rechtmäßigen Grundlage die auf die spezielle Qualifikation des Antragstellers als Kraftfahrer abstellende Begründung und das Verwaltungsgericht hat diese Erwägungen - unabhängig von der Frage der Einwilligung des Antragstellers in seine "Abordnung" - in durch den Senat nicht zu beanstandender Weise gebilligt.